Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 30.01.2004

LArbG Mainz: arbeitsgericht, mehrarbeit, betriebsrat, stadt, auszahlung, verwaltung, ermessen, quelle, begriff, auflage

LAG
Mainz
30.01.2004
8 Ta 8/04
Aktenzeichen:
8 Ta 8/04
10 BV 1687/03
ArbG Mainz
Verkündet am: 30.01.2004
Tenor:
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom
09.12.2003 - 10 BV 1687/03 - wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 400,00 festgesetzt.
Gründe:
I.
In dem am 04.06.2003 beim Arbeitsgericht Mainz vom Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren
stritten die Beteiligten u. a. über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Verlängerung von
Arbeitszeit von Arbeitnehmern mit folgenden Anträgen:
1. der Arbeitgeberin zu untersagen, in ihrem Betrieb Verwaltung A-Stadt Mehrarbeit anzuordnen, zu
dulden oder entgegen zu nehmen. ohne dass der Betriebsrat vorher seine Zustimmung erteilt hat oder ein
entsprechender rechtskräftiger Spruch der Einigungsstelle vorliegt, soweit die Mehrarbeit über fünfzehn
aufgelaufene Mehrarbeitsstunden der jeweiligen Arbeitnehmerin bzw. des jeweiligen Arbeitnehmers im
Abrechnungszeitraum hinausgeht,
2. die Arbeitgeberin zu verurteilen, hilfsweise, ihr zu gebieten, beantragte und genehmigte
Mehrarbeitsstunden mit der Abrechnung des Folgemonats nach der Ableistung an die jeweilige
Arbeitnehmerin bzw. den jeweiligen Arbeitnehmer auszuzahlen, soweit statt Auszahlung Freizeitausgleich
vereinbart ist, diesen bis zum Ende der letzten vollen Kalenderwoche des zweiten Monats nach der
Ableistung dieser Mehrarbeit / Überstunden durch die jeweilige Arbeitnehmerin bzw. den jeweiligen
Arbeitnehmer zu gewähren und soweit dies nicht innerhalb dieser Frist erfolgt, dem jeweiligen
Arbeitnehmer die Mehrarbeitsstunden im folgenden Monat auszuzahlen,
3. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1) und Ziffer 2) der Arbeitgeberin
jeweils ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00, hilfsweise Ordnungsgeld bis zu EUR 10.000,00
anzudrohen.
Das Arbeitsgericht wies das Begehren des Betriebsrats mit Beschluss vom 01.10.2003 - 10 BV 1687/03 -
mit umfassender Begründung zurück.
Hinsichtlich der Gründe wird auf Seite 6 bis 13 (= Blatt 99 bis 106 d. A.) Bezug genommen.
Auf über die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gestellten Antrages vom 03.11.2003 setzte das
Arbeitsgericht nach erfolgter Anhörung den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der
Verfahrensbevollmächtigten auf EUR 8.000,00 fest.
Gegen den am 11.12.2003 der Arbeitgeberin zustellten Beschluss richtet sich ihre am 17.12.2003 beim
Arbeitsgericht eingegangene
Beschwerde,
Gegenstandswert sei nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO mit EUR 4.000,00 zu bemessen.
Der Betriebsrat trat der Beschwerde entgegen.
Das Arbeitsgericht half nicht ab und legte die Sache dem Landesarbeitsgericht zur abschließenden
Entscheidung vor.
Der Arbeitgeberin war Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Auf den diesbezüglichen Schriftsatz
vom 28.01.2004 (Bl. 128 d. A.) wird Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist nach §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 10 Abs. 3 BRAGO 567 ff. ZPO statthaft.
Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und überschreitet den Beschwerdewert (§§ 10 Abs. 1
Satz 1 BRAGO, 567 Abs. 2 ZPO).
In der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedoch k e i n e n Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten
des Betriebsrats zu Recht auf EUR 8.000,00 festgesetzt.
Grundsätzlich richtet sich - wie die Beschwerde im Ansatz richtig sieht - die Bemessung des
Gegenstandswerts im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in betriebsverfassungsrechtlichen
Angelegenheiten im Sinne der §§ 80 ff. ArbGG nach § 8 Abs. 2 BRAGO (zutreffend: Germelmann/ Matthes/
Prütting/ Müller-Glöge, ArbGG, 4. Auflage § 12 Rz 135). Soweit sich ein Gegenstandswert nach dieser
Vorschrift nicht ermitteln lässt, und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Hierbei kann in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung ein Wert
angenommen werden, der nach Lage des Falles niedriger oder höher anzunehmen ist. Unter dem Begriff
"nach Lage des Falles" sind sämtliche Umstände des Einzelfalles, insbesondere Umfang und Bedeutung
der Sache oder tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten nicht aber die mit dem Verfahren
verbundenen wirtschaftlichen Interesse der Parteien einzuordnen (zutreffend: LAG Schleswig-Holstein
Beschluss vom 07.12.2000 - 2 Ta 127/00 = LAGE § 8 BRAGO Nr. 48).
Im vorliegenden Beschlussverfahren ist ausgehend von den oben dargestellten Anträgen von zwei
verschiedenen Streitgegenständen auszugehen. Der erste bezieht sich auf einen Unterlassungsanspruch,
im Betrieb Verwaltung A-Stadt der Arbeitgeberin Mehrarbeit anzuordnen, zu dulden oder
entgegenzunehmen, ohne dass der Betriebsrat vorher seine Zustimmung erteilt oder ein rechtskräftiger
Spruch der Einigungsstelle vorliegt, soweit die Mehrarbeit über 15 aufgelaufene Mehrarbeitsstunden der
jeweiligen Arbeitnehmerin im Abrechnungszeitraum hinausgeht. Der zweite Streitgegenstand richtet sich
auf ein Auszahlungsbegehren des Betriebsrats und soweit statt Auszahlung Freizeitausgleich vereinbart
ist, die Gewährung desselben. Es handelt sich um zwei unterschiedliche, auch
betriebsverfassungsrechtlich getrennt zu bewertende Fragen, die, wie die zutreffenden und umfassenden
Ausführungen des Arbeitsgerichts zeigen, rechtlich nicht einfach zu beantworten waren. Auf die Gründe
des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2003 - 10 BV 1687/03 - (Bl. 94 - 106 d. A.) wird
insoweit Bezug genommen.
Die Arbeitgeberin hat als Beschwerdeführerin nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres unbegründeten
Rechtsmittels zu tragen.
Streitwert des Beschwerdeverfahrens ist die Höhe der Gebührendifferenz die sich aus dem festgesetzten
und dem mit der Beschwerde verfolgten Wert ergibt.
Eine Zulassung einer weiteren Beschwerde kommt mangels grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht.
Diese Entscheidung ist daher unanfechtbar.
Scherr