Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 06.07.2005

LArbG Mainz: ordentliche kündigung, fristlose kündigung, holz, beendigung des dienstverhältnisses, wichtiger grund, ausfuhr, arbeitsgericht, materialentnahme, ersatzmitglied, sachwalter

LAG
Mainz
06.07.2005
9 Sa 308/05
Mitnahme von Holz und Kündigung
Aktenzeichen:
9 Sa 308/05
9 Ca 1282/04
ArbG Ludwigshafen
- AK Landau -
Entscheidung vom 06.07.2005
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern
Landau - vom 18.02.2005, Az.: 9 Ca 1282/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung sowie um die
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers während des Kündigungsrechtsstreites.
Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen
Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf S. 3 bis 6 des Urteils des
Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 18.02.2005 (= Bl. 77 bis 79 d.A.)
Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose
Kündigung der Beklagten vom 10.11.2004 nicht aufgelöst wurde,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als
Staplerfahrer weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - hat mit Urteil vom 18.02.2005 (Bl. 75 ff.
d.A.) festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose
Kündigung der Beklagten vom 10.11.2004 nicht aufgelöst wurde; des Weiteren hat das Arbeitsgericht die
Beklagte verurteilt, den Kläger zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Staplerfahrer
weiterzubeschäftigen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht unter anderem
ausgeführt, die fristlose Kündigung vom 10.11.2004 sei rechtsunwirksam, da die Beklagte die
Kündigungserklärungsfrist aus § 626 Abs. 2 BGB versäumt habe. Diese Frist sei am 14.11.2003 in Gang
gesetzt worden, da der Kläger an diesem Tag gegenüber der Beklagten in einem Gespräch eingeräumt
habe, am 12.11.2003 Holz aus dem Betrieb, ohne vorherige Beschaffung eines Erlaubnisscheines,
mitgenommen zu haben. Durch den Antrag der Beklagten auf Ersetzung der verweigerten Zustimmung
des Betriebsrates nach § 103 Abs. 2 BetrVG sei die Kündigungserklärungsfrist hingegen nicht gewahrt
worden. Denn die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger habe einer Zustimmung des
Betriebsrates nach § 103 Abs. 1 BetrVG nicht bedurft. Der Kläger habe letztmals am 24.10.2003 als Ersatz
für ein ausgefallenes Betriebsratsmitglied an einer Betriebsratssitzung teilgenommen und bei der
nächsten Sitzung des Betriebsrates vom 27.10.2003 sei ein entsprechender Vertretungsfall nicht mehr
gegeben gewesen. Infolgedessen habe dem Kläger spätestens ab dem 27.10.2003 zwar noch
nachwirkender Kündigungsschutz im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG zugestanden; die mithin allein
mögliche außerordentliche Kündigung habe aber lediglich der Anhörung, nicht der Zustimmung des
Betriebsrates bedurft. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie irrtümlich angenommen
habe, die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Klägers sei erforderlich.
Ihr sei nämlich bekannt gewesen, dass der Kläger Ersatzmitglied des Betriebsrates gewesen sei und in
dieser Funktion letztmals am 24.10.2003 an einer Betriebsratssitzung teilgenommen habe.
Eine Umdeutung der rechtsunwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche
verhaltensbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG komme auch unter Berücksichtigung von § 140
BGB nicht in betracht. Eine ordentliche Kündigung wäre nämlich ebenfalls, mangels sozialer
Rechtfertigung, rechtsunwirksam, da das Fehlverhalten des Klägers, nämlich das Unterlassen der
vorherigen Beschaffung eines Erlaubnisscheines vor der Holzentnahme, nicht zu einer so erheblichen
Störung des Arbeitsverhältnisses geführt habe, dass unter Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hierauf eine ordentliche Kündigung gestützt werden könnte. Der Kläger
sei zwar davon ausgegangen, dass er einen entsprechenden Erlaubnisschein für eine Holzentnahme
benötige, er habe aber den Werksschutz informiert, bevor er das Holz aus dem Betriebsgelände
herausgeschafft habe. Ausweislich des von der Beklagten eingeführten Formulars für die Erlaubnis zur
Materialentnahme sei dieser Schein unaufgefordert beim Werksschutz abzugeben und von diesem
abstempeln zu lassen gewesen. Diese Kontrolle habe der Kläger im vorliegenden Fall durch Information
des Werkschutzes ermöglicht; es wäre Aufgabe des Werkschutzes gewesen, die Ausfuhr des Holzes,
ohne Vorlage eines Erlaubnisscheines zu unterbinden. Angesichts der Tatsache, dass der für die
Erteilung von Erlaubnisscheinen zuständige Mitarbeiter der Beklagten, Herr X nicht anwesend gewesen
sei, habe der Kläger nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.
Angesichts der Rechtsunwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung habe der
Kläger einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen als
Staplerfahrer bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsrechtsstreits.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 6 ff. des
Urteils vom 18.02.2005 (= Bl. 80 ff. d.A.) verwiesen.
Die Beklagte, der das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - am
10.03.2005 zugestellt worden ist, hat am 14.04.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
eingelegt und am 28.04.2005 ihr Rechtsmittel begründet.
Die Beklagte macht geltend,
die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei von ihr gewahrt worden. Zwar habe der Kläger letztmals am 27.10.2003
als Ersatzmitglied an einer Betriebsratssitzung teilgenommen, jedoch sei für die Beklagten nicht
auszuschließen gewesen, dass er an weiteren Betriebsratssitzungen teilnehmen werde. Die rückwirkende
Betrachtungsweise des Arbeitsgerichtes sei nicht sachgerecht, zumal ein Mitglied des Betriebsrates bis zu
einer gerichtlichen Klärung im Rahmen des § 103 BetrVG seine betriebsverfassungsrechtlichen
Funktionen ausüben könne. Nachdem klar gewesen sei, dass der einjährige nachwirkende
Kündigungsschutz des Klägers abgelaufen sei, habe sie, die Beklagte innerhalb von zwei Wochen,
nämlich am 27.10.2004 die streitgegenständliche Kündigung ausgesprochen.
Entgegen der Auffassung des Gerichtes sei auch ein verhaltensbedingter Grund für eine ordentliche
Kündigung gegeben gewesen. Eigentums- und Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers seien
stets dem Vertrauensbereich zuzuordnen, so dass die Ausfuhr von Holz aus dem Betrieb, ohne vorherige
Einholung einer Erlaubnis des Arbeitgebers, mit einer Kündigung geahndet werden könne. Soweit auf
dem Formular zur Erlaubnis der Materialentnahme eine Beteiligung des Werksschutzes vorgesehen sei,
handele es sich lediglich um einen formalen Aspekt. Der Werksschutz sei nicht Sachwalter der
arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten, zumal es sich bei dem
Werksschutz um eine Drittfirma handele. Es sei auch nicht Aufgabe des Werksschutzes gewesen,
nachzuforschen, ob ein Materialentnahmeschein vorliege; ansonsten würden hierdurch die
Anforderungen, die Eigentumsinteressen des Arbeitgebers zu wahren, einseitig von der
Arbeitnehmerebene auf die Ebene des Werksschutzes verlagert.
Entscheidend sei aus Sicht der Beklagten, dass der Kläger gewusst habe, dass er eine Genehmigung für
die Ausfuhr des Holzes benötige und diese Genehmigung nicht zuvor eingeholt habe. Erschwerend
komme hinzu, er seine Arbeitszeit dazu verwendet habe, ohne vorherige Erlaubnis, Betriebsmittel der
Beklagten unerlaubt zu entfernen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom
27.04.2005 (Bl. 98 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - Az.: 9 Ca 1282/04 vom
18.02.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt die Auffassung,
die Kündigungserklärungsfrist aus § 626 Abs. 2 BGB sei versäumt, zumal die Beklagte der
streitgegenständlichen Angelegenheit nicht unmittelbar am 12.11.2003 nachgegangen sei und damals
weder den Kläger noch den Werksschutz dazu befragt habe, inwieweit eine Berechtigung des Klägers
gegeben gewesen sei, das Holz auszuführen.
Im Übrigen sei der Antrag der Beklagten auf Zustimmungsersetzung nach § 103 BetrVG völlig ins Leere
gegangen, zumal die Beklagte ohne weiteres hätte rechtzeitig klären können, wann der Kläger letztmalig
an einer Betriebsratssitzung als Ersatzmitglied teilgenommen habe.
Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund, der eine ordentliche Kündigung rechtfertigen könne liege nicht
vor, zumal die Entnahme des Abfallholzes bei der Beklagten überhaupt nicht konkret geregelt gewesen
sei. In dem Zustimmungsersetzungsverfahren, das die Beklagte unter dem Aktenzeichen 9 BV 1023/03 vor
dem Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - geführt habe, habe der Zeuge X, also
der für die Ausfuhr von Abfallholz zuständige Mitarbeiter der Beklagten, selbst ausgesagt, es habe sich um
ein "etwas schwammiges" Verfahren gehandelt. Außerdem habe der Zeuge X auch nichts davon gewusst,
dass andere Vorgesetzte Blankoscheine für die Entnahme von Holz ausgestellt hätten. Der Kläger habe
im Laufe der damaligen Beweisaufnahme entsprechende Materialentnahmescheine, die blanko
ausgestellt gewesen seien, vorgelegt. Auch zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vorfalles, also am
12.11.2003 sei er im Besitz eines Blankoentnahmescheines gewesen. Er, der Kläger habe im Übrigen am
12.11.2003 kein Holz ausgeführt, welches zur Rückgabe an die Firma W vorgesehen gewesen sei;
vielmehr habe es sich bei dem von ihm mitgenommenen Holz ausschließlich um Abfallholz gehandelt. Die
Ausfuhr dieses Holzes habe er unstreitig gegenüber dem Werkschutz angezeigt, so dass kein Raum für
eine Kündigung sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
02.06.2005 (Bl. 115 ff. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der
Sache jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - hat zu Recht festgestellt, dass das
zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch eine fristlose noch durch eine
ordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.11.2004 aufgelöst worden ist (A.); des Weiteren erfolgte
auch die Verurteilung der Beklagten, den Kläger zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als
Staplerfahrer bis zum rechtskräftigen Ende des Kündigungsrechtsstreites weiterzubeschäftigen, zu Recht
(B.).
A.
Das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis wurde durch die Kündigung vom
10.11.2004 weder fristlos noch fristgerecht beendet.
1.
Die fristlose Kündigung vom 10.11.2004 ist gemäß §§ 626, 134 BGB nichtig, da ein wichtiger Grund im
Sinne von § 626 Abs. 1 BGB von der Beklagten nicht vorgetragen worden ist. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB
kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider
Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der
vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Bei der Überprüfung, ob
die rechtlichen Voraussetzungen dieser gesetzlichen Regelung erfüllt sind, ist zunächst in einer ersten
Stufe zu klären, ob ein Sachverhalt vorliegt, der - ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des
Einzelfalles - überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Ist diese
Voraussetzung erfüllt, muss im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, geklärt werden, ob
ein Überwiegen berechtigter Interessen des Kündigenden an der vorzeitigen Beendigung des
Arbeitsverhältnisses feststellbar ist (vgl. DLW/Dörner, D/Rdnr. 626 m.w.N.).
Der im vorliegenden Fall gegebene Sachverhalt ist bereits an sich nicht geeignet, eine außerordentliche
Kündigung zu rechtfertigen. Insbesondere bietet das Verhalten des Klägers keinen Anhaltspunkt, der auf
ein Eigentums- oder Vermögensdelikt hinweisen könnte. Der Kläger hat zwar am 12.11.2003 gegen 18.00
Uhr im Eigentum der Beklagten stehendes Kantholz aus dem Werksgelände entfernt und mit nach Hause
genommen, jedoch hat er dieses Vorgehen beim Verlassen des Betriebsgeländes dem Werkschutz
angezeigt. Dieses Verhalten schließt von vornherein aus, dass der Kläger die Beklagte widerrechtlich
schädigen wollte. Wenn demgegenüber die Beklagte ausführt, der Werksschutz sei nicht Sachwalter oder
Beauftragter der Beklagten hinsichtlich deren arbeitsvertraglicher Beziehungen, geht dies letztlich an der
Sache vorbei. Ein Werksschutz hat in der Regel die Aufgabe, die Interessen des Werkes durch die
Kontrolle von Personal und Material beim Betreten oder Verlassen des Betriebsgeländes zu schützen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Mitarbeiter des Werksschutzes bei dem Inhaber des Betriebes
oder einer Drittfirma beschäftigt sind. Mithin musste der Werksschutz im vorliegenden Fall prüfen, ob der
Kläger befugt ist, das Werksgelände mit dem Kantholz zu verlassen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger
von sich aus gegenüber dem Werksschutz offenbart, dass er Holz aus dem Werkgelände ausführen will;
angenommen, die vorherige Einholung einer schriftlichen Materialentnahme - Erlaubnis wäre tatsächlich
notwendig gewesen, so hätte der Werksschutz, ohne Vorlage einer entsprechenden Schriftstückes, den
Kläger am Verlassen des Werkgeländes hindern müssen. Das er dies nicht getan hat, weist recht deutlich
darauf hin, dass selbst dem Werksschutz nicht bewusst, war welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen,
damit ein Arbeitnehmer berechtigterweise Holz aus dem Betrieb der Beklagten entfernen darf.
Aufgrund des vorliegenden Sachstandes ist davon auszugehen, dass die Beklagte das von ihr behauptete
Erlaubnisverfahren innerhalb des Betriebes gegenüber den Werksangehörigen zumindest nicht mit
diesem Inhalt bekannt gemacht hat, den sie gegenüber dem Kläger bei dessen Holzentnahme
zugrundelegen will. Hierzu wäre insbesondere erforderlich gewesen, dass die Beklagte gegenüber den
bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern klarstellt, dass die vorherige schriftliche Erlaubnis des Herrn X eine
bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern klarstellt, dass die vorherige schriftliche Erlaubnis des Herrn X eine
rechtlich zwingende Voraussetzung für die Entnahme von Holz ist. Dass eine entsprechende Information
der Arbeitnehmer in diesem Sinne stattgefunden hat, wird von der Beklagten nicht vorgetragen. Hierzu
hätte aber nicht nur aufgrund des Hinweises des Berufungsgerichtes während der letzten mündlichen
Verhandlung Anlass bestanden, sondern bereits aufgrund der Berufungserwiderung, in welcher auf S. 3
vom Kläger ausgeführt wurde, die Entnahme des Abfallholzes sei bei der Beklagten überhaupt nicht
konkret geregelt gewesen.
Dem kann die Beklagte auch nicht mit dem Hinweis begegnen, der Kläger habe durch den Versuch,
nachträglich einen schriftlichen Erlaubnisschein zu erhalten, gezeigt, dass ihm die Notwendigkeit der
schriftlichen Erlaubnis für die Materialentnahme bewusst gewesen sei. Es mag sein, dass der Kläger -
woher auch immer - Kenntnis davon hatte, dass vor der Ausfuhr von Holz eine schriftliche Erlaubnis
eingeholt werden muss. Nicht erkennbar ist aufgrund dieses Umstandes jedoch, dass er sich auch
darüber im Klaren sein musste, dass es sich hierbei nicht um eine bloße Obliegenheit, sondern letztlich
um eine rechtliche Verpflichtung handelte. Für die Beklagte bestand um so mehr die Notwendigkeit,
klarzustellen, wie und wann den Arbeitnehmern eine solche Verpflichtung bekannt gemacht wurde, als
der Kläger über Materialentnahmeerlaubnisscheine verfügte, die blanko für die kostenlose Entnahme von
Holz von einem Mitarbeiter der Beklagten unterzeichnet worden waren; bei dem Mitarbeiter, der für die
Beklagte ein entsprechendes Formular ausgestellt hatte, handelt es sich um Herrn V, der inzwischen
verstorben ist. Angesichts dieses Blankoerlaubnisscheines, welchen der Kläger während der letzten
mündlichen Berufungsverhandlung vorgelegt hat, berief sich die Beklagte plötzlich darauf, dass ein
Unterschied bestehe, ob ein Entnahmeschein für den Produktionsbereich oder den Leergutbereich
ausgestellt werde. Diese Unterscheidung, welche bislang allerdings zu keinem Zeitpunkt vorgetragen
oder behauptet worden war, zeigt um so mehr, dass eine klare, den Arbeitnehmern mitgeteilte Regelung
über die Holzentnahme nicht vorlag. Angesichts dieser Sachlage ist keine Pflichtverletzung des Klägers
erkennbar, welche generell geeignet wäre, einen Grund für eine fristlose Kündigung abzugeben.
Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte die Kündigungserklärungsfrist aus § 626 Abs. 2
BGB versäumt hat oder nicht.
2.
Eine Umdeutung der rechtsunwirksamen fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ist unter
Berücksichtigung von §§ 140 BGB, 1 KSchG ausgeschlossen, da es an einem verhaltensbedingten Grund
für eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses fehlt. Eine Pflichtverletzung des Klägers liegt
auch im Zusammenhang mit einer ordentlichen Kündigung - entsprechend den obigen Ausführungen -
nicht vor. Soweit die Beklagte am Ende ihrer Berufungsbegründung darauf hingewiesen hat, der Kläger
habe offensichtlich seine Arbeitszeit dazu verwendet, ohne vorherige Erlaubnis Betriebsmittel unerlaubt
zu entfernen, ist mangels Vortrages zur konkreten Arbeitszeit des Klägers am 12.11.2003 für das
Berufungsgericht nicht nachvollziehbar, ob und in welchem Umfang der Kläger vorzeitig seine Arbeit
eingestellt hat. Eine Verletzung der Arbeitspflicht ist, auf der Grundlage dieses Sachvortrages der
Beklagten, jedenfalls nicht feststellbar.
B.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den bisherigen arbeitsvertraglichen
Bedingungen als Staplerfahrer bis zum rechtskräftigen Ende des vorliegenden Kündigungsrechtsstreites
zu; das Berufungsgericht macht sich insoweit die Ausführungen des Arbeitsgerichtes auf S. 13 des Urteils
vom 18.02.2005 zu eigen und sieht von einer wiederholenden Darstellung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab.
Nach alldem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlt
es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.