Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 30.01.2008
LArbG Mainz: prüfer, arbeitsunfähigkeit, arbeitsgericht, datenbank, beweislast, klinik, zwangsvollstreckung, bereicherung, schweigepflicht, ausführung
LAG
Mainz
30.01.2008
8 Sa 586/07
Darlegungs- u. Beweislast bezüglich der Frage der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers.
Aktenzeichen:
8 Sa 586/07
6 Ca 102/07
ArbG Kaiserslautern
- AK Pirmasens -
Urteil vom 30.01.2008
Tenor:
I Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern
Pirmasens - vom 31.5.2007, Az.: 6 Ca 102/07, wie folgt abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 9.677,42 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 677,42 € ab dem 1.11.2006,
aus weiteren 3.000,- € ab dem 1.12.2006,
aus weiteren 3.000,- € ab dem 1.1.2007,
und aus weiteren 3.000,- € ab dem 1.2.2007
zu zahlen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Arbeitsvergütungs- und Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers.
Der Kläger war seit November 1989 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zunächst als
Fluggerätemechaniker und seit April 1991 als Prüfer für Luftfahrtgerät Klasse 1 beschäftigt. Seine
vertragsgemäße Arbeitsvergütung belief sich zuletzt auf 3.000,00 Euro brutto monatlich.
Am 14.09.2005 hatte der Kläger in einer Sauna einen schweren Unfall; hierbei erlitt er schwerste
Verbrennungen und ein schweres Hirnsyndrom. Nach einem Aufenthalt in einer Klinik wurde er von dort
am 30.11.2005 als arbeitsunfähig entlassen. Ab Dezember 2005 unternahm er bei der Beklagten einen
(so die Behauptung des Klägers) bzw. mehrere (so die Behauptung der Beklagten) Arbeitsversuche, die
am 14.06.2006 abgebrochen wurden.
Am 30.04.2006 erfolgte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der
Krankenversicherung Rheinland-Pfalz, die folgende Feststellungen beinhaltet:
"Entsprechend der psychologischen Testung vom 13.3.2006 sind auch nach der Rehabilitation deutliche
neuropsychologische Defizite vorhanden, die Ausführung der o. gen. hochverantwortlichen Tätigkeit ist
damit nicht möglich. Eine Besserung ist nicht in Aussicht.
Somit ist die von der Rehaklinik vorgeschlagene stufenweise WE nicht umsetzbar, die medizinischen
Voraussetzungen des § 51 SGB V liegen bei geminderter Erwerbsfähigkeit des Pat. weiter vor. Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben sollten geprüft werden."
Wegen des weiteren Inhalts dieser sozialmedizinischen Stellungnahme wird auf Blatt 120 d.A. Bezug
genommen.
In der Zeit vom 13.09.2006 bis zum 24.10.2006 unterzog sich der Kläger einer Rehabilitationsmaßnahme
in Ulm. Eine medizinische Stellungnahme seitens der Reha-Klinik erhielt der Kläger bei Abschluss dieser
Maßnahme nicht. Auf Nachfrage des Instituts für Betriebs- und Flugmedizin (IBF) wurde diesem Ende
November 2006 das Ergebnis der Reha-Maßnahme mitgeteilt. Dieses Ergebnis hat das IBF in einem
Bericht vom 10.12.2006, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 108 f. der Akte Bezug
genommen wird, zusammengefasst. Der betreffende Bericht enthält u.a. folgende Ausführungen:
"Herr C. soll keine Arbeiten verrichten, bei denen Konzentration und Reaktionsvermögen unabdingbar
sind. Verantwortung für Personen und Maschinen, Überwachung, Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge
und Simultankapazitätsbelastungen sind nicht zumutbar. Nach meinem Dafürhalten ist zur Zeit ein Einsatz
als Prüfer Luftfahrtgerät nicht möglich."
In der Zeit vom 25.10.2006 bis 19.12.2006 verrichtete der Kläger bei der Beklagten Tätigkeiten, wobei die
diesbezüglichen Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind.
Mit Schreiben vom 28.11.2006 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben. Diese Leistungen wurden mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 06.12.2006
dem Grunde nach bewilligt.
Am 19.12.2006 erlitt der Kläger - nach seiner Behauptung - einen Arbeitsunfall, indem er sich beim Öffnen
eines Hallentores den linken Fuß einklemmte. Ein Durchgangsarztbericht vom 21.12.2006 attestiert dem
Kläger eine "Grundgliedfraktur der Kleinzehe". Darüber hinaus enthält der betreffende Bericht den
Vermerk: "voraussichtlich wieder arbeitsfähig ab 16.01.2007".
Am 16.01.2007 bot der Kläger der Beklagten seine Arbeitskraft an. Die Beklagte lehnte dieses Angebot
ab.
Mit seiner am 14.02.2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger gegenüber der
Beklagten Arbeitsvergütungs- bzw. Entgeltfortzahlungsansprüche für die Zeit vom 25.10.2006 bis
einschließlich 31.01.2007 geltend gemacht.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, er habe in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006
seine arbeitsvertraglichen Pflichten in vollem Umfang erfüllt. So habe er beispielsweise die LTA-
Datenbank der Beklagten wieder neu aufgebaut. Aufgrund eines Absturzes des PC's seien alle Daten
dieser Datenbank verloren gegangen. Er habe den Datenbestand wieder hergestellt und dabei die
Datenbank aktualisiert. Des Weiteren habe er in dem betreffenden Zeitraum zwei Fluggeräte geprüft.
Letztlich seien von ihm, wie dies auch sonst der Fall gewesen sei, die Wareneingänge bearbeitet worden.
Er sei arbeitsfähig. Die Arbeit als Prüfer von Luftfahrtgerät könne er ausüben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.677,42 € brutto zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 677,42 € ab dem 01.11.2006, weiteren 3.000,-- € ab dem
01.12.2006, weiteren 3.000,-- € ab dem 01.01.2007 und weiteren 3.000,-- € ab dem 01.02.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 habe
der Kläger einen erneuten Arbeitsversuch unternommen, der jedoch fehlgeschlagen sei. Keinesfalls habe
der Kläger in diesem Zeitraum seine vertragsgemäße Arbeit ausgeführt. Eine Arbeitsaufnahme sei dem
Kläger aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht möglich gewesen. Sie - die Beklagte - habe
lediglich unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht die Durchführung eines Arbeitsversuches gestattet.
Es sei ihr kraft Gesetzes untersagt, ein Angebot des Klägers auf Ausführung der vertraglich vereinbarten
Tätigkeit anzunehmen. Darüber hinaus würde sie sich strafrechtlicher Verantwortlichkeit aussetzen, wenn
sie den Kläger als Prüfer von Luftfahrtgerät einsetze, weil damit Gefahr für Leib und Leben Dritter
begründet würde.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 31.05.2007 stattgegeben. Zur Darstellung der
maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 f. dieses Urteils (= Bl. 45 f. d.A.) verwiesen.
Gegen das ihr am 25.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, dem 27.08.2007 Berufung
eingelegt und diese am 24.09.2007 begründet.
Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht sei bei seiner Entscheidung von der
unzutreffenden Annahme ausgegangen, dass der Kläger in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 seine
arbeitsvertraglichen Verpflichtungen erfüllt habe. Hierzu sei der Kläger aus gesundheitlichen Gründen
nicht in der Lage gewesen. Soweit das Arbeitsgericht in seiner Urteilsbegründung ausführe, dass der
Kläger unstreitig aus der Reha-Maßnahme als arbeitsfähig entlassen worden sei, so sei dies nicht durch
den Sachvortrag der Parteien gedeckt. Nicht nachvollziehbar sei auch die Annahme des Arbeitsgerichts,
dass der Kläger habe davon ausgehen können, dass sie - die Beklagte - seine Arbeitsleistung
angenommen habe. Bei richtiger Bewertung aller Umstände ergebe sich vielmehr, dass für beide Parteien
festgestanden habe, dass der Kläger lediglich einen weiteren Arbeitsversuch beginne und keine
entgeltliche Tätigkeit ausübe. Zwar sei keine Absprache mit der Krankenkasse getroffen worden, jedoch
habe sie davon ausgehen können, dass aufgrund der vorgenannten genehmigten Arbeitsversuche
zumindest bis zum Eingang einer medizinischen Stellungnahme betreffend das Ergebnis der Reha-
Maßnahme lediglich ein Arbeitsversuch unternommen werde. Die Unfähigkeit des Klägers, seine Tätigkeit
als Prüfer auszuüben, ergebe sich aus sämtlichen medizinischen Stellungnahmen. Der Kläger habe im
maßgeblichen Zeitraum während seiner Anwesenheit im Betrieb keine Flugzeuge abgenommen. Er habe
keiner Weisung bezüglich Arbeitszeit und auszuführender Tätigkeit unterlegen. Er sei lediglich
unregelmäßig und nach eigenem Gutdünken im Betrieb erschienen. Auch sei er ausdrücklich darauf
hingewiesen worden, dass er keine verantwortliche Tätigkeit und keine Prüfungen durchführen dürfe. Im
Übrigen habe der Kläger erstmals mit Erhebung der Zahlungsklage behauptet, seinen
arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen zu können und die Prüftätigkeit ausgeübt zu haben.
Der Kläger habe somit weder Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 25.10. bis
19.12.2006 noch habe er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 20.12.2006 bis zum
16.01.2007. Letztlich könne er auch keine Ansprüche aus Annahmeverzug herleiten. Da sie - die Beklagte
- den erstinstanzlich titulierten Zahlungsverpflichtungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung
nachgekommen sei (dies ist zwischen den Parteien unstreitig), sei der Kläger zur Rückzahlung des
betreffenden Betrages verpflichtet.
Die Beklagte beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens, Az. 6 Ca 102/07 wird
abgeändert
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte € 9.677,42 brutto zzgl. Jahreszinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 677,42 ab dem 01.11.2006, weiteren € 3.000,00 ab dem
01.12.2006, weiteren
€ 3.000,00 ab dem 01.01.2007 und weiteren € 3.000,00 ab dem 01.02.2007 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht im Wesentlichen geltend, entgegen der
Behauptung der Beklagten sei er im Anschluss an die in der Zeit vom 13.09. bis 24.10.2006 durchgeführte
Reha-Maßnahme arbeitsfähig gewesen. Er sei aus dem Reha-Krankenhaus als arbeitsfähig entlassen
worden. Am 25.10.2006 habe er seine frühere Tätigkeit bei der Beklagten auf der Grundlage des
bestehenden Arbeitsvertrages wieder aufgenommen, wobei er seinen vertraglichen Verpflichtungen in
vollem Umfang nachgekommen sei. Die entgegenstehenden Behauptungen der Beklagten seien
unsubstantiiert. Die Beklagte sei bezüglich ihrer Behauptung, er sei nicht in der Lage, seine vertraglichen
Verpflichtungen zu erfüllen, ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Von einem "fehlgeschlagenen
Arbeitsversuch" könne keine Rede sein. Soweit sich die Beklagte auf
- längst überholte - ärztliche Gutachten und Stellungnahme stütze, so seien diese nicht geeignet, den
insoweit erforderlichen Sachvortrag zu ersetzen.
Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den
Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe:
I.
hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
II.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom
25.10. bis 19.12.2006.
a) Ein Anspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben.
Dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung nach § 611 Abs. 1 BGB
steht entgegen, dass er im maßgeblichen Zeitraum (25.10. - 19.12.2006) nicht in der Lage war, seine ihm
gegenüber der Beklagten obliegende Arbeitspflicht zu erfüllen. Die Erbringung der vertragsgemäßen
Tätigkeit als Prüfer für Luftfahrtgerät war ihm vielmehr aus gesundheitlichen Gründen unmöglich mit der
Folge, dass ein Anspruch auf Arbeitsentgelt entfallen ist (§ 326 Abs. 1 BGB). Der Kläger war über den
24.10.2006 hinaus arbeitsunfähig, d.h. er war infolge Krankheit außerstande, seine vertragliche
geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers, seine vertragsgemäße Tätigkeit
zu erbringen, trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers regelmäßig
keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen jedoch keine hohen
Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit
geschlossen werden kann. In Betracht kommen dabei insbesondere zeitlich unmittelbar vorangehende
Krankheitszeiten des Arbeitnehmers. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, so ist es Sache des
Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag
des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann (§ 138 Abs. 2 ZPO). Er kann
etwa darlegen, warum die zugrundeliegenden Erkrankungen keine Aussagekraft mehr haben, oder
konkrete Umstände für eine Ausheilung von Krankheiten bzw. ein Abklingen der Beschwerden vortragen.
Naheliegend ist es, die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Der Arbeitgeber ist
dann für die Leistungsunfähigkeit beweispflichtig. Er kann sich auf das Zeugnis der den Arbeitnehmer
behandelnden Ärzte und auf ein Sachverständigengutachten berufen. Trägt der Arbeitnehmer dagegen
nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, so gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der
Arbeitnehmer sei nach wie vor leistungsunfähig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden
(BAG v. 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 -).
Im Streitfall hat die Beklagte eine Vielzahl vom Kläger nicht bestrittener Indizien vorgetragen, aus denen
geschlossen werden kann, dass der Kläger über dem 24.10.2006 hinaus arbeitsunfähig war. Nach dem
Inhalt der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 30.04.2006 lagen beim Kläger auch noch
nach einem Zeitraum von über sieben Monaten nach seinem schweren Unfall erhebliche gesundheitliche
Beeinträchtigungen vor, die einer Ausübung seiner Tätigkeit als Prüfer von Luftfahrtgerät
entgegenstanden. Eine Besserung des Gesundheitszustandes war ausweislich dieser Stellungnahme
"nicht in Aussicht" und eine stufenweise Wiedereingliederung somit "nicht umsetzbar". Nicht bestritten hat
der Kläger das Vorbringen der Beklagten, wonach der Bericht des Instituts für Betriebs- und Flugmedizin
vom 10.12.2006 das Ergebnis der vom 13.09. bis 24.10.2006 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme
wiedergibt. Nach dem Inhalt dieses Berichts war auch nach Abschluss der Reha-Maßnahme ein Einsatz
des Klägers als Prüfer von Luftfahrtgerät nicht möglich. In dieses Bild passt auch - wenn auch vorliegend
nicht von ausschlaggebender Bedeutung -, dass der Kläger am 28.11.2006 einen Antrag auf Teilhabe am
Arbeitsleben gestellt hat und ihm diese mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 06.12.2006
dem Grunde nach bewilligt wurde. Letztlich ist der Kläger auch nach dem Inhalt des Schreibens der Z
Krankenkasse vom 08.02.2007, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Blatt 121 d.A. Bezug genommen
wird, aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage, seine zuvor ausgeübte Tätigkeit, also diejenige eines
Prüfers für Luftfahrtgerät, auszuüben.
In Ansehung all dieser Indizien, die für ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers sprechen,
erweisen sich die pauschalen Behauptungen des Klägers, er sei arbeitsfähig, es lägen keinerlei
gesundheitliche Einschränkungen mehr vor und er sei aus der Reha-Klinik als arbeitsfähig entlassen
worden, als unsubstantiiert und unzureichend. Entsprechendes gilt für seine Behauptung, die Beklagte
stütze sich im Wesentlichen nur auf längst überholte ärztliche Gutachten und Stellungnahmen. Es wäre
insoweit Sache des Klägers gewesen, darzulegen, warum die betreffenden Indizien keine Aussagekraft
hinsichtlich einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit haben, oder konkrete Umstände für eine Ausheilung
seiner Erkrankung bzw. ein Abklingen der Beschwerden vortragen. All dies hat der Kläger nicht getan. Er
hat auch nicht die ihn behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden.
Auch aus dem Vorbringen des Klägers hinsichtlich der von ihm in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 bei
der Beklagten ausgeübten Tätigkeiten lässt sich nichts herleiten, was der durch die o.g. Indizien
gestützten Annahme einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit entgegenstehen könnte. Dabei kann offen
bleiben, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, er habe in dieser Zeit zwei Fluggeräte überprüft.
Allerdings hat der Kläger in einem zwischen den Parteien geführten Parallelrechtsstreit, wie sich aus
einem Sitzungsprotokoll vom 10.01.2008 (Bl. 179 d.A.) ergibt, selbst erklärt, dass ihm seitens eines der
beiden Geschäftsführer der Beklagten nach Beendigung der Reha-Maßnahme im Oktober 2006 untersagt
worden sei, Flugzeuge zu prüfen. Aus dem Umstand, dass der Kläger - unter Zugrundelegung seines
Vorbringens - in einem Zeitraum von fast zwei Monaten zwei Fluggeräte einer Überprüfung unterzogen
hat, ergibt sich noch nicht, dass er in der Lage war, die ihm arbeitsvertraglich obliegende Tätigkeit (Prüfer
von Luftfahrtgerät Klasse 1) zu erfüllen. In Ansehung der in der sozialmedizinischen Stellungnahme des
MDK vom 30.04.2006 bezeichneten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers ("deutliche
neuropsychologische Defizite") erscheint es äußerst zweifelhaft, ob vom Kläger eine verlässliche und
ordnungsgemäße Prüfung erwartet werden konnte. Es ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, welchen
zeitlichen Umfang die beiden vom Kläger behaupteten Prüfungen im Gesamtzeitraum von fast zwei
Monaten eingenommen haben. Insgesamt ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers
nicht, dass er - trotz der entgegenstehenden Indizien - in der Lage war, die hochverantwortungsvollen
Aufgaben eines Prüfers von Luftfahrtgerät noch mit mittlerer Art und Güte zu erfüllen. Unerheblich ist, ob
der Kläger - wie schon in der Zeit vor seinem Unfall vom 14.09.2005 - bei der Beklagten Wareneingänge
bearbeitet hat. Die Ausübung dieser Tätigkeit lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob der Kläger seine
eigentliche Aufgabe (Prüfer von Luftfahrtgerät) erfüllen konnte. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vom
Kläger (wohl unstreitig) durchgeführten Wiederherstellung einer Datenbank, wobei ohnehin weder
vorgetragen noch ersichtlich ist, dass es sich hierbei überhaupt um eine arbeitsvertraglich geschuldete
Tätigkeit handelte.
b) Der Kläger hat gegen die Beklagte - bezogen auf den Zeitraum vom 25.10. bis 19.12.2006 - auch
keinen Zahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB).
Dabei kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 BGB vorliegend erfüllt sind. Der
geltend gemachte Zahlungsanspruch scheitert nämlich jedenfalls daran, dass der insoweit darlegungs-
und beweisbelastete Kläger keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat,
aus denen sich die Höhe einer etwaigen, nach § 818 Abs. 2 BGB im Wege des Wertersatzes
auszugleichenden ungerechtfertigten Bereicherung herleiten lässt. So fehlt es bereits hinsichtlich des
zeitlichen Umfangs der erbrachten Tätigkeit an einem substantiierten Tatsachenvortrag sowie an
jeglichem Beweisangebot. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte vorgetragen hat, der Kläger sei lediglich
unregelmäßig und nach eigenem Gutdünken im Betrieb erschienen, wäre es Sache gewesen, darzulegen
und unter Beweis zu stellen, wann er seine Tätigkeit an den einzelnen Tagen im Zeitraum vom 25.10. bsi
19.12.2006 jeweils begonnen hat, welche Pausen er eingelegt hat und wann diese Tätigkeit jeweils
endete. Die pauschale Behauptung, er sei seinen vertraglichen Pflichten in vollem Umfang
nachgekommen, erweist sich zur Feststellung der Höhe eines etwaigen Bereicherungsanspruchs als
unzureichend. Ebenso wenig lässt sich (aus denselben Gründen) vorliegend die "übliche Vergütung" i.S.v.
§ 612 Abs. 2 BGB für die vom Kläger im maßgeblichen Zeitraum erbrachten Tätigkeiten bestimmen.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFGZ
für die Zeit vom 20.12.2006 bis zum 15.01.2007.
Dabei kann offen bleiben, ob die im Durchgangsarztbericht vom 21.12.2006 diagnostizierte Verletzung
des Klägers (Grundgliedfraktur der Kleinzehe) zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Wie bereits oben unter II
1. a) ausgeführt, ist in Ansehung der gegebenen Indizien davon auszugehen, dass der Kläger über den
24.10.2006 hinaus bereits infolge des am 14.09.2005 erlittenen Unfalls arbeitsunfähig war. Konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass die dieser Arbeitsunfähigkeit zugrundeliegenden gesundheitlichen
Beeinträchtigungen bzw. Beschwerden abgeklungen sind, sind - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nicht
ersichtlich. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die auf dem Unfall vom 14.09.2005
beruhende Arbeitsunfähigkeit, hinsichtlich derer der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum bereits
abgelaufen war, auch in der Zeit vom 20.12.2006 bis 15.01.2007 fortbestanden hat. Durch eine
hinzutretende Erkrankung konnte kein erneuter, auf den Zeitraum von weiteren sechs Wochen begrenzter
Entgeltfortzahlungsanspruch entstehen (BAG v. 02.12.1981 - 5 AZR 89/80 - AP Nr. 48 zu § 1 LohnFG).
3. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem
Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§ 611 Abs. 1, 615 BGB).
Zwar hat die Beklagte unstreitig die Annahme der vom Kläger am 16.01.2007 angebotenen
Arbeitsleistung abgelehnt. Der Arbeitgeber kommt nach § 297 BGB jedoch nicht in Verzug, wenn der
Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Fehlt es am
Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, so wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Zwar trifft
die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers den Arbeitgeber. Im Streitfall hat
die Beklagte indessen Indizien vorgetragen, aus denen auf eine fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit des
Klägers geschlossen werden kann. Tatsachen bzw. Umstände, welche geeignet sein könnten, die
Indizwirkung zu erschüttern, hat der Kläger nicht vorgetragen. Diesbezüglich wird zur Vermeidung
unnötiger Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter II. 1. a) verwiesen. Die Behauptung der
Beklagten, der Kläger sei auch während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, gilt daher nach
§ 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BAG v. 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 -).
III.
Da die Klage des Klägers unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen ist, hat die Beklagte
gegen den Kläger nach § 717 Abs. 2 ZPO einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr unstreitig an den
Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in voller Höhe der im arbeitsgerichtlichen Urteil titulierten
Zahlungsansprüche geleisteten Zahlung. Die über den Zeitpunkt der Zahlung hinausgehenden
Zinsansprüche der Beklagten folgen aus den §§ 717 Abs. 2, Satz 2, 2. HS ZPO, 291, 288 Abs. 1 BGB.
IV.
Widerklage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.