Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 22.11.2007

LArbG Mainz: arbeitsentgelt, arbeitsgericht, rechtskraft, quelle, kündigung, form, vergütung, busfahrer, datum

LAG
Mainz
22.11.2007
10 Sa 591/07
Annahmeverzug und Bezug von Ar
Aktenzeichen:
10 Sa 591/07
4 Ca 766/06
ArbG Kaiserslautern
- AK Pirmasens -
Entscheidung vom 22.11.2007
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern- Auswärtige Kammern
Pirmasens - vom 4. Juli 2007, Az.: 4 Ca 766/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Zeit
vom 01.09. bis zum 31.10.2003 aus übergegangenem Recht in Höhe von € 1.654,41 aufgrund des an den
Arbeitnehmer Gerard Z. gezahlten Arbeitslosengeldes.
Der Arbeitnehmer Gerard Z. (geb. am 28.11.1958) war bei der Beklagten seit dem 02.05.1999 als
Busfahrer zu einem durchschnittlichen Bruttomonatslohn von zuletzt € 1.800,00 beschäftigt. Die Beklagte
hat das Arbeitsverhältnis mit Herrn Z. am 05.09. zum 30.09.2002 gekündigt. Die Klägerin zahlte Herrn Z.
ab dem 01.10.2002 Arbeitslosengeld. Herr Z. hat eine Kündigungsschutzklage erhoben, die in beiden
Instanzen Erfolg hatte (ArbG Urteil vom 29.01.2003 = 4 Ca 1071/02; LAG Urteil vom 30.07.2003 = 9 Sa
521/03). Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 28.08.2003 erklärt, dass sie auf Rechtsmittel gegen das
Berufungsurteil verzichte.
Weil sich die Beklagte nach Rechtskraft des Urteils des Landesarbeitsgerichts vom 30.07.2003 geweigert
hat, Annahmeverzugslohn zu zahlen, machte Herr Z. klageweise Vergütungsansprüche für die Zeit vom
01.10.2002 bis zum 31.10.2003 (dreizehn Monate), abzüglich des in diesem Zeitraum erhaltenen
Arbeitslosengeldes, geltend. Auch seine Zahlungsklage hatte in beiden Instanzen Erfolg (ArbG Urteil vom
06.10.2004 = 4 Ca 898/03; LAG Urteil vom 04.05.2005 = 9 Sa 1026/04).
Mit ihrer am 22.12.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt nunmehr die Klägerin die
Zahlung der Vergütung aus übergegangenem Recht für die Zeit vom 01.10.2002 bis zum 31.10.2003 in
Höhe des gewährten Arbeitslosengeldes von € 9.362,24 nebst Zinsen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.07.2007 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich
der Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils
(Bl. 48 - 54 d. A.) Bezug genommen. Gegen das ihr am 03.08.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit
Schriftsatz vom 30.08.2007 zunächst uneingeschränkt Berufung eingelegt. In der
Berufungsbegründungsschrift, die am 27.09.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat sie ihre
Berufung auf die Verurteilung zur Zahlung für die Monate September und Oktober 2003 in Höhe von
€ 1.654,43 beschränkt.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin sei spätestens ab dem 01.09.2003 nicht mehr verpflichtet
gewesen, Herrn Z. Arbeitslosengeld zu gewähren, weil sie am 28.08.2003 auf Rechtsmittel gegen das
Berufungsurteil vom 30.07.2003 im Kündigungsschutzprozess verzichtet habe. Lohnansprüche des
Beziehers von Arbeitslosengeld gingen aber auf die Klägerin nur soweit und solange über, wie sie zur
Leistung an den Arbeitslosen verpflichtet sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 04.07.2007, Az.: 4
Ca 766/06, teilweise aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit sie zur Zahlung eines Betrages von
mehr als € 7.707,83 nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, sie sei gemäß § 143 Abs. 3 SGB III auch in der Zeit vom 01.09. bis zum 31.10.2003 zur
Leistung von Arbeitslosengeld verpflichtet gewesen, weil die Beklagte - unstreitig - in diesem Zeitraum
kein Arbeitsentgelt gezahlt habe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der in der Berufungsinstanz
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur
Information des Gerichts beigezogenen Akten 4 Ca 1071/02 (= 9 Sa 521/03) und 4 Ca 898/03 (= 9 Sa
1026/04).
Entscheidungsgründe:
Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64
Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist
somit zulässig. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel in zulässiger Weise auf die erstinstanzliche Verurteilung
zur Zahlung von € 1.654,41 für die Monate September und Oktober 2003 beschränkt.
In der Sache hat das beschränkte Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat
zutreffend erkannt, dass die Klageforderung auch für die Zeit vom 01.09. bis zum 31.10.2003 begründet
ist. Die Klägerin kann aus abgeleitetem Recht gemäß §§ 615, 293 ff. BGB, § 143 Abs. 3 SGB III i.V.m.
§ 115 SGB X, Annahmeverzugslohnansprüche in Höhe des an den Arbeitnehmer Gerard Z. gezahlten
Arbeitslosengeldes von € 1.654,41 beanspruchen.
Die Beklagte hat dem Arbeitnehmer Gerard Z. in der Zeit vom 01.09. bis zum 31.10.2003 kein
Arbeitsentgelt gezahlt, obwohl er Arbeitsentgelt zu beanspruchen hatte. Mit Rechtskraft des Urteils des
Landesarbeitsgerichts vom 30.07.2003 (9 Sa 521/03) stand fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die
Kündigung der Beklagten vom 05.09.2002 nicht zum 30.09.2002 aufgelöst worden ist.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dem Arbeitnehmer Z. mit Ablauf des 30.09.2002 keine Arbeit
zugewiesen und ist dementsprechend ab Oktober 2002 in Annahmeverzug geraten. Zur Vermeidung
unnötiger Wiederholungen wird insoweit auf die Entscheidungsgründe des rechtskräftigen Urteils des
Landesarbeitsgerichts vom 04.05.2005 (9 Sa 1026/04) Bezug genommen.
Die Beklagte hat dem Arbeitnehmer Z. im September und Oktober 2003 unstreitig kein Arbeitsentgelt
gezahlt. Dass der Arbeitnehmer in diesen zwei Monaten Arbeitentgelt zu beanspruchen hatte, stand mit
Rechtskraft des Urteils des Landesarbeitsgerichts vom 04.05.2005 (9 Sa 1026/04) fest. Nach § 143 Abs. 3
SGB III war die Klägerin im September und Oktober 2003 verpflichtet, dem Arbeitnehmer Z.
Arbeitslosengeld zu gewähren, weil er von der Beklagten zwar Arbeitsentgelt zu beanspruchen hatte,
jedoch tatsächlich nicht erhalten hat.
Das Arbeitslosengeld ist dem Arbeitnehmer Z. in der Zeit vom 01.09. bis zum 31.10.2003 nicht etwa zu
Unrecht gewährt worden, wie die Beklagte meint. Vielmehr lag ein Fall der sog. Gleichwohlgewährung
vor, der die Arbeitsagentur verpflichtet, Arbeitslosengeld zu zahlen, obwohl der Arbeitslose für den
maßgeblichen Zeitraum Anspruch auf Arbeitsentgelt hat oder der Arbeitslosengeldanspruch aus sonstigen
Gründen ruht. Soweit nämlich der Arbeitslose die ihm zustehenden Leistungen des Arbeitgebers
tatsächlich nicht erhält, gewährt die Arbeitsagentur gemäß § 143 Abs. 3 SGB III trotz des Ruhens
(„gleichwohl”) Arbeitslosengeld mit der Folge, dass der Anspruch des Beschäftigten gegen den
Arbeitgeber in Höhe der erbrachten Leistungen auf die C. nach § 115 Abs. 1 SGB X übergeht.
Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Beklagte hatte das Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.09.bis 31.10.2003
weder ganz noch teilweise an den Arbeitnehmer Z. gezahlt, bevor er von der Klägerin das
Arbeitslosengeld erhalten hat. Sonach sind die Entgeltansprüche des Arbeitnehmers Z. auf die Klägerin
in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes übergegangen.
Nach alledem ist die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.