Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 01.04.2004

LArbG Mainz: zulage, gleichbehandlung im unrecht, widerruf, arbeitsgericht, in gerechtfertigter weise, begründung des urteils, tarifvertrag, freiwillige leistung, widersprüchliches verhalten

LAG
Mainz
01.04.2004
11 Sa 1232/03
Aktenzeichen:
11 Sa 1232/03
2 Ca 3356/02 MZ
ArbG Mainz
Verkündet am: 01.04.2004
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.05.2003 - 2 Ca 3356/02 -
wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Mit seiner Klage begehrt der Kläger über den 30.06.2002 hinaus die Zahlung einer Vorarbeiterzulage in
Höhe von monatlich 198,93 Euro.
Der Kläger ist bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 06.02.1990 als Fernmeldeelektroniker
angestellt. Seine Aufgabe ist bei die Wartung und Instandhaltung von Brandmeldeanlagen (BMA). Auf das
Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher
Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils
gültigen Fassung Anwendung. Der Bezirkstarifvertrag (BZT) zum BMT-G vom 11. Dezember 1995 enthält
u.a. folgende Regelung:
"§ 6
Vorarbeiter
(1) Vorarbeiter sind Arbeiter, denen durch schriftliche Verfügung die Aufsicht über die Arbeitsleistung
einer Gruppe von Arbeitern übertragen ist und die selbst mitarbeiten. Die Gruppe soll außer dem
Vorarbeiter in der Regel aus mindestens drei Arbeitern bestehen.
(2) Die Arbeiter, die zu Vorarbeitern bestellt worden sind, erhalten für die Dauer der Tätigkeit als solche
eine Zulage. Die Zulage beträgt 10 v. H. des Monatstabellenlohnes der Stufe 1 der jeweiligen
Lohngruppe. Arbeiter der Lohngruppen 7 bis 9 erhalten die Vorarbeiterzulage aus dem
Monatstabellenlohn der Stufe 1 der Lohngruppe 7.
(3) Die Abberufung als Vorarbeiter bedarf der Schriftform."
Mit Schreiben vom 02.07.1996 bestellte die Beklagte den Kläger zunächst befristet vom 01.07.1996 (Bl. 8
d.A.) bis zum 30.06.1997 zum Vorarbeiter und gewährte ihm die streitgegenständliche Zulage. Unter dem
26.06.1997 (Bl. 44 d.A.) teilte sie mit, dass die Vorarbeiterzulage unter Vorbehalt über den 30.06.1997
hinaus gezahlt werde. Mit Schreiben vom 24.07.1997 (Bl. 10 d.A.), auf das Bezug genommen wird,
empfahl die Fachabteilung des Klägers die Weitergewährung der Vorarbeiterzulage. Auf dem Schreiben
ist folgender handschriftlicher Vermerk vom 21.08.1997 aufgebracht:
"telef. Rücksprache mit H. I: "H. J sind auf Dauer von mindestens 2, manchmal 3 MA unterstellt. H. A. ist ein
guter und engagierter MA. Die VA-Zul. soll auch als Anerkennung der guten Leistungen gezahlt werden."
Die Beklagte bat mit Schreiben vom 21.08.1997 (Bl. 11 d.A.) den Betriebsrat um Zustimmung zur
Gewährung der Vorarbeiterzulage an den Kläger auf Dauer. Unter dem 09.09.1997 (Anlage 7 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 04.12.2002, Bl. 45 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er weiterhin
als Vorarbeiter im Fachbereich TF 105 eingesetzt werde.
Nach einem Organigramm für den Fachbereicht TF 105 vom 27.08.1998, wegen dessen Inhalt im
Einzelnen auf die Anlage 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.12.2002, Bl. 42 d. A., Bezug genommen
wird, war der Kläger eingesetzt als Vorarbeiter "BMA, Bau und Wartung", dem vier Stellen, von denen zwei
als besetzt ausgewiesen sind, unterstehen . Ein späteres Organigramm vom 01.02.2001 (Anlage 5 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 04.12.2002, Bl.43 d.A.) zeigt den Kläger in der soeben erwähnten Position.
Ihm unterstellt sind nach diesem Organigramm ein Mitarbeiter "BMA Meldeanlagen" – Herr K - und eine
Mitarbeiterin "Uhren, USV Lichtruf, Zugangskontrolle Bau und Wartung" – Frau L - . Nach dem
Ausscheiden von Frau L zum 30.05.2001 und Herrn K zum 31.01.2002 wurden die Stellen nicht wieder
besetzt.
Im Jahr 2001 organisierte die Beklagte die Abteilung Kommunikationstechnik zum 01.07.2001 neu. Es
wurde anstelle der bisherigen dezentralen Arbeitsausführung in mehreren Fachbereichen eine neue
zentrale Organisationseinheit (Projekt- und Auftragsausführung) geschaffen, die alle Arbeiten des
operativen Geschäfts der Wartung, Montage und Instandsetzung von Brandmeldeanlagen,
Einbruchssicherungsanlagen, Kabelnetzen, Funkanlagen usw. abdeckt. In dem vom Kläger als Anlage K7
zum Schriftsatz vom 15.01.2003 zur Akte gereichten Organigramm mit Datum vom 01.07.2001 (Bl. 57 d.A.)
stellt sich die Neuorganisation, soweit vorliegend von Interesse, so dar, dass unter "Montage, Wartung und
Instandhaltung" die dort tätigen Mitarbeiter sämtlich mit Familiennamen aufgeführt sind, ohne dass
Unterstellungsverhältnisse in diesem Bereich erkennbar würden.
Mit Schreiben vom 26.06.2002 (Anlage 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.12.2002) hat die Beklagte
mit Zustimmung des Betriebsrat die Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter widerrufen und dem Kläger
mitgeteilt, dass der mit diesem Widerruf verbundene Wegfall der Zuarbeiterlage aus sozialen Gründen
dergestalt erfolge, dass dieser sukzessive in drei Schritten zum Jahresende erfolge. Demgemäß erhält der
Kläger ab 01.01.2003 keine Zulage mehr.
Nach der Zusammenführung der bisher vorhandenen verschiedenen Fachbereiche in den Fachbereich
Projekt- und Auftragsaufführung waren dort zunächst noch fünf Arbeitnehmer mit Vorarbeiterzulage
eingesetzt. Es waren dies Herr M (21.04.1987 Eintritt bei der Beklagten, 27.08.1963 geboren, verheiratet),
Herr O (01.10.1980 Eintritt, 19.06.1950 geboren, verheiratet), O Mayerhöfer (01.08.1967 Eintritt,
21.09.1940 geboren, nicht verheiratet), O N (01.04.1962 Eintritt, 22.08.1947 geboren, verheiratet) und
schließlich der Kläger (01.03.1990 Eintritt, 28.11.1963 geboren, nicht verheiratet). Angesichts der
Neuorganisation und der Tatsache, dass im genannten Fachbereich insgesamt nach Ausscheiden
verschiedener Mitarbeiter, deren Stellen nicht wieder besetzt wurden, lediglich noch 13 Arbeitnehmer
beschäftigt wurden, sah die Beklagte keine Notwendigkeit mehr für eine solche Zahl von
Vorarbeiterstellen. Sie widerrief deshalb auch die Vorarbeiterbestellung der übrigen dazu bestellten
Arbeitnehmer mit Ausnahme derjenigen von Herrn N und Herrn M. Im Fall von Herrn M. zahlte sie eine
persönliche Zulage in Höhe der früheren Vorarbeiterzulage im Hinblick auf die getroffene
Altersteilzeitvereinbarung weiter.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm sei die Zulage unabhängig von den tariflichen
Voraussetzungen einzelvertraglich zugesagt worden, weshalb sie nicht einseitig widerrufen, sondern
allenfalls im Wege der Änderungskündigung entzogen werden könne. Die Voraussetzungen für die
allenfalls im Wege der Änderungskündigung entzogen werden könne. Die Voraussetzungen für die
Gewährung der tariflichen Zulage hätten nie vorgelegen. Wie sich aus den verschiedenen Schreiben, die
im Zusammenhang mit der Zulagengewährung stünden und die ihm alle durch Einsichtnahme in die
Personalakte bekannt seien, ergebe, sei der Beklagten dies auch bewusst gewesen und die Zulage
wegen seiner - unverändert - guten Leistung gewährt worden. Tatsächlich habe er stets nur mit einem
Mitarbeiter die ihm übergetragenen Aufgaben ausgeführt. Dies sei grundsätzlich der Zeuge K und
vertretungsweise der Zeuge L, nach dessen Ausscheiden einige Male die Mitarbeiterin Seitz und später
Herr M. gewesen. Seit März 2002 arbeite er mit dem Zeugen N, den er habe anlernen und anweisen
müssen und der ihn seit seiner Genesung im Anschluss an eine Erkrankung im Frühjahr 2002 wiederum
begleite. Nach dem neuen Organigramm gäbe es eine klare Zuordnung nicht mehr, weshalb aus formalen
Gründen keinem der Mitarbeiter die Zulage gezahlt werden dürfe. Wenn sie einigen dennoch nicht
entzogen worden sei, müsse er - der Kläger - sie nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ebenfalls
weiterhin erhalten. Auch sei der Widerruf der Zulage ermessensfehlerhaft erfolgt. Soziale Kriterien seien
offensichtlich nicht maßgeblich gewesen, sonst hätte Herr O neben Herrn N den Vorzug bei den
Vorarbeiterstellen erhalten müssen. Seine Arbeitsleistung sei nicht zu beanstanden, seine Arbeit erfordere
enormes Fachwissen, wie das Höhergruppierungsschreiben (Bl. 12 ff. d.A) sowie das Zwischenzeugnis
vom 31.07.2001 (Bl. 14 ff. d.A.) belegten. Der jetzige Versuch, seine Arbeitsleistung herabzusetzen,
beruhe allein auf einer subjektiven Einschätzung des Fachbereichsleiters P.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 805,65 € brutto sowie 5 % Zinsen aus 208,92 € seit
Rechtshängigkeit und 5 % Zinsen aus 596,73 € seit dem 15.01.2003 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den 30.06.2002 hinaus die bisherige
Vorarbeiterzulage in Höhe von monatlich 198,93 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe Anspruch auf die Position des Vorarbeiters und die damit
verbundene Zulage nur auf der Grundlage des Tarifvertrages. Der Widerruf sei erfolgt, weil der Kläger
jedenfalls seit 01.07.2002 die tariflichen Voraussetzungen nicht mehr erfülle. In der Position, die der
Kläger inne gehabt habe, seien ihm entsprechend dem Organigramm aus dem Jahr 1998 vier Stellen
zugeordnet gewesen. Entgegen der Behauptung des Klägers hätten die beiden nichtbesetzten Stellen
wieder besetzt werden sollen, da die Übernahme der Konzession für die Wartung von
Brandmeldeanlagen für die Kreisverwaltung beabsichtig gewesen sei. Nachdem es hierzu nicht
gekommen sei, seien die beiden Stellen eingespart worden. Die Aufgabe des Klägers sei zwar fachlich
die Gleiche geblieben. Im Gegensatz zu früher seien ihm aber keine Mitarbeiter mehr zugeordnet, so dass
er keine Vorarbeiterfunktion mehr ausübe. Die Auswahl der Mitarbeiter mit Vorarbeiteraufgaben sei durch
den zuständigen Fachbereichsleiter des neuen Fachbereichs KTK 13/jetzt TBL 33 nach den zu stellenden
Anforderungen unter den Bedingungen der Neuorganisation erfolgt. Die Entscheidung sei auf die
Mitarbeiter M und N gefallen, die die Beurteilungskriterien deutlich besser als der Kläger erfüllt hätten.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in diesem Zusammenhang wird auf den
Schriftsatz der Beklagten vom 16.04.2003, Ziff. IV verwiesen. Der Kläger sei zudem der jüngste
Arbeitnehmer mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit und unverheiratet sowie kinderlos.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Arbeitsgerichts
Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.05.2003 abgewiesen. Die Beklagte habe die in Rede
stehende Zulage niemals losgelöst von den tariflichen Voraussetzungen zahlen wollen. Schon aus
diesem Grunde sei ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung dieser Zulage, ohne das es auf die tariflichen
Voraussetzungen ankäme, nicht gegeben. Die tariflichen Voraussetzungen erfülle der Kläger jedenfalls
ab 01.07.2002 nicht (mehr). Der Widerruf der Beklagten entspreche angesichts dessen und im Hinblick
auf die objektiv vorliegenden Sozialkriterien hinsichtlich der Person des Klägers billigem Ermessen. Für
die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes fehle es an einer Gruppenbildung nach abstrakten
Regeln. Wegen der Begründung des Urteils im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe Blatt 9 - 15
Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 26.08.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 26.09.2003 eingelegte Berufung
des Klägers, die er Montag, den 27.10.2003 begründet hat.
Der Kläger vertieft sein erstinstanzlichen Vorbringen und macht geltend, die Zulage sei ihm ersichtlich
unabhängig vom Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen aufgrund seiner guten Leistungen bewilligt
worden, weshalb sie ihm nunmehr nicht entzogen werden könne. Die Begründung der Beklagten für ihre
Widerrufsentscheidung sei angesichts dessen widersprüchlich, wenn sie sich nunmehr darauf berufe, die
tariflichen Voraussetzungen fehlten. Eine korrekte Auswahl habe bei der Abberufung nicht stattgefunden.
Die angeführten Gründe seien nur vorgeschoben und könnten als nachträglich gefunden nicht mehr zur
Bejahung der Billigkeit führen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei anwendbar und verletzt. Die
Beklagte habe nicht dargelegt, wieso dem Kläger die für die Vorarbeitereigenschaft notwendigen
Voraussetzungen fehlen sollten und auch nicht ansatzweise dargelegt, warum die Mitarbeiter M und N
diese Eigenschaften haben sollten. Es verhalte sich vielmehr so, dass er - der Kläger - die Arbeit in der
Zusammenarbeit mit dem Zeugen N einteile, organisiere und entscheide, was zu tun sei, weil dem Zeugen
N hierfür die notwendige Fachkenntnis fehle. Weder bei dem Zeugen N noch bei dem Zeugen M sei
erkennbar, dass sie tatsächlich eine Vorarbeiterfunktion mit Weisungsbefugnis ausübten. Sie arbeiteten
ebenso wie er - der Kläger - im Zweier- oder Dreierteam oder alleine. Die ihnen zugewiesene
Vorarbeiterfunktion lasse sich an objektiven Kriterien nicht festmachen. Die Mitarbeiterzuordnung, wie sie
die Beklagte im Schreiben vom 23.04.2002 (Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 03.02.2003) an
den Betriebsrat vorgenommen habe, sei willkürlich. Den beiden verbliebenen Vorarbeitern M und N seien
Mitarbeiter aus Bereichen zugeordnet, in denen die Vorarbeiter keine Fachkenntnis hätten.
Zu ergänzenden Darstellung der Berufungsbegründung durch den Kläger wird auf dessen Schriftsätze
vom 26.11.2003 und vom 17.02.2004 nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das erstinstanzliche Urteil abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 805,65 € brutto sowie 5 % Zinsen aus einem Betrag von 208,92 €
seit Rechtshängigkeit und 5 % Zinsen aus einem Betrag von 596,73 € seit dem 15.01.2003 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den 30.06.2002 hinaus die bisherige
Vorarbeiterzulage in Höhe von monatlich 198,93 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht insbesondere geltend, dass angesichts des
Spielraums, den die Tarifnorm einräume und gerade auch des vom Kläger angesprochenen
Schriftverkehrs keine Rede davon sein könne, dass sich die Beklagte unabhängig von der Anzahl der
dem Kläger unterstellten Arbeitnehmer auf Dauer zu Gewährung der Vorarbeiterzulage verpflichtet hätte.
Die Neuorganisation und die unternehmerische Entscheidung, nur noch zwei Vorarbeiterstellen zu
erhalten, seien nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die von ihr getroffene Auswahl sei weder
willkürlich noch die Gründe vorgeschoben.
Zur weitergehenden Darstellung des Vortrags der Beklagten in der Berufungserwiderung wird auf deren
Schriftsatz vom 26.11.2003 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
I.
Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch
gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie
rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden. Die Berufungsbegründungsfrist wäre zwar gemäß §§
64 Abs. 6 ArbGG, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB grundsätzlich bereits am 26.10.2003
abgelaufen. Da dieser Tag jedoch ein Sonntag war, verlängerte sich die Frist gemäß § 222 Abs. 2 ZPO bis
zum 27.10.2003, 24.00 Uhr. Die Berufung ist somit insgesamt zulässig.
II.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klage ist insgesamt zulässig, aber nicht begründet.
1.
Insbesondere besteht für den Feststellungsantrag das von § 256 Abs. 1 ZPO geforderte
Feststellungsinteresse, da die Beklagte den vom Kläger geltend gemachten Anspruch bestreitet und ein
Urteil geeignet wäre, Klarheit in die Rechtsbeziehungen der Parteien zu bringen. Auch der Vorrang der
Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Der Grundsatz der höheren Prozesswirtschaftlichkeit und die
Erwartung, die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin werde einen gerichtlichen Ausspruch in einer
Feststellungsklage ohne weiteres befolgen, rechtfertigt es vorliegend den maßgeblichen Streitpunkt
zwischen den Parteien im Wege eines nichtvollstreckungsfähigen Feststellungsausspruchs zu
entscheiden (vgl. dazu nur Bundesarbeitsgericht, 23.06.1988 - 6 AZR 137/86 - NZA 1989, 55, zu I.2.b) der
Gründe).
2.
Die Klage ist aber nicht begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist in sachlicher und rechtlicher Hinsicht
richtig. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung festgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch
auf die begehrte Vorarbeiterzulage hat. Aufgrund des wirksamen Widerrufs der Bestellung zum
Vorarbeiter durch die Beklagte hat der Kläger auch unter Berücksichtigung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes keinen Anspruch auf Zahlung der Zulage für die Zeit nach dem
01.07.2002. Es konnte deshalb weder dem Zahlungs- noch dem Feststellungsantrag entsprochen werden.
(a) Die Beklagte hatte nach der Regelung in § 6 BZT, die aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme
als Vertragsrecht für das Arbeitsverhältnis der Parteien Geltung hat, das Recht, die Bestellung des Klägers
zum Vorarbeiter zu widerrufen. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung ist das Arbeitsgericht zu
Recht davon ausgegangen, dass es zu keiner konkludenten Vereinbarung zwischen den Parteien über
die Gewährung einer von den tariflichen Voraussetzungen losgelösten Zulage gekommen ist, aufgrund
derer die Beklagte gar nicht oder nur bei Nachlassen der Leistung des Klägers zum Widerruf der Zulage
bzw. der Vorarbeiterstellung berechtigt wäre. Vielmehr hat die Beklagte eine "von einem förmlichen
Bestellungsakt abhängige tätigkeitsbezogene Vergütungszulage" (BAG, 29.05.1985 - 7 AZR 111/83 - AP
BMT-G II § 62 Nr.1) in Anwendung des BZT gewährt.
aa) Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, deren Anteilseignerin zu 100 % die
Stadt F ist. Damit stellt sie sich als ein wirtschaftliches Unternehmen der Stadt F in Privatrechtsform im
Sinne von § 87 GemORP dar. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes werden in den Arbeitsverträgen
vereinbart. Durch die Mitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband gelten sie für Arbeitnehmer, die
gewerkschaftlich organisiert sind, nach § 4 TVG unmittelbar und zwingend. Es sind deshalb vorliegend die
Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Gewährung von Leistungen im
öffentlichen Dienst aufgestellt hat, heranzuziehen (BAG, 23.06.1988 - 6 AZR 137/86 - NZA 1989, 55, zu
II.3.a) der Gründe). Es gilt danach in diesem Bereich im Zweifel Normenvollzug. Die langjährige
Gewährung von Leistungen kann deshalb auf Seiten der Arbeitnehmer nicht die Annahme begründen, die
Leistungen sollten dauerhaft und unabhängig von tariflichen Vorgaben erfolgen (BAG, aaO). Der
öffentliche Arbeitgeber will grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung zahlen, sondern will nur das
gewähren, was dem Arbeitnehmer tariflich zusteht. Deshalb ist auch etwa die Bezeichnung der
Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung regelmäßig nicht
dahingehend auszulegen, dass dem Arbeitnehmer ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen
unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine bestimmte Vergütung zustehen soll (BAG,
05.09.2002 - 8 AZR 620/01 - AP BAT Lehrer §§ 22, 23 Nr. 93).
bb) Von diesen Grundsätzen ausgehend erweist sich die Annahme des Arbeitsgerichts auch unter
Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers in der Berufung als zutreffend, dass keines des
Schreiben, die sich mit der Gewährung der Zulage befassen, den Schluss zulässt, die Beklagte habe dem
Kläger eine eigenständige (Leistungs-) zulage, die von den tariflichen Voraussetzungen, in § 6 BZT
unabhängig wäre, versprechen wollen. Dies ergibt sich jeweils schon aus dem Inhalt und den gewählten
Formulierungen in den Schreiben, so dass es auf den Umstand, dass grundsätzlich die nicht an den
Formulierungen in den Schreiben, so dass es auf den Umstand, dass grundsätzlich die nicht an den
Kläger direkt gerichteten Schreiben keine vertraglichen Ansprüche begründen könnten, nicht ankommt.
(1) Die erstmalige Bestellung zum Vorarbeiter erfolgte mit Schreiben vom 02.07.1996 für 1 ½ Jahre. Das
Schreiben nimmt klar Bezug auf die tariflichen Grundlagen. Es werden die Voraussetzungen der Tarifnorm
zitiert. Die Befristung wird mit der allgemeinen Überprüfung aller Vorarbeiterstellen begründet und in
Aussicht gestellt, dass eine dauerhafte Übertragung der Vorarbeiterfunktion bei Bewährung erfolgen kann,
unter der Bedingung, dass "die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt" sind, womit nach dem
Zusammenhang im Schreiben nur die tariflichen Voraussetzungen gemeint sein können. Insgesamt wird -
auch durch den Hinweis auf Bedenken, ob überhaupt die tariflichen Voraussetzungen für die Bestellung
zum Vorarbeiter ausreichend erfüllt sind - dem Kläger - wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat -
gerade verdeutlicht, dass die Beklagte zwar in großzügiger Auslegung des Tarifvertrages, nicht aber
gänzlich unabhängig von diesem vorgehen wollte.
(2) Das Schreiben vom 26.06.1997 teilt die weitere Gewährung unter Vorbehalt mit und verweist darauf,
dass auch noch eine weitere Prüfung erfolge. Somit wird auch hier wieder deutlich, dass keine vom
Tarifvertrag unabhängige Leistung erfolgen sollte.
(3) Auch das Schreiben vom 09.09.1997 ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht anders zu
bewerten. Auch ihm ist kein Verpflichtungswille der Beklagten zu entnehmen, dem Kläger eine von den
Voraussetzungen des Tarifvertrages losgelöste Leistung zukommen zu lassen. Es heißt dort zwar "nach
eingehender Überprüfung sehen wir die tariflichen Voraussetzungen zum Einsatz eines weiteren
Vorarbeiters als erfüllt an". Dabei handelt es sich aber nicht - wie der Kläger meint - darum, die tariflichen
Voraussetzungen zu fingieren. Es ist vielmehr die Mitteilung des Prüfergebnisses. Mit der Formulierung
wird allenfalls verdeutlicht, dass der Tarifvertrag - worauf die Beklagte zu Recht insbesondere in der
Berufungserwiderung hingewiesen hat - eine Reihe von Spielräumen lässt, die die Beklagte genutzt hat.
Dass es am Ende heißt, "daß die Vorarbeiterzulage entfällt, soweit sie ihre Tätigkeit als Vorarbeiter nicht
mehr ausüben können" ändert nichts. Die Formulierung mag nicht ganz glücklich sein, lässt aber
angesichts der oben angeführten Grundsätze keine Schlüsse auf einen Verzicht der Beklagten auf die
Bindung an die tariflichen Voraussetzungen zu.
Schließlich führt auch im Hinblick darauf die Hervorhebung der Leistungen des Klägers zu keinem
anderen Ergebnis. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es fern liegend wäre
anzunehmen, die Beklagte würde andere Arbeitnehmer, als diejenigen, von deren Leistung sie überzeugt
ist, zu Vorarbeitern bestellen. Eine Lossagung von den tariflichen Voraussetzungen liegt auch darin nicht.
(4) Das Schreiben vom 21.08.1997 an den Betriebsrat, das der Kläger anführt, lässt wiederum
Beweggründe für die Handhabung des Tarifvertrages durch die Beklagte erkennen, da hervorgehoben
wird, dass der Kläger ein guter und engagierter Mitarbeiter sei, weshalb man die tariflichen Voraussetzung
als erfüllt ansehen wolle. Es gilt aber wiederum das schon im Zusammenhang mit den übrigen Schreiben
ausgeführte. Der Tarifvertrag wird erwähnt und insbesondere auch auf die Frage der Zuordnung von
mindestens zwei und gelegentlich auch drei Monteuren eingegangen. Damit konnte angesichts der
Ausrichtung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 BZT als Sollvorschrift das Vorliegen der tariflichen
Voraussetzungen bejaht werden.
(5) Schließlich ist auch das vom Kläger in der Berufung nicht mehr besonders angesprochene, mit der
Klageschrift vorgelegte Schreiben vom 24.07.1997 und insbesondere der dort vorhandene
Telefonvermerk seitens des Arbeitsgerichts so gewürdigt worden, wie dies nicht anders geschehen kann.
Das Schreiben enthält zunächst eine von den tariflichen Voraussetzungen losgelöste Beurteilung und
Stellungnahme zur Frage der Weitergewährung der Zulage an den Kläger. Gerade weil die Beklagte sich
mit dieser nicht zufrieden gegeben und wegen der Zahl der unterstellten Arbeitnehmer nachgefragt hat,
wird besonders deutlich, dass sie sich vom Tarifvertrag nicht lösen wollte. Dass der Fachvorgesetzte des
Klägers als juristischer Laie den Schwerpunkt auf andere Gesichtspunkte gelegt hat, ist im vorliegenden
Zusammenhang unerheblich. Seine Stellungnahme ist sicher für die Beklagte auch mit ihrem
ursprünglichen Inhalt unter dem Gesichtspunkt der Mitarbeiterführung und Motivation von Bedeutung
gewesen. Die Beklagte wird bestrebt gewesen sein, für einen guten und engagierten Mitarbeiter die
tariflichen Möglichkeiten zur Gewährung von Zulagen möglichst zu nutzen. Ein Erklärungswert im hier
bedeutsamen Sinne kommt der internen Äußerung des Fachvorgesetzten des Klägers aber nicht zu.
(6) Dass schließlich weder die Eingruppierungsmitteilung noch das Zeugnis im Sinne des Klägers
dahingehend bewertet werden kann, bedarf nach Auffassung der Kammer angesichts der zitierten
Rechtssprechungsgrundsätze und der zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, die vom Kläger
auch nicht besonders angegriffen wurden, keiner nochmaligen näheren Begründung. Die
Eingruppierungsmitteilung erwähnt die gewährte Zulage lediglich. Das Zeugnis teilt die Bestellung zum
Vorarbeiter mit, enthält aber auch keinen Erklärungswert dahingehend, dass der Kläger eine von den
Voraussetzungen des einschlägigen Tarifvertrages unabhängige Leistung erhalten hat oder erhalten
sollte.
Insgesamt ergibt sich damit, dass dem gesamten Schriftverkehr, der sich mit der Bestellung des Klägers
zum Vorarbeiter unter Gewährung der entsprechenden Zulage befasst, kein Verpflichtungswille zu
entnehmen ist, einen von den tariflichen Gegebenheiten losgelösten Anspruch des Klägers auf Zahlung
einer Zulage zu begründen.
cc) Sonstige Umstände, die den Schluss auf eine Vereinbarung einer übertariflichen Leistung zuließen,
sind nicht ersichtlich. Allein die tatsächliche Gewährung der Zulage reicht dafür nicht aus (vgl. nur BAG,
05.09.2002 - 8 AZR 620/01 – zu B.I.2.a)cc) der Gründe - juris). Allenfalls die bewusste Mitteilung oder
Gewährung übertariflicher Leistungen kann für eine arbeitsvertragliche Vereinbarung unabhängig von
den tariflichen Voraussetzungen sprechen (BAG, aaO zu B.I.2.a)dd)). Dies kann aber nach dem bisher
Ausgeführten und den jetzigen Äußerungen der Beklagten gerade nicht angenommen werden.
Die Beklagte hat sich - wie aus den bisher angeführten Schreiben ersichtlich wird - am Tarifvertrag
orientiert. Sie hat darauf abgestellt, ob und ggf. wie viele Arbeitnehmer dem Kläger "zugeordnet" waren.
Dies belegen insbesondere die telefonische Nachfrage beim Zeugen I, der die Auskunft gegeben hat,
dem Kläger sein "mindestens zwei, manchmal drei Mitarbeiter unterstellt", sowie die Weitergabe diese
Mitteilung an den Betriebsrat mit Schreiben vom 21.08.1997. Die Beklagte hat also die Auskunft einer
Unterstellung von zwei bis drei Arbeitnehmers erhalten. Auch das Organigramm aus dem Jahr 1998 weist
eine Unterstellung von zwei Arbeitnehmern und insgesamt vier Stellen aus, wobei die Besetzung der zwei
noch unbesetzten Stellen ausweislich der Angaben im Organigramm für den Fall geplant war, dass die
Beklagte die Überprüfung der Meldeanlage im Landkreis gewinnen würde.
Die Beklagte verweist auch jetzt noch auf die formalen Unterstellungsverhältnisse und verteidigt ihre
Auffassung zur Auslegung der Vorschrift unter Hinweis auf die Spielräume ("soll", "in der Regel"), die
diese dem Arbeitgeber einräumt. Soweit demgegenüber der Kläger geltend gemacht hat, tatsächlich habe
er seine tägliche Arbeit immer schon nur mit einem weiteren Mitarbeiter ausgeübt, er sei in der
werktäglichen Arbeit nicht mehr als einem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt gewesen, ändert dies
an den formalen Unterstellungsverhältnissen nichts. Zwar könnte es bei dieser Arbeitsweise an dem
Merkmal der Aufsicht über die Arbeitsleistung einer Gruppe fehlen. Denn es liegt nahe, den BZT so zu
verstehen, dass eine Mehrzahl von Arbeitnehmern zusammen arbeitet und dadurch eine Gruppe bildet.
Wenn die Beklagte auf der Grundlage der erhaltenen Informationen und der Organisationsstruktur, wie sie
dem Organigramm zu entnehmen ist, die genannte Voraussetzung bejaht, also keine Zusammenarbeit der
unterstellten Arbeitnehmer verlangt hat, erscheint dies durchaus als ein im Sinne der Arbeitnehmer zwar
wohlwollendes, aber jedenfalls noch vertretbares Verständnis der Norm, die ja ersichtlich dem
Arbeitgeber auch Spielraum lassen will. Ein bewusstes Abweichen vom Tarifvertrag kann jedoch unter
Berücksichtigung des bisher Ausgeführten allein aufgrund der möglicherweise fehlerhaften
Rechtsanwendung nicht angenommen werden.
Es ergibt sich damit insgesamt, dass zwischen den Parteien keine Vereinbarung dahingehend zustande
gekommen ist, dass dem Kläger ein eigenständiger, vom Tarifvertrag unabhängiger Anspruch auf eine
Zulage in Höhe dessen, was sich in Anwendung von § 6 Abs. 2 Satz 2 BZT ergibt, zustehen soll. Auf die
Frage, ob eine solche Vereinbarung mangels Einhaltung der Schriftform nach § 4 Abs. 2 BMT-G II
scheitern würde (vgl. dazu BAG, 10.11.1992 - 1 AZR 185/92 - NZA 1993, 331, 333; 18.09.2002 - 1 AZR
477/01 - Juris), kommt es deshalb nicht an.
dd) Von daher ergibt sich für die Beklagte gemäß § 6 Abs. 3 BZT das Recht, die Bestellung des Klägers
zum Vorarbeiter in der gewählten Form - schriftlich - zu widerrufen. Das Recht ist auch nicht etwa durch
Konkretisierung entfallen. Eine solche wäre nur dann anzunehmen, wenn neben einem erheblichen
Zeitablauf Umstände hinzu treten würden, aus denen der Kläger in gerechtfertigter Weise hätte schließen
dürfen, zukünftig nur noch als Vorarbeiter beschäftigt zu werden (BAG,10.11.1992, aaO). Vorliegend
erscheint schon die Zeitdauer der Übertragung - der Kläger ist nach sechs Jahr abberufen worden - nicht
so erheblich, dass an eine Konkretisierung zu denken wäre. Es fehlt aber jedenfalls am
Umstandsmoment. Die Beklagte hat stets die Abänderbarkeit der Maßnahme betont.
(b) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Beklagte hält sich in den Grenzen, die Tarifvertrag und
Gesetz insoweit vorgeben.
aa) Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegt die Bestellung zum Vorarbeiter
angesichts des tariflich - zulässigerweise - vorgesehenen Widerrufsrechts dem Direktionsrecht des
Arbeitgebers. Es ist ein einseitiger Widerruf ohne Änderungskündigung zulässig. Der Widerruf darf aber
nicht ohne sachlichen Grund ausgesprochen werden. Er unterliegt einer an § 315 BGB ausgerichteten
Überprüfung darauf, ob er nach billigem Ermessen erfolgt ist (BAG, aaO, S. 333; 11.06.1980 - 4 AZR
437/78 - AP MTB II § 9 Nr. 6). Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen
Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden
(ständige Rechtssprechung, vgl. nur BAG, 12.12.1984 - 7 AZR 509/83 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 6;
15.12.1994 –2 AZR 320/94 – NZA 1995, 413, 416).
bb) Der von der Beklagten ausgesprochene Widerruf erweist sich danach als rechtmäßig.
(1) Der Kläger hat eine von einem förmlichen Bestellungsakt abhängige tätigkeitsbezogene
Vergütungszulage erhalten (BAG, 29.05.1985 - 7 AZR 111/83 - aaO). Die Tätigkeit, für die er die Zulage
erhalten hat - Mitarbeiter im Bereich der Montage und Instandsetzung von Brandmeldeanlagen, dem
organisatorisch jedenfalls zwei Arbeitnehmer unterstellt waren, auch wenn sie ihm nicht bei der täglichen
Arbeit zur Seite gestellt waren - ist dem Kläger nicht mehr übertragen. Die vom ihm inne gehabte Position
ist im Rahmen der Neuorganisation - der Zusammenlegung von fünf Fachbereichen zu einer zentralen
Organisationseinheit - entfallen. Es ist gemäß § 529 Abs.1 Ziff.1 ZPO von der vom Arbeitsgericht auf Seite
13 des Urteils als unstreitig festgestellten Tatsache auszugehen, dass dem Kläger im hier maßgeblichen
Zeitraum auch organisatorisch nicht mehr die nach dem Tarifvertrag notwendige Anzahl von
Arbeitnehmern zugeordnet war. Dieser Umstand allein begründet - wie das Arbeitsgericht zu Recht
angenommen hat - einen sachlichen Grund und ein berechtigtes Interesse der Beklagten am Widerruf der
Vorarbeiterstellung gegenüber dem Kläger. Die Tatsache, dass die Leistungen des Klägers sich nicht
verändert, insbesondere nicht verschlechtert haben und er nach wie vor eine Tätigkeit ausübt, die
ausgeprägte Fachkenntnisse erfordert, ist hingegen ohne Belang. Die von der Beklagten auf der
Grundlage des § 6 BZT gewährte Zulage knüpft an diese Umstände nicht an.
(2) Zutreffend ist darüber hinaus das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entscheidung
der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Auswahl des Klägers beim Widerruf der
Vorarbeiterstellung billiges Ermessen gewahrt hat.
Es kann dahinstehen, inwieweit in Fällen wie dem vorliegenden die Überprüfung nach § 315 BGB auch
die Überprüfung der Auswahl der von einem Widerruf Betroffenen beinhalten muss und welcher Maßstab
seitens des Arbeitgebers zu beachten ist. Die Auswahl des Klägers ist auf jeden Fall, auch wenn der
strengste in Betracht kommende Maßstab angelegt wird, nicht zu beanstanden.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht entscheidend darauf abgestellt, dass die Beklagte mit dem Kläger den
jüngsten Arbeitnehmer mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit für den Widerruf der Vorarbeiterstellung
ausgewählt hat, und nicht überprüft, ob nach den von der Beklagten angeführten Leistungskriterien der
Kläger vom Widerruf hätte ausgenommen werden müssen. Die wesentlichen und damit abzuwägenden
Umstände des vorliegenden Falles ergeben sich aber daraus, dass von den ehemals fünf
Vorarbeiterpositionen aufgrund der Umorganisation und Stelleneinsparung nach Angaben der Beklagten
noch zwei verbleiben. Es stellt sich damit eine Situation, die vergleichbar mit der eines Arbeitgebers ist,
der von fünf Vorarbeiterstellen, die nicht widerruflich übertragen wurden, drei einspart und die Auswahl
treffen muss, welche der fünf Arbeitnehmer eine Änderungskündigung zu erhalten haben. In diesem Falle
wäre anhand der Kriterien des § 1 Abs. 3 KSchG, die Auswahl zu treffen, d.h. diejenigen Arbeitnehmer mit
den ungünstigsten Sozialdaten wären von der Änderungskündigung auszunehmen (Vgl dazu auch
ErfK/Ascheid § 1 KSchG). Diejenigen Arbeitnehmer mit den günstigsten Sozialdaten, also der geringsten
Betriebszugehörigkeit, den wenigsten Unterhaltspflichten und dem geringsten Lebensalter müssten bei
Wegfall der Arbeitsplätze die Änderungskündigung hinnehmen.
Die Beklagte konnte zwar bei der Neuorganisation in Ausübung des Direktionsrechts und damit ohne
Bindung an das KSchG vorgehen. Die gesetzgeberische Wertung, dass im Falle des Wegfalls von
Beschäftigungs- und Verdienstmöglichkeiten die verbleibenden Möglichkeiten zu gleichbleibender
Vergütung beschäftigt zu werden, hat das Arbeitsgericht aber zu Recht aufgegriffen. Der Wegfall des
zusätzlichen Einkommens ist dem sozial Stärkeren am ehesten zuzumuten. Sein Interesse an der
Beibehaltung der bisherigen Stellung und Vergütung wiegt im Rahmen des § 315 BGB nicht so schwer
wie das des sozial Schwächeren.
Wenn das Arbeitsgericht demgemäß vorliegend angenommen hat, die Maßnahme der Beklagten
entspreche der Billigkeit, ist dies nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit dem Kläger den
Arbeitnehmer von der Vorarbeiterstellung abberufen, der die geringste Betriebszugehörigkeit und das
geringste Lebensalter aufweist und darüber hinaus keine Unterhaltsverpflichtungen hat. Als solcher kann
er sich nicht darauf berufen, die Beklagte habe neben ihm einem besonders schutzwürdigen
Arbeitnehmer den Widerruf erklärt. Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist es Sache dieses
Arbeitnehmers, sich gegebenenfalls gegen die Maßnahme zu wehren, zur Unbilligkeit der Wahl des
Klägers führt der Gesichtspunkt jedenfalls nicht. Da die Beklagte somit auch gemessen an den Kriterien
des § 1 Abs. 3 KSchG billiges Ermessen gewahrt hat, kommt es auf die Frage das grundsätzlich im
Rahmen des § 315 BGB zu wahrenden Maßstabs nicht an.
Dass für die Beklagte - wie der Kläger mit dem Hinweis auf die Schutzwürdigkeit etwa von Herrn M auch
geltend machen will - tatsächlich nicht die soziale Schutzbedürftigkeit, sondern Leistungsgesichtspunkte
entscheidend gewesen sein mögen, ist ohne Belang. § 315 BGB verlangt schon dem Wortlaut nach nur,
dass die in Rede stehende Maßnahme der Billigkeit entspricht. Entscheidend ist, dass im Ergebnis den
wesentlichen Gesichtspunkten Rechnung getragen wurde. Ähnlich der Regelung in § 1 Abs. 3 KSchG, für
die gilt, dass der Arbeitgeber seine Auswahl auch nach Leistungsgesichtspunkten treffen kann, solange
nur tatsächlich der sozial schutzbedürftigste von mehreren Arbeitnehmern seinen Arbeitsplatz behält
(ErfK/Ascheid § 1 KSchG Rn. 467), wird auch von § 315 Abs. 3 BGB nur das richtige Ergebnis verlangt,
nicht jedoch dass der Arbeitgeber zusätzlich die zutreffenden Erwägungen angestellt hat.
Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die vom Kläger zitierte Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts vom 27.10.1998 (9 AZR 299/97 - NZA 1999, 700) einen mit dem vorliegenden nicht
vergleichbaren Fall und eine andere Fragestaltung betraf. Es ging im Zusammenhang mit dem
Gleichbehandlungsgrundsatz um die Frage der Gruppenbildung im Rahmen der Gewährung freiwilliger
Leistungen durch den Arbeitgeber. Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass nur
Unterscheidungsmerkmale für eine Gruppenbildung berücksichtigt werden, die den Arbeitnehmern
erkennbar waren oder rechtzeitig offen gelegt worden sind (BAG, aaO, S.701).
Der Kläger macht auch vergeblich geltend, die Beklagte verhalte sich widersprüchlich mit der Folge, dass
der erklärte Widerruf billigem Ermessen nicht entspreche. Zwar ist es zutreffend, dass nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts widersprüchliches Verhalten der Annahme, die Grundsätze
der Billigkeit seien gewahrt, entgegen stehen kann (Vgl. etwa BAG, 16.09.1998 - 5 AZR 133/97 - NZA
1999, 384, 387). Der vom Kläger gesehene Widerspruch besteht aber gerade nicht. Nach dem oben
Ausgeführten hat die Beklagte die Tarifmerkmale nicht fingiert, sondern aufgrund der Tatsache der
Unterstellungsverhältnisse bejaht.
(3) Schließlich kann der Kläger auch nicht die Weitergewährung der Vorarbeiterzulage unter dem
Gesichtspunkt der Gleichbehandlung verlangen. Das Arbeitsgericht hat dies zu Recht verneint.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist seiner Struktur nach Anspruchsgrundlage, aber auch
Rechtsausübungsschranke. Er kann auf alle Arten von Maßnahmen und Entscheidungen des
Arbeitgebers erstreckt werden, die kollektiven Charakter haben. Er ist anwendbar, wenn der Arbeitgeber
Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt und dazu
bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Er verbietet die willkürliche
Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe und eine sachfremde Gruppenbildung.
Der Grundsatz der Vertragsfreiheit genießt Vorrang, wenn und soweit Vertragsbedingungen mit den
einzelnen Arbeitnehmern frei ausgehandelt sind. Eine Besserstellung einzelner ist nicht versagt. Ein
Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht oder Rechtsirrtum besteht nicht (ErfK/Preis § 611 BGB Rn.
714ff m. N. aus Lit. u. Rspr.)
Der Kläger konnte keinen Verstoß gegen diese Grundsätze darlegen:
Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit dem Zeugen M., der zwar als Vorarbeiter ebenso wie der Kläger
abberufen, aber anders als der Kläger weiterhin eine persönliche Zulage erhält, besteht nicht. Die
Beklagte hat mit dem Zeugen eine individuelle Vereinbarung im Hinblick auf die Altersteilzeitabrede
getroffen. Diese Vereinbarung ist vorrangig und erlaubt eine Besserstellung des Zeugen M. gegenüber
dem Kläger und dem Zeugen O.
Der Kläger macht weiter geltend, der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete die Weiterzahlung der Zulage
an ihn deshalb, weil die Zeugen N und M weder nach dem Organigramm noch tatsächlich als Vorarbeiter
eingesetzt würden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie diesen nicht auch entzogen worden sei. Mit
dieser Argumentation kann der Kläger nicht erfolgreich Gleichbehandlung verlangen.
Die Beklagte gewährt die Zulage den Zeugen N und M nicht als freiwillige Leistung nach selbst gesetzten
Regeln. Vielmehr verweist sie auf die Unterstellungsverhältnisse, die im Schreiben vom 03.02.2003 an
den Betriebsrat aufgeführt sind. Nicht anders als im Zusammenhang mit der Gewährung der Zulage an
den Kläger geht es der Beklagten auch gegenüber Herrn N und Herrn M um die Erbringung einer
tariflichen Leistung, also um – jedenfalls vermeintlichen – Normenvollzug. In diesem Bereich ist ein
Anspruch auf Gleichbehandlung nicht gegeben. Kein Arbeitnehmer kann verlangen, die anderen
Arbeitnehmern tarif- oder gesetzwidrig erbrachte Leistung ebenfalls zu erhalten. Ein Anspruch auf
Gleichbehandlung im Unrecht oder Rechtsirrtum besteht nicht (BAG 19.02.2003 – 7 AZR 67/02 – juris, zu
III.2.c)dd); 26.11.1998 – 6 AZR 335/97 – NZA 1999, 1108, 1109; 19.08.1987 – 5 AZR 222/86 – juris, zu
II.2.; 26.07.1972 – 4 AZR 365/71 – juris).
Schließlich kann der Kläger auch nichts aus der von ihm für willkürlich gehaltenen Zuordnung der den
Zeugen M und N unterstellten Mitarbeiter sowie aus dem Umstand herleiten, dass nach seiner Auffassung
es geboten gewesen wäre, statt des Zeugen N ihn aufgrund seiner besseren Fachkenntnisse auf seinem
Arbeitsgebiet weiterhin in der Position eines Vorarbeiters zu belassen.
Der Kläger verkennt insoweit zum einen, dass es für die Frage, wer wem unterstellt wird, nicht allein auf
die Fachkenntnis auf einem Arbeitsgebiet ankommen kann, das zwar wichtig sein mag, aber doch nur
einen Bruchteil des Aufgabenbereichs der Organisationseinheit ausmacht. Abgesehen im übrigen von
dem Umstand, dass es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers ist, das Anforderungsprofil für bestimmte
Positionen festzulegen, besäße der Kläger in einer vergleichbaren Vorarbeiterposition, wie sie der Zeuge
N inne hat, selbst ja auch keine Fachkenntnis auf allen in Betracht kommenden Bereichen. Letztlich
kommt es darauf aber nicht an.
Bei der Beklagten sind nach der nicht auf ihre Rechtfertigung zu überprüfenden Entscheidung zur
Umorganisation höchstens zwei Vorabeiterstellen verblieben. Die Beklagte hat unstreitig von den
ehemals fünf Bestellungen drei widerrufen. Die neuesten Organigramme zeigen keine Vorarbeiterstellen
im hier interessierenden Bereich auf. Durch den fehlenden Widerruf sowie das oben erwähnte Schreiben
an den Betriebsrat sind nur noch die Zeugen M und N als Vorarbeiter ausgewiesen. Dass es mehr
Vorarbeiterstellen gebe, hat auch der Kläger nicht behauptet. Wenn er nun geltend macht, die Position
des Zeugen N komme eher ihm als diesem zu, macht er nicht geltend, er und der Zeuge seien gleich zu
behandeln. Vielmehr verlangt er, der Zeuge habe anders behandelt werden müssen, die nur einmal zu
vergebende Stelle komme ihm – dem Kläger – und nicht dem Zeugen zu. Nach dem
Gleichbehandlungsgrundsatz gibt es dafür keine Grundlage.
Nach alledem ergibt sich, dass die Berufung unbegründet ist. Sie war deshalb mit der Kostenfolge aus §
97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür liegen nicht vor.