Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 28.12.2009

LArbG Mainz: anrechenbares einkommen, freibetrag, arbeitsgericht, firma, kaufvertrag, einkünfte, abfindung, wohnkosten, beschwerdeschrift, zustellung

LAG
Mainz
28.12.2009
3 Ta 283/09
Prozesskostenhilfe
Aktenzeichen:
3 Ta 283/09
2 Ca 824/09
ArbG Kaiserslautern
Beschluss vom 28.12.2009
Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom
09.10.2009 - 2 Ca 824/09 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Unter Zurückweisung des Antrages auf ratenfreie PKH-Bewilligung im übrigen wird der Klägerin unter
Beiordnung der Rechtsanwältin J. H., D-Straße, D-Stadt zu den Bedingungen eines im Bezirk des
Arbeitsgerichts Kaiserslautern niedergelassenen Rechtsanwalts rückwirkend für das erstinstanzliche
Verfahren - 2 Ca 824/09 - für folgende Klageanträge die Prozesskostenhilfe bewilligt:
a) den Feststellungsantrag zu Ziffer I. aus der Klageschrift vom 19.05.2009 (rückwirkend ab dem
04.06.2009 = Vorlage der PKH-Erklärung),
b) den Feststellungsantrag aus dem Schriftsatz vom 30.06.2009 (rückwirkend ab dem 30.06.2009 =
Antragsstellung)
und
c) den Leistungsantrag aus dem Schriftsatz vom 06.10.2009 (rückwirkend ab der am 08.10.2009 vor
Vergleichsabschluss erfolgten Antragsstellung).
2. Die von der Klägerin jeweils am Fünfzehnten eines Monats, erstmals am 15.01.2010, zu zahlenden
Monatsraten werden auf 155,00 EUR monatlich festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht zu erheben.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
08.10.2009 beendet (s. S. 2 f. der Sitzungsniederschrift - 2 Ca 824/09) = Bl. 43 f. d.A.: Teil-Vergleich und
Vergleich). Mit dem Beschluss vom 09.10.2009 (Bl. 45 f. d.A.) wies das Arbeitsgericht den Antrag der
Klägerin auf Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurück, dass die Klägerin Raten in Höhe von 225,00
EUR zu zahlen hätte, - es gelte deshalb § 115 Abs. 3 ZPO; darüber hinaus seien auch die
Abfindungsbeträge einzusetzen. Soweit ersichtlich (vgl. Bl. 46 d.A.) enthält der Beschluss vom 09.10.2009
- 2 Ca 824/09 - keine Rechtsmittelbelehrung. (Auch) enthält die Akte keinen Zustellungsnachweis
hinsichtlich der Zustellung des Beschlusses vom 09.10.2009 - 2 Ca 824/09 -. Nach dem Vorbringen der
Klägerin (Bl. 20 des PKH-Beiheftes) erfolgte die Zustellung des Beschlusses vom 09.10.2009 am
13.10.2009.
Mit dem Schriftsatz vom 13.11.2009, der vom Arbeitsgericht auf Bl. 54 d.A. nicht mit einem
Eingangsstempel versehen worden ist, - dort aber per Telefax (wohl) am 13.11.2009 eingegangen ist, legt
die Klägerin gegen die, die Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung des Arbeitsgerichts
sofortige
Beschwerde
der Klägerin für die 1. Instanz rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung Prozesskostenhilfe zu
gewähren
und
die Rechtsanwältin J. H. als Rechtsanwältin beizuordnen.
Wegen der Begründung der sofortigen Beschwerde wird auf die Seite 2 der Beschwerdeschrift vom
13.11.2009 (= Bl. 55 d.A.) verwiesen.
Mit dem Beschluss vom 20.11.2009 - 2 Ca 824/09 - (s. dazu Bl. 64 d.A. - unten rechts -; Leseschrift dazu in
Bl. 71 f. d.A.) hat das Arbeitsgericht mit der daraus ersichtlichen Begründung der Beschwerde nicht
abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im weiteren Beschwerdeverfahren äußert sich die Klägerin mit den Schriftsätzen vom 17.12.2009 (Bl. 20
des PKH-Beiheftes nebst Anlage) und vom 30.12.2009 (Bl. 24 d. PKH-Beiheftes), worauf verwiesen wird.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug
genommen.
II. 1.
sich statthaft ist sowie form- und fristgerecht eingelegt wurde. Die hiernach zulässige Beschwerde ist
teilweise begründet. Unbegründet sind Beschwerde und Prozesskostenhilfe-Antrag insoweit, als die
Klägerin am Ende der Beschwerdeschrift die Gewährung der Prozesskostenhilfe ausdrücklich ohne
Ratenzahlung beantragt hat.
2.
§ 114 S. 1 ZPO verlangte hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu bejahen.
Unter den vorliegend gegebenen Umständen ist ausnahmsweise rückwirkend die Prozesskostenhilfe zu
bewilligen.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin stellen sich so dar, dass die Klägerin in der Lage ist, die
Kosten der Prozessführung in Raten aufzubringen. Ein Fall des § 115 Abs. 4 ZPO liegt allerdings nicht vor.
Nach dieser Bestimmung wird Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der
Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht
übersteigen. Hier übersteigen die Kosten der Prozessführung vier Monatsraten.
Die Klägerin verfügt über ein monatliches einzusetzendes Einkommen, das gemäß den §§ 115 Abs. 2 und
120 Abs. 1 S. 1 ZPO die Anordnung monatlicher PKH-Raten in Höhe von jeweils 155,00 EUR rechtfertigt.
Dies ergibt sich aus der folgenden PKH-Raten-Berechnung:
PKH-Raten-Berechnung
mtl. jeweils in EUR
Einkünfte
Nettoeinkommen (Arbeitslosengeld) 703,50
sonstige Einkünfte (jeweils einzusetzender Teil der
Abfindungsraten von 1000,00 EUR mtl.) 500,00
Freibeträge
Freibetrag der Partei nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO 395,00
(verbleibender) Freibetrag für den Ehegatten 1,00
sonstige Kosten
Miete 390,00
Ergebnis
anrechenbares Einkommen 417,50
gerundet 417,00
PKH-Rate
PKH-Rate monatlich 155,00.
Diese Berechnung ist wie folgt zu erläutern:
Zu dem von der Klägerin einzusetzenden Einkommen und Vermögen gehört neben dem Arbeitslosengeld
grundsätzlich auch die Abfindung, die ihr aufgrund des Vergleichs in Höhe von insgesamt 6.000,00 EUR
brutto zu zahlen ist. Allerdings ist es der Klägerin nicht zumutbar, zur Bestreitung der Prozesskosten die
gesamte Abfindung (in voller Höhe) einzusetzen. Ihr ist ein gewisser Schonbetrag zuzubilligen. Unter den
gegebenen Umständen erscheint es zum einen erforderlich, zum anderen ausreichend, dass von den
monatlichen Abfindungsraten jeweils 500,00 EUR bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens
berücksichtigt werden (- insgesamt sind also 1203,50 EUR [= 703,50 EUR plus 500,00 EUR] bei der
Berechnung zu berücksichtigen -).
Hinsichtlich der Freibeträge ist zu beachten, dass der Ehegatte der Klägerin - aufgrund entsprechender
finanzieller Unterstützung durch den Sohn - in der Lage ist, auf die monatlichen Wohnkosten jeweils
394,00 EUR zu zahlen. Dies wird auf der S. 2 Rubrik H (rechte Spalte ["Ehegatte zahlt …"] der PKH-
Erklärung der Klägerin vom 02.06.2009 ausdrücklich so angegeben. Daraus ergibt sich zwingend, dass
der Ehegatte (mindestens) über ein monatliches Einkommen in Höhe von 394,00 EUR verfügt. Der
Freibetrag für den Ehegatten beträgt an sich 395,00 EUR. Kürzt man - wie geboten - diesen Betrag um das
Einkommen des Ehegatten (= die Unterstützungsleistung des Sohnes), verbleibt ein restlicher Freibetrag
in Höhe von 1,00 EUR. Soweit es um sonstige abzuziehende Kosten geht, ist berücksichtigungsfähig
lediglich der Betrag von 390,00 EUR, den die Klägerin auf die Wohnkosten zahlt. Nicht ersichtlich ist, dass
aktuell tatsächlich noch Abgabenrückstände an das Finanzamt K.-L., Außenstelle L., gezahlt werden.
Einen diesbezüglichen aktuellen Beleg hat die Klägerin nicht beigebracht. Der beigebrachte Kontoauszug
bezüglich des Girokontos der Klägerin bei der Stadtsparkasse K. (Bl. 21 des PKH-Beiheftes) weist eine
derartige Zahlung nicht aus. Nicht berücksichtigt werden kann weiter eine eventuell bestehende
Ratenverpflichtung (in Höhe von monatlich 200,00 EUR) gegenüber der Firma M. M. GmbH & Co. KG.
Zwar hat die Klägerin einen entsprechenden Tilgungsplan zur Gerichtsakte gereicht. Dass sie sich auch
an diesen Tilgungsplan hält und tatsächlich monatlich 200,00 EUR an die Firma M. M. zahlt, ist jedoch
nicht belegt. Auch insoweit weist der Kontoauszug (Bl. 21 des PKH-Beiheftes) keine entsprechenden
Kontobelastungen aus. Abgesehen davon ergibt sich aus dem Tilgungsplan, dass der die Verbindlichkeit
der Klägerin gegenüber der Firma M. M. begründende Kaufvertrag vom 17.06.2009 datiert. Damals war
das Arbeitsverhältnis der Klägerin bereits gekündigt (Kündigung vom 29.04.2009). Auch waren die
Kündigungsschutzklage bereits erhoben und der Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Mit Rücksicht darauf
ist es nicht angemessen, die finanziellen Belastungen, die sich für die Klägerin aus dem Kaufvertrag vom
17.06.2009 ergeben, einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dass es seinerzeit unbedingt notwendig
war, die mit dem Abschluss des Kaufvertrages verbundene finanzielle Belastung einzugehen, ist nicht
ersichtlich.
Somit ergibt sich ein anrechenbares, d.h. einzusetzendes Einkommen in Höhe von 417,00 EUR
monatlich. Nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO betragen die Monatsraten demgemäß 155,00 EUR
monatlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 8614 a.E. des Kostenverzeichnisses gemäß Anlage 1 zu § 3 Abs.
2 GKG.
Es entspricht vorliegend billigem Ermessen, dass eine Gebühr nicht zu erheben ist.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.