Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 11.02.2009

LArbG Mainz: wiedereinsetzung in den vorigen stand, vergleich, arglistige täuschung, ordentliche kündigung, arbeitsgericht, sozialplan, gerichtsakte, handschriftlich, datum, motivirrtum

LAG
Mainz
11.02.2009
7 Ta 8/09
Prozesskostenhilfe und hinreichende Erfolgsaussicht
Aktenzeichen:
7 Ta 8/09
1 Ca 1419/08
ArbG Kaiserslautern
Beschluss vom 11.02.2009
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom
04.11.2008, Az: 1 Ca 1419/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern einen
Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen 1 Ca 659/08 geführt, der am 24.09.2008 durch einen gerichtlichen
Vergleich beendet worden ist. Nach diesem Vergleich ist das zwischen den Parteien bestehende
Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung der Antragsgegnerin vom 24.09.2008 zum 31.01.2009 gegen
Zahlung einer Abfindung in Höhe von 8.000,00 EUR beendet worden. Der Antragstellerin ist eine Frist
zum Widerruf dieses Vergleiches bis spätestens 08.10.2008 eingeräumt worden; innerhalb der genannten
Frist ging eine Widerrufserklärung beim Arbeitsgericht nicht ein.
Nach Abschluss des Vergleiches überreichte der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin dem
Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin eine handschriftlich ausgestellte Erklärung, die eine
Kündigung vom 24.09.2008 zum 31.01.2009 enthielt (vgl. Bl. 34 d. A.).
Mit ihrem am 15.10.2008 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen Schriftsatz vom 15.10.2008
hat die Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt B., für ein
beabsichtigtes Klageverfahren beantragt, das der Feststellung dienen soll, dass das Arbeitsverhältnis
durch die ordentliche Kündigung vom 24.09.2008 nicht aufgelöst worden ist und über den 31.01.2009
hinaus fortbesteht.
Die Antragstellerin hat zur Begründung der beabsichtigten Klage geltend gemacht, der
Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin sei im Rahmen des Rechtsstreites mit dem Aktenzeichen 1
Ca 659/08 nicht bevollmächtigt gewesen, eine Kündigung auszusprechen und ihr eigener
Prozessbevollmächtigter sei nicht zustellungsbevollmächtigt gewesen. Mit der Kündigung habe die
Antragstellerin daran gehindert werden sollen, an dem Sozialplan der Antragsgegnerin teilzunehmen, der
nachträglich beschlossen worden sei.
Mit Beschluss vom 04.11.2008 (vgl. Bl. 15 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern den Antrag auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, für die
beabsichtigte Klage fehle es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO, da sich die
Parteien in dem gerichtlichen Vergleich vom 14.09.2008 darauf geeinigt hätten, dass das Arbeitsverhältnis
durch die im vorliegenden Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren streitgegenständliche Kündigung
vom 24.09.2008 nicht beendet und dieser Vergleich von der Klägerin auch nicht widerrufen worden sei.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin, dem der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss am
07.11.2008 zugestellt worden ist, hat am 02.12.2008 hiergegen Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung dieses Rechtsmittel führt er aus,
es habe keiner weiteren Kündigungserklärung vom 24.09.2008 bedurft, nachdem in dem Vergleich vom
24.09.2008 bereits die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2009 festgestellt worden sei.
Darüber hinaus fechte die Antragstellerin den Vergleich vom 24.09.2008 an, da die Antragsgegnerin vor
Vergleichsschluss verschwiegen habe, dass ein Sozialplan vereinbart worden sei, dessen
Voraussetzungen die Antragstellerin erfülle und aufgrund dessen sie sich besser gestellt hätte. Aufgrund
der unterlassenen Bekanntmachung dieses Sozialplanes, der nicht im Betrieb ausgehängt worden sei,
treffe die Antragsgegnerin eine Garantenpflicht.
Unabhängig von dieser Vergleichsanfechtung habe die Antragstellerin von dem ihr im Verfahren 1 Ca
659/08 eingeräumten Widerrufsrecht Gebrauch gemacht. Der Schriftsatz vom 27.09.2008, mit dem der
Widerruf erklärt worden sei, sei aber augenscheinlich nicht zur Gerichtsakte gelangt, so dass insoweit
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werde.
Die Antragsgegnerin macht geltend,
die Übergabe einer schriftlichen Kündigungserklärung vom 24.09.2008 sei bei Abschluss des Vergleiches
vom 24.09.2008 vereinbart gewesen. Die Kündigungserklärung sei vom Prozessbevollmächtigten der
Antragsgegnerin handschriftlich erstellt und von dem Personalverantwortlichen Herrn Z unterzeichnet
worden.
Die Antragstellerin könne nicht mit Erfolg einen Vergleichswiderruf geltend machen, da sie nicht während
der Zeit ab Erstellung des Widerrufsschriftsatzes vom 27.09.2008 bis zum Ablauf der Widerrufsfrist am
08.10.2008 überprüft habe, ob der Widerrufsschriftsatz tatsächlich beim Arbeitsgericht eingegangen sei.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Beschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 08.01.2009 nicht
abgeholfen (vgl. zu den Beschlussgründen Bl. 42 f. d. A.) und die Sache dem Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere
auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Satz 2, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter
Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu Recht zurückgewiesen, da es der beabsichtigten Klage an der
gemäß § 114 ZPO notwendigen, hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt.
Die von der Antragstellerin beabsichtigte Klage wäre unbegründet, da es der rechtlichen Überprüfung
einer ordentlichen Kündigung vom 24.09.2008 zum 31.01.2009 von vornherein nicht mehr bedarf,
nachdem das Arbeitsverhältnis durch den gerichtlichen Vergleich, der am 24.09.2008 in dem Verfahren 1
Ca 659/08 vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern von den Parteien geschlossen worden ist, zum
31.01.2009 beendet worden ist.
Dieser Vergleich ist rechtswirksam.
1.
Antragstellerin nicht erfolgt. Die Gerichtsakte enthält keine Widerrufserklärung. Wenn die Klägerin wegen
der Versäumung der Widerrufsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangt, kann dies keinen
Erfolg haben, da eine Wiedereinsetzung nur bei Versäumung der in § 233 ZPO genannten Fristen
(Notfrist, Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde, der
Rechtsbeschwerde oder der Beschwerde nach §§ 621 e, 629 a Abs. 2 oder die Frist des § 234 Abs. 1
ZPO) möglich ist. Die in dem Vergleich von den Parteien vereinbarte Widerrufsfrist verkörpert nicht eine
dieser in § 233 ZPO genannten Fristen.
2.
Anfechtungsgrund im Sinne von §§ 119, 123 BGB.
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, die Beklagte habe vor Vergleichsabschluss die Existenz
eines Sozialplanes verschwiegen, aufgrund dessen die Klägerin sich besser gestellt hätte, liegt im
Zusammenhang mit § 119 BGB ein unbeachtlicher Motivirrtum vor.
Im Zusammenhang mit § 123 Abs. 1 BGB ist eine arglistige Täuschung, angesichts des Sachvortrages der
Antragstellerin, nicht feststellbar. Eine Pflicht der Antragsgegnerin zur Offenbarung des Abschlusses eines
Sozialplanes hätte gegenüber der Klägerin bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen nur dann entstehen
können, wenn der Sozialplan tatsächlich vor dem 24.09.2008 abgeschlossen worden wäre. Die
Antragstellerin, die das Datum unter dem der Sozialplan abgeschlossen worden sein soll, nicht genannt
hat, hat im Übrigen widersprüchliche Angaben zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Sozialplanes
gemacht. In der Antragsschrift vom 15.10.2008 trägt die Antragstellerin vor "mit der Kündigung sollte die
Klägerin daran gehindert sein, an dem Sozialplan der Beklagten teilzunehmen, der nachträglich
beschlossen worden ist". Dem gegenüber führt sie in ihrem Schriftsatz vom 01.12.2008 aus: "Die Beklagte
wollte ohne vernünftigen Zweifel kaschieren, dass sie verschwiegen hat, dass bereits vorher ein
Sozialplan vereinbart worden war, dessen Voraussetzungen die Klägerin erfüllte und mit dem sie sich
besser gestellt hätte".
Eine Offenbarungspflicht der Antragsgegnerin für die Zeit vor dem Vergleich vom 24.09.2008 ist allein
schon angesichts dieser widersprüchlichen Angaben, nicht feststellbar.
Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es an den gemäß §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG
notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen