Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 14.08.2007

LArbG Mainz: arbeitsgericht, arglistige täuschung, aufhebungsvertrag, datum, form, empfangsbestätigung, quelle, urkunde, anfechtungsfrist, irrtum

LAG
Mainz
14.08.2007
9 Sa 79/07
Anfechtung eines Aufhebungsvertrages
Aktenzeichen:
9 Sa 79/07
1 Ca 1670/06
ArbG Mainz
Entscheidung vom 14.08.2007
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. Januar 2007, Az.:
1 Ca 1670/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch den von der
Klägerin unter dem 05. Juli 2006 unterschriebenen Aufhebungsvertrag (Bl. 30 d. A.) seine Beendigung
gefunden hat. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Parteivorbringens sowie des
weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf
den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. Januar 2006, Az.: 1 Ca 1670/06 (Bl. 60 ff. d.
A.).
Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - die
auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet,
sondern zu unveränderten Bedingungen fortbestehe, gerichtete Klage der Klägerin abgewiesen.
Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung wird auf die
Entscheidungsgründe des genannten Urteils (Bl. 65 ff. d. A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 29. Januar 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 31. Januar 2007
beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 29. März 2007
begründet.
Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, dass das Arbeitsgericht aufgrund falscher
Würdigung des Vortrags der Klägerin zu dem Ergebnis gekommen sei, diese habe eine wirksame
Anfechtung des Aufhebungsvertrages nicht darzutun vermocht. So habe sie bereits erstinstanzlich
dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie der deutschen Sprache weder in Wort noch in Schrift
mächtig sei und deshalb überhaupt nicht gewusst habe, was sie am 05. Juli 2006 unterschrieben habe. Ihr
sei seitens der Beklagten die Vereinbarung vom 05. Juli 2006 als eine Empfangsbestätigung der
übergebenen Arbeitspapiere deklariert worden und sie habe bei ihrer Unterschriftsleistung keinen
Aufhebungsvertrag unterschrieben, der ihr überhaupt nicht zur Kenntnis gebracht werden konnte und
worden sei, sondern sie habe lediglich den Empfang der Arbeitspapiere, wie ihr mitgeteilt worden sei,
quittiert.
Das erstinstanzliche Gericht habe mit seiner Begründung wohl die Chance gesehen, einer
arbeitsaufwendigen Beweisaufnahme aus dem Weg zu gehen. Dem entspreche es, dass einem Antrag
auf Ladung eines Dolmetschers der russischen Sprache nicht gefolgt worden sei. Vorsorglich werde auch
eine Verletzung des § 139 ZPO gerügt, da das Arbeitsgericht nicht auf seine Bedenken hinsichtlich der
Schlüssigkeit der Klage hingewiesen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.01.2007, Az.: 1 Ca 1670/06 teilweise abzuändern und
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände, insbesondere
nicht durch eine Vereinbarung vom 05.07.2006, mit Ablauf des 30.06.2006 geendet hat, sondern zu
unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom
25. April 2007, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 105 ff.), als rechtlich zutreffend. Die Klägerin
arbeite seit Anfang Juli 2006 für den Nachfolgereiniger weiter in der B.. Sie habe erklärt, auch weiterhin
dort tätig sein zu wollen, sodass die Klägerin überhaupt nicht für die Beklagte weiter tätig sein könne und
wolle. Dies sei auch der Grund gewesen, warum die Klägerin sich bei der Beklagten gemeldet und um
Auflösung ihres noch weiter bestehenden Arbeitsverhältnisses gebeten habe. Ein Anfechtungsgrund läge
nicht vor. Es sei auch nicht zutreffend, dass der Klägerin am 05. Juli 2006 Arbeitspapiere ausgehändigt
worden seien. Die Meldebescheinigung zur Sozialversicherung sowie die Lohnsteuerbescheinigung
seien erst am 10. bzw. 11. Juli 2006 erstellt worden und hätten daher nicht bereits am 05. Juli 2006
übergeben werden können. Ebenso liege keine Verletzung der Aufklärungs- und Hinweispflicht vor.
Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch
form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Berufungsbegründung genügt nach Auffassung des
Berufungsgerichts (gerade noch) den gesetzlichen Anforderungen.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit
zutreffender rechtlicher Begründung die Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen. Die Klägerin hat die
Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung des Aufhebungsvertrages nicht dargelegt. Die
Berufungskammer folgt zunächst der erstinstanzlichen Begründung und stellt dies hiermit fest, § 69 Abs. 2
ArbGG.
Auch das Vorbringen im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.
Eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages nach § 119 Abs. 1 BGB scheidet bereits deshalb aus, weil die
Anfechtungserklärung nicht unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgt ist. Nach § 121 Abs. 1
Anfechtungserklärung nicht unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgt ist. Nach § 121 Abs. 1
BGB muss die Anfechtung in den Fällen der §§ 119, 120 BGB ohne schuldhaftes Zögern erfolgen,
nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Dass die Klägerin
im Hinblick auf eine in Betracht kommende Anfechtung nach § 119 BGB diese Anfechtungsfrist gewahrt
hätte, ist nicht ersichtlich: Der Aufhebungsvertrag datiert vom 05. Juli 2006; eine Anfechtungserklärung
liegt erstmalig in Form des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Beklagte mit
Datum vom 31. August 2006 vor.
Dem Tatsachenvortrag der Klägerin lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, aus welchen
Gründen die erst weit über einen Monat nach Abschluss des Aufhebungsvertrages erfolgte Anfechtung
desselben gleichwohl ohne schuldhaftes Zögern erfolgt sein soll. Auch das Berufungsvorbringen verhält
sich hierzu nicht, obwohl das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich auch auf
diesen rechtlichen Gesichtspunkt abgestellt hat. Zu Recht weist das Arbeitsgericht ferner auch darauf hin,
dass ein nach § 119 BGB zur Anfechtung berechtigender Grund nicht besteht, wenn eine Urkunde
ungelesen unterschrieben wird.
Auch die Voraussetzungen einer Anfechtung unter dem Gesichtspunkt der arglistigen Täuschung, § 123
BGB, sind - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - nicht ausreichend dargelegt worden.
Die Klägerin wiederholt zwar auch im Berufungsverfahren ihren erstinstanzlichen Vortrag, ihr sei seitens
der Beklagten die Vereinbarung vom 05. Juli 2006 als eine Empfangsbestätigung der übergebenden
Arbeitspapiere deklariert worden. Die Klägerin hat zunächst schon nicht ausreichend substantiiert
dargelegt, wann genau, unter welchen Umständen und durch welche Person ihr gesagt worden sein soll,
sie quittiere lediglich den Empfang von Arbeitspapieren. Ebenso wenig hat die Klägerin dargelegt, dass
ihr anlässlich der Unterschriftsleistung überhaupt und welche konkreten Arbeitspapiere übergeben
worden seien sollen. Zudem ist nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerin, die nach dem in der
Berufungsinstanz wiederholten Sachvortrag der deutschen Sprache weder in Wort noch in Schrift mächtig
sein will, eventuelle Aussagen anlässlich der Vorlage der Aufhebungsvereinbarung überhaupt verstanden
haben will. Ein derartiges Verständnis wäre aber Voraussetzung dafür, dass durch eventuelle Erklärungen
bei Vorlage des Aufhebungsvertrages überhaupt ein von der Beklagten hervorgerufener Irrtum über den
Inhalt des Schriftstücks vorgelegen haben könnte.
Ebenso wenig rechtfertigt der Hinweis der Klägerin in der Berufung, das Arbeitsgericht habe Pflichten
nach § 139 ZPO verletzt, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Zum einen lässt sich eine
Verletzung prozessualer Pflichten durch das Arbeitsgericht nicht feststellen. Das Arbeitsgericht hatte mit
Beschluss in der Güteverhandlung vom 25. September 2006, Ziffer 2, der Klägerin unter Fristsetzung bis
zum 10. Oktober 2006 aufgegeben, ihre Klage abschließend zu begründen und insbesondere darzutun,
wann konkret aufgrund welcher Erklärungen der Beklagten sie zum Abschluss des Aufhebungsvertrages
entweder durch widerrechtliche Drohung oder arglistige Täuschung oder durch sonstige Umstände
bestimmt worden sei.
III.
Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
Ein Grund, der nach Maßgabe des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen würde,
besteht nicht.