Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 25.08.2006

LArbG Mainz: fristlose kündigung, ordentliche kündigung, zwangsvollstreckung, arbeitsgericht, firma, zustellung, einspruch, klagebegehren, versäumnisverfahren, quelle

LAG
Mainz
25.08.2006
4 Ta 165/06
Einstellung der Zwangsvollstreckung
Aktenzeichen:
4 Ta 165/06
9 Ca 1559/06
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Entscheidung vom 25.08.2006
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz, Auswärtige
Kammern Neuwied, vom 18. August 2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Gemäß Teilversäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz, auswärtige Kammern Neuwied vom 27.06.2006
(9 Ca 1009/06), welches nicht rechtzeitig mit Einspruch angegriffen wurde, wurde festgestellt, dass das
Arbeitsverhältnis des Beklagten und dortigen Klägers mit der Klägerin und dortigen Beklagten zu 1) nicht
durch fristlose Kündigung vom 05.05.2005 aufgelöst wurde, vielmehr durch ordentliche Kündigung das
Arbeitsverhältnis beendet hat. Zugleich wurde die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 5.170,00 € brutto
und weitere 40,00 € netto nebst Zinsen zu zahlen.
Mit der vorliegenden Klage beansprucht die Klägerin auf der Grundlage des § 826 BGB Unterlassung der
Zwangsvollstreckung aus dem bezeichneten Teilversäumnisurteil, die Herausgabe des Titels verbunden
mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem Teilversäumnisurteil vorläufig einzustellen.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht Koblenz, Auswärtige Kammern Neuwied, den
Antrag zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, eine einstweilige Einstellung könne nach § 62
Abs. 1 ArbGG nur dann erfolgen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden
Nachteil bringen würde. Maßgebend seien die Erfolgsaussichten des Begehrens. Grundsätzlich sei der
Missbrauch eines sittenwidrig erlangten Vollstreckungstitels durchaus als Sachverhaltsgestaltung des §
826 BGB anerkannt. Voraussetzung sei die Unrichtigkeit des ergangenen Urteils und Umstände, die das
Verhalten des Schädigers zur Erlangung dieses Urteils als sittenwidrig erscheinen lassen. Dies sei nicht
festzustellen.
Der Titel sei auch durch nachlässige Prozessführung des Betroffenen zustande gekommen. Die Klägerin
habe trotz ordnungsgemäß erfolgter Zustellung den Gütetermin nicht wahrgenommen und gegen das am
10.07.2006 zugestellte Teilversäumnisurteil einen Einspruch nicht eingelegt. Auch sei ein bewusst
wahrheitswidriger Vortrag nicht zu erkennen. Bereits in der Klagebegründung hat der Beklagte (Kläger
des Ausgangsverfahrens) vorgetragen, dass das Firmengeflecht der hiesigen Klägerin und der dortigen
weiteren Beklagten der Firma T für ihn undurchschaubar gewesen sei, der Kläger hat sich auch auf eine
Betriebsnachfolge berufen.
Das Arbeitsgericht hat die Entscheidung mit der Rechtsmittelbelehrung der sofortigen Beschwerde
versehen. Die sofortige Beschwerde hat die Klägerin mit am 18.08.2006 bei Gericht eingegangenem
Schriftsatz eingelegt und gleichzeitig begründet. Die Klägerin macht geltend, es sei nicht nachvollziehbar,
wenn der Kläger außergerichtlich zunächst davon ausgehe, dass sein Arbeitsverhältnis zu der Firma T
bestanden habe und dann im Rahmen des Rechtsstreits Gegenteiliges vortrage. Es könne auch nicht
angehen, dass ein Arbeitnehmer mit zwei verschiedenen Arbeitgebern Arbeitsverträge habe. Dem
Klagebegehren hätte im Versäumnisverfahren deswegen auch nicht stattgegeben werden dürfen, weil
neben einer Bruttosumme auch eine Nettosumme eingeklagt worden sei. Der entsprechende Vortrag
laufe auf eine Schwarzgeldabrede hinaus. Diese sei sittenwidrig, so dass nur insoweit ein
Versäumnisurteil nicht hätte ergehen dürfen. Die Zwangsvollstreckung werde der Klägerin einen
schweren und nicht mehr wieder gut zu machenden Nachteil erbringen, weil sie mangels
Leistungsfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen müsse.
Das Arbeitsgericht hat durch begründeten Nichtabhilfebeschluss vom 21.08.2006 der Beschwerde der
Klägerin nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt
verwiesen.
II.
Die Kammer lässt ausdrücklich offen, ob gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, den Antrag auf
einstweilige Zwangsvollstreckung zurückzuweisen, überhaupt ein Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde
eröffnet wird. Ausweislich der zutreffenden Begründung im angefochtenen Beschluss am Ende hat das
Arbeitsgericht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung zu den Entscheidungen im Rahmen der §§
707, 719 ZPO darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde nur auf Ermessensfehler und etwaige greifbare
Gesetzeswidrigkeit gestützt werden kann. Grundsätzlich sind Entscheidungen über beantragte
Einstellungen der Zwangsvollstreckungen in einem vorläufigen Verfahren nicht mit der Beschwerde
anfechtbar (vgl. § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Zugunsten der Klägerin wird die Zulässigkeit des Rechtsmittels jedoch unterstellt, es hat aber in der Sache
keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat in der vollständigen ausführlichen und sorgfältig begründeten
Entscheidung alle maßgeblichen Gesichtspunkte herausgearbeitet, die seine Entscheidung tragen.
Aus der beigezogenen Verfahrensakte des Vorprozesses ergibt sich, dass der Beklagte und dortige
Kläger das Firmengeflecht der Beklagte n zu 1) und 2) als undurchschaubar bezeichnet hat. Immerhin
lässt sich dem Vortrag entnehmen, dass der Beklagte auch mit der Klägerin einen Arbeitsvertrag
begründet hat. Dieser hat das Arbeitsverhältnis ja auch schriftlich unstreitig außerordentlich gekündigt. Er
hat vorgetragen, dass er am 27.03. bei der Firma A. wieder eingestellt wurde und Lohnansprüche ab
diesem Zeitraum geltend gemacht.
Wenn es die Klägerin unter diesen Voraussetzungen versäumt, ihren Mitwirkungsobliegenheiten im
Verfahren zu entsprechen, also zu dem anberaumten Verhandlungstermin zu erscheinen bzw. nach
Zustellung eines Versäumnisurteils gegen dieses Rechtsmittel einzulegen, kann sie sich nicht darauf
berufen, dass der Beklagte in vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung den Titel sich erschlichen habe. Die
Klägerin bleibt jede Erklärung dafür schuldig, weswegen sie ein mit dem Beklagten bestehendes
Arbeitsverhältnis selbst schriftlich gekündigt hat und sie nunmehr dem Beklagten vorwirft, er habe sie
fehlerhaft als Arbeitgeberin angegeben.
Da somit nicht festgestellt werden kann, dass das Arbeitsgericht den Sachverhalt verkannt hat, seine
Entscheidung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung mit ermessensfehlerhaften Erwägungen
begründet hat, kann die sofortige Beschwerde der Klägerin nicht erfolgreich sein.
Sie war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht. Die Entscheidung ist daher nicht
anfechtbar.