Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 01.07.2010

LArbG Mainz: anspruch auf vertretung, arbeitsgericht, zwangsgeld, versäumnis, androhung, ersetzung, quelle, wiederholung, bezirk, datum

LAG
Mainz
01.07.2010
5 TaBV 1/10
Durchführung einer Betriebsvereinbarung
Aktenzeichen:
5 TaBV 1/10
3 BV 23/09
ArbG Trier
Entscheidung vom 01.07.2010
Tenor:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 17.12.2009 -
3 BV 23/09 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
einer Verkaufsstellenverwalterin mit der Personalbesetzung bezüglich der ausfallenden Arbeitsstunden
umzugehen ist.
Die Antragsgegnerin ist eine bundesweit operierende Drogeriemarktkette, der Antragsteller der bei ihr für
den Bezirk T. gebildete Betriebsrat. Die Beteiligten haben am 28.07.2003 eine "Freiwillige
Betriebsvereinbarung zur Regelung von Vertretungsgeld" (im Folgenden: BV-Vertretungsgeld)
abgeschlossen, die u. a. folgende Regelung enthält:
"2. Unter VVW-Vertretungen sind Verkaufskräfte zu verstehen, die in Abwesenheit der VVW mit einer
wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 30 Stunden deren Aufgabengebiet übernehmen.
3. Es besteht Einigkeit darüber, dass bei eintägiger Vertretung kein Anspruch auf Vertretung besteht,
sondern erst ab dem zweiten zusammenhängenden Tag innerhalb einer Woche, dann aber bereits
rückwirkend ab dem ersten Tag (die ausgefallenen Arbeitsstunden der VVW müssen vollständig durch die
VVW-Vertretung ersetzt werden)."
Hinsichtlich des weiteren Inhalts dieser Regelung wird auf Bl. 11, 12 d. A. Bezug genommen.
Der Antragssteller hat vorgetragen,
vorliegend sei die wiederholte Verletzung der zuvor zitierten Betriebsvereinbarung gegeben; dies sei zu
unterbinden. So habe in der Kalenderwoche (KW) 24/2009 die Arbeitnehmerin K. M. mit 34 Stunden als
Ersatz für Frau C. M. gearbeitet, die eine Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden habe. In den KW 17 bis
19/2009 habe die Arbeitnehmerin G. lediglich 30 Stunden als Vertretung für die Verkaufsstellenverwalterin
B. gearbeitet, die ebenfalls eine Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden habe. In der KW 29/2009 habe die
Arbeitnehmerin Ge. mit nur 18 Stunden als Vertretung für die Verkaufsstellenverwalterin S. gearbeitet, die
eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden aufweise.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Beschlussverfahren zu verpflichten, im Fall der Abwesenheit einer
Verkaufsstellenverwalterin (VVW) die ausgefallenen Arbeitsstunden der Verkaufsstellenverwalterin (VVW)
ab dem ersten Tag vollständig durch die Verkaufsstellenverwalterin-Vertretung zu ersetzen, wenn
spätestens am Vortag der Abwesenheit der Verkaufsstellenverwalterin der Antragsgegnerin bekannt ist,
dass die Abwesenheit der Verkaufsstellenverwalterin mindestens zwei zusammenhängende Tage
innerhalb einer Woche andauern wird;
der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1 ein
Zwangsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 € anzudrohen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht Trier hat darauf hin durch Beschluss vom 17.12.2009 - 3 BV 23/09 - die
Antragsgegnerin verpflichtet, im Fall der Abwesenheit einer Verkaufsstellenverwalterin (VVW) die
ausgefallenen Arbeitsstunden der VVW ab dem ersten Tag vollständig durch die VVW-Vertretung zu
ersetzen, wenn spätestens am Vortag der Abwesenheit der VVW der Antragsgegnerin bekannt ist, dass
die Abwesenheit der Verkaufsstellenverwalterin mindestens zwei zusammenhängende Tage innerhalb
einer Woche andauern wird.
Hinsichtlich des Inhalts der Gründe der Entscheidung wird auf Bl. 39 bis 41 d. A. Bezug genommen.
In dem am 24.12.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin durch am 04.01.2010 beim
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie hat die
Beschwerde durch am 23.02.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, mit der streitgegenständlichen Regelung sei vereinbart gewesen, dass
eine VVW-Vertretung für die zu vertretene VVW allein eingesetzt werde und nicht etwa mehrere
Arbeitnehmerinnen die VVW-Vertretung übernehmen würden mit der Folge, dass an mehrere
Vertretungen das Vertretungsgeld zu zahlen sei. Sinn und Zweck der Regelung (Zusatz in Ziffer 3) sei,
dass die Vertretung auch die Verantwortung einer VVW alleine übernehmen und tragen solle; gerade
auch deshalb werde das Vertretungsgeld freiwillig bezahlt. Damit sei aber nicht geregelt gewesen, dass
eine bestimmte Personalstärke im Falle der Vertretung gesichert und gewährleistet sein solle oder müsse.
Im Übrigen handele es sich um einen Globalantrag.
Nicht nachzuvollziehen sei auch, in wieweit der Beschwerdeführerin ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils
EUR 1.000,00 angedroht haben werden können.
Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beschwerdeführerin wird auf die Beschwerdebegründung
vom 22.02.2010 (Bl. 61 bis 66 d. A.) Bezug genommen.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 17.12.2009 - 3 BV 23/09 - wird abgeändert.
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines
erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, ihr geltend gemachter Anspruch ergebe
sich, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, aus der BV-Vertretergeld.
Es handele sich auch nicht um einen Globalantrag, denn der Antrag sei bestimmt gefasst und auf Fälle
bezogen, klar abgrenzbar seien. Es sei Sache des Arbeitgebers, z. B. einen entsprechenden Pool an
Vertretungen zu bilden, um flexibel reagieren zu können und die Betriebsvereinbarung umzusetzen.
Des Weiteren verstoße die Beschwerdeführerin auch nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts
permanent gegen die BV-Vertretungsgeld.
Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Beschwerdegegners wird auf die
Beschwerdeerwiderungsschrift vom 25.03.2010 (Bl. 76 bis 79 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 80 bis 84 d. A.)
Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
Schriftsätze der Beteiligten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten
gereichten Schriftstücke verwiesen.
Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 01.07.2010.
II.
Beschwerde ist auch gem. §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO
form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2. Das zulässige Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Denn das Arbeitsgericht ist sowohl in dem Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon
ausgegangen, dass dem Beschwerdegegner der geltend gemachte Anspruch zusteht.
Denn Betriebsvereinbarungen hat der Arbeitgeber durchzuführen, unabhängig davon, ob man diese
Pflicht aus § 77 Abs. 1 BetrVG oder der Vereinbarung unmittelbar ableitet. Mit dem Arbeitsgericht geht die
Kammer davon aus, dass die Beschwerdeführerin der ihr aus Ziffer 3 der BV-Vertretungsgeld folgenden
Pflicht zur vollständigen Ersetzung der ausgefallenen Arbeitsstunden einer VVW mehrfach nicht
nachgekommen ist, warum auch immer. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (Seite 4 = Bl. 41 d. A.)
Bezug genommen.
Auf das Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des
hier maßgeblichen Lebensachverhalts.
Was immer die Motivation der Beschwerdeführerin bei Abschluss der Betriebsvereinbarung gewesen sein
mag, der geltend gemachte Anspruch ergibt sich aus dem Wortlaut der hier streitgegenständlichen
Regelung. Anhaltspunkte dafür, dass die Betriebspartner die Regelung so verstanden haben könnten, wie
von der Beschwerdeführerin für sich in Anspruch genommen, ergeben sich daraus nicht. Die praktischen
Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Regelung, die die Beschwerdeführerin weiterhin anführt, waren
bei Abschluss der Regelung für das normale Tagesgeschäft absehbar, hätten also, wenn sich die
Beschwerdeführerin nicht in der Lage gesehen hätte, dies, so wie vereinbart, umzusetzen, einer Regelung
in ihrem Sinne zugeführt werden müssen. Dieses mögliche Versäumnis kann aber durch eine Auslegung
gegen den klaren Wortlaut nicht zum Nachteil des Beschwerdegegners behoben werden.
Nachvollziehbare Einwendungen gegen die Androhung von Zwangsgeld bereits im Beschluss des
Arbeitsgerichts hat die Beschwerdeführerin zudem nicht erhoben.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde war angesichts der gesetzlichen Kriterien der §§ 92, 72 ArbGG
keine Veranlassung gegeben.