Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 20.11.2008

LArbG Mainz: arbeitsgericht, verfügung, stadt, berufsausbildung, zahl, zukunft, verwaltung, finanzen, wechsel, ausschluss

LAG
Mainz
20.11.2008
10 Sa 420/08
Tariflicher Anspruch auf Altersteilzeit
Aktenzeichen:
10 Sa 420/08
3 Ca 2938/07
ArbG Koblenz
Urteil vom 20.11.2008
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24. Juni 2008, Az.: 3 Ca
2938/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Bundesrepublik verpflichtet ist, mit dem Kläger einen
Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell abzuschließen.
Der Kläger (geb. am 16.01.1952) steht seit dem 26.10.1967 in den Diensten der W. und S. S. Er wird in
Vollzeit als Ausbildungsmeister (Wasserbaumeister) beim Berufsbildungszentrum K-Stadt (BBiZ)
beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für Beschäftigte des Bundes, darunter der
Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 Anwendung. Mit Schreiben
vom 19.12.2006 reichte der Kläger einen Altersteilzeitantrag ein, den die Dienststelle am 02.08.2007
ablehnte.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer nochmaligen Darstellung des erstinstanzlichen
Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und
auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.06.2008 (dort Seite 2-7 = Bl. 76-
81 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell gemäß § 2 des
Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) gemäß Schreiben vom 19.12.2006, beginnend mit
dem 17.01.2007, Arbeitsphase vom 17.01.2007 bis 16.01.2012, Freistellungsphase vom 17.01.2012 bis
16.01.2017, zu schließen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 24.06.2008 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der
Kläger habe keinen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im gewünschten
Blockmodell nach § 2 Abs. 1 TV ATZ. Die ablehnende Ermessensentscheidung der Beklagten sei unter
Berücksichtigung der Rechtsprechungsgrundsätze des BAG nicht zu beanstanden.
Es sei nicht unbillig i.S.d. § 2 Abs. 1 TV ATZ, wenn sich die Beklagte darauf berufe, dass die im
Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 22.11.2005 genannten Ausnahmen, bei
deren Vorliegen Altersteilzeit für die Beschäftigten der Altersgruppe 55 bis 59 bewilligt werden können,
nicht vorlägen. Da in den dortigen Fallgestaltungen die Bewilligung von Altersteilzeit aus besonderen
Sachgründen, z.B. besondere Rücksichtnahme auf schwerbehinderte Mitarbeiter oder
Kostengesichtspunkte, gerechtfertigt sei, überschreite eine Versagung von Altersteilzeit die Grenzen
billigen Ermessens nach § 2 Abs. 1 TV ATZ nicht, wenn kein Ausnahmetatbestand eingreife. Zwischen
den Parteien sei insoweit unstreitig, dass der Kläger weder zu den schwerbehinderten Beschäftigten
gehöre (Abs. 2 Nr. 1) noch Altersteilzeit im Teilzeitmodell beantragt habe (Abs. 2 Nr. 4). Auch liege die
Ausnahme des Abs. 2 Nr. 3 des BMI-Rundschreibens nicht vor, nach der Altersteilzeit in
Stellenabbaubereichen bewilligt werden könne, wenn auf die Ausbringung einer Ersatzplanstelle
verzichtet werde. Die Behauptung des Klägers, die W.- und S.verwaltung (WSV) stelle einen
Stellenabbaubereich im Sinne des Abs. 2 Nr. 2 des Rundschreibens dar, berücksichtige nicht, dass als
Stellenabbaubereiche im BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 nur die Bundeswehrverwaltung und die
Bundesmonopolverwaltung für Branntwein genannt seien. Selbst wenn man unterstelle, dass auch
andere Verwaltungszweige Stellenabbaubereiche im Sinne der Ausnahmevorschrift sein können, habe
der Kläger nicht dargelegt, dass im Falle seines Ausscheidens auf einen Ersatz verzichtet werden könnte.
Sein pauschaler Vortrag, in seiner Dienststelle sei eine Umstrukturierung leicht möglich, auch
Abordnungen, Versetzungen oder Änderung der Vergabe der Arbeitsaufgaben kämen in Betracht, genüge
nicht, da nicht ersichtlich sei, wie die Aufgaben des Klägers konkret auf die anderen Mitarbeiter verteilt
werden sollen, ohne dass diese überobligatorisch belastet würden. Inwieweit ein begründeter Einzelfall
aus personalwirtschaftlichen Gründen angesichts besonderer Belange eines einzelnen Ressorts nach
Abs. 2 Nr. 3 des BMI-Rundschreibens vorliegen soll, sei ebenfalls nicht erkennbar.
Ungeachtet des BMI-Rundschreibens vom 22.11.2005 habe die Beklagte auch ansonsten Erwägungen
angeführt, aufgrund derer sie die Gewährung von Altersteilzeit zulässigerweise habe ablehnen dürfen. So
habe sie vorgetragen, der Weggang des Klägers in der Freistellungsphase sei angesichts der regelmäßig
30 bis 50 überbetrieblich Auszubildenden im Berufsbildungszentrum K.-Stadt nicht zu kompensieren, weil
bereits die derzeit vorhandenen drei Ausbildungsmeisterstellen vor dem Hintergrund verstärkter
Projektarbeit nicht ausreichend seien und deshalb zum 01.01.2008 eine zusätzliche Stelle geschaffen
worden sei. Diesen Vortrag habe der Kläger nicht substantiiert widerlegt. Es bestünden keine
verlässlichen Anhaltspunkte, dass das Bedürfnis an Ausbildern in Zukunft so rückläufig sein werde, dass
die Beklagte bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine stichhaltige Prognoseentscheidung hinsichtlich des
Beschäftigungsbedürfnisses für den Kläger in der Freistellungsphase treffen könnte. Das Argument des
Klägers, die Altersteilzeit im Blockmodell führe nicht zu größeren personalwirtschaftlichen Problemen als
das Teilzeitmodell, übersehe, dass die Kompensation einer vollen Stelle schwerer zu bewerkstelligen sei,
als die Verteilung eines freiwerdenden Stellenanteils über einen längeren Zeitraum. Abgesehen davon
sehe sich die Beklagte auch nicht zur Bewilligung von Altersteilzeit im Teilzeitmodell in der Lage. Der
Kläger habe auch nicht dargelegt, wie eine Verteilung seiner Aufgaben im einen oder anderen Modell
aussehen könnte. Schließlich habe die Beklagte zur Versagung der Altersteilzeit finanzielle Gründe
angeführt und darauf verwiesen, dass im Stellenhaushalt für seit dem 01.01.2005 bewilligte Neufälle nach
§ 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Haushaltsgesetz 2008 keine Ersatzstellen mehr zur Verfügung gestellt
werden. Aus welchen Gründen sich die Haushaltslage in Zukunft nachhaltig ändern sollte, habe der
Kläger nicht vorgetragen.
Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 7 bis 14 des
Urteils (= Bl. 81 - 88 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger, dem das Urteil am 14.07.2008 zugestellt worden ist, hat am 29.07.2008 Berufung zum
Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der bis zum 14.10.2008 verlängerten
Berufungsbegründungsfrist mit am 14.10.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz
begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die
Voraussetzungen für die berechtigte Ablehnung des Altersteilzeitantrags habe die Beklagte darzulegen.
Dazu gehöre gerade im Hinblick auf das Rundschreiben des BMI vom 22.11.2005, dass die dort
genannten Ausnahmen nicht vorliegen. Die Beklagte habe insoweit nicht vollständig vorgetragen. Sie
habe zunächst nur allgemein auf finanzielle Belastungen und zunehmende personalwirtschaftliche
Probleme sowie darauf hingewiesen, dass die von ihm wahrzunehmenden Aufgaben vollständig auf die
ohnehin schon knappen Personalressourcen beim BBiZ K-Stadt verteilt werden müssten; schon die drei
Ausbildungsmeister seien nicht ausreichend. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass dieser Vortrag
letztlich zu pauschal sei, um überhaupt einlassungsfähig zu sein. Deshalb reiche insoweit auch ein
pauschales Bestreiten aus. Wie die Beklagte z.B. darauf komme, die drei Ausbildungsmeister seien
bereits nicht ausreichend, um die überbetriebliche Ausbildung gewährleisten zu können, sei nicht
nachvollziehbar. Wenn jedem Ausbildungsmeister nach dem Vorbringen der Beklagten mindestens zehn
Auszubildende zugeordnet seien und in der Regel 30 bis 50 Auszubildende überbetrieblich ausgebildet
würden, so sei eine übermäßige Belastung nicht ersichtlich. Hinzu komme, dass der Beklagten ab dem
01.01.2008 nach ihrem eigenen Vortrag eine zusätzliche Stelle zur Verfügung gestellt worden sei. Damit
wäre auch in seiner Freistellungsphase gewährleistet, dass nach wie vor jedenfalls drei Meister
vorhanden seien. Insoweit liege jedenfalls ein aus personalwirtschaftlichen Gründen begründeter
Einzelfall vor, da die Neueinstellung ab 01.01.2008 angemessen berücksichtigt werden müsse. Eine
überobligatorische Belastung der verbleibenden Mitarbeiter sei daher nicht zu befürchten. Angesichts der
allgemeinen demografischen Entwicklung könne davon ausgegangen werden, dass die Zahl der
Auszubildenden künftig zurückgehe.
Soweit sich die Beklagte schließlich darauf berufe, für die seit dem 01.01.2005 bewilligten Neufälle
würden nach dem Haushaltsgesetz 2008 keine Ersatzstellen mehr zur Verfügung gestellt, sei darauf
hinzuweisen, dass nach § 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 dieses Gesetzes neue Planstellen nur
ausgebracht werden, wenn sichergestellt sei, dass die Ausgaben für die neuen Planstellen, die
Einsparungen aufgrund der Altersteilzeitbeschäftigung nicht übersteigen. Dies bedeute also nicht, dass
generell keine Ersatzstellen mehr zu Verfügung gestellt würden. Die Beklagte hätte vielmehr zunächst
errechnen müssen, welche Einsparungen durch seine Altersteilzeitarbeit zu erzielen seien. Die ersparten
Beträge hätten dann ohne weiters für eine Ersatzstelle aufgewendet werden können.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
14.10.2008 (Bl. 109-112 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.06.2008, Az.: 3 Ca 2938/07, abzuändern und die Beklagte
zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell nach § 2 des
Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) gemäß seinem Schreiben vom 19.12.2006,
beginnend mit dem 17.01.2007, Arbeitsphase vom 17.01.2007 bis 16.01.2012, Freistellungsphase vom
17.01.2012 bis 16.01.2017, anzunehmen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie habe auf der Basis der generalisierenden Regelungen in den
Rundschreiben des BMI den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Altersteilzeitarbeit im Blockmodell
berechtigterweise abgelehnt. Aufgrund der angespannten Haushaltslage könnten keine neuen Stellen als
Ersatz für Altersteilzeitbeschäftigte geschaffen werden. Wenn der Kläger in der Freistellungsphase nicht
mehr arbeite, fehle spätestens dann ein Ausbilder im BBiZ. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen,
dass eine vierte Stelle geschaffen worden sei. Die Schaffung der vierten Stelle würde ansonsten ad
absurdum geführt. Es liege auf der Hand, dass für den Arbeitgeber durch die Schaffung einer
Alterteilzeitstelle und Wiederbesetzung der Stelle ein finanzieller Mehraufwand entstehe, selbst wenn eine
Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit möglich sei. Da vorliegend eine Förderung nicht in Betracht
komme, müsse sie die Aufstockungsbeträge aus eigenen Haushaltsmitteln übernehmen. Auch diese
finanzielle Erwägung reiche als sachlicher Grund nach der Rechtsprechung des BAG aus.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom
17.11.2008 (Bl. 121-124 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist
somit zulässig.
II.
mit dem Kläger ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis für die Zeit vom 17.01.2007 bis zum 16.12.2017 im
Blockmodell zu begründen. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung vollkommen
zutreffend erkannt. Die Berufungskammer folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten
Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69
Abs. 2 ArbGG fest. Von einer Darstellung eigener Entscheidungsgründe wird daher abgesehen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers erscheinen lediglich folgende Ergänzungen
angezeigt:
1.
Vollzeitarbeitsvertrages verpflichtet, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ erfüllt sind. Wie das
Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.12.2000 (9 AZR 706/99 - AP Nr. 1 zu § 3 ATG) bereits entscheiden
hat, begründet diese Vorschrift keinen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Abschluss
eines Altersteilzeitvertrages. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber
bei der Entscheidung über den Antrag auf Abschluss des Altersteilzeitvertrages in entsprechender
Anwendung des § 315 Abs. 1 BGB billiges Ermessen wahrt.
§ 2 Abs. 1 TV ATZ enthält keine Vorgaben, welche Tatsachen der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung zu
berücksichtigen hat. § 2 Abs. 3 TV ATZ, wonach der Arbeitgeber einen Antrag auf Altersteilzeit nur wegen
entgegenstehender dringender dienstlicher oder betrieblicher Gründe ablehnen darf, bezieht sich
lediglich auf Arbeitnehmer nach Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 2 Abs. 2 TV ATZ) und nicht auf
Arbeitnehmer der Altersgruppe des Klägers (BAG Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99, a.a.O.), die
bereits mit Vollendung des 55. Lebensjahres für zehn Jahre in Altersteilzeit arbeiten möchten. Die
beklagte Bundesrepublik durfte danach grundsätzlich alle Umstände in Rechnung stellen, die sich aus
einem Wechsel des Klägers in die Altersteilzeit ergeben.
Für die Beurteilung der Entscheidung der beklagten Bundesrepublik gilt daher die allgemeine Regel,
wonach der Arbeitgeber billiges Ermessen dann wahrt, wenn er die wesentlichen Umstände des
Einzelfalls und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt. Ob dies geschehen ist,
unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (vgl. auch BAG Urteil vom 26.06.2001 - 9 AZR 244/00 - AP Nr. 2 zu §
3 ATG).
2.
reduziert, dass der Gesetzgeber im RV- Altersgrenzenanpassungsgesetz für Rentenversicherte, die - wie
der Kläger - vor dem 01.01.1955 geboren sind, die Regelaltersgrenze von 65 Jahren nicht schrittweise auf
67 Jahre angehoben hat, wenn sie vor dem 01.01.2007 Altersteilzeit vereinbart haben (§ 235 Abs. 2
Satz 3 Nr. 1 SGB VI). Der entsprechende Gesetzentwurf für diese Vertrauensschutzregelung wurde am
12.12.2006 in den Bundestag eingebracht (Drucksache 16/3794) und veranlasste den Kläger ausweislich
seiner Antragsbegründung noch am 19.12.2006 den Antrag auf Altersteilzeit zu stellen. Anhaltspunkte
dafür, dass der Gesetzgeber das Ermessen des Arbeitgebers bei der Entscheidung über Altersteilzeit
reduzieren wollte, sind weder vorgetragen noch aus den Motiven ersichtlich (so auch LAG Baden-
Württemberg Urteil vom 23.06.2008 - 4 Sa 5/08 - dokumentiert in Juris).
3.
beanstanden, weil sie sich unter anderem auf die BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 und vom
22.11.2005 (D II 2 - 220 770 - 1/18) gestützt hat.
Zwar verlangt die Ermessensentscheidung des Arbeitgebers regelmäßig eine Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalls. Das schließt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber
generelle Vorentscheidungen des Arbeitgebers, wie er eine Tarifnorm in die Praxis umsetzt, nicht aus.
Derartige Regelungen dienen zum einen einer einheitlichen Anwendung der Tarifvorschriften. Sie tragen
außerdem dem Bedürfnis nach Transparenz Rechnung; der Arbeitnehmer weiß, welche Kriterien für die
Entscheidung des Arbeitgebers maßgeblich sind (BAG Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99, a.a.O.). Es
ist anerkannt, dass Ermessen im Sinne des § 315 BGB auch in generalisierter Form durch eine
übergeordnete Behörde ausgeübt werden kann. Das BMI hat mit den Rundschreiben vom 08.03.2006 und
vom 22.11.2005 Direktiven für den Ermessensgebrauch aufgestellt. Das ist nicht zu beanstanden, wenn -
wie hier - die ablehnende Entscheidung nicht allein mit dem in den Rundschreiben angeordneten
grundsätzlichen Ausschluss von Altersteilzeit im Blockmodell begründet wird (ebenso: LAG Schleswig-
Holstein Urteil vom 31.10.2007 - 6 Sa 136/07 - dokumentiert in Juris).
4.
genannten Ausnahmetatbestände liegen nicht vor. Die Ansicht des Klägers, die Beklagte habe zum
Nichtvorliegen der Ausnahmen nicht vollständig vorgetragen, ist unzutreffend.
Das jüngste BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 (Bl. 25-26 d. A.) hat - soweit vorliegend von Interesse -
folgenden Wortlaut:
„... Weder aus § 2 TV ATZ noch aus § 3 TV ATZ lässt sich jedoch ein Rechtsanspruch der bzw. des
Beschäftigten auf die Vereinbarung eines bestimmten Arbeitszeitmodells während der Altersteilzeitarbeit
ableiten.
Vor diesem Hintergrund und unter Verfolgung des Grundsatzes, dass die Bewilligung von
Altersteilzeitarbeitsverhältnissen zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts
führen darf, ist in Ergänzung unseres Bezugsrundschreibens vom 22.11.2005 bei der Entscheidung über
Anträge auf Altersteilzeitarbeit nach dem TV ATZ ab sofort (Stichtag 17.02.2006) wie folgt zu verfahren:
1. Ab sofort soll Altersteilzeit grundsätzlich nur noch nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ als
Teilzeitmodell bewilligt werden. Bewilligungen im Blockmodell nach § 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ sind ab
sofort ausgeschlossen.
2. Ausnahmen von den Einschränkungen nach Ziffer 1 gelten
1. bei Kraftfahrern im Sinne des …..(KraftfahrerTV Bund),
2. für die nachfolgend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen festgelegten
Stellenabbaubereiche:
· Bundeswehrverwaltung,
· Bundesmonopolverwaltung für Branntwein.
Weitere Stellenabbaubereiche können im Einvernehmen mit den Ressorts und dem Bundesministerium
der Finanzen durch Anpassung dieses Rundschreibens festgelegt werden.
Schwerbehinderte Tarifbeschäftigte können auch weiterhin einen Antrag auf Altersteilzeitarbeit ab
Vollendung des 55. Lebensjahres stellen. Eine Bewilligung ist aber ab sofort nur noch im Teilzeitmodell
nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ, nicht jedoch im Blockmodell möglich.
Die bisherigen Einschränkungen der Altersteilzeitarbeit durch mein Bezugsrundschreiben vom
22.11.2005 gelten weiterhin. …“
Das Bezugsrundschreiben vom 22.11.2005 (Bl. 28-29 d. A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„... Vor diesem Hintergrund und mit Bezug auf den Grundsatz, dass die Bewilligung von
Altersteilzeitarbeitsverhältnissen zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts
führen darf, ist ab sofort bei der Entscheidung über Anträge auf Altersteilzeitarbeit nach dem TV ATZ von
Tarifbeschäftigten der Altersgruppe 55 bis 59 wie folgt zu verfahren:
1. Anträgen auf Altersteilzeitarbeitsverhältnisse soll grundsätzlich nicht mehr entsprochen werden.
2. Ausnahmen von den Einschränkungen nach Ziffer 1 gelten
1. bei schwerbehinderten Beschäftigten,
2. in Stellenabbaubereichen, wenn auf Ausbringung einer Ersatzstelle verzichtet wird,
3. aus personalwirtschaftlichen Gründen in begründeten Einzelfällen, um besonderen Belangen
einzelner Ressorts Rechnung zu tragen,
4. beim Teilzeitmodell (§ 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ), wenn keine Mehrkosten entstehen.
…“
Nach dem Wortlaut des jüngsten BMI-Rundschreibens vom 08.03.2006 ist Altersteilzeit im Blockmodell,
die der Kläger beantragt hat, ausnahmsweise noch bei Kraftfahrern im Sinne des KraftfahrerTV Bund und
bei Beschäftigten der Bundeswehrverwaltung und der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein möglich.
Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger unstreitig nicht. Für den Bereich der W.- und S.verwaltung des
Bundes wurde auch nicht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Anpassung
des Rundschreibens vom 08.03.2006 ein weiterer Stellenabbaubereich festgelegt. Weitere Ausnahmen
sind nicht vorgesehen.
Durch das BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 sind die Anforderungen an die Bewilligung von
Altersteilzeit im Blockmodell gegenüber den Anforderungen im Rundschreiben vom 22.11.2005 verschärft
worden. Bewilligungen im Blockmodell wurden grundsätzlich ausgeschlossen. Weil der Kläger keine
Altersteilzeit im Teilzeitmodell - auch nicht hilfsweise - beantragt hat, kann dahinstehen, ob er die
Ausnahmen im Bezugsrundschreiben vom 22.11.2005 erfüllt, die sich nur noch auf das Teilzeitmodell
beziehen. Im Ergebnis lassen die BMI-Rundschreiben die Bewilligung von Altersteilzeit in der
Altersgruppe von 55 bis 59 Jahren nur noch für Tarifbeschäftigte mit Schwerbehinderung (nur im
Teilzeitmodell) und für Tarifbeschäftigte in den festgelegten Stellenabbaubereichen (im Teilzeit - oder im
Blockmodell) zu. Für alle anderen Tarifbeschäftigten in dieser Altersgruppe von 55 bis 59 Jahren, zu der
der Kläger seit Januar 2007 gehört, ist die Bewilligung von Altersteilzeit ausgeschlossen.
5.
Altersteilzeitverträge mehr abzuschließen, ist ein ausreichender Ablehnungsgrund (ebenso: LAG
Rheinland-Pfalz Urteil vom 03.03.2005 - 4 Sa 990/04 - dokumentiert in Juris).
Dem steht nicht entgegen, dass bei dieser Handhabung die nach der Präambel des TV ATZ verfolgten
Ziele für die Altersgruppe des Klägers nicht erreicht werden. Altersteilzeit eröffnet
Beschäftigungsmöglichkeiten für Auszubildende und Arbeitslose nur, wenn freiwerdende Stellen wieder
besetzt werden. Auch die Beschäftigung eines so genannten Wiederbesetzers führt bei der durch die
Bundesagentur für Arbeit geförderten Altersteilzeitregelung zu einer Mehrbelastung des Arbeitgebers, da
die nach dem TV ATZ vorgesehenen Leistungen von 83 % der Mindestnettovergütung (§ 5 Abs. 2 TV ATZ)
und die zusätzlich anfallenden Arbeitgeberanteile im Vergleich zu den Förderungsleistungen von 70 %
(Mindestnettovergütung) diese übersteigen. Zudem hat der Arbeitgeber neben den von ihm zu tragenden
Sozialversicherungsbeiträgen die nach § 5 Abs. 4 TV ATZ dem Arbeitnehmer zustehenden Beiträge zur
gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Diese müssen mindestens so hoch sein, dass der
Unterschiedsbetrag 90 % des Entgelts, das die Beschäftigten für eine entsprechende
Vollzeitbeschäftigung erhalten würden, zusätzlich versichert wird. Von diesen zusätzlich zu entrichtenden
Beiträgen für die Altersteilzeitbezüge trägt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil
(vgl. BAG Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99, a.a.O.).
Der Kläger kann deshalb nicht ernsthaft bestreiten, dass eine Ersatzeinstellung, selbst wenn sie im Januar
Der Kläger kann deshalb nicht ernsthaft bestreiten, dass eine Ersatzeinstellung, selbst wenn sie im Januar
2012 möglich wäre, zu keiner zusätzlichen finanziellen Belastung der Beklagten führt. Die zusätzlichen
Kosten ergeben sich unmittelbar aus den Reglungen des TV ATZ i.V.m. dem Altersteilzeitgesetz (ATG). Es
liegt auf der Hand, dass für den Arbeitgeber durch die Schaffung einer Altersteilzeitstelle für zehn Jahre
und deren Wiederbesetzung für fünf Jahre ein finanzieller Mehraufwand entsteht, selbst wenn eine
Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit möglich ist, die im Übrigen Erstattungsleistungen nur für
längstens sechs Jahre erbringt (§ 4 Abs. 1 ATG). Wenn mangels Nachbesetzung des Arbeitsplatzes keine
Förderung in Betracht kommt, müsste die Beklagte die Aufstockungsbeträge komplett aus eigenen
Haushaltsmitteln übernehmen. Der Kläger macht deshalb ohne Erfolg geltend, die Beklagte hätte ihm die
zusätzlichen Kosten vorrechnen müssen.
6. S
die Ermessensausübung verkannt.
Die Beklagte hat ihre ablehnende Entscheidung nicht ausschließlich mit dem im BMI-Rundschreiben vom
08.03.2006 angeordneten grundsätzlichen Ausschluss von Altersteilzeit im Blockmodell begründet. Sie
hat vielmehr nachvollziehbare sachliche Gründe dafür vorgetragen, weshalb sie im vorliegenden
Einzelfall den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell abgelehnt hat.
Was der Arbeitgeber darlegen muss, um nachzuweisen, dass er den Arbeitnehmer in der
Freistellungsphase nicht entbehren kann, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es genügt,
wenn der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsaufgabe und
des Umfangs der durch den Wechsel in die Altersteilzeit freiwerdenden Stelle die fehlende Entbehrlichkeit
nachvollziehbar darlegt. Der Arbeitnehmer, der trotz einer in sich nachvollziehbaren und damit plausiblen
Begründung des Arbeitgebers weiterhin eine fehlerhafte Ermessensausübung rügt, muss dies seinerseits
dann näher konkretisieren. Das ist ihm auch zumutbar, da Altersteilzeit ohnehin nur ältere Arbeitnehmer in
Anspruch nehmen können, die regelmäßig über hinreichende Kenntnis über die Beschäftigungs- und
Einstellungspraxis im Betrieb bzw. in der Behörde verfügen (so ausdrücklich: BAG Urteil vom 26.06.2001 -
9 AZR 244/00, a.a.O.).
Die Darlegungen der Beklagten sind nachvollziehbar. Für die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zu
dessen Eintritt in das Rentenalter besteht bei der Beklagten Bedarf. Der Kläger hat als Ausbildungsmeister
im Berufsbildungszentrum (BBiZ) K-Stadt eine qualifizierte Arbeitsaufgabe. Im BBiZ werden in der Regel
30 bis 50 Auszubildende im Ausbildungsberuf Wasserbauer/ Wasserbauerin überbetrieblich ausgebildet.
Jedem Ausbildungsmeister sind im Mittel mindestens zehn Auszubildende zugeordnet. Im BBiZ wurden
bisher drei Ausbildungsmeister eingesetzt. Um die überbetriebliche Ausbildung gemäß
Ausbildungsordnung gewährleisten zu können, hat die Beklagte ab dem 01.01.2008 eine vierte Stelle
eingerichtet. Durch die Neukonzeption der Ausbildungsordnung wird die überbetriebliche Ausbildung
vermehrt in Projekten durchgeführt. Jedes Projekt muss von einem Ausbildungsmeister begleitet werden.
Das stellt der Kläger nicht in Abrede.
Soweit der Kläger geltend macht, durch die Schaffung der vierten Stelle für einen Ausbildungsmeister ab
dem 01.01.2008 sei gewährleistet, dass in der fünfjährigen Freistellungsphase von Januar 2012 bis
Januar 2017 drei Ausbildungsmeister zur Verfügung stünden, kann er damit nicht durchdringen. Die von
der Beklagten für notwenig gehaltene Schaffung einer vierten Stelle im Bereich der überbetrieblichen
Berufsausbildung im BBiZ würde, wie es die Beklagte treffend ausdrückt, „ad absurdum“ geführt, wenn sie
sich zugleich verpflichtete, mit dem Kläger Altersteilzeit im Blockmodell zu vereinbaren. Die drei
verbliebenen Ausbilder müssten nach dem Ausscheiden des Klägers ab dem 17.01.2012 wiederum die
Ausbildung zu dritt bewältigen, weil die Beklagte in der Freistellungsphase des Klägers aufgrund der
haushaltsrechtlichen Vorgaben keine Ersatzstelle schaffen kann. Es ist Sache des öffentlichen
Arbeitgebers in Ausübung des ihm zustehenden Organisationsrechts, die Aufgaben der Verwaltung
festzulegen, ihre Priorität zu bestimmen und ihre Erfüllung durch Bereitstellung personeller und sachlicher
Mittel zu sichern (vgl. BVerwG Urteil vom 29.04.2004 - 2 C 21/03, dokumentiert in Juris). Wenn sich die
Beklagte dazu entschlossen hat, die personelle Ausstattung im Bereich der Berufsausbildung
aufzustocken und die Haushaltslage andererseits Neueinstellungen in der Freistellungsphase nicht
zulässt, ist ihre Entscheidung, dem Kläger keine Altersteilzeit im Blockmodell zu bewilligen, nicht zu
beanstanden. Im Übrigen leidet die Annahme des Klägers, drei Wasserbaumeister könnten die
Berufsausbildung „ohne übermäßige Belastung“ gewährleisten, unter dem Widerspruch, dass er zur
Begründung seines Altersteilzeitbegehrens in der Klageschrift ausführt, die Ausbildung der Wasserbauer
sei mit „erheblichen Mehrbelastungen hinsichtlich des Arbeits- sowie des Zeitaufwandes“ im Vergleich
zum allgemeinen Dienstposten des Wasserbaumeisters verbunden. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar,
wenn der Kläger behauptet, eine überobligatorische Belastung der verbleibenden Mitarbeiter sei in der
fünfjährigen Freistellungsphase auch ohne Wiederbesetzung der Stelle nicht zu befürchten. Auch der
Hinweis darauf, dass angesichts der allgemeinen demografischen Entwicklung davon auszugehen sei,
dass die Zahl der Auszubildenden in Zukunft zurückgehe, verfängt nicht. Wie bereits das Arbeitsgericht
zutreffend ausgeführt hat, ist ein Rückgang der Zahl der Auszubildenden in den Jahren 2012 bis 2017
nicht mit der Wahrscheinlichkeit absehbar, dass die Beklagte bereits Ende 2006 eine sachgerechte
Prognoseentscheidung über ein verringertes Beschäftigungsbedürfnis für Ausbildungsmeister treffen
konnte.
III.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.