Urteil des LAG Niedersachsen vom 14.12.2012

LArbG Niedersachsen: treu und glauben, vergütung, verwirkung, allgemeine geschäftsbedingungen, erfüllung, infrastruktur, kontrolle, abnahme, koordination, qualifikation

Eingruppierung eines Bauleiters
Eingruppierung eines Bauleiters nach einer Betriebsvereinbarung mit
Tätigkeitsbeispielen
Landesarbeitsgericht Niedersachsen 6. Kammer, Urteil vom 14.12.2012, 6 Sa
1782/11
§ 611 BGB
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover
vom 17.11.2011 – 4 Ca 186/11 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels
im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt
neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom
01.08.2008 bis 31.10.2011 63.146,41 € brutto
nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz
auf 1.491,42 € brutto seit dem 31.08.2008, weitere 1.491,42 € brutto seit
dem 30.09.2008, weitere 1.491,42 € brutto seit dem 31.10.2008, weitere
1.491,42 € brutto seit dem 30.11.2008, weitere 2.982,84 € brutto seit dem
31.12.2008, weitere 1.491,42 € brutto seit dem 31.01.2009, weitere
1.491,42 € brutto seit dem 28.02.2009, weitere 1.491,42 € brutto seit dem
31.03.2009, weitere 1.491,42 € brutto seit dem 30.04.2009, weitere
1.491,42 € brutto seit dem 31.05.2009, weitere 1.491,42 € brutto seit dem
30.06.2009, weitere 1.491,42 € brutto seit dem 31.07.2009, weitere
1.491,42 € brutto seit dem 31.08.2009, weitere 1.491,42 € brutto seit dem
30.09.2009, weitere 1.491,42 € brutto seit dem 31.10.2009, weitere
1.491,42 € brutto seit dem 30.11.2009, weitere 2.982,84 € brutto seit dem
31.12.2009, weitere 1.491,42 € brutto seit dem 31.01.2010, weitere
1.491,42 € brutto seit dem 28.02.2010, weitere 1.491,42 € brutto seit dem
31.03.2010, weitere 1.491,42 € brutto seit dem 30.04.2010, weitere
1.491,42 € brutto seit dem 31.05.2010, weitere 1.491,42 € brutto seit dem
30.06.2010, weitere 1.521,23 € brutto seit dem 31.07.2010, weitere
1.521,23 € brutto seit dem 31.08.2010, weitere 1.521,23 € brutto seit dem
30.09.2010, weitere 1.521,23 € brutto seit dem 31.10.2010, weitere
1.521,23 € brutto seit dem 30.11.2010, weitere 3.042,46 € brutto seit dem
31.12.2010, weitere 1.521,23 € brutto seit dem 31.01.2011, weitere
1.521,23 € brutto seit dem 28.02.2011, weitere 1.521,23 € brutto seit dem
31.03.2011, weitere 1.521,23 € brutto seit dem 30.04.2011, weitere
1.521,23 € brutto seit dem 31.05.2011, weitere 1.521,23 € brutto seit dem
30.06.2011, weitere 1.521,23 € brutto seit dem 31.07.2011, weitere
1.521,23 € brutto seit dem 31.08.2011, weitere 1.521,23 € brutto seit dem
30.09.2011 und weitere 1.521,23 € brutto seit dem 31.10.2011
zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab
dem 01.11.2011 bis zum Inkrafttreten des Haustarifvertrages zwischen
der Beklagten und der IG-Metall vom 13.12.2011 eine monatliche
Vergütung in Höhe von 4.897,00 € brutto nach der Gehaltsgruppe F der
Gesamtbetriebsvereinbarung „Gehaltsstruktur und
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Entlohnungsgrundsätze“ vom 30.06.2000 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf monatlich 4.897,00 €
brutto jeweils seit dem 01. des Folgemonats zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 10 % und die Beklagte
zu 90 %
zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers auf
Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarung „Gehaltsstruktur und
Entlohnungsgrundsätze“ vom 30.06.2000 (GVB) seit August 2008.
Wegen der genauen Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und
Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 2 - 12
desselben, Bl. 136 - 146 der Gerichtsakte) verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass die Beklagte mit der IG Metall am 13.12.2011 einen
Haustarifvertrag abgeschlossen hat, in dem unter Ziffer 4.1. u.a. die
Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten geregelt wird. Dieser
Haustarifvertrag ist in Bezug auf die sich hieraus ergebende Eingruppierung
der Arbeitnehmer noch nicht in Kraft.
Mit Urteil vom 17.11.2011 hat das Arbeitsgericht Hannover die Klage
abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet,
dass die vom Kläger begehrte Eingruppierung in Gehaltsgruppe E daran
scheitere, dass er weder für sämtliche noch für den überwiegenden Teil seiner
Tätigkeit Entscheidungsverantwortung trage. Einer Eingruppierung in
Gehaltsgruppe F stehe zudem entgegen, dass der Kläger nur als einer von
mehreren Bauleitern in der Region der Beklagten tätig sei und es sich hierbei
nicht um ein „gesamtes Netz“ im Sinne der Gehaltsgruppenmerkmale der
Gehaltsgruppe F handele.
Dieses Urteil ist dem Kläger am 12.12.2011 zugestellt worden. Hiergegen
wendet er sich mit seiner am 29.12.2011 beim Landesarbeitsgericht
Niedersachsen eingegangenen Berufung, die er nach entsprechender
Fristverlängerung unter dem 06.03.2012 begründet hat.
Mit seiner Berufung verfolgt er das Ziel einer Vergütung nach Gehaltsgruppe F
bzw. hilfsweise Gehaltsgruppe E, jeweils in der Bandbreite um den ein Drittel
erhöhten Mittelwert weiter. Dazu behauptet er folgendes:
Gemäß Arbeitsvertrag vom 01.11.2004 sei der Kläger zwar als Elektrobauleiter
mit dem Funktionscode FC 430 eingestellt worden. Hierbei handelt es sich
aber um einem Schreibfehler, denn der Kläger sei seit Beginn seiner
Arbeitsaufnahme bei der Beklagten ab dem 01.11.2004 tatsächlich als
Bauleiter mit dem Funktionscode FC 429 beschäftigt worden. Eine schriftliche
Korrektur habe es nicht gegeben. Jedoch sei dem Kläger bereits mit Schreiben
der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 20.12.2006 mitgeteilt worden, dass
er ab dem 01.01.2006 als Bauleiter tätig werden solle. Hauptaufgabe des
Klägers sei dementsprechend die eines Bauleiters. Als solcher koordiniere,
kontrolliere und überwache er die Ausführungen von Bauten jeglicher Art. Der
Kläger betreue Neubauten, Umbauten, Aufrüstungen, Erweiterungen, Technik,
Tausch- und Nachrüstungen. Er habe die mängelfreie, pünktliche Erbringung
der jeweiligen Leistungen und nahtlose Zusammenarbeit der Gewerke
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sicherzustellen. Hauptaufgabe der Bauleitung sei die Vorbereitung der
Konstruktion, die Koordination der Konstruktion, die Vorbereitung und
Koordination der Infrastrukturerstellung, die Kontrolle der Infrastruktur sowie
eine entsprechende Dokumentation.
Bei der Vorbereitung der Konstruktion gehe es um folgendes:
- Teilnahme an Ortsterminen
- Festlegung der Infrastruktur und Arbeitssicherheitsmaßnahmen vor Ort
- Bautechnische Beurteilung der Substanz in Absprache mit dem Konstrukteur
- Abstimmung mit anderen Mobilfunkanbietern
- Technische Besprechungen mit Eigentümern
- Festlegung der Verfahrensweise (Bausubstanzprüfung, Bauantrag etc.)
- Beauftragung der Vorplanung
- Bei der Koordination der Konstruktion fielen nachstehende Tätigkeiten an
- Terminabsprache und Terminverfolgung
- Kontrolle der Vorplanung
- Freigabe der Vorplanung für den Hausdurchlauf und die Konstruktion
- Kostenverfolgung
- Gegebenenfalls Veranlassung der Revision
- Beauftragung der Ausführungsplanung
- Beurteilung und Kontrolle der Ausführungsplanung.
Die Vorbereitung und Koordination der Infrastrukturerstellung beinhalte
nachstehendes:
- Abstimmung mit anderen Mobilfunkanbietern
- Technische Besprechung mit Eigentümern
- Freigabe der Infrastruktur
- Beauftragung der Infrastruktur
- Angebote prüfen und Angebote erstellen
- Bauaufsicht vor Ort
- Abstimmung mit der Telecom
Bei der Kontrolle der Infrastrukturen fielen folgende Aufgaben an:
- Abnahme der Infrastruktur
- Gegebenenfalls Nacharbeiten veranlassen, überprüfen
- Aufmaßkontrolle
- Rechnungsprüfung
- Schadensregulierung
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Im Rahmen der Dokumentation habe der Kläger nachstehende Tätigkeiten zu
verrichten:
- Datenpflege
- Pflege der Bauhandakten
- Erstellung von Arbeitsrichtlinien
- Materialbestellung im SAP
- Baufreigabeschreiben
- Prüfung der Dokumentation
Das stelle sich im Einzelnen wie folgt dar:
Durch Akquisiteure würden Standorte vorgeschlagen und Aufgabe des
Klägers sei es, vor Vertragsabschluss mit dem jeweiligen Eigentümer des
Standortes eine Begehung vorzunehmen, um die Eignung des
Mobilstandortes festzustellen. Dem Kläger obliege es dabei, abzuklären, ob
aus bautechnischer Sicht das zu erstellende Werk an diesem Standort
realisierbar sei oder nicht. Der Kläger bekomme die Adresse mitgeteilt mit
gewissen Angaben zum zu erstellenden Bauwerk. In einem Ortstermin prüfe
der Kläger den Standort, in der Regel bereits mit der Planungsfirma, die als
Subunternehmer das Gewerk später errichten solle. Entscheide der Kläger,
dass der Standort bautechnisch in Ordnung sei, gebe er eigenverantwortlich
der Planungsfirma die Einzelheiten der Realisierung vor. Danach erstelle die
Planungsfirma die Planung, der Kläger erhalte diese und gebe sie an die
sogenannte Teamassistenten weiter. Dort werde ein Teamdurchlauf gestartet.
Der Kläger koordiniere diesen Teamdurchlauf. Gebe es bei diesem
Beanstandungen der Planung von irgendeiner Seite, entscheide der Kläger,
ob eine sogenannte Revision durchgeführt werde oder nicht. Sei alles in
Ordnung, werde die Freigabe erteilt. Wenn dann der Mietvertrag
unterschrieben sei, bekomme der Kläger Nachricht und informiere die
Planungsfirma. Die Ausführungsplanung selbst werde von einer Planungsfirma
erstellt. Diese Planung bekomme wiederum der Kläger und gebe sie erneut in
den Teamdurchlauf. Gebe es dort keine Beanstandungen, reiche der Kläger
im Rahmen seiner Ausführungsplanung die Unterlagen an die Planungsfirma
zur Erstellung eines Angebotes zurück. Nach Erhalt prüfe der Kläger das
Angebot in technischer Hinsicht auf die zu erbringende Leistung sowie darauf,
ob bei dem Auftraggeber noch Zusatzangebote zu generieren seien. Aufgrund
seiner zusätzlichen Kenntnisse im Bereich der Funktechnik müsse der Kläger
zudem die sogenannte Systemtechnik in SAP einpflegen. Anschließend erteile
der Kläger eigenverantwortlich die Baufreigabe an die Baufirma und erhalte
dann einen sogenannten Bauablaufplan. Wenn es während des Baues keine
Probleme gebe, komme der Kläger erst zur Bauabnahme. Gebe es Probleme,
müsse der Kläger sich eigenverantwortlich um deren Lösung kümmern. In
jedem Fall habe er eine Bauabnahme gemäß § 640 ff. BGB vorzunehmen.
Dazu müsse der Kläger eigenverantwortlich prüfen, ob alles richtig gebaut
worden sei, ob sämtliche Arbeitssicherheitsvorschriften eingehalten worden
seien und ob es Mängel gebe, die dokumentiert und protokolliert werden
müssten, um sie abstellen zu können. Für die Bauabnahme werde ein
entsprechendes Protokoll gefertigt, in dem sämtliche Punkte festgehalten und
letztendlich durch die Unterschrift des Klägers dokumentiert würden. Diese
Unterschrift beinhalte, dass alles, was bestellt und in Auftrag gegeben worden
sei, auch tatsächlich gebaut worden sei. Nach der Bauabnahme erfolge in der
Regel die Inbetriebnahme der Anlage. Wenn diese funktioniere, seien alle
Unterlagen in der Datenbank zu hinterlegen und der Kläger erstelle ein
sogenanntes Abnahmezertifikat, welches von ihm eigenverantwortlich
unterschrieben werde. Mit diesem Abnahmezertifikat werde dokumentiert, dass
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die Anlage betriebssicherheitstechnisch, arbeitssicherheitstechnisch und
funktechnisch in Ordnung sei. Ergäben sich bei der Inbetriebnahme Probleme,
müsse der Kläger diese umgehend lösen.
Bei der Eingruppierung des Klägers sei nicht auf die abstrakten
Funktionsgruppenmerkmale der jeweiligen Gehaltsgruppe abzustellen, weil er
die von den Betriebsparteien genannten Tätigkeitsbeispiele der Gehaltsgruppe
E und F zum Funktionsgruppencode „Bauleiter 429“ erfülle. Nach den von der
Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen sei stets zunächst zu prüfen, ob
der Arbeitnehmer die Beispielstätigkeit erfülle. Wenn ja, seien die
Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die entsprechende
Vergütungsgruppe regelmäßig erfüllt. Eine Prüfung, ob die Beispielstätigkeiten
die allgemeinen Oberbegriffe der Vergütungsgruppe erfüllten, sei dann
entbehrlich. Angesichts der vom Kläger verrichteten Tätigkeit sei nicht zu
bezweifeln, dass er Entscheidungsverantwortung habe und mithin die
Voraussetzungen des Beispielsmerkmals der Gehaltsgruppe E erfülle.
Darüber hinaus handele er auch selbstständig im Sinne der Gehaltsgruppe F.
Bei der Berechnung seines Vergütungsanspruches sei innerhalb der
Bandbreite von einem monatlichen Betrag auszugehen, der den Mittelwert der
Gehaltsgruppe F bzw. E jeweils um ein Drittel übersteige. Dies rechtfertige sich
daraus, dass der Kläger im Rahmen von Personal- und
Mitarbeiterentwicklungsgesprächen stets im oberen Drittel der Gehaltsgruppe
angesiedelt worden sei. Da die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist
wegen einseitiger Belastung des Klägers unwirksam sei, könne er ohne
zeitliche Begrenzung rückwirkend die geschuldeten Beträge nachfordern. Eine
Verwirkung sei nicht eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 17.11.2011 - 4 Ca 186/11 -
abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum
01.08.08. bis 30.10.2011 einen Betrag von 70.665,18 € brutto nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
auf 1.669,75 € brutto seit dem 30.08.2008,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.09.2008,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.10.2008,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.11.2008,
auf weitere 3.339,50 € brutto seit dem 30.12.2008,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.01.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 28.02.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.03.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.04.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.05.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.06.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.07.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.08.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.09.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.10.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.11.2009,
auf weitere 3.339,50 € brutto seit dem 30.12.2009,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.01.2010,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 28.02.2010,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.03.2010,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.04.2010,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.05.2010,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.06.2010,
auf weitere 1.669,75 € brutto seit dem 30.07.2010,
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auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.08.2010,
auf weitere 1.703.23 € brutto seit dem 30.09.2010,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.10.2010,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.11.2010,
auf weitere 3.406,46 € brutto seit dem 30.12.2010,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.01.2011,
auf weitere 1.703.23 € brutto seit dem 28.02.2011,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.03.2011,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.04.2011,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.05.2011,
auf weitere 1.703.23 € brutto seit dem 30.06.2011,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.07.2011,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.08.2011,
auf weitere 1.703.23 € brutto seit dem 30.09.2011,
auf weitere 1.703,23 € brutto seit dem 30.10.2011,
zu zahlen,
2. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab
dem 01.11.2011 bis zum Inkrafttreten des Haustarifvertrages
zwischen der Beklagten und der IG-Metall vom 13.12.2011 eine
monatliche Vergütung in Höhe von 5.079,00 € nach der
Gehaltsgruppe F der Gesamtbetriebsvereinbarung Gehaltsstruktur
und Entlohnungsgrundsätze vom 30.06.2000 zu zahlen und etwaige
Bruttonachzahlungsbeträge seit dem 1. des jeweiligen Folgemonats,
hilfsweise seit Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz zu verzinsen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum 01.08.2008
bis 30.10.2011 einen Betrag von 36.478,46 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf
auf 861,75 € brutto seit dem 30.08.2008,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.09.2008,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.10.2008,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.11.2008,
auf weitere 1.723,50 € brutto seit dem 30.12.2008,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.01.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 28.02.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.03.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.04.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.05.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.06.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.07.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.08.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.09.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.10.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.11.2009,
auf weitere 1.723,50 € brutto seit dem 30.12.2009,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.01.2010,
auf 861,75 € brutto seit dem 28.02.2010,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.03.2010,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.04.2010,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.05.2010,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.06.2010,
auf 861,75 € brutto seit dem 30.07.2010,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.08.2010,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.09.2010,
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auf 879,56 € brutto seit dem 30.10.2010,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.11.2010,
auf weitere 1.759,12 € brutto seit dem 30.12.2010,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.01.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 28.02.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.03.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.04.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.05.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.06.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.07.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.08.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.09.2011,
auf 879,56 € brutto seit dem 30.10.2011,
zu zahlen,
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger am
01.11.2011 bis zum Inkrafttreten des Haustarifvertrages zwischen der
Beklagten und der IG-Metall vom 13.12.2011 Vergütung nach der
Gehaltsgruppe E in Höhe von 4.255,00 € brutto der
Gesamtbetriebsvereinbarung Gehaltsstruktur und
Entlohnungsgrundsätze vom 30.06.2000 zu zahlen und etwaige
Bruttonachzahlungsbeträge seit dem 01. des jeweiligen Folgemonats,
hilfsweise seit Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist zunächst der Auffassung, dass die Berufungsbegründung des Klägers
nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Eine ausreichende
inhaltliche Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen der ersten
Instanz finde darin nicht statt. In der Sache sei die Berufung unbegründet.
Zunächst stünde dem klägerischen Begehren weitgehend die Ausschlussfrist
nach § 12 Ziffer 3 des Anstellungsvertrages entgegen. Eine unangemessene
Benachteiligung des Klägers sei hier nicht zu erkennen. Höchst hilfsweise
werde darauf hingewiesen, dass die vom Kläger geltend gemachten
Ansprüche verwirkt sein dürften. Der Kläger fordere klageweise
Vergütungsansprüche seit dem 01.08.2008 und habe diese Ansprüche
erstmalig gegenüber der Beklagten am 12.07.2011 schriftlich gelten gemacht.
Er habe damit die Beklagte erst nach knapp drei Jahren davon in Kenntnis
gesetzt, dass er aus seiner Sicht falsch eingruppiert sei. Innerhalb dieser Zeit
habe er vorbehaltlos seine Arbeitsleistung erbracht. Davon abgesehen stehe
dem Kläger ohnehin kein Anspruch auf Höhergruppierung zu. Er habe nicht
dargelegt, genau und wann in welcher Form der Arbeitgeber ihm höherwertige
Aufgaben übertragen habe. Zudem bestehe ein Anspruch auf eine höhere
Entgeltgruppe nur dann, wenn die höherwertigen Tätigkeiten über 50% der
Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers ausmachen würden. Dem Vortrag des
Klägers könne weder entnommen werden, wann ihm welche höherwertigen
Tätigkeiten und mit welchen Zeitanteilen übertragen worden seien. Soweit der
Kläger den Eindruck zu erwecken versuche, dass er alle Entscheidung
selbstständig und eigenverantwortlich treffe, sei das unzutreffend. Die
Hauptaufgabe des Klägers sei die Koordination von Baumaßnahmen. Genau
darum gehe es bei der Tätigkeit des Bauleiters. Die genaue Planung und
Durchführung von Baumaßnahmen erfolge durch externe Planungs- und
Bauführungsfirmen. Die Aufgabe des Klägers sei es lediglich, einzelne
Mobilstandorte zu begehen und anschließend Planungsfirmen mit der
konkreten Planung der Baumaßnahme zu beauftragen. Die externe Firma lege
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sodann einen Bauplan vor und anschließend werde diese Baumaßnahme
wiederum durch eine externe Firma ausgeführt. Es sei die Aufgabe des
Klägers, die von einer externen Bauplanungsfirma geplante und von einer
externen Baufirma ausgeführte Baumaßnahme in Übereinstimmung mit den
Planungs- und Realisierungsvorgaben der Beklagten sowie weiteren zu
beachtenden Vorschriften (z. B. berufsgenossenschaftlichen Vorschriften und
die Vorgaben der Bundesnetzagentur) zu bringen. Durch diese Vorgaben
werde die Entscheidungsfreiheit des Klägers deutlich eingeschränkt, da er
eben nicht „nach eigenem Gusto“ eine Baumaßnahme planen könne. Gegen
eine selbstständige und eigenverantwortliche Tätigkeit spreche zudem, dass
der Kläger die entsprechenden Aufträge an die Planungsfirmen nicht alleine
erteilen könne. Vielmehr sei hierzu vorab eine interne Bedarfsanforderung für
den jeweiligen Auftrag notwendig, die durch den direkten Vorgesetzten des
Klägers, den Teamleiter Herrn K., überprüft und freigegeben werden müsse.
Das Einpflegen von Systemtechnik in das SAP-System gehöre bei der
Beklagten zu dem normalen Anforderungsprofil jedes Bauleiters und werde
dementsprechend auch von allen Bauleitern erledigt. Eine besonders
herausragende Qualifikation des Klägers, die eine Höhergruppierung
rechtfertigen würde, liege auch nach den vom Kläger vorgelegten
Dokumentationen zu den Mitarbeiterentwicklungsgesprächen nicht vor.
Hieraus ergebe sich vielmehr in all den Jahren ein fachlicher Schwachpunkt im
Bereich der Systemtechnik. Weiterhin sei in Ziffer 3 Abs. 1 GBV eindeutig
geregelt, dass sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen sowie
Tätigkeitsbeispielen richte. Damit sei von den Betriebsparteien klar zum
Ausdruck gebracht worden, dass die Tätigkeitsbeispiele keine präjudizielle
Wirkung hätten, sondern die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale und
Tätigkeitsbeispiele kumulativ erfüllt sein müssten. Das erfolge auch daraus,
dass die Tätigkeitsmerkmale an erster Stelle genannt würden. Nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bleibe es den Betriebsparteien
vorbehalten zu regeln, ob Tätigkeitsbeispiele den allgemeinen
Tätigkeitsmerkmalen vorgingen oder nicht. Dies hätten die Betriebsparteien in
Ziffer 3 Abs. 1 GBV ausdrücklich getan. Abgesehen davon, sei die vom Kläger
zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes in diesem
Zusammenhang ohnehin nicht einschlägig, da sich diese mit tarifvertraglichen
Eingruppierungskonstellationen beschäftige. Tarifvertragliche Regelungen
hätten einen besonderen Regelungscharakter, welcher der hier relevanten
Betriebsvereinbarung fehle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der
Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom, 05.03.2012 14.05.2012,
19.11.2012, 12.12.2012 und auf die von den Parteien im Kammertermin
abgegebenen wechselseitigen Erklärungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.
A.
Die Berufung ist zulässig, sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt
und begründet worden, §§ 64, 66 ArbGG und §§ 519, 520 ZPO.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sich der Kläger in seiner
Berufungsbegründung vom 05.03.2012 in ausreichender Art und Weise mit der
erstinstanzlichen Entscheidung auseinandergesetzt.
I.
Nach § 520 Abs. 3 Satz Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die
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76
Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das
angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der
Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine Darstellung der Gründe, aus denen
sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll.
Die Berufungsbegründung muss auf den Streitfall zugeschnitten sein und im
Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher
Art und aus welchen Gründen das angefochtenen Urteil fehlerhaft sein soll
(vgl. nur BAG, 18.05.2011 - 4 AZR 549/09 - EzA § 4 TVG Metallindustrie, Nr.
139). Ob die Berufungsbegründung die Berufung materiell rechtlich trägt, ist
keine Frage der Zulässigkeit, sondern eine solche der Begründetheit der
Berufung.
II:
Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers vom
05.03.2012. Der Kläger setzt sich mit verschiedenen Aspekten der
arbeitsgerichtlichen Entscheidung auseinander. Er trägt vor, in welchen
Punkten tatsächlicher und rechtlicher Art das angefochtene Urteil aus seiner
Sicht fehlerhaft ist. Er legt dabei im Einzelnen dar, wie nach seiner Ansicht die
Merkmale der Selbstständigkeit und der Entscheidungsverantwortlichkeit
auszulegen sind und trägt zu seinen Arbeitsinhalten als Bauleiter teils
erstinstanzlich wiederholenden und teil vertiefenden neuen Sachverhalt vor.
Darin liegt eine ausreichende Bezugnahme auf das Urteil des Arbeitsgerichtes.
B.
Die Berufung des Klägers ist auch überwiegend begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung entsprechend Gehaltsgruppe F der
Gesamtbetriebsvereinbarung vom 30.06.2000 und zwar in der mittleren
Bandbreite seit dem 01.08.2008 bis zum Inkrafttreten des Haustarifvertrages
zwischen der Beklagten und der IG Metall vom 13.12.2011.
I.
Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass sich die Eingruppierung des
Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum nach den Vorgaben der
Gesamtbetriebsvereinbarung vom 30.06.2000 richtet. Unstreitig ist des
Weiteren, dass der Kläger für die Beklagte als Bauleiter tätig ist und eine
dahingehende Funktionsbezeichnung mit dem Funktionscode 429
zugewiesen bekommen hat.
II.
Gemäß Ziffer 3 GBV wird die Eingruppierung von Mitarbeitern anhand der
Gesamtbetriebsvereinbarung sowie der Funktionen und deren
Tätigkeitsmerkmalen sowie Tätigkeitsbeispielen durchgeführt (siehe Anl. 2 -
2.5). Die Gehaltsfindung innerhalb der Gehaltsgruppe und deren
Gehaltsbandbreite wird unter Beachtung von Qualifikation, persönlicher
Berufserfahrung, Leistungsniveau und Marktbedingungen vorgenommen.
Dazu nehmen die Vorgesetzten eine Abwägung zwischen der Entwicklung
des einzelnen Mitarbeiters und der Abteilungs- bzw. Gruppensituation vor. In
der Anlage 2.4 zur Gesamtbetriebsvereinbarung ist die
Gehaltsgruppenzuordnung und die Nennung von
Funktionsgruppenmerkmalen erfolgt. Für den Kläger relevant ist dabei die
Funktionsbezeichnung „Bauleiter“ mit dem Funktionscode 429. Nach der
Anlage 2.4 ist damit der Bereich der Gehaltsgruppen D bis F für den Kläger
eröffnet.
III.
Die für die Entscheidung des Rechtsstreits bedeutsamen
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Funktionsgruppenmerkmale und Tätigkeitbeispiele für Funktionen lauten wie
folgt:
D
Bearbeitet selbstständig mehr als ein spezielles Segment eines
Systems/Netzes/Kunden-kreises/Verwaltungsbereiches, d. h. administriert,
analysiert, plant und berät.
· Tätigkeiten qualifizierter Art, für die eine IHK-Ausbildung und
einschlägige, nachweisbare Berufserfahrung oder eine erweitere
Ausbildung (z.B. Technikerabschluss) oder Studium erforderlich ist
· Einarbeitung als Studienabsolvent
FC 429
Funktionsbezeichnung: Bauleiter
Tätigkeitsbeispiele für Funktion:
Baubegehung, Bauvorbereitung, Baubegleitung und Abnahme sowie
Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen
E
Bearbeitet selbstständig mehr als ein spezielles Segment eines
Systems/Netzes/Kunden-kreises/Verwaltungsteilbereiches mit
Entscheidungsverantwortung, d. h. administriert, analysiert, plant und berät.
· Tätigkeiten erhöht qualifizierter Art, für die zusätzliche besondere
Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen notwendig sind
sowie Entscheidungsverantwortung
FC 429
Funktionsbezeichnung: Bauleiter
Tätigkeitsbeispiele für Funktion:
Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahmen sowie Koordinierung
von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachlicher Verantwortung
F
· Bearbeitet weitgehend selbstständig gesamtes
System/Netz/Kundenkreis/Ver-waltungsteilbereich, d. h.
administriert, analysiert, plant, berät - sowie Fähigkeit der fachlichen
Unterweisung anderer Mitarbeiter
· Tätigkeiten erhöht qualifizierter Art, die weitgehend selbstständig
und verantwortlich gelöst werden und dabei gründliche
Fachkenntnisse über mehrere Sachgebiete verlangen sowie die
Fähigkeit der fachlichen Unterweisung anderer Mitarbeiter
FC 429
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Funktionsbezeichnung: Bauleiter
Tätigkeitsbeispiele für Funktion:
Selbstständige Baubegehung, Vorbereitung, Begleitung und Abnahmen sowie
Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachlicher
Verantwortung
Protokollnotiz zu den Tätigkeitsmerkmalen für Funktion:
Die Eingruppierung in eine Gehaltsgruppe verlangt die Erfüllung der Kriterien
der vorhergehenden Gehaltsgruppe als Mindestbedingungen.
IV.
Der Kläger erfüllt als Bauleiter mit dem Funktionscode 429 die aufeinander
aufbauenden Tätigkeitsbeispiele für Funktionen sowohl der Gehaltsgruppe D
als auch der Gehaltsgruppen E und F. Er hat damit einen Anspruch auf
Vergütung nach der Gehaltsgruppe F.
1. Entgegen der Einschätzung der Beklagten ist zunächst davon auszugehen,
dass nach den Regelungen in der Gesamtbetriebsvereinbarung diejenigen
Mitarbeiter, die Tätigkeitsbeispiele für Funktionen einer bestimmten
Gehaltsgruppe erfüllen, stets einen Anspruch auf Vergütung nach dieser
Gehaltsgruppe haben und zwar unabhängig davon, ob sie darüber hinaus die
abstrakten Funktionsgruppenmerkmale erfüllen.
a) Die Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 30.06.2000 richtet
sich wegen ihres normativen Charakters nach den Grundsätzen der
Gesetzesauslegung. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut und den durch
ihn vermittelten Wortsinn. Gebrauchen die Parteien einer Betriebsvereinbarung
einen Begriff, der in allgemein bestimmter Bedeutung angewandt wird, ist
grundsätzlich davon auszugehen, dass sie ihn gleichfalls in diesem Sinne
verstanden haben. Ist der Wortsinn nicht eindeutig, so ist der wirkliche Wille der
Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck der betrieblichen
Regelungen zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Regelungszweck
ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den
Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den
wirklichen Willen der Betriebsparteien liefern kann. Bleiben im Einzelfall
gleichwohl noch Zweifel, können die Gerichte ohne Bindung an eine
bestimmte Reihenfolge auf weitere Kriterien zurückgreifen, wie etwa die
Entstehungsgeschichte und die bisherige Anwendung der Regelung. Zudem
ist die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse zu berücksichtigen.
Unter mehrere Auslegungsmöglichkeiten ist derjenigen der Vorzug zu geben,
die sich als gesetzeskonform erweist (vgl. nur BAG, 21.03.2003 - 4 AZR
275/10 - NZA 2012, 1000 (Redaktioneller Leitsatz) wegen der Begründung
wird auf Juris verwiesen).
b) Bei Anwendung dieser Auslegungsregelung sind die Tätigkeitsbeispiele für
Funktionen in der Anlage 2.4 der Gesamtbetriebsvereinbarung eine
selbstständige Grundlage für die Eingruppierung. Die Voraussetzungen für
eine Eingruppierung in eine Gehaltsgruppe der Anlage 2.4 zur
Gesamtbetriebsvereinbarung sind erfüllt, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers
die Merkmale eines Tätigkeitsbeispiels für die ihm zugewiesene Funktion
erfüllt. Für dieses Auslegungsergebnis spricht zunächst der Wortlaut von Ziffer
3 Satz 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung. Danach wird die Eingruppierung
anhand der Funktionen und deren Tätigkeitsmerkmalen sowie
Tätigkeitsbeispielen durchgeführt. In dieser Formulierung kommt nicht zum
Ausdruck, dass die Tätigkeitsbeispiele für Funktionen nur die abstrakten
Funktionsgruppenmerkmale erläutern sollen, sondern vielmehr, dass sie bei
103
der Eingruppierung selbstständig anzuwenden sind (vgl. BAG, 18.04.2007 - 4
AZR 996/05 - AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telecom). Dafür spricht auch
die Systematik der Anlage 2.4. Die Betriebsparteien haben die den einzelnen
Funktionsbezeichnungen zugewiesenen Tätigkeitsbeispiele in ihrer
Gesamtheit jeweils nur einmal als Tätigkeitsbeispiel genannt. Insoweit ist auf
die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu den allgemeinen
Merkmalen einer Vergütungsgruppe im Rahmen von tariflichen Regelungen
hinzuweisen, wonach die allgemeinen Vergütungsmerkmale einer
Vergütungsgruppe grundsätzlich dann als erfüllt anzusehen sind, wenn der
Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder
Tätigkeitsbeispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt wird. Diese
Rechtsprechung beruht nachvollziehbar darauf, dass die Tarifvertragsparteien
im Rahmen ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten häufig vorkommende,
typische Aufgaben einer bestimmten Vergütungsgruppe fest zuordnen
können. Dieses Verständnis der Bedeutung von Richt-, Regel- oder
Tätigkeitsbeispielen entspricht auch dem bei der Tarifauslegung besonders
wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen die
Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnomen gerecht werden
wollen. Diese Bedeutung für die Eingruppierung in ein tarifliches
Vergütungssystem haben die Richt-, Regel- oder Tätigkeitsbeispiele aber nur
dann, wenn sie lediglich einmal als Beispiel in einer bestimmten
Vergütungsgruppe erscheinen. Auf Grundlage seiner diesbezüglichen
langjährigen Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht weiter davon
aus, dass dann, wenn die Tarifvertragsparteien die Bedeutung der von ihnen
selbst genannten Richtbeispiele ausschließen wollen, eindeutig klarstellen
müssen, dass die Erfüllung eines Richtbeispiels nicht ausreicht, wenn die
allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe nicht gegeben (vgl.
nur BAG, 08.03.2006 - 10 AZR 129/05 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge:
Telecom). Da Gesamtbetriebsvereinbarungen ebenso wie Tarifverträgen
unmittelbare und zwingende Wirkung zukommt, bestehen keine Bedenken
daran, diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes auf die vorliegend
auslegungsrelevante Betriebsvereinbarung anzuwenden. Wenn die Parteien
der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 30.06.2000 die
eingruppierungsrelevante Bedeutung der selbst genannten Tätigkeitsbeispiele
hätten ausschließen wollen, hätten sie deshalb ausdrücklich klarstellen
müssen, dass die Eingruppierung ohne Vorliegen der allgemeinen
Funktionsgruppenmerkmale nicht allein nach den Tätigkeitsbeispielen für
Funktion vorgenommen werden kann. So wird auch den praktischen
Erfordernissen Rechnung getragen. Die allgemeinen
Funktionsgruppenmerkmale der verschiedenen Entgeltgruppen sind in der
Gesamtbetriebsvereinbarung ebenso wie die Richtbeispiele zum Teil
differenziert ausgestaltet. Unter Praktikabilitätsgesichtspunkten ergibt es
keinen Sinn, dass bei der Eingruppierung zunächst die Erfüllung eines
Tätigkeitsbeispiels für Funktionen im Einzelnen geprüft werden müsste und
anschließend zusätzlich noch die Merkmale der einschlägigen allgemeinen
Tätigkeitsmerkmale. Dann wäre die umfassende und detaillierte Niederlegung
der Tätigkeitsbeispiele in der Gesamtbetriebsvereinbarung im Ergebnis ohne
praktische Bedeutung. Hinzu kommt, dass die Tätigkeitsbeispiele für
Funktionen primär auf die Erfüllung bestimmter konkreter Aufgaben abstellen,
während die allgemeinen Funktionsgruppenmerkmale vorwiegend abstrakte
Kriterien enthalten. Die Eingruppierung anhand der Aufgabenbeschreibung der
Tätigkeitsbeispiele ist typischerweise einfacher und transparenter als die
Prüfung der abstrakten Kriterien der Fallgruppenmerkmale. Diese praktische
Erleichterung bei der Eingruppierung durch die Festlegung von
Tätigkeitsbeispielen würde entfallen und sogar in ihr Gegenteil verkehrt, wenn
bei der Erfüllung eines Tätigkeitsbeispiels zusätzlich die Erfüllung des
abstrakten Funktionsgruppenmerkmals geprüft werden müsste (vgl. BAG,
18.04.2007 - 4 AZR 696/05 - AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telecom).
2. Der Kläger erfüllt die Tätigkeitsbeispiele für Funktionen der Gehaltsgruppe D
104
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und der aufbauenden Tätigkeitsbeispiele der Gehaltsgruppen E und F.
a) Der Kläger ist unstreitig mit der Funktionsbezeichnung „Bauleiter“ für die
Beklagte tätig. Als solcher koordiniert, kontrolliert und überwacht er die
Ausführungen von Bauarbeiten jeder Art. Das beginnt mit der Abklärung, ob
ein bestimmter Standort für ein bestimmtes Bauvorhaben geeignet ist, setzt
sich fort bei der Koordinierung der Bauplanung, d. h. der Absprache mit dem
externen Planungsbüro und der Überprüfung der von diesen vorgenommenen
Bauplanung. Während des Baues begleitet er die Fertigstellung und nimmt die
Baumaßnahme ab. Damit erfüllt der Kläger offensichtlich die Voraussetzungen
des Tätigkeitsbeispiels für Funktionen von Mitarbeitern mit der
Funktionsbezeichnung „Bauleiter“ Funktionscode 429 der Anlage 2.4 der
Gesamtbetriebsvereinbarung unter der Gehaltsgruppe D, die lauten:
Baubegehung, Bauvorbereitung, Baubegleitung und Abnahme sowie
Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen.
b) Darüber hinaus erfüllt der Kläger auch das darauf aufbauende
Tätigkeitsbeispiel für Funktionen von Bauleitern der Entgeltgruppe E, in dem
wiederum auf die Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme
sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen abgestellt wird
mit dem zusätzlichen Erfordernis der fachlichen Verantwortung. Der Kläger hat
die fachliche Verantwortung in dem ihm übertragenen Aufgabengebiet im
Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung. Insoweit besteht zunächst kein
Zweifel daran, dass die Betriebsparteien den Begriff der Verantwortung im
allgemeinen Sprachsinne verwandt haben. Unter Verantwortung wird
allgemein verstandene die Pflicht und die Bereitschaft für seine Handlung
einzustehen und ihre Folgen zu tragen (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7.
Aufl.). Dementsprechend definiert das Bundesarbeitsgericht in tariflichen
Zusammenhängen den Begriff der Verantwortung mit der Verpflichtung des
Angestellten der jeweiligen Stellung oder Aufgabe entsprechend dafür zu
sorgen, dass innerhalb eines bestimmten Rahmens oder Lebensbereiches
alles einen guten und sachgerechten Verlauf nimmt (vgl. BAG, 13.06.1986 - 4
AZR 642/84 - AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Zudem ist darauf
hinzuweisen, dass eine Mitverantwortung ausreichend ist. Die Unterstellung
eines Angestellten unter Vorgesetzte ist unschädlich und steht der Annahme
einer herausgehobenen Verantwortung nicht schlechthin entgegen. In diesem
Sinn wird mit dem Begriff der „sachlichen Verantwortung“ im Sinne der
Gesamtbetriebsvereinbarung die Verpflichtung des Arbeitnehmer
gekennzeichnet, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenen
Arbeitsbereich die gegebenenfalls auch von anderen zu erledigenden
Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsgemäß ausgeführt werden.
Auf dieser Grundlage bestehen keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger in
fachlicher Hinsicht die Verantwortung dafür trägt, dass die von ihm zu
koordinierenden Bauvorhaben ordnungsgemäß sachgerecht,
vorschriftsgemäß und zeitgerecht zum Abschluss gebracht werden. Das
beginnt bei der Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Örtlichkeit für das zu
errichtendes Gewerk geeignet ist. Bereits in diesem frühen Stadium der
Bauplanung hat der Kläger dafür einzustehen, ob ein als geeignet eingestufter
Standort auch tatsächlich den diversen Vorgaben der Beklagten und Dritter
genügt. Das setzt sich fort bei der Koordinierung der Planung. Auch wenn die
Planung von einer externen Firma vorgenommen wird, ist es doch die Aufgabe
des Klägers unter Inanspruchnahme des Teams dafür Sorge zu tragen, dass
das Angebot in technischer Hinsicht und damit ausdrücklich in Bezug auf die
fachlichen Gegebenheiten den Vorgaben der Beklagten entspricht. Darüber
hinaus ist zwischen den Parteien nicht im Streit, dass der Kläger die
Bauabnahme gemäß §§ 640 ff. BGB vornimmt und so die Verantwortung dafür
trägt, dass alles entsprechend der Planung ordnungsgemäß aufgebaut
worden ist und gegebenenfalls erkennbare Mängel dokumentiert und
protokolliert werden. Schließlich erstellt der Kläger ein sogenanntes
Abnahmezertifikat. Damit wird dokumentiert, dass die Anlage
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betriebssicherheitstechnisch, arbeitssicherheitstechnisch und funktechnisch in
Ordnung ist. Noch deutlicher kann sich die fachliche Verantwortung eines
Angestellten nicht zeigen. Dementsprechend stellt auch die Beklagte nicht in
Abrede, dass es die Aufgabe des Klägers ist, die von einer externen
Bauplanungsfirma geplante und von einer externen Baufirma Baumaßnahme
in Übereinstimmung mit den Planungs- und Realisierungsvorhaben der
Beklagten sowie weiteren zu beachtenden Vorschriften in Übereinstimmung zu
bringen. Die fachliche Entscheidungsverantwortung des Klägers bedeutet
entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass dieser „nach eigenem
Gusto“ eine Baumaßnahme planen kann. Vielmehr besteht die
Entscheidungsverantwortung des Klägers darin, während des gesamten
Bauvorhabens sicherzustellen, dass das zu erstellende Werk mit den von der
Beklagte selbst und dritter Seite vorgegebenen Vorschriften in Einklang steht
und in Betrieb genommen werden kann. Das ist Kern der dem Kläger
übertragenen Aufgabe.
c) Dem Kläger ist zudem - wie das Tätigkeitsbeispiel für die Funktion eines
Bauleiters in Gehaltsgruppe F zusätzlich einfordert - insoweit Selbstständigkeit
zu attestieren. Im allgemeinen Sprachgebrauch beinhaltet die
Selbstständigkeit einer Verrichtung nicht zwangsläufig, dass man diese alleine
ausführt. Vielmehr ist entscheidend, ob dem Kläger bei der Verrichtung der
Tätigkeit als Bauleiter ein wie auch immer gearteter Ermessens-,
Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum zusteht. Im Rahmen
von tariflichen Eingruppierungsvoraussetzungen hat das BAG darauf
abgestellt, ob vom Angestellten Abwägungsprozesse verlangt werden, in
deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden.
Der Angestellte muss unterschiedliche Informationen verknüpfen, unter
einander abwägen und zu einer Entscheidung kommen (BAG, 06.06.2007 - 4
AZR 505/06 - AP Nr. 308 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Auf dieser auch für die GBV
maßgeblichen Grundlage arbeitet der Kläger als Bauleiter selbstständig im
Sinne des Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe F. Der gesamte Prozess der
Bauleitertätigkeiten von Beginn der Planung bis hin zur Abnahme des
Gewerks einschließlich der Erstellung des Abnahmezertifikates erfordert vom
Kläger fortlaufend eigenständige geistige Abwägungsprozesse. Überprüft er
die Tauglichkeit eines potentiellen Standortes für ein zu erstellendes Gewerk,
muss er gegenüberstellen, welche Voraussetzungen für dieses Gewerk im
Hinblick auf die vorgefundenen Verhältnisse entscheidend sind und ob der
vorgeschlagene Standort dem entspricht. Im Rahmen der Überprüfung der von
der externen Planungsfirma vorgelegten Planungsunterlagen muss der Kläger
innerhalb des Teamdurchlaufs abwägen, ob Beanstandungen der Planung
relevant sind oder nicht sind. Stets hat der Kläger zu überprüfen, ob entweder
der Planung und/oder der Ausführung irgendwelchen Vorgaben der Beklagten
oder Dritter entgegenstehen. Soweit der Kläger eine Bauabnahme vornimmt,
hat er einen Abgleich zwischen dem Angebot des externen Bauunternehmens
und der tatsächlichen Ausführung vornehmen, und zwar einerseits
dahingehend, ob das ausgeführte Werk den Planungsunterlagen entspricht
und andererseits, ob das letztendlich fertig gestellte Werk mit den Vorgaben
der Beklagten im Einklagt steht. Im Rahmen des Abnahmezertifikates hat er
darüber hinaus zu überprüfen, ob die Anlage betriebssicherheitstechnisch,
arbeitssicherheitstechnisch und funktechnisch in Ordnung ist; nur dann darf er
das Abnahmezertifikat unterschreiben.
3. Ohne Erfolg stellt die Beklagte in Abrede, dass die dem Kläger übertragene
Tätigkeit als Bauleiter zu über 50% den Anforderungen der fachlichen
Verantwortung und Selbstständigkeit gerecht wird. Insoweit ist darauf
hinzuweisen, dass die Betriebsparteien in der Gesamtbetriebsvereinbarung
keine zeitlichen Vorgaben zu dem Vorliegen der Tätigkeitsmerkmale und
Tätigkeitsbeispiele getroffen haben. Vielmehr wird ausdrücklich ausgeführt,
dass die Eingruppierung anhand der Funktionen und deren
Tätigkeitsmerkmale sowie Tätigkeitsbeispiele durchzuführen ist. Die Funktion
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110
des Klägers als Bauleiter mit den Funktionscode 429 ist zwischen den
Parteien nicht im Streit. Für die Eingruppierung des Klägers ist damit die ihm
von der Beklagten zugewiesenen Funktion als Bauleiter maßgeblich. Diese
Funktion ist im Rahmen der Eingruppierung nicht in Teiltätigkeiten
unterschiedlicher Wertigkeit aufzuspalten. Eine solche Differenzierung findet
nach der GBV erkennbar nicht statt, vielmehr hat danach eine ganzheitliche
Bewertung zu erfolgen. Es bedarf deshalb keines prozentualen Überwiegens
der für die Bewertung maßgebenden Teiltätigkeiten. Vielmehr genügt es, wenn
innerhalb der Gesamttätigkeit als Bauleiter konkrete Aufgaben verrichtet
werden, die die Anforderungen des qualifizierten Tätigkeitsbeispiels für
Funktionen erfüllt. Lediglich dann, wenn die höher bewerteten Anteile der
Arbeit kein „rechtserhebliches Ausmaß“ erlangen, könnte erwogen werden, sie
außer Acht gelassen werden. Im tariflichen Zusammenhang hat das
Bundesarbeitsgericht z. B. einen zeitlichen Anteil von 7% selbstständiger
Leistungen in einem Arbeitsvorgang als rechtserheblich angesehen, der
insgesamt nur 35% der Gesamtarbeitstätigkeit des Angestellten ausgemacht
hat (vgl. hierzu BAG, 28.01.2009 - 4 AZR 13 /08 - AP Nr. 39 zu §§ 22, 23 BAT-
O). Vorliegend ziehen sich die von den Tätigkeitsbeispielen für Funktionen
geforderte fachliche Verantwortung und die Selbstständigkeit durch sämtliche
Arbeitsschritte des Klägers. Vom Beginn der Planung bis zum Abschluss des
Bauvorhabens in Gestalt der Ausstellung des Abnahmezertifikates ist der
Kläger durchgängig dafür verantwortlich, dass sämtlichen Vorgaben der
Beklagten und Dritter in fachlicher Hinsicht genügt wird. Insoweit hat er jeweils
eigenständige Entscheidungen zu treffen und muss anhand der ihm
vorliegenden Informationen jeweils die Verknüpfung herstellen, ob bestimmte
Ausführungen in der Planung oder Bauerstellung den Vorgaben der Beklagten
entsprechen. Ihm obliegt die Entscheidung, ob von einem Stadium der
Bauerstellung in das nächste übergegangen werden kann. Vor diesen
Hintergrund bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger im Rahmen seiner
Tätigkeit als Bauleiter im rechtserheblichen Umfang sowohl selbstständig
arbeitet als auch fachliche Verantwortung trägt.
V.
Dem Kläger steht mithin ab dem 01.08.2008 Vergütung entsprechend der
Gehaltsgruppe F der Gesamtbetriebsvereinbarung zu. Innerhalb der
Bandbreite hat die Beklagte ihm dabei die durchschnittliche Vergütungshöhe
zu gewähren. Die vom Kläger beanspruchte Erhöhung um ein weiteres Drittel
ist unbegründet. Insoweit hatte seine Berufung keinen Erfolg und war
zurückzuweisen.
1. Nach der Gesamtbetriebsvereinbarung erfolgt die Gehaltsfindung innerhalb
der Gehaltsgruppe und deren Bandbreite unter Beachtung von Qualifikation,
persönlicher Berufserfahrung, dem Leistungsniveau sowie den
Marktbedingungen gemäß § 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung. Zu diesem
Zwecke nehmen die Vorgesetzten eine Abwägung zwischen der Entwicklung
des einzelnen Mitarbeiters und der Abteilung bzw. Gruppensituation vor. Es
handelt sich bei dieser Gehaltsfindung um eine Leistungsbestimmung des
Arbeitgebers gemäß § 315 BGB. In diesem Zusammenhang kann
entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu
Zeugnisstreitigkeiten davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber
grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer innerhalb der Gehaltsgruppe
die durchschnittliche Gehaltsbandbreite zu gewähren. Will er davon nach
unten abweichen, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Begehrt
der Arbeitnehmer eine darüber hinausgehende Vergütung, trifft ihn die
Darlegungs- und Beweislast.
2. Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Grundsätze kann dem Kläger
vorliegend lediglich die durchschnittliche Gehaltsgröße innerhalb der
Gehaltsbandbreite der Gehaltsgruppe F zugebilligt werden. Zwar hat der
Kläger durchaus positive Mitarbeiterentwicklungsgespräche vorgelegt. Die
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115
Beklagte weist aber zu Recht darauf hin, dass in all den Jahren als fachlicher
Schwachpunkt die Systemtechnik ausdrücklich hervorgehoben worden ist.
Darüber hinaus legt der Kläger keine Mitarbeiterentwicklungsgespräche
vergleichbarer Kollegen vor, woraufhin die Kammer keine Basis für die
Feststellung einer über- oder unterdurchschnittlichen Leistungsbeurteilung hat.
Abgesehen davon beziehen sich diese Mitarbeiterentwicklungsgespräche
jeweils auf die Gehaltsgruppe D und haben in qualitativer Hinsicht keine
zwangsläufigen Auswirkungen auf eine Einschätzung im Bereich der zwei
Stufen höheren Gehaltsgruppe F. Die Beklagte hat zwar nicht bestritten, dass
der Kläger ein sehr qualifizierter Mitarbeiter ist. Aufgrund dieses Vortrages ist
es der Kammer nicht möglich, zu entscheiden, ob die gesamten
Voraussetzungen für die Gehaltsfindung innerhalb der Gehaltsgruppe unter
Berücksichtigung der Qualifikation, der persönlichen Berufserfahrung und des
Leistungsniveaus einschließlich der Marktbedingungen dazu führen müssen,
dass der Kläger eine Vergütung oberhalb des Durchschnittes beanspruchen
kann. Soweit die Beklagte in erster Instanz darauf hingewiesen hat, dass sie
die Eingruppierung in den jeweiligen Gehaltsgruppen nicht ausschließlich nach
der tatsächlichen Qualifikation innerhalb der Gruppe vornehme, sondern auch
aufgrund der entsprechenden Verweildauer in der Gehaltsgruppe, damit die
Arbeitnehmer Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der jeweiligen
Gehaltsgruppe hätten, vermag das eine unterdurchschnittliche Einstufung des
Klägers innerhalb der Bandbreite der Gehaltsgruppe F nicht zu begründen.
Dieser Aspekt wird in der Gesamtbetriebsvereinbarung an keiner Stelle
genannt. Es hat mithin dabei zu verbleiben, dass der Kläger innerhalb der
Bandbreite der Gehaltsgruppe F die Durchschnittsvergütung begehren kann.
VI.
Auf dieser Grundlage steht dem Kläger für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis
31.10.2011 die Differenz zwischen 3.309,58 € zu 4.801,00 € (= 1.491,21 €)
vom 01.08.2008 bis 30.06.2010 und vom 01.07.2010 bis 31.10.2011 zwischen
3.375,77 € zu 4.897,00 € (= 1.521,23 €) einschließlich einer zusätzlichen
Differenzzahlung für das jährliche Weihnachtsgeld zu. So ergibt sich die
Gesamtsumme von 63.146,41 €. Die hierauf bezogenen Zinsansprüche haben
ihre Grundlage in §§ 286, 288 ZPO. Der Feststellungsantrag ab dem
01.11.2011 war entsprechend der Einschränkung des Klägers im
Kammertermin zu begrenzen bis zu dem Zeitpunkt, in welchen sich für den
Kläger die Eingruppierung ausschließlich nach dem Haustarifvertrag zwischen
der Beklagten und der IG Metall vom 13.12.2011 richtet.
VII.
Die Ansprüche des Klägers sind nicht nach § 12 Nr. 3 des schriftlichen
Arbeitsvertrages der Parteien verfallen.
Danach sind Ansprüche aus oder der im Zusammenhang mit dem
Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter spätestens innerhalb von drei Monaten
nach Fälligkeit bzw. Kenntnis schriftlich gegenüber der Arbeitgeberin geltend
zu machen. Bei - auch teilweiser - Ablehnung der Ansprüche durch die
Arbeitgeberin hat der Mitarbeiter innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt der
Ablehnung Klage zu erheben. Die vorgenannten Fristen werden spätestens
mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Lauf gesetzt. Nach Ablauf der
genannten Fristen sind alle Ansprüche verfallen.
1. Es entspricht bereits dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, dass es
sich hierbei um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von §§ 305 ff.
BGB handelt. Als eine solche hält § 12 Nr. 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages
der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht statt.
2. Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige
Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der Verwender versucht, durch
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118
einseitige Vertragsgestaltung eigene Interesse auf Kosten des
Vertragspartners durchzusetzten, ohne im Vorhinein auch dessen Belange
hinreichend zu berücksichtigen und ihm ein angemessenen Ausgleich
zuzugestehen. Mit der in § 12 Nr. 3 des Arbeitsvertrages enthaltenen Klausel
versucht die Beklagte, ihr eigenes Interesse nach einer raschen Klärung
offener Ansprüche ohne angemessenen Ausgleich durchzusetzten. Die
Klausel verpflichtet allein den Arbeitnehmer und damit den Kläger zur
fristgebundenen Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber der
Beklagten. Die durch die Klausel bewirkte Benachteiligung des Arbeitnehmers
ist sachlich nicht zu begründen. Die einseitig den Kläger als Arbeitnehmer
treffende Erschwerung der Durchsetzung von Ansprüche und der bei
Fristversäumung nur ihn vorgesehene völlige Anspruchsverlust widerspricht
einer ausgewogenen Vertragsgestaltung (vgl. BAG, 31.08.2005 - 5 AZR
554/04 - AP Nr. 8 zu § 6 ArbZG).
VIII.
Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang letztlich zu Unrecht auf
eine etwaige Verwirkung der klägerischen Ansprüche.
1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Es ist
nicht Zweck der Verwirkung, Schuldnern, denen gegenüber die Gläubiger
Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung
vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines
Rechtes nicht rechtfertigen. Es müssen vielmehr zu dem Zeitmoment
besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des
Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte
Geltendmachung des Rechtes als mit Treu und Glauben unvereinbar und für
den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte
unter Umständen untätig geblieben seien, die den Eindruck erwecken
konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der
Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen
zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyale verspätete Geltendmachung
von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (vgl. BAG,
20.04.2010 - 3 AZR 225/08 - AP Nr. 63 zu § 1 BertAVG).
2. Bei der gebotenen Anwendung dieser Grundsätze sind die vorliegenden
streitigen Ansprüche des Klägers auf Zahlung der Differenzvergütung für den
Zeitraum ab August 2008 nicht verwirkt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass
die erstmalige gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche mit der am
19.08.2011 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangenen Klage erfolgt ist.
Diese wurde der Beklagten unter dem 26.08.2011 und damit noch deutlich
innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB zugestellt. Es ist
deshalb davon auszugehen, dass bereits das Zeitmoment nicht gegeben ist.
Selbst wenn man das anders sehen wollte, wäre in der Gesamtschau eine
Verwirkung jedenfalls mangels Umstandsmoment abzulehnen. Dabei ist
zunächst hervorzuheben, dass selbst die Verjährung grundsätzlich nicht zum
Erlöschen der Ansprüche führt, sondern lediglich zu einem dauernden
Leistungsverweigerungsrecht, § 214 Abs. 1 BGB, welches der Schuldner
einredeweise geltend machen muss. Darüber hinaus hat die Verjährung für
zeitlich nicht erfasste Ansprüche keinerlei Konsequenzen (BAG, 20.04.2011 -
4 AZR 368/09 - AP Nr. 41 zu §§ 22, 23 BAT-O). Allein die Tatsache, dass der
Kläger über einen längeren Zeitraum seine Differenzansprüche aus der
unzutreffenden Eingruppierung nicht geltend gemacht hat, konnte bei der
Beklagten kein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen, vom Kläger
zukünftig insoweit nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Ein
Gläubiger ist grundsätzlich nämlich nicht verpflichtet, den Schuldner darauf
aufmerksam zu machen, er behalte sich vor, ihn zukünftig gerichtlich zu
belangen. Die Untätigkeit eines Anspruchsberechtigten führt für sich
genommen nicht zur Verwirkung. Auch das Ausbleiben von Mahnungen
begründet keine schützenswerte Vertrauensposition des Schuldners (vgl. nur
119
BAG, 14.02.2007 - 10 AZR 35/06 - NZA 2007, 690 - 692). Die bloße Untätigkeit
eines Schuldners führt lediglich dazu, dass gegebenenfalls wirksam
vereinbarte Ausschlussfrist zu einem Untergang des jeweiligen Anspruches
führen bzw. der Arbeitgeber den Ansprüchen gegebenenfalls die Einrede der
Verjährung entgegenhalten kann. Ein besonders Umstandsmoment, welches
für eine Verwirkung erforderlich ist, wird dadurch jedoch nicht begründet.
Abgesehen davon hat die Beklagte auch nicht behauptet, sich darauf
eingerichtet zu haben, von dem Kläger wegen Differenzansprüchen auf
Grundlage der unrichtigen Eingruppierung nicht mehr in Anspruch genommen
zu werden und entsprechende Vermögensdisposition getroffen zu haben. Es
liegen zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagten die
Inanspruchnahme durch den Kläger unzumutbar ist.
C.
Die Kosten des Rechtsstreites waren entsprechend des wechselseitigen
Obsiegens und Unterliegen gemäß §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO zu verteilen. Die
Zulassung der Revision war nicht veranlasst, § 72 Abs. 2 ArbGG. Es handelt
sich um eine Einzelfallentscheidung zur Anwendung einer
Gesamtbetriebsvereinbarung. Dass sich eine grundsätzliche Bedeutung
daraus ergeben könnte, dass eine Vielzahl von weiteren Bauleitern im Betrieb
der Beklagten entsprechende Eingruppierungsklagen führen, konnte die
Beklagte im Kammertermin nicht zahlenmäßig konkretisieren. Darüber hinaus
ist nicht ersichtlich, dass es in der allein auslegungsrelevanten Frage der
Bedeutung der Funktionsgruppenbeispiele für die Eingruppierung
entgegenstehende zweitinstanzliche Entscheidungen gibt. Diese sind der
Kammer weder bekannt noch wurden etwaige von den Parteien vorgetragen.