Urteil des LAG Niedersachsen vom 03.06.2014

LArbG Niedersachsen: vergütung, werktag, feiertag, schichtdienst, auszahlung, dienstplan, stundenlohn, freizeit, arbeitsgericht, bezahlung

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Vergütung und Freizeitausgleich für Feiertagsarbeit
1. § 6 Abs. 4 Satz 1 des Manteltarifvertrages der X-Kliniken vom 31.10.2004
beinhaltet anders als § 49 TVöD BT K keinen institutionalisierten
Freizeitausgleich, der einen Freizeitausgleich an konkreten Tagen
entbehrlich macht.
2. Eine Freistellung im Sinne des § 6 Abs. 3 des Manteltarifvertrages der X-
Kliniken vom 31.10.2004 für Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag, der
auf einen Werktag fällt, kann nicht an Tagen gewährt werden, an denen der
Arbeitnehmer nach dem Dienstplan ohnehin frei hat.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen 15. Kammer, Urteil vom 03.06.2014, 15 Sa
975/13
§ 611 BGB, § 1 TVG, § 49 Abs 2 TVöD BT-K
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Osnabrück vom 31.07.2013 – 6 Ca 224/12 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 253,18 € brutto nebst
Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2013,
weitere 124,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz seit dem 26.01.2013 und weitere 119,19 € brutto seit dem
01.08.2013 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Berufungen der Klägerin und der Beklagten
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 38 % und die
Beklagte zu 62 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, wie von der Klägerin geleistete Arbeitszeit an
Feiertagen, die auf einen Werktag fielen (im Folgenden: Arbeit an Feiertagen),
zu vergüten ist und in diesem Zusammenhang darüber, ob für diese Tage von
der Beklagten ein Freizeitausgleich gewährt wurde.
Die Klägerin ist bei der Beklagten, die mehrere Krankenhäuser betreibt, als
Krankenschwester im Schichtdienst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von
38,5 Stunden beschäftigt. Dies entspricht rechnerisch bei einer 5-Tage-Woche
einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 7,7 Stunden täglich. Auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag der X-Kliniken vom
31.10.2004 in der Fassung des sechsten Änderungstarifvertrages vom 14. Mai
2009 (MTV) Anwendung.
Die Klägerin erhält ein verstetigtes Monatseinkommen. Der Stundenlohn
betrug im April 2012 16,44 € brutto und im Jahr 2013 17,26 € brutto.
Der MTV hat auszugsweise folgenden Inhalt:
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§ 6 Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen im
Tarifgebiet West für die Beschäftigten durchschnittlich 38,5 Stunden
wöchentlich, im Tarifgebiet Ost für die Beschäftigten durchschnittlich 40
Stunden wöchentlich. (…) Die regelmäßige Arbeitszeit ist grundsätzlich
auf fünf Tage zu verteilen; aus betrieblichen Gründen kann sie auf bis zu
sechs Tage verteilt werden.
(…)
(3) Die Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag
fällt, wird durch eine entsprechende Freistellung an einem anderen
Werktag bis zum Ende des dritten Kalendermonats – möglichst aber
schon bis zum Ende des nächsten Kalendermonats – ausgeglichen.
Kann ein Freizeitausgleich nicht gewährt werden, erhält der/die
Beschäftigte je Stunde 100 v. H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils
des monatlichen Entgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe nach
Maßgabe der Entgelttabelle. Eine Buchung nach Maßgabe des § 7 ist
zulässig.
(4) Die monatliche Sollarbeitszeit errechnet sich aus der Zahl der
Arbeitstage des Kalendermonats abzüglich der Feiertage multipliziert mit
der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 7,7 Stunden, im
Tarifgebiet Ost und für Ärzte in beiden Tarifgebieten jeweils von 8
Stunden.
§ 8 a Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
(1) Die Beschäftigten erhalten neben dem Entgelt für die tatsächliche
Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen – auch bei
Teilzeitbeschäftigten – je Stunde (…)
d) bei Feiertagsarbeit
- ohne Freizeitausgleich 135 v. H.
- mit Freizeitausgleich 35 v. H. (…)
des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe
3 der jeweiligen Entgeltgruppe. (…)
(2) Die Zeitzuschläge werden mit dem Entgelt des folgenden Monats
ausbezahlt. Die zu zahlenden Zeitzuschläge können entsprechend dem
jeweiligen Vomhundertsatz einer Stunde in Zeit umgewandelt und
ausgeglichen werden.
(…)
Protokollerklärung zu Abs. 1 Satz 2 d):
Der Freizeitausgleich muss im Schichtplan/Dienstplan besonders
ausgewiesen und bezeichnet werden. Falls kein Freizeitausgleich
gewährt wird, werden als Entgelt einschließlich des Zeitzuschlags und
des auf den Feiertag entfallenden Tabellenentgelts höchstens 235 v. H.
gezahlt.
§ 22 Ausschlussfrist
Ansprüche aus diesem Tarifvertrag müssen innerhalb einer
Ausschlussfrist von drei Monaten nach Entstehen des Anspruchs oder
Kenntnis der Anspruchsvoraussetzungen schriftlich geltend gemacht
werden.“
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§ 7 des Manteltarifvertrags, auf den in § 6 Abs. 3 Satz 3 Bezug genommen
wird, enthält Regelungen zum Arbeitszeitkonto, das auch für die Klägerin
geführt wird.
Die Klägerin leistete in den Jahren 2012 und 2013 Arbeit an Feiertagen wie
folgt:
10,5 Stunden am 06.04.2012, 10,25 Stunden am 09.04.2012, 10,25 Stunden
am 01.01.2013 und 7,25 Stunden am 09.05.2013.
Die Beklagte zahlte der Klägerin hierfür einen Zuschlag in Höhe von 35 % auf
den jeweils maßgeblichen Stundenlohn. Die von der Klägerin an den
Feiertagen geleisteten Stunden schrieb die Beklagte dem Arbeitszeitkonto der
Klägerin gut. Sie benannte in den Dienstplänen folgende Tage als
Freizeitausgleichstage: 02.05.2012 für den 06.04.2012, 29.05.2012 für den
09.04.2012, 08.01.2013 für den 01.01.2013 und 28.05.2013 für den
09.05.2013. Bei den von der Beklagten bestimmten Freizeitausgleichstagen
handelte es sich dabei jeweils um Werktage, auf die nach dem
Manteltarifvertrag eine Sollarbeitszeit von 7,7 Stunden entfiel, an denen die
Klägerin nach der Dienstplaneinteilung aber ohnehin nicht zum Dienst
eingeteilt war.
Mit Schreiben vom 18.05.2012 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten
Folgendes geltend:
„Sehr geehrter Herr B.,
bekanntlich habe ich an zwei Feiertagen zu Ostern in der Nachtschicht
gearbeitet. Gemäß Manteltarifvertrag 1 stehen mir insoweit zusätzlich
135 % zu, wobei 35 % in Geld abgegolten werden, während die weiteren
100 % in Freizeit ausgeglichen werden. Eine Ausgleichung in Freizeit ist
nur möglich an den Tagen, an denen ich an sich zur Arbeit eingeteilt
wäre. Dies ist bislang noch nicht geschehen. Sollte Ihnen derartiges nicht
möglich sein, bitte ich, mir die restlichen 100 % ebenfalls in Geld
auszugleichen.“
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe nach § 6 Abs. 3 MTV einen
Anspruch auf Vergütung der tatsächlich an Feiertagen geleisteten Arbeit,
hilfsweise seien die Stunden dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Aus § 6
Abs. 3 MTV folge ein zusätzlicher Anspruch auf Freizeitausgleich für die
geleisteten Stunden bzw. nach Ablauf von längstens drei Monaten ein
Vergütungsanspruch. Freizeitausgleich könne nur an Tagen gewährt werden,
an denen sie ansonsten zum Dienst eingeteilt gewesen wäre. Darüber hinaus
habe sie einen Anspruch auf Vergütung der auf den jeweiligen Feiertag
entfallenden 7,7 Sollstunden. Die Sollstundenreduzierung im Hinblick auf
Feiertage gemäß § 6 Abs. 4 MTV führe dazu, dass auch die Mitarbeiter
Vergütung für den Feiertag erhielten, die keine Arbeit leisten. Die rechnerische
Sollarbeitszeit sei bei tatsächlich geleisteter Arbeit aus
Gleichbehandlungsgründen nochmals zu vergüten.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Karfreitag, 06.04.2012,
172,62 Euro (10,5 * 16,44 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, für den Ostermontag,
09.04.2012, 168,51 Euro ( 10,25 * 16,44 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 %
über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, für den 01.01.2013
168,51 Euro (10,25 * 16,44 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, für Christi Himmelfahrt,
09.05.2013, 119,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
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hilfsweise,
1a)
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Karfreitag, 06.04.2012,
10,5 Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben, für den
Ostermontag, 09.04.2012, 10,25 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto
gutzuschreiben, für den 01.01.2013, 10,25 Stunden auf dem
Arbeitszeitkonto gutzuschreiben und für Christi Himmelfahrt, 09.05.2013,
7,25 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben,
2. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Karfreitag, 06.04.2012,
126,59 Euro (7,7 x 16,44 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, für den Ostermontag,
09.04.2012, 126,59 Euro (7,7 x 16,44 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über
dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, für den 01.01.2013,
132,90 Euro (7,7 x 17,26 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, Freizeitausgleich sei der Klägerin gemäß § 6
Abs. 3 MTV gewährt worden. Es komme dafür nicht darauf an, ob die Klägerin
an dem Ausgleichstag nach dem Dienstplan zur Arbeit eingeteilt war. Die
Klägerin habe für die Feiertagsarbeit durch die Sollstundenreduzierung, die
Gutschrift der tatsächlich geleisteten Stunden auf dem Arbeitszeitkonto und die
Zahlung des Zuschlags in Höhe von 35 % zunächst Vergütung im Umfang von
235 % erhalten. Durch die Gewährung des Ausgleichstages seien 100 %
wieder abgezogen worden, sodass sie den Regelungen des
Manteltarifvertrags entsprechend im Ergebnis 135 % erhalten habe.
Mit Urteil vom 31.07.2013 hat das Arbeitsgericht Osnabrück der Klage für die
Feiertage am 06.04.2012, 09.04.2012 und 01.01.2013 im Umfang der
Vergütungsdifferenz zwischen den rechnerischen 7,7 Sollstunden und der
tatsächlich geleisteten Arbeitszeit an den jeweiligen Feiertagen stattgegeben
und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die
Beklagte habe durch die Gutschrift der Stunden die Möglichkeit des § 6 Abs. 3
Satz 3 MTV genutzt. Durch die Sollstundenreduzierung seien die Feiertage
überdies mit 7,7 Stunden vergütet worden. Die Beklagte habe
Freizeitausgleich für die Feiertagsarbeit gewährt. Die Klägerin könne keine
Rechte daraus herleiten, dass der Freizeitausgleich an ohnehin dienstfreien
Tagen erfolgte. Der Freizeitausgleich sei aber nur im Umfang der
rechnerischen 7,7 Sollstunden erfolgt, sodass die Klägerin für die Differenzzeit
einen Vergütungsanspruch habe. Eine Grundlage für den mit der Ziffer 2
verfolgten weiteren Vergütungsanspruch gebe es nicht.
Gegen dieses der Klägerin am 26.08.2013 zugestellte Urteil hat sie am
13.09.2013 Berufung eingelegt, die sie innerhalb der verlängerten
Berufungsbegründungsfrist mit einem am 28.11.2013 eingegangenen
Schriftsatz begründet hat. Die Beklagte hat ihrerseits gegen das ihr am
27.08.2013 zugestellte Urteil am 25.09.2013 Berufung eingelegt und diese mit
einem am 25.11.2013 eingegangenen Schriftsatz innerhalb der verlängerten
Berufungsbegründungsfrist begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint,
die Sollstundenreduzierung stelle keine Vergütung für an Feiertagen geleistete
Arbeit dar. Die Gewährung von Freizeitausgleich müsse sich immer positiv auf
das Arbeitszeitkonto auswirken. Die Beklagte schulde den zu Ziffer 2) geltend
gemachten Feiertagslohnersatz schon aus Gründen der Gleichbehandlung.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 31.07.2013, 6 Ca 224/12,
abzuändern und
1.)
die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 253,18 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2012, weitere
124,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 26.01.2013 und weitere 119,19 € brutto nebst
Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu
zahlen,
hilfsweise,
1a)
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Karfreitag, 06.04.2012,
10,5 Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben, für den
Ostermontag, 09.04.2012, 10,25 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto
gutzuschreiben, für den 01.01.2013, 10,25 Stunden auf dem
Arbeitszeitkonto gutzuschreiben und für Christi Himmelfahrt, 09.05.2013,
7,25 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben,
2.)
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin für den Karfreitag, 06.04.2012,
126,59 Euro (7,7 x 16,44 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, für den Ostermontag,
09.04.2012, 126,59 Euro (7,7 x 16,44 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 %
über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, für den
01.01.2013, 132,90 Euro (7,7 x 17,26 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 %
über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 31.07.2013 zum Az.: 6 Ca
223/12, abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der
Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie meint, die Argumentation des Arbeitsgerichts sei widersprüchlich. Sie
verweist darauf, dass dem Arbeitszeitkonto insgesamt die tatsächliche
Arbeitszeit gutgeschrieben wurde, was den Anspruch auf bezahlte Freistellung
beinhalte. Ein Anspruch auf nochmalige Vergütung der Arbeitszeit in der vom
Arbeitsgericht angenommenen Höhe bestehe nach dem Manteltarifvertrag
nicht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen
Schriftsätze sowie die Verhandlungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf den Hauptantrag zu 1.)
begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die zulässige Berufung der
Beklagten ist unbegründet.
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A. Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher insgesamt zulässig (§§
66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
B. Die Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf den Hauptantrag zu 1.)
begründet.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer
496,87 € brutto für Arbeit an vier Feiertagen, die sie im Zeitraum vom
06.04.2012 bis 09.05.2013 geleistet hat.
1. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich allerdings nicht aus § 6 Abs. 3 S. 2
MTV.
a) Nach § 6 Abs. 3 S. 2 MTV erhält die Beschäftigte das Entgelt für die
tatsächliche an Feiertagen geleistete Arbeitszeit für den Fall, dass
Freizeitausgleich nicht gewährt werden kann.
Es kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob im Fall der Klägerin
Freizeitausgleich nicht gewährt wurde. Denn gemäß § 6 Abs. 3 S. 3 MTV ist
eine Buchung nach Maßgabe des § 7 MTV, also eine Buchung auf das
Arbeitszeitkonto zulässig. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt. Die
Klägerin hat im Kammertermin vom 03.06.2014 anhand der vorliegenden
Unterlagen zum Arbeitszeitkonto unstreitig gestellt, dass die tatsächlich an den
Feiertagen geleistete Arbeitszeit dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben wurde.
Die Buchung der Stunden auf das Arbeitszeitkonto ist entgegen der
Auffassung der Klägerin im Falle des § 6 Abs. 3 S. 2 MTV nicht
ausgeschlossen oder aber nur für die Dauer von drei Monaten zulässig. Eine
derartige Einschränkung enthält § 6 Abs. 3 S. 3 MTV nicht. Die Buchung der
Stunden auf das Arbeitszeitkonto ist vielmehr eine dritte Möglichkeit neben der
Gewährung entsprechenden Freizeitausgleichs oder der Auszahlung der
Vergütung für die geleisteten Arbeitsstunden. Die Klägerin hat auch keine
Wahlmöglichkeit zwischen der Auszahlung des Entgelts oder einer
entsprechenden Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto. Dies ergibt sich weder
aus § 6 Abs. 3 S. 3 MTV noch auch § 7 MTV. Vielmehr bestimmt § 7 Abs. 1
MTV, dass für alle Beschäftigten Arbeitszeitkonten mit einem
Ausgleichszeitraum von 12 Monaten geführt werden, auf denen auch
Zeitguthaben und Zeitschulden im Sinne von § 6 geführt werden. Aus der zu §
7 Abs. 9 MTV abgeschlossenen Betriebsvereinbarung, die die Beklagte im
Kammertermin überreicht hat, ergeben sich keine anderweitigen Regelungen.
II. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer weiteren Vergütung für die
geleistete Feiertagsarbeit ergibt sich aber aus § 6 Abs. 3 MTV i. V. m. § 8 a
Abs. 1 d) 1. Spiegelstrich MTV.
a) Die Kammer ist nicht gehindert, dem Hauptantrag zu Ziffer 1) auf der
Grundlage der Zuschlagsregelung gemäß § 8 a) MTV zu entsprechen, auch
wenn die Klägerin ihren Anspruch hierauf nicht ausdrücklich stützt. Es handelt
sich um denselben prozessualen Anspruch.
aa) Gegenstand des Rechtsstreits ist nicht ein bestimmter materiell rechtlicher
Anspruch, sondern der als Rechtsschutzbegehren oder
Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch.
Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in
Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt
(Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet
(BGH vom 25.10.2012, IX ZR 207/11, NJW 2013, S. 540 ff.; BGH vom
16.09.2008, IX ZR 172/07, NJW 2008, S. 3570 f.). Der Klagegrund geht über
die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage
ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer
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natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu
dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten
Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines
Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat. Dies gilt unabhängig
davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien
vorgetragen worden sind oder nicht (BGH vom 25.10.2012, IX ZR 207/11, a. a.
O.). Erfasst werden alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die sich im Rahmen
des gestellten Antrags aus dem dem Gericht zur Entscheidung vorgetragenen
Lebenssachverhalt herleiten lassen. Auf die rechtliche Begründung des
Klägers kommt es nicht an (BGH vom 25.10.2012, IX ZR 207/11, a. a. O.; BGH
vom 19.11.2003, VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47 ff.).
bb) Die Zahlung eines Feiertagszuschlags in Höhe von 135 % beruht – bei
unverändertem Klagantrag – auf demselben Lebenssachverhalt, den die
Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs gemäß § 6 Abs. 3 MTV dargelegt
hat. Der Klägerin geht es mit dem Antrag zu 1.) um eine weitere Vergütung der
geleisteten Feiertagsarbeit im Umfang von 100 %. An die Auffassung der
Klägerin, der Anspruch resultiere aus einer fehlerhaften Anwendung der
Beklagten des § 6 Abs. 3 MTV nicht aber auf § 8 a) MTV ist die Kammer nicht
gebunden.
b) Die Voraussetzungen des § 8 a) Abs. 1 d) 1. Spiegelstrich MTV sind erfüllt.
Die Klägerin hat Feiertagsarbeit geleistet, für die die Beklagte keinen
Freizeitausgleich gewährt hat.
aa) Der Klägerin wurde kein Freizeitausgleich im Wege des sogenannten
institutionalisierten Freizeitausgleichs durch die Verkürzung der Sollarbeitszeit
gemäß § 6 Abs. 4 MTV gewährt.
(1)
Das Bundesarbeitsgericht hat zu § 49 Abs. 2 des Tarifvertrags für den
öffentlichen Dienst, Besonderer Teil - Krankenhäuser (TVöD BT-K) und einer
gleichlautenden Regelung in einem anderen Tarifvertrag entschieden, dass
die tarifvertragliche Reduzierung der Sollstunden für Feiertage, die auf einen
Werktag fallen, einen institutionalisierten Freizeitausgleich darstellen (BAG
vom 21.08.2013, 5 AZR 410/12, zitiert nach juris; BAG vom 09.07.2008, 5 AZR
902/07, AP Nr. 1 zu § 8 TVöD).
(2)
Diese Rechtsprechung kann auf die hier maßgeblichen Regelungen des MTV
nicht übertragen werden. § 49 Abs. 1 TVöD BT-K enthält eine Regelung, die
inhaltlich der des hier maßgeblichen § 6 Abs. 3 MTV entspricht. § 49 Abs. 2
TVöD BT-K enthält eine dem § 6 Abs. 4 entsprechende
Sollstundenreduzierung für gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen
mit den entscheidenden Abweichungen, dass § 49 Abs. 2 TVöD BT-K nur für
Beschäftigte in Wechselschicht oder Schichtdienst an sieben Tagen in der
Woche anwendbar ist und dass die Anwendung des § 49 Abs. 2 TVöD BT-K
die Anwendbarkeit des ersten Absatzes des § 49 TVöD BT-K ausdrücklich
ausschließt.
Demgegenüber gilt die Sollstundenreduzierung gemäß § 6 Abs. 4 MTV für alle
Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Schichtdienst eingesetzt werden
und auf wieviel Tage in der Woche sich die Arbeitszeit verteilt. Insbesondere
enthält § 6 Abs. 4 MTV keine dem §§ 49 Abs. 2 S. 2 TVöD BT-K
entsprechende Regelung, dass § 6 Abs. 3 MTV neben § 6 Abs. 4 MTV nicht
zur Anwendung kommt. Dem Wortlaut des Tarifvertrags lässt sich kein
Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Sollstundenreduzierung einen
Freizeitausgleich im Sinne des Absatzes zuvor darstellt. Auch der Systematik
des Tarifvertrags lässt sich dies nicht entnehmen. Während § 49 TVöD BT-K
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ausweislich der Überschrift ausschließlich Regelungen zur Arbeit Sonn- und
Feiertagen enthält, handelt es sich bei den Regelungen in § 6 MTV -
insbesondere bei § 6 Abs. 4 MTV - um eine allgemeine Arbeitszeitregelung,
die für alle Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Schichtdienst arbeiten,
wie sich ihre Arbeitszeit verteilt und ob sie an Feiertagen arbeiten, gilt.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, welchen Anwendungsbereich § 6 Abs. 3
MTV hätte, wenn die Regelung des § 6 Abs. 4 MTV einen institutionalisierten
Freizeitausgleich darstellte.
Schließlich geht auch die Beklagte hiervon nicht aus. Sie hat im Dienstplan der
Klägerin jeweils nach der Feiertagsarbeit liegende Werktage als
Freizeitausgleichstage bezeichnet. Dies wäre im Fall eines automatischen
Freizeitausgleichs durch § 6 Abs. 4 MTV nicht erforderlich gewesen.
bb) Die Beklagte hat der Klägerin keinen Freizeitausgleich gewährt, indem sie
Werktage, an denen die Klägerin laut Dienstplan ohnehin frei hatte, als
Ausgleichstage bezeichnet hat.
(1)
Freizeit ist im arbeitsrechtlichen Sinne das Gegenteil von Arbeitszeit.
Freizeitausgleich bedeutet, statt Arbeitszeit ableisten zu müssen, bezahlte
Freizeit zu erhalten. Der Freizeitausgleich erfolgt durch Reduzierung der
Sollarbeitszeit (BAG vom 17.03.2010, 5 AZR 296/09, AP Nr. 35 zu § 611 BGB
Arbeitszeit; BAG vom 11.02.2009, 5 AZR 341/08, AP Nr. 44 zu § 1 TVG
Tarifverträge: Lufthansa; BAG vom 09.07.2008, 5 AZR 902/07, a. a. O.).
(2)
An den Tagen, die die Beklagte als Freizeitausgleichstage bezeichnet hat, war
die Klägerin nach der Dienstplaneinteilung ohnehin nicht zur Arbeit verpflichtet.
Sie konnte damit auch nicht von einer Arbeitsverpflichtung freigestellt werden.
Maßgeblich ist insoweit nicht, dass der jeweilige Werktag rechnerisch mit einer
Sollarbeitszeit belegt war, sondern die Einteilung der Klägerin in den
Dienstplänen.
Die Beklagte weist daraufhin, dass die Klägerin nicht schlechter stünde, als
wenn sie Freizeitausgleich an einem Werktag erhalten hätte, an dem sie
dienstplanmäßig zur Arbeit eingeteilt war und sich damit ihr Arbeitszeitkonto
entsprechend reduziert hätte, während durch die tatsächliche Handhabung die
Stunden auf dem Arbeitszeitkonto verblieben. Sie verkennt dabei, dass sie mit
dieser Handhabung gerade § 6 Abs. 3 S. 2 MTV angewendet und nicht einen
zeitnahen tatsächlichen Freizeitausgleich gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 MTV gewährt
hat.
Gegen die Auffassung der Beklagten, wonach Freizeitausgleich auch an
ohnehin dienstfreien Tagen gewährt werden kann, spricht schließlich auch § 7
Abs. 4 MTV. Danach gilt bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit der
Freizeitausgleich als nicht gewährt. § 7 Abs. 4 MTV ergäbe keinen Sinn, wenn
Freizeitausgleich auch an Tagen ohne Dienstverpflichtung gewährt werden
könnte. In dem Fall käme es auf die Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten an
diesem Tage nicht an. Soweit es sich bei § 7 Abs. 4 MTV um eine Regelung im
Zusammenhang mit dem Abbau des Arbeitszeitguthabens handelt, ist nicht
davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff
"Freizeitausgleich" in § 7 MTV eine andere Bedeutung als in § 6 MTV geben
wollten.
c) Nachdem die Klägerin einen Zuschlag in Höhe von 35 % auf die geleisteten
Feiertagsstunden bereits erhalten hat, beläuft sich der weitere Anspruch der
Höhe nach auf 7,7 Stunden je Feiertag multipliziert mit dem geltend gemachten
Stundenlohn in Höhe von 16,44 € für den 06.04.2012 und 09.04.2012. Der
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Zeitzuschlag ist gemäß § 8 a Abs. 1 Satz 1 MTV für die tatsächlich erbrachte
Arbeitsleistung insgesamt zu zahlen. Die Differenz zwischen den tatsächlich
geleisteten Arbeitsstunden und den rechnerischen Sollstunden multipliziert mit
dem jeweiligen Stundenlohn ist bereits erstinstanzlich ausgeurteilt worden.
Gleiches gilt für den 01.01.2013 und 09.05.2013. Soweit sich zu diesen
Zeitpunkten der Stundenlohn der Klägerin bereits auf 17,26 € belief, hat die
Klägerin trotz gerichtlichen Hinweises vom 02.06.2014 ihre Forderung auf der
Basis eines Stundenlohns in Höhe von 16,44 € berechnet. Hieran ist die
Kammer gebunden (§ 308 Abs. 1 ZPO). Für den 01.01.2013 ergibt sich
insgesamt ein Betrag in Höhe 168,51 € (10,25 Stunden x 16,44 €), von dem
der – auf der Basis eines Stundenlohns in Höhe von 17,26 € berechnete –
bereits ausgeurteilte Betrag in Höhe von 44,01 in Abzug zu bringen ist. Für den
09.05.2013 ergibt sich ein Betrag in Höhe von 119,19 € brutto (7,25 Stunden x
16,44 €).
d) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Auszahlung der Zeitzuschläge und
muss sich nicht auf eine entsprechende Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto
verweisen lassen. Gemäß § 8 a) Abs. 2 MTV werden die Zeitzuschläge mit
dem Entgelt des folgenden Monats ausgezahlt. In Satz 2 des § 8 a Abs. 2 MTV
heißt es weiter, die zu zahlenden Zeitzuschläge können in Zeit umgewandelt
und ausgeglichen werden. § 8 a Abs. 2 Satz 1 MTV beschreibt damit den
Regelfall, nämlich die Auszahlung der Zeitzuschläge. Dementsprechend hat
die Beklagte im Kammertermin vom 03.06.2014 bestätigt, dass Zuschläge von
der Beklagten stets ausgezahlt werden.
e) Die Gewährung eines Zeitzuschlags in Höhe von 135 % für die von der
Klägerin geleistete Feiertagsarbeit widerspricht nicht der Protokollerklärung zu
§ 8 a Abs. 1 Satz 2 Buchstabe d) MTV, wonach als Entgelt einschließlich des
Zeitzuschlags und des auf den Feiertag entfallenden Tabellenentgelts
höchstens 235 % gezahlt werden, falls kein Freizeitausgleich gewährt wird.
Die Klägerin erhält mit dem Zeitzuschlag in Höhe von 135 % sowie der
Gutschrift der tatsächlich geleisteten Feiertagsstunden auf dem
Arbeitszeitkonto insgesamt der Protokollerklärung entsprechend eine
Vergütung in Höhe von 235 %. Die in § 6 Abs. 4 MTV geregelte
Sollstundenreduzierung ist dabei nicht zu berücksichtigen. Die Verminderung
der Arbeitszeit stellt kein Entgelt dar (BAG vom 09.07.2008, 5 AZR 902/07,
a.a.O.).
f) Die Ansprüche der Klägerin sind nicht gemäß § 22 MTV verfallen. Sie hat die
tarifvertragliche Ausschlussfrist von drei Monaten gewahrt.
aa)
Die Zeitzuschläge für die Feiertagsarbeit waren jeweils am letzten Werktag des
Folgemonats fällig (§§ 8 a Abs. 2, 12 Abs. 2 MTV).
Die Klägerin hat die Vergütung der geleisteten Feiertagsstunden im Umfang
von 100 % für die Tage 06.04.2012 und 09.04.2012 am 18.05.2012, für den
01.01.2013 mit der Klagerweiterung vom 18.01.2013 und für den 09.05.2013
mit der Klagerweiterung vom 31.07.2013 jeweils fristgemäß geltend gemacht.
bb) Der Zeitzuschlag in Höhe von weiteren 100 % gemäß § 8 a Abs. 1 d) MTV
ist Gegenstand der Geltendmachungen.
Die Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung einer Ausschlussfrist ist
keine Willenserklärung, sondern eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die
Vorschriften des BGB über Willenserklärungen nur entsprechend ihrer Eigenart
analog Anwendung finden. Die Auslegung einer Geltendmachung richtet sich
nach den §§ 133, 157 BGB. Vom Empfängerhorizont aus muss erkennbar
sein, dass die andere Vertragspartei einen näher bestimmten Anspruch erhebt
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(BAG vom 16.04.2013, 9 AZR 731/11, AP Nr. 203 zu § 4 TVG
Ausschlussfristen; BAG vom 26.02.2003, 5 AZR 223/02, AP Nr. 13 zu § 611
BGB Nettolohn). Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des
Anspruchsstellers noch offenen Forderungen einstellen, Beweise sichern und
gegebenenfalls Rücklagen bilden können (BAG vom 26.02.2003, 5 AZR
223/02, a.a.O.).
Zur Wahrung tariflicher Ausschlussfristen muss grundsätzlich jede Forderung
nach Grund und Höhe angemeldet werden. Dabei meint die Anmeldung dem
Grunde nach den tatsächlichen Lebenssachverhalt, auf den sich der Anspruch
stützt, nicht die rechtliche Begründung (BAG vom 16.04.2013, 9 AZR 731/11,
a.a.O., BAG vom 20.06.2002, 8 AZR 488/01, EZA Nr. 11 zu § 611 BGB
Arbeitgeberhaftung; BAG vom 17.05.2001, 8 AZR 366/00, AP Nr. 159 zu § 4
Ausschlussfristen).
Sowohl der außergerichtlichen Geltendmachung der Klägerin für die ersten
drei Feiertage wie auch den folgenden Klagerweiterungen lässt sich
entnehmen, dass die Klägerin eine weitere Vergütung für an Feiertagen
geleistete Arbeit im Umfang von 100 % verlangt. Die Feiertage, für die die
Klägerin Vergütung geltend macht, sind jeweils konkret benannt. Damit hat sie
die Höhe der Forderung und den der Forderung zu Grunde liegenden
Lebenssachverhalt hinreichend beschrieben. Es ist unerheblich, dass sich die
Klägerin im Rahmen der Geltendmachung nicht ausdrücklich auf die
Bezahlung eines weiteren Zeitzuschlags im Umfang von 100 % berufen hat,
sondern insbesondere im Rahmen der Klagerweiterungen den Anspruch auf §
6 Abs. 3 MTV stützt. Die Bezeichnung der (richtigen) Anspruchsgrundlage für
den geltend gemachten Anspruch ist nicht notwendiger Bestandteil der
Geltendmachung. Unerheblich ist darüber hinaus, dass die Klägerin bei ihrer
Klagerweiterung vom 18.01.2013 für den 01.01.2013 ihre Forderung zunächst
auf der Basis eines Stundenlohns in Höhe von 15,04 € berechnet hat (vgl.
BAG v. 22.02.2001, 6 AZR 603/99, zitiert nach juris).
g) Die Zinsansprüche beruhen auf den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Klage
wurde der Beklagten am 13.08.2012, die Klagerweiterungen am 25.01.2013
und 31.07.2013 zugestellt.
III. Über den nur hilfsweise gestellten Antrag auf Gutschrift der geleisteten
Feiertagsstunden auf dem Arbeitszeitkonto war nicht zu entscheiden.
C. Die weitergehende Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen
Anspruch gegen die Beklagte auf Bezahlung weiterer je 7,7 Stunden für 3
Feiertage in den Jahren 2012 und 2013. Für den Anspruch fehlt es an einer
Anspruchsgrundlage.
I. Der Anspruch der Klägerin folgt nicht aus § 6 Abs. 3 MTV. Der Anspruch der
Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 6 Abs. 3 MTV wurde durch die Gutschrift
der geleisteten Feiertagsstunden auf dem Arbeitszeitkonto erfüllt. Auf die
obigen Ausführungen (unter B.I.1.a)) wird verwiesen. Die Klägerin verkennt,
dass es sich bei § 6 Abs. 3 MTV nicht um eine weitere Zuschlagsregelung
neben § 8 a Abs. 1 d) MTV handelt. § 6 Abs. 3 MTV beinhaltet vielmehr eine
Ausgestaltung des aus § 611 BGB folgenden Grundsatzes, wonach geleistete
Arbeitszeit zu vergüten ist. § 6 Abs. 3 MTV ermöglicht lediglich alternativ zur
Auszahlung der Vergütung die Gewährung von Freizeitausgleich als Ersatz (§
6 Abs. 3 Satz 1 MTV) oder die entsprechende Gutschrift auf dem
Arbeitszeitkonto (§ 6 Abs. 3 Satz 3 MTV). Je nachdem, von welcher Alternative
die Beklagte Gebrauch macht, ergeben sich lediglich unterschiedliche Folgen
für die Höhe des Zeitzuschlags gemäß § 8 a Abs. 1 d) MTV.)
II. Der Anspruch der Klägerin erfolgt nicht aus § 2 Abs. 1
Entgeltfortzahlungsgesetz. § 2 Abs. 1 EFZG beinhaltet einen
Vergütungsanspruch für Arbeitszeit, die in Folge eines gesetzlichen Feiertags
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ausfällt. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen nicht vor.
III.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich schließlich nicht aus dem
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine
Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer
Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu
behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner
Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde
Gruppenbildung (BAG vom 20.03.2013, 10 AZR 8/12, NZA 2013, Seite 970 ff.;
BAG vom 13.04.2011, 10 AZR 88/10, AP Nr. 287 zu § 611 BGB Gratifikation).
Die Klägerin hat eine Schlechterstellung mit Arbeitnehmern in vergleichbarer
Lage nicht dargelegt. Sie beruft sich darauf, dass durch die
Sollstundenreduzierung gemäß § 6 Abs. 4 MTV auch diejenigen Beschäftigten
Vergütung für einen gesetzlichen Feiertag erhalten, die an diesem Tag keine
Arbeit leisten. Mit diesen Beschäftigten, die an einem Feiertag, der auf einen
gesetzlichen Werktag fällt, nicht arbeiten müssen, befindet sich die Klägerin
nicht in vergleichbarer Lage. Auch wird die Klägerin durch § 6 Abs. 4 MTV
gegenüber dieser Vergleichsgruppe nicht schlechter gestellt. Die
Sollstundenreduzierung gilt vielmehr uneingeschränkt für jeden Beschäftigten
und somit für die Klägerin auch in den Fällen, an denen sie selbst an
Feiertagen nicht zur Arbeit eingeteilt ist.
Die Sollstundenreduzierung gemäß § 6 Abs. 4 MTV führt dazu, dass die im
Schichtdienst eingesetzten Mitarbeiter, die an einem auf einen Werktag
fallenden Feiertag nicht zur Arbeit eingeteilt sind, ihre regelmäßige Arbeitszeit
aber an anderen Tagen der Woche erbringen, die auf den Feiertag ansonsten
entfallenden Sollstunden nicht nacharbeiten müssen. Ferner führt die
Sollstundenreduzierung bei in einer regelmäßigen 5-Tage-Woche
eingesetzten Mitarbeitern dazu, dass sie keinen Anspruch gemäß § 2 Abs. 1
EFZG haben, ihre Vergütung aber im Rahmen des verstetigten
Monatseinkommens bekommen.
D. Die vom Arbeitsgericht zugelassene und damit gemäß § 64 Abs. 2 statthafte
Berufung ist ebenfalls form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden
und daher insgesamt zulässig (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519,
520 ZPO).
E. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin hat für die vier Feiertage in den Jahren 2012 und 2013, an denen
sie Arbeitsleistungen erbracht hat, einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren
Zeitzuschlags in Höhe von 100 % gemäß § 8 a Abs. 1 d) MTV. Auf die obigen
Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
F. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der
Kostenquote liegt ein Streitwert in Höhe von 1.014,91 € zu Grunde. Der Wert
für den Hilfsantrag zu Ziffer 1a) ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht zu
berücksichtigen.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.