Urteil des LAG Niedersachsen vom 11.06.2014

LArbG Niedersachsen: eugh, urlaub, änderung der rechtsprechung, teilzeitbeschäftigung, teilzeitarbeit, zahl, tirol, arbeitsgericht, minderung, anschluss

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Keine Kürzung des im Vollzeitarbeitsverhältnis
erworbenen Urlaubsanspruchs beim Wechsel in eine
Teilzeittätigkeit.
Bei einer Änderung der Verteilung der Arbeitszeit auf weniger Arbeitstage in
einer Kalenderwoche im Verlauf eines Kalenderjahres verkürzt sich die
Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs nicht entsprechend,
wenn der Arbeitnehmer den Urlaub in dem Zeitraum, in dem er
vollbeschäftig war, nicht nehmen konnte (EuGH, 13. Juni 2013 C 415/12 ).
Eine Quotierung des erworbenden Urlaubs wäre eine unzulässige
Benachteiligung i.S.v. § 4 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit vom
6. Juni 1997 im Anhang der Richtlinie 97/81/EG und i.S.v. § 4 Abs. 1 TzBfG.
Dabei ist nicht zwischen dem noch nicht verbrauchten anteiligen von Art. 7
Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG garantierten Mindesturlaub und dem
darüber hinausgehenden tariflichen Mehrurlaub gem. § 26 TV L zu
unterscheiden.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen 2. Kammer, Urteil vom 11.06.2014, 2 Sa 125/14
EGRL 88/2003, EGRL 81/97, § 26 TV-L, § 4 TzBfG
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes
Nienburg vom 19. Dezember 2013 - 2 Ca 257/12 Ö - wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin gegenüber dem beklagten Land
aus den Jahren 2010 und 2011 ein Ersatzurlaubsanspruch im Umfang von 12
Arbeitstagen zusteht.
Die 1984 geborene Klägerin ist seit dem 1. April 2009 bei dem beklagten Land
beschäftigt. Die Parteien vereinbarten ein Vollzeitarbeitsverhältnis, welches
zunächst bis zum 31. März 2011 befristet war. Mit Vereinbarung vom 29.
September 2009 wurde das befristete Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung
in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt (Bl. 10, 11 d.A.). Gemäß § 2
des Arbeitsvertrages vom 29. September 2009 findet auf das Arbeitsverhältnis
der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TV-L) in der jeweiligen Fassung
Anwendung.
Im Jahr 2010 wurde die Klägerin schwanger. Während der Schwangerschaft
unterlag die Klägerin einem Beschäftigungsverbot. Am 22. Dezember 2010
gebar die Klägerin ein Kind. Im Anschluss an die Zeit des Mutterschutzes
nahm die Klägerin ab dem 17. Februar 2011 bis zum 21. Dezember 2011
Elternzeit in Anspruch.
Am 13. September 2011 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin in dem
Zeitraum vom 22. Dezember 2011 bis 21. Dezember 2013 als
Teilzeitbeschäftigte mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen
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wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten beschäftigt
werde (Bl. 6, 7 d.A.). Die Lage der verringerten Arbeitszeit legten die Parteien
in der Änderungsvereinbarung nicht fest. Die Klägerin wurde von dem
beklagten Land an drei Tagen in der Kalenderwoche beschäftigt und erzielte
zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 1.257,88 €.
Im Jahr 2010 konnte die Klägerin aufgrund ihrer Schwangerschaft und des
Beschäftigungsverbots bzw. aufgrund der Zeiten des Mutterschutzes 22
Urlaubstage nicht in Anspruch nehmen. Für das Kalenderjahr 2011 ergibt sich
auf der Grundlage der bis zum 21. Dezember 2011 weiter bestehenden
Vereinbarung einer Vollzeitbeschäftigung ein Urlaubsanspruch von sieben
Arbeitstagen.
In einem Schreiben des beklagten Landes an die Klägerin vom 25. November
2011 heißt es u.a. (Bl. 12, 13 d.A.):
„Sehr geehrte …,
am 13.10.2011 teilten Sie telefonisch mit, dass Ihre Urlaubsansprüche
gem. des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom
22.04.2010 nicht an die geänderte Arbeitszeitverteilung angepasst
werden dürfen. Dieses verdeutlichen sie mit Ihrem am 10.11.2011
eingegangenen Widerspruch.
Wie ich Ihnen bereits am 18.10.2011 nach Prüfung der Rechtslage
mitteilte, hat die Entscheidung des EuGH vom 22.04.2010 Auswirkungen
auf den Urlaubsanspruch bei einem Übergang von Vollzeit auf Teilzeit,
wenn der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Urlaub noch nicht
verbraucht ist. Die zu beurteilende Urlaubsabgeltung des Landes Tirol
hatte jedoch als Bemessungsgröße für den Urlaub weder die Woche
noch die Arbeitstage; der Urlaub wurde vielmehr in dem zur Überprüfung
vorgelegten Landes-Vertragsbedienstetengesetz Tirol in Stunden
ausgedrückt.
Die Verwerfung der Tiroler Umrechnungsregelung für den Urlaub auf
Stundenbasis durch den EuGH bedeutet deshalb nicht zwangsläufig,
dass der EuGH auch die deutsche Umrechnungslogik des BAG als
unionsrechtswidrig ansieht (ZTR 11/2010 Seite 565 Zeitschrift für Tarif,
Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes).
Durch die Tirol-Entscheidung ändert sich somit an der Umrechnung des
Urlaubsanspruches auf weniger Arbeitstage nichts. Der Urlaub ist unter
Berücksichtigung der nunmehr für den Arbeitnehmer maßgeblichen
Verteilung seiner Arbeitszeit neu zu berechnen. Die jeweilige
Umrechnung der (Alt-)Urlaubstage ist bisher auch bei einem auf das
folgende Urlaubsjahr übertragenen Resturlaub vorzunehmen, wenn der
Arbeitnehmer erst ab Beginn des Jahres teilzeitbeschäftigt ist, oder die
Arbeitszeit sich erst im Übertragungszeitraum ändert.
Ihr Urlaubsanspruch berechnet sich somit nach den Grundsätzen des §
26 TV-L wie folgt neu.
Im Kalenderjahr 2010 konnten 22 Urlaubstage aufgrund Ihres
Beschäftigungsverbotes vor Beginn des Mutterschutzes nicht
genommen werden.
Im Kalenderjahr 2011 haben Sie im Anschluss Ihrer Mutterschutzfrist am
17.02.2011 Elternzeit in Anspruch genommen, Vereinbart wurde die
Elternzeit bis 22.12.2011. Sie haben damit einen Urlaubsanspruch auf 3
von 12 Monaten (=7 Tage).
Diese Berechnungen des Urlaubsanspruches basieren auf einer
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Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit von 5 Tagen. Da Sie im
Dezember 2011 nach Ihrer Elternzeit aufgrund der Reduzierung Ihrer
Arbeitszeit in eine 3 Tagewoche wechseln, muss der Urlaubsanspruch
2011+2010 = 29 Tage geteilt durch 5 Arbeitstage x 3 Arbeitstage = 17,4
Tage.
Ihnen steht damit ein Resturlaub von 17 Tagen zu.
…“
Mit Schreiben vom 1. Februar 2012 verlangte die Klägerin von dem beklagten
Land die Feststellung von 29 Resturlaubstagen aus den Jahren 2010 und
2011. Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 lehnte das beklagte Land den
Anspruch der Klägerin bis auf einen zuerkannten Zeitraum von 17
Urlaubstagen ab.
Mit ihrer am 29. Juni 2012 beim Arbeitsgericht Nienburg eingegangenen Klage
verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr
stünden noch 29 Urlaubstage aus den Jahren 2010 und 2011 zu. Der
Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis führe nicht dazu,
dass der von ihr während der Vollzeitbeschäftigung erworbene und nicht in
Anspruch genommene Urlaubsanspruch zu quotieren sei. Aus der
Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (im Folgenden:
EuGH) vom 22. April 2010 (- C 486/08 - Tirol) folge, dass bei einer Änderung
des Beschäftigungsausmaßes der bis dahin nicht verbrauchte Jahresurlaub
nicht dem neuen Beschäftigungsausmaß anzupassen sei. Die Veränderung
der Arbeitszeit dürfe nicht zu einer Minderung der in Zeiten der
Vollzeitbeschäftigung erworbenen Rechte führen.
Das Arbeitsgericht Nienburg hat mit Beschluss vom 4. September 2012 den
EuGH um Vorabentscheidung gemäß Art. 267 des Vertrages über die
Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über folgende Frage ersucht (Bl.
29 ff d.A.):
„Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nr. 1 und 2 der
Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81
zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen
Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23
geänderten Fassung, dahin auszulegen, dass es nationalen
gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten
entgegensteht, nach der bei einer mit der Änderung der Zahl der
wöchentlichen Arbeitstage verbundenen Änderung des
Beschäftigungsausmaßes eines Arbeitnehmers das Ausmaß des noch
nicht verbrauchten Anspruchs auf Erholungsurlaub, dessen Ausübung
dem Arbeitnehmer in Bezugszeitraum nicht möglich war, in der Weise
angepasst wird, das der in Wochen ausgedrückte Urlaubsanspruch der
Höhe nach zwar gleich bleibt, jedoch hierbei der in Tagen ausgedrückte
Urlaubsanspruch auf das neue Beschäftigungsausmaß umgerechnet
wird?“
Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 hat der EuGH (- C 415/12 - C.-) erkannt (Bl.
111 ff d.A.):
Das einschlägige Unionsrecht, insbesondere Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie
2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.
November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und
Paragraf 4 Nr. 2 der am 6. Juni 1997 geschlossenen
Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie
97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP
und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der
durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 geänderten
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Fassung, ist dahin auszulegen, dass es nationalen Bestimmungen oder
Gepflogenheiten wie den im Ausgangsverfahren fraglichen
entgegensteht, nach denen die Zahl der Tage bezahlten Jahresurlaubs,
die ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Bezugszeitraum nicht in
Anspruch nehmen konnte, wegen des Übergangs dieses Arbeitnehmers
zu einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend dem Verhältnis gekürzt wird,
in dem die von ihm vor diesem Übergang geleistete Zahl der
wöchentlichen Arbeitstage zu der danach geleisteten Zahl steht.
Im Termin zur Kammerverhandlung am 19. Dezember 2013 haben die
Parteien einen Teilvergleich geschlossen, wonach die Klägerin aus den
Jahren 2010 und 2011 einen restlichen Urlaubsanspruch von 17 Tagen
besitzt. In dem Sitzungsprotokoll heißt es weiter (Bl. 131 R. d.A.):
Die Parteien erklären übereinstimmend:
Bei dem im Vergleich geregelten Urlaubsanspruch von 17 Arbeitstagen
handelt es sich um denjenigen, der sich bei der Quotierung im Verhältnis
der Änderung der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit von fünf auf
drei Tage ergeben würde. Der weitere Urlaubsanspruch von 12
Arbeitstagen, der sich ohne Quotierung ergeben würde, ist zwischen den
Parteien weiterhin streitig.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
festzustellen, dass die Klägerin aus den Jahren 2010 und 2011 einen
restlichen Urlaubsanspruch von weiteren 12 Arbeitstagen hat.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat unter Hinweis auf das Schreiben vom 25. November
2011 die Auffassung vertreten, dass der in den Jahren 2010 und 2011
erworbene Urlaubsanspruch aufgrund des Wechsels der Klägerin von einer
Voll- in eine Teilzeitbeschäftigung zu quotieren sei. Hierdurch werde die
Klägerin nicht schlechter gestellt. Sie könne auch nach der Quotierung die
gleiche Anzahl von Wochen Urlaub nehmen wie zuvor, weil ihr zwar weniger
Tage Urlaub zustünden, sie jedoch auch weniger Urlaubstage benötige, um
eine Woche frei zu bekommen. Nehme man keine Quotierung vor, habe dies
zur Folge, dass die Klägerin deutlich mehr Wochen Urlaub nehmen könne als
zuvor. Dies würde einen ungerechtfertigten Vorteil der Klägerin gegenüber
einem weiterhin in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter darstellen. Der Klägerin
stehe daher nur der Resturlaubsanspruch von 17 Tagen zu, der Gegenstand
des Vergleiches sei.
Mit Urteil vom 19. Dezember 2013 hat das Arbeitsgericht Nienburg der Klage
stattgegeben. Das beklagte Land sei verpflichtet, der Klägerin 12 Arbeitstage
Ersatzurlaub für den verfallenen Urlaub aus den Jahren 2010 und 2011 zu
gewähren. Über den im Teilvergleich geregelten Urlaubsanspruch hinaus habe
der Klägerin aus dem Jahr 2010 ein weiterer Urlaubsanspruch von neun
Arbeitstagen und aus dem Jahr 2011 von drei Arbeitstagen zugestanden. Der
Umfang des Urlaubsanspruches habe sich durch das in dem Zeitraum vom 22.
Dezember 2011 bis zum 21. Dezember 2013 vereinbarte
Teilzeitarbeitsverhältnis und die damit einhergehende Änderung der Verteilung
der Arbeitszeit von fünf auf drei Arbeitstagen einer Kalenderwoche nicht
verkürzt. Dies folge aus dem Beschluss des EuGH vom 13. Juni 2013 (- C-
415/12 - C. -). Der Urlaubsanspruch der Klägerin aus den Jahren 2010 und
2011 sei mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verfallen. Der aufgrund des
mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes nach § 17 Abs. 2 Satz 2
MuSchG übertragene Urlaub aus dem Jahr 2010 sei erst mit Ablauf der auf
das Ende des Beschäftigungsverbotes am 16. Februar 2011 folgenden
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Urlaubsjahres und somit mit Ablauf des 31. Dezember 2012 verfallen. Der
aufgrund der Elternzeit nach § 17 Abs. 2 BEEG übertragene Urlaub aus dem
Jahr 2011 sei mit Ablauf des auf das Ende der Elternzeit am 21. Dezember
2011 folgenden Urlaubsjahres und somit ebenfalls mit Ablauf des 31.
Dezember 2012 verfallen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich das beklagte Land
mit der Urlaubsgewährung in Verzug befunden. Spätestens mit der am 04. Juli
2012 zugestellten Klage habe die Klägerin ihre 12 Resturlaubsansprüche
geltend gemacht. Das beklagte Land habe jedenfalls mit dem Antrag auf
Klagabweisung vom 9. Juli 2012 deutlich gemacht, die streitbefangenen 12
Urlaubstage nicht gewähren zu wollen. Da es dem beklagten Land wegen der
Befristung des Urlaubsanspruches nunmehr unmöglich sei, diesen Urlaub zu
gewähren, habe die Klägerin gegenüber dem beklagten Land einen
Schadensersatzanspruch in Höhe der zuerkannten Ersatzurlaubsansprüche.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem beklagten Land am 9. Januar 2014
zugestellt worden. Hiergegen hat das beklagte Land mit einem am 30. Januar
2014 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz
Berufung eingelegt und diese mit einem am 8. April 2014 eingegangenen
Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf Antrag des beklagten Landes vom
18. Februar 2014 durch Beschluss vom 20. Februar 2014 die
Berufungsbegründungsfrist bis zum 9. April 2014 verlängert worden war.
Mit seiner Berufung verfolgt das beklagte Land das erstinstanzliche Ziel der
Klagabweisung weiter. Das beklagte Land wiederholt und vertieft sein
Vorbringen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Nienburg widerspreche
dem Pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über
Teilzeitarbeit vom 6. Juni 1997 im Anhang der Richtlinie 97/81/EG (im
Folgenden: Rahmenvereinbarung) sowie § 3 BUrlG. Derjenige Arbeitnehmer,
der im Laufe des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitszeit verringere, müsse
vergegenwärtigen, dass damit auch eine Verringerung des Urlaubsanspruchs
einhergehe, wenn die Arbeitszeit nicht wie bisher an fünf, sondern an weniger
Tagen in der Woche erbracht werde. Die Reduzierung der Urlaubstage
beziehe sich dabei naturgemäß dann auch auf die erworbenen
Urlaubsansprüche. Die Quotierung der Urlaubstage führe nicht zu einer
Minderung des Jahresurlaubes. Auch bei einer Quotierung der
Urlaubsansprüche stehe der Klägerin weiterhin entsprechend Art. 7 der
Arbeitszeitrichtlinie ein Anspruch auf vier Wochen gesetzlichen Mindesturlaub
zu. Sofern der EuGH der Auffassung sei, der Pro-rata-temporis-Grundsatz in §
4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung sei nicht auf einen Anspruch auf
Jahresurlaub anzuwenden, der in einer Zeit der Vollbeschäftigung erworben
worden sei, so könne diese Aussage jedenfalls nicht die Dauer des Urlaubs
betreffen. Die Dauer des Urlaubs unterliege generell nicht dem Pro-rata-
temporis-Grundsatz des § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung. Alle Beschäftigten
hätten einen gesetzlichen Anspruch auf vier Wochen. Bei der Ermittlung der
Zahl der Urlaubstage in Abhängigkeit von der Verteilung der Arbeitstage pro
Woche handele es sich nur um eine andere Ausdrucksform des immer
unverändert bestehenden Anspruches auf vier Wochen Urlaub. Der
Beschäftigungsumfang (Vollzeit, Teilzeit) sei dabei vollkommen unerheblich,
ausschlaggebend sei allein die vereinbarte Zahl der Arbeitstage pro Woche.
Die Quotierung des bereits erworbenen Urlaubsanspruches stelle folglich auch
keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus § 4 TzBfG dar. Diese
Regelung verbiete eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten; es folge
hieraus jedoch keine Verpflichtung, Teilzeitbeschäftigte besser zu stellen als
Vollzeitbeschäftigte. Genau dies wäre aber der Fall, wenn der Klägerin bei
einer Arbeitszeitverringerung mehr Urlaubstage gewährt würden, als ihr
zustünden. Ferner verstoße die angefochtene Entscheidung gegen den
Grundsatz des Vertrauensschutzes. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichtes führe eine Veränderung der Anzahl der Arbeitstage in
einer Kalenderwoche zu einer Verkürzung oder Verlängerung des dem
Arbeitnehmer zustehenden Urlaubsanspruches. Die
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Rechtsprechungsänderung durch das Arbeitsgericht Nienburg überschreite
den Rahmen des für das beklagte Land Vorhersehbaren. Bei Abschluss der
Vereinbarung mit der Klägerin am 13. September 2011 über den zeitweiligen
Wechsel von Voll- in Teilzeit und die damit verbundene Reduktion der
wöchentlichen Arbeitstage sei zwar die Tirol-Entscheidung des EuGH bekannt
gewesen. In der juristischen Fachliteratur sei jedoch weit überwiegend die
Auffassung vertreten worden, dass diese Entscheidung auf das deutsche
Urlaubsrecht keinen Einfluss habe. Hierauf habe sich das beklagte Land
verlassen dürfen. Im Übrigen sei die Entscheidung des EuGH nur anwendbar
für den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen,
bzw. 20 Urlaubstagen bei Vollbeschäftigung an fünf Tagen in der Woche. Der
über diesen Mindesturlaub hinausgehende Urlaubsanspruch der Klägerin
gemäß § 26 Abs. 1 TV-L werde von der Entscheidung des EuGH nicht erfasst.
§ 26 TV-L enthalte eine eigenständige Regelung bezüglich des
übergesetzlichen Urlaubs. Bei den noch streitigen 12 Arbeitstagen handele es
sich um den übergesetzlichen Urlaubsanspruch, der aufgrund der
Umrechnungsregelung in § 26 Abs. 1 Satz 5 TV-L entfallen sei. Im Übrigen sei
die Klägerin auch nicht schutzwürdig sei, weil sie auch zu einem späteren
Zeitpunkt von einer Voll- in eine Teilzeitbeschäftigung hätte wechseln können.
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 19. Dezember 2013 - 2 Ca
257/12 Ö - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend nach Maßgabe
ihrer Berufungserwiderung vom 8. Mai 2014 (Bl. 237 ff. d.A.).
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll
der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2014 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden und insgesamt zulässig (§§ 66 Abs. 1 S. 1,
64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
B.
Die Berufung ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin kann gegenüber dem
beklagten Land die Feststellung begehren, dass sie noch 12 Tage
Ersatzurlaub für verfallenden Urlaub aus den Jahren 2010 und 2011 besitzt.
1. Zu Recht hat das angefochtene Urteil der Klage stattgegeben. Das
Berufungsgericht macht sich die zutreffenden Entscheidungsgründe des
Urteils zu Eigen, verweist auf diese (Bl. 4 bis 8 desselben, Bl. 138 bis 142 d.
A.) und stellt dies fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
2. Das Vorbringen des beklagten Landes in der Berufung rechtfertigt folgende
weitere Anmerkungen:
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a. Die angefochtene Entscheidung verstößt nicht gegen die Grundsätze des
Vertrauensschutzes.
aa. Die nationalen Gerichte sind als Teil der Staatsgewalt an das
Rechtsstaatprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gebunden. Sie haben den Grundsatz
des Vertrauensschutzes zu beachten. Die innerstaatlichen Gerichte müssen
bei einer Rechtsprechungsänderung den ggf. nötigen Schutz vor Rückwirkung
in Betracht ziehen. Höchstrichterliche Entscheidungen erzeugen zwar keine
dem Gesetzesrecht vergleichbaren Rechtsbindungen, sondern stellen lediglich
die Rechtslage in einem konkreten Fall fest. Der Bürger darf dennoch auf die
von der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgestellte Rechtslage
vertrauen, wenn sich eine Änderung der Rechtsprechung nicht im Rahmen der
vorhersehbaren Entwicklung hält (BAG, 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - BAGE
130, 119).
bb. Das Arbeitsgericht Nienburg folgt mit seiner Entscheidung dem Beschluss
des EuGH vom 13. Juni 2013 (- C-415/12 - C. - EzA Richtlinie 97/81 EG -
Vertrag 1999 Nr. 2) und wendet sich gegen die bisherige Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichtes seit der Entscheidung vom 28. April 1998 (- 9 AZR
314/97 - AP BUrlG § 3 Nr. 7). Das Bundesarbeitsgericht hatte entschieden,
dass sich bei einer Änderung der Verteilung der Arbeitszeit auf weniger
Arbeitstage in einer Kalenderwoche im Verlauf eines Kalenderjahres die Dauer
des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubes entsprechend verkürzt. Dies
treffe auch auf einen auf das folgende Urlaubsjahr übertragenen Resturlaub
zu, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des folgenden Jahres in Teilzeit
beschäftigt sei.
cc. Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Nienburg überschreitet nicht den
Rahmen der für das beklagte Land vorhersehbaren Entwicklung.
(1). Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Teilzeitvereinbarung am 13.
September 2011 gab es Stimmen in der Literatur, die die Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 1998 für unzutreffend hielten. So hatte
bereits Homeister in seiner Anmerkung zur Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichtes in BB 1999, 798 ff. ausgeführt, dass die
Berechnungsweise des Bundesarbeitsgerichtes seiner Ansicht nach nicht
zulässig sei. Auch Dörner in der Bearbeitung des Erfurter Kommentars zum
Arbeitsrecht (vgl. 11. Aufl. 2011, § 7 BUrlG RdNr. 41, § 3 RdNr. 15) wandte sich
gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Die Auffassung von
Dörner wurde auch in den Folgeauflagen von Gallner im Erfurter Kommentar
übernommen (Gallner in Erfurter Kommentar, 12. Aufl. 2012, § 3 BUrlG RdNr.
15, § 7 BUrlG RdNr. 60).
(2). Maßgebend ist, dass das beklagte Land spätestens seit Bekanntwerden
der Entscheidung des EuGH vom 22. April 2010 (- C-486/08 - Tirol - NZA 2010,
557) damit rechnen musste, dass der EuGH die in dem
Vorabentscheidungsersuchen gestellte Rechtsfrage abweichend von der
bisherigen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes beantworten werde. In
dieser Entscheidung hat der EuGH festgestellt, dass das europäische
Unionsrecht einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der bei einer
Änderung des Beschäftigungsausmaßes eines Arbeitnehmers das Ausmaß
des noch nicht verbrauchten Erholungsurlaubes in der Weise angepasst wird,
dass der von einem Arbeitnehmer, der von einer Vollzeit- zu einer
Teilzeitbeschäftigung übergeht, in der Zeit der Vollbeschäftigung erworbene
Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer
während dieser Zeit nicht möglich war, reduziert oder der Arbeitnehmer diesen
Urlaub nur mehr mit einem geringeren Urlaubsentgelt verbrauchen kann. In
RdNr. 32, 33 der Entscheidung heißt sodann wörtlich: Aus dem Vorstehenden
folgt, dass die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu einer späteren Zeit als
dem Bezugszeitraum in keiner Beziehung zu der in dieser späteren Zeit vom
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Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit steht. Folglich darf durch eine
Veränderung, insbesondere Verringerung, der Arbeitszeit beim Übergang zu
einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung der Anspruch auf Jahresurlaub,
den der Arbeitnehmer in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworben hat, nicht
gemindert werden. Im Übrigen ist festzustellen, dass der in § 4 Nr. 2 der
Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit festgelegte Pro-rata-temporis-
Grundsatz zwar auf die Gewährung des Jahresurlaubs für eine Zeit der
Teilzeitbeschäftigung anzuwenden ist. Denn für diese Zeit ist die Minderung
des Anspruches auf Jahresurlaub gegenüber dem bei Vollzeitbeschäftigung
bestehenden Anspruch aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Hingegen kann
dieser Grundsatz nicht nachträglich auf einen Anspruch auf Jahresurlaub
angewandt werden, der in einer Zeit der Vollbeschäftigung erworben wurde.
Der EuGH hatte somit bereits im Leitsatz sowie in Ziff. 32 und 33 die für die
vorliegende Fallgestaltung relevanten Entscheidungsgründe niedergelegt.
Deshalb bezieht sich der EuGH in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013 in
seinen Ausführungen in Ziff. RdNr. 30 ff. auf die bekannten
Entscheidungsgründe der Entscheidung vom 22. April 2010. Dabei hat der
EuGH in der Entscheidung vom 22. April 2010 an keiner Stelle in
entscheidungserheblicher Weise auf das österreichische System der
Bemessung des Urlaubs nach Stunden abgestellt, sondern - wie sonst auch -
ausgehend von der Auslegung einer Richtlinie Aussagen allgemeiner Natur
getätigt. Von diesen war auch das deutsche Urlaubsrecht berührt, in welchen
mit Werktagen gerechnet wird (§ 3 BUrlG). Vor diesem Hintergrund hätte das
beklagte Land die einschränkenden Interpretationen des Urteils des EuGH im
Schrifttum in Zweifel ziehen müssen. Es musste damit rechnen, dass sich die
Auffassung, die Entscheidung habe keine Auswirkungen auf das deutsche
Urlaubsrecht, als unzutreffend herausstellt.
b. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes verstößt die angefochtene
Entscheidung nicht gegen den Pro-rata-temporis-Grundsatz der
Rahmenvereinbarung über Teilzeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG
(98/23/EG).
aa. § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung beinhaltet das Diskriminierungsverbot
teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Gemäß § 4 Nr. 2 gilt, wo dies angemessen
ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.
bb. Für die Gewährung eines Jahresurlaubs eines Teilzeitbeschäftigten kommt
dieser Grundsatz für die Zeit der Teilzeitbeschäftigung zur Anwendung, denn
für diese Zeit ist die Minderung des Anspruches auf Jahresurlaub gegenüber
dem bei Vollzeitbeschäftigung bestehenden Anspruch aus sachlichen
Gründen gerechtfertigt. Der Grundsatz kann jedoch nicht nachträglich auf
einen Anspruch auf Jahresurlaub angewandt werden, der in der Zeit der
Vollzeitbeschäftigung erworben wurde (EuGH, 8. November 2012 - C-229/11
und C- 230/11 - Heimann und Toltschin - , NZA 2012, 1237). Folglich muss der
erworbene Urlaubsanspruch bei einem Überwechseln in Teilzeit in Bezug auf
die Höhe erhalten bleiben. Insoweit ist die Anzahl der Urlaubstage ein
Ergebnis der erbrachten Arbeit in Vollzeit. Es ist nicht angemessen im Sinne
von § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung nunmehr den Urlaub zu quotieren.
Inhaltlich führt dies nämlich entgegen der Auffassung des beklagten Landes
nicht zu einer angemessenen Regelung, sondern zu einer Kürzung der von
dem Arbeitnehmer bereits erworbenen Urlaubsansprüche. Die von dem
beklagten Land vertretene Ansicht, wonach für die Berechnung der Dauer des
übertragenen Urlaubs auf die Teilzeitbeschäftigung abzustellen sei, führt zu
einer Benachteiligung der Klägerin. Im Hinblick darauf, dass eine Übertragung
des Urlaubs von Gesetzes wegen erfolgt, also nicht etwa an entsprechende
Willensbekundungen der Arbeitsvertragsparteien gebunden ist, entspricht es
nicht der Intention des Gesetzgebers, der den Arbeitnehmer mit den
Übertragungsvorschriften begünstigen wollte, dass der Arbeitnehmer - ohne
selbst Einfluss auf die Übertragung nehmen zu können - im Zuge der
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Urlaubsübertragung benachteiligt wird. Wenn nunmehr entsprechend der
Entscheidung des EuGH vom 13. Juni 2013 die freien Tage, an denen ein
teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht zu arbeiten braucht, richtigerweise nicht
dem Urlaub zugerechnet werden, führt eine Quotierung entsprechend dem
Ansinnen des beklagten Landes zu einer Kürzung des in Vollzeit erworbenen
Urlaubsanspruchs. Dies ist eine unzulässige Benachteiligung gem. § 4 Abs. 1
der Rahmenvereinbarung und gem. § 4 Abs. 1 TzBfG. Auch die
Arbeitszeitrichtlinie rechtfertigt nicht die nachträgliche Kürzung des
Urlaubsanspruchs, wie der EuGH in der Entscheidung vom 13. Juni 2013
ausführt (RdNr. 30, 32).
c. Aus Vorstehendem folgt auch , dass entgegen der Ansicht des beklagten
Landes bei der Frage wie viel (Ersatz-) Urlaubstage der Klägerin zustehen,
nicht zwischen dem noch nicht verbrauchten anteiligen von Art. 7 Abs. 1 der
Richtlinie 2003/88/EG garantierten Mindesturlaub und dem darüber
hinausgehenden tariflichen Mehrurlaub gem. § 26 TV-L zu unterscheiden ist.
Dies wäre eine unzulässige Benachteiligung wegen einer Teilzeittätigkeit. Das
beklagte Land übersieht bei seiner Argumentation, dass ein
teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, der an 3 vollen Tagen in der Woche arbeitet,
keineswegs ein Äquivalent von 5 Urlaubstagen erhält, wenn er in einer
bestimmten Woche nicht im Betrieb erscheint. Der EuGH führt aus, eine
andere Auffassung verwechsele Ruhepausen, die dem Zeitabschnitt eines
tatsächlich genommenen Urlaubs entspricht, und die normale berufliche
Inaktivität während eines Zeitraumes, in dem der Arbeitnehmer aufgrund des
Arbeitsverhältnisses nicht zu arbeiten braucht (EuGH, 13. Juni 2013 - C 415/12
- RdNr. 41). Wörtlich heißt es in der Entscheidung des EuGH in RdNr. 40,
„Zurückzuweisen ist auch die entsprechende - und im Übrigen schon in der
dem Urteil Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols
zugrundeliegenden Rechtssache vorgebrachte - Argumentation der deutschen
Regierung, wonach die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung
nicht unionsrechtswidrig sei, weil ein Arbeitnehmer, der nicht mehr an
sämtlichen Arbeitstagen der Woche zur Arbeitsleistung verpflichtet sei, an
weniger Tagen von der Arbeit freigestellt werden müsse, um eine gleichlange
Freizeitphase wie zuvor in Anspruch nehmen zu können“. Genau diese
Argumentation verfolgt indes weiterhin das beklagte Land.
d. Letztlich greift auch der Einwand des beklagten Landes nicht, es sei daran
zu zweifeln, ob die Klägerin überhaupt schutzwürdig sei, weil sie ihren
Teilzeitwunsch so hätte gestalten können, dass sie nach ihrer Rückkehr
zunächst noch während der Vollzeit den Urlaub in Anspruch nehme.
Unstreitig konnte die Klägerin die streitbefangenen Urlaubsansprüche wegen
des mit der Schwangerschaft zusammenhängenden Beschäftigungsverbotes,
des anschließenden Mutterschutzes und der darauf folgenden Elternzeit
überhaupt nicht in Anspruch nehmen. Das beklagte Land hat auch nicht
vorgebracht, dass mit der Klägerin überhaupt darüber gesprochen worden ist,
den Beginn der Teilzeitbeschäftigung nicht im unmittelbaren Anschluss an die
der Elternzeit zu vereinbaren. Etwaige andere denkbare
Vertragskonstellationen und hieraus folgende Berechnungsmöglichkeiten für
Urlaubsansprüche der Klägerin sind vorliegend nicht zu erörtern, weil die von
den Parteien gewählte Vertragsgestaltung eindeutig ist. Im Übrigen ist die
Argumentation des beklagten Landes hinsichtlich einer „möglichen
Schutzwürdigkeit“ der Klägerin nicht sachdienlich, weil die Klägerin einen
rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil gar nicht erlangen konnte. In allen Fällen
geht es lediglich um den Erhalt des von ihr im Rahmen ihrer Vollzeittätigkeit
erworbenen Urlaubsanspruches.
3. Auch das weitere Vorbringen des beklagten Landes, auf das in diesem
Urteil nicht mehr besonders eingegangen wird, weil die Entscheidungsgründe
gem. § 313 ZPO lediglich eine Zusammenfassung der tragenden Erwägungen
enthalten sollen, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis.
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C.
Die Berufung war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1
ArbGG zuzulassen.