Urteil des LAG Köln vom 06.12.2001

LArbG Köln: sozialplan, arbeitsgericht, kopie, rücknahme, beendigung, abfindung, zumutbarkeit, kalb, gleichwertigkeit, abgeltung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Köln, 6 Sa 874/01
06.12.2001
Landesarbeitsgericht Köln
6. Kammer
Urteil
6 Sa 874/01
Arbeitsgericht Köln, 7 Ca 9083/00
Änderungskündigung; Vorbehalt; Rücknahme; Sozialplan
§§ 2, 4, 7 KSchG
Arbeitsrecht
Hat der Arbeitnehmer eine Änderungskündigung unter dem Vorbehalt
des § 2 KSchG angenommen und Änderungsschutzklage erhoben, so
kann er den Vorbehalt nicht mehr einseitig zurücknehmen und eine
Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG führen.
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 21.03.2001 verkündete Urteil
des Arbeitsgerichts Köln - 7 Ca 9083/00 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
1. Die Parteien streiten über restliche Ansprüche aus einem jedenfalls zum 31.03.2001
beendeten Arbeitsverhältnis nach näherer Maßgabe insbesondere des Sozialplans vom
13.07.2000 (Kopie Bl. 17 ff. d. A.). Von der erneuten Darstellung des Sachverhalts wird
gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Schlussurteil vom 21.03.2001 abgewiesen und zur
Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei von den Leistungen des
Sozialplans gem. Ziffer 2.2 ausgeschlossen, weil er das Angebot einer Versetzung auf
einen gleichwertigen, zumutbaren Arbeitsplatz ausdrücklich abgelehnt habe. Wegen der
arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe wird auf Bl. 127 ff. d. A. Bezug genommen.
1. Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2
ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64
Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).
1. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
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Das Arbeitsgericht hat die nach dem obsiegenden Teilurteil vom 31.01.2001 verbliebene
Klage zu Recht abgewiesen. Die geltend gemachten Auskunfts- und Zahlungsansprüche
sind nicht begründet. Daran vermögen die Angriffe der Berufung nichts zu ändern. Im
einzelnen gilt folgendes:
1. Soweit der Kläger seine Ansprüche auf den Sozialplan vom 13.07.2000 stützt, nämlich
eine Abfindung, Jubiläumszahlung, Weihnachts- und Urlaubsgeld für 2001 begehrt, fehlt es
bereits an der grundsätzlichen Anspruchsberechtigung. Abfindungsberechtigt sind nach
Ziffer 2.1 des Sozialplans ausdrücklich nur diejenigen Mitarbeiter,
deren Arbeitsverhältnis durch betriebsbedingte und fristgemäße Kündigung oder
durch Aufhebungs-vertrag oder durch Eigenkündigung - sofern diese nach der
verbindlichen Ankündigung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen
Gründen zu kündigen, erfolgt, um einer solchen Kündigung vorzukommen - beendet wird.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch betriebsbedingte Kündigung der
Arbeitgeberin, noch durch betriebsbedingten Aufhebungs-vertrag, noch durch
betriebsbedingte Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet worden. Nur unter diesen
Voraussetzungen sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überhaupt Leistungen zur
Milderung bzw. zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile nach dem Sozialplan
beanspruchen können, wie die Präambel des Sozialplans im Anschluss an Ziffer 8 des
Interessenausgleichs vom 10.07.2000 klarstellt. Der Interessenausgleich sah in Ziffer 2
auch den Vorrang von arbeitsplatzsichernden Maßnahmen vor, um betriebsbedingte
Kündigungen zu vermeiden. Insbesondere sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
die Arbeitsplätze durch zumutbare Versetzungen zu erhalten.
Diesem Ziel diente die von der Beklagten unter dem 14.12.2000 ausgesprochene
betriebsbedingte Änderungskündigung, mit der dem Kläger ein Arbeitsplatz in dem Betrieb
in Schwelm zu den gleichen Bedingungen angeboten wurde. Die Kündigung war
notwendig geworden, nachdem der Kläger die einseitige Versetzungsanordnung der
Beklagten vom 26.10.2000 klageweise angegriffen hatte. Unstreitig nahm der Kläger die
Änderungskündigung, der der Betriebsrat am 11.12.2000 zugestimmt hatte (Kopie Bl. 112
d. A.), mit Schreiben vom 02.01.2001 (Kopie Bl. 111 d. A.) unter dem Vorbehalt des § 2
KSchG an. Durch die Annahmeerklärung kommt es zu einer materiell- rechtlich wirksamen
Abänderung des Arbeitsvertrages, die unter der auflösenden Bedingung eines Obsiegens
des Arbeitnehmers im Änderungsschutzprozess steht (vgl. KR-Rost, 5. Aufl., § 2 KSchG
Rdnr. 76). Der Arbeitnehmer kann also nicht mehr einseitig seinen Vorbehalt
zurücknehmen und statt der Änderungsschutzklage nunmehr eine Kündigungsschutzklage
nach § 4 Satz 1 KSchG führen. Er ist aufgrund der Annahme unter Vorbehalt auch
verpflichtet, bis zur rechtskräftigen Entscheidung zu den geänderten Bedingungen zu
arbeiten. Will der Arbeitnehmer dies nicht mehr, so muss er seinerseits - unter Einhaltung
der Kündigungsfrist - das Arbeitsverhältnis kündigen (vgl. KR-Rost, § 2 KSchG Rdnr. 76 a;
§ 7 KSchG Rdnr. 14).
In der einseitigen Rücknahme des Vorbehalts bzw. der Änderungsschutzklage durch den
Kläger mit Schriftsatz vom 29.01.2001 kann daher allenfalls eine fristgerechte
Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2001 erblickt werden. Nichts anderes
ergibt sich aus der Erklärung des Klägers zur Protokoll des Arbeitsgerichts am 31.01.2001,
wonach er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2001 herbeiführen wollte,
wenn auch aufgrund der fehlerhaften Rechtsansicht, diese Wirkung durch die nun nicht
mehr angegriffene Änderungskündigung der Beklagten erreichen zu können. Die Beklagte
hat diese Erklärung des Klägers, wie ihre Berufungserwiderung zeigt, zutreffend als allein
noch mögliche Eigenkündigung zum 31.03.2001 aufgefasst. Insbesondere hat sie nicht
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etwa einem betriebsbedingten Aufhebungsvertrag zu diesem Zeitpunkt zugestimmt, weil
sie an sich an dem Arbeitsverhältnis, wenn auch an einem anderen Beschäftigungsort,
festhalten wollte. Entscheidend ist, dass der Kläger durch die einseitige Rücknahme des
Vorbehalts die ursprüngliche Änderungskündigung nicht mehr zu einer betriebsbedingten
Beendigungskündigung machen konnte. Dazu hätte er den Vorbehalt gar nicht erst
erklären dürfen. Nachdem er das getan hatte, ging es nur noch um den Inhalt des
fortbestehenden Arbeitsverhältnisses.
Hat der Kläger nach alledem das Arbeitsverhältnis aufgrund veränderter eigener
Dispositionen, nämlich der Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit im Januar 2001, selbst
gekündigt, so fehlt es an der entscheidenden Voraussetzung nach Ziffer 2.1 des
Sozialplans, dass das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen beendet worden
ist. Denn das Arbeitsverhältnis bestand aufgrund der Annahme der geänderten
Bedingungen unter Vorbehalt ihrer gerichtlichen Überprüfung fort und endete erst aufgrund
der nicht mehr betriebsbedingten Eigenkündigung des Klägers. Dieser
Beendigungstatbestand fällt nicht unter den Sozialplan, wie Ziffer 2.2 letzter Absatz noch
einmal klarstellt: Danach erhält ein Mitarbeiter keine Abfindung, der sein Arbeitsverhältnis
vertragswidrig beendet oder vertragsgemäß, jedoch nicht betrieblich veranlasst kündigt.
Mit Rücksicht darauf kann dahinstehen, ob der vom Arbeitsgericht angenommene
besondere Ausschlusstatbestand der Ziffer 2.2 erster Absatz vorliegt, weil der Kläger das
Angebot auf einen gleichwertigen, zumutbaren Arbeitsplatz ausdrücklich abgelehnt hat.
Der Kläger hat die Gleichwertigkeit und die Zumutbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes
mit seiner Berufung im einzelnen substantiiert bestritten. Einer weiteren Aufklärung der
näheren Umstände bedurfte es nicht, weil es darauf für die Entscheidung nicht mehr
ankam.
1. Auch ein Urlaubsabgeltungsanspruch für vier Tage aus dem Jahr 2000 steht dem
Kläger nicht zu.
Eine solche Abgeltung setzt nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz voraus, dass der Urlaub
"wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" nicht mehr gewährt werden kann. Daran
fehlt es, wenn der Resturlaub aus anderen Gründen nicht genommen werden konnte. Auch
wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er seinen etwaigen Restanspruch mit
Schriftsatz vom 29.01.2001 noch rechtzeitig geltend gemacht hat, so war eine Realisierung
deshalb nicht möglich, weil der Kläger ab Januar 2001 unstreitig bereits in einem anderen
Arbeitsverhältnis beschäftigt war. Die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs und damit auch
des Abgeltungsanspruchs setzt voraus, dass der Arbeitnehmer bei Fortdauer des
Arbeitsverhältnisses seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung hätte erbringen können
(vgl. ErfK/Dörner, 2. Aufl., § 7 Bundesurlaubsgesetz Rdnr. 102 m.w.N.). Davon kann hier
wegen der anderweitigen Bindung des Klägers nicht ausgegangen werden.
Konsequenterweise hat der Kläger seinen Abgeltungsanspruch für das erste Quartal 2001
auch nicht mehr weiterverfolgt.
1. Da der Kläger das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss er nach den §§ 64
Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung tragen.
1. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hatte die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen
Umständen des Einzelfalls beruht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der Möglichkeit der
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Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
(Dr. Kalb) (May) (Hilger)