Urteil des LAG Köln vom 21.03.2007
LArbG Köln: einstweilige verfügung, herausgabe, arbeitsgericht, erlass, dienstwagen, überwiegendes interesse, dienstfahrzeug, berufungskläger, kündigungsfrist, rückgabe
Landesarbeitsgericht Köln, 7 SaGa 3/07
Datum:
21.03.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 SaGa 3/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Siegburg, 3 Ga 1/07 G
Schlagworte:
einstweilige Verfügung; Dienstwagen; Herausgabe; Verfügungsgrund;
Freistellung
Normen:
§§ 935, 940, 945 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Streiten Arbeitgeber und Arbeitnehmer darum, wer von ihnen während
einer zeitlich begrenzten Arbeitsfreistellung (hier für die Dauer der
Kündigungsfrist) einen dem Arbeitnehmer auch zur Privatnutzung
überlassenen Dienstwagen nutzen darf, so fehlt es beiden Seiten für den
Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe des Fahrzeugs im
Regelfall bereits an einem Verfügungsgrund.
Tenor:
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten hin wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Siegburg vom 12.01.2007 in Sachen 3 Ga 1/07
abgeändert:
Die Anträge der Verfügungsklägerin vom 03.01.2007 auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung werden zurückgewiesen.
Die weitergehende Berufung (Antrag zu 3 des
Verfügungsbeklagten/Berufungsklägers vom 19.01.2007) wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Verfügungsklägerin.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung um wechselseitige Ansprüche auf Herausgabe eines Dienstwagens.
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Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur
Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 3. Kammer des
Arbeitsgerichts Siegburg dazu bewogen haben, dem von der Verfügungsklägerin
geltend gemachten Herausgabeanspruch stattzugeben, wird auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 12.01.2007 Bezug genommen.
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Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils hat der Verfügungsbeklagte zur
Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen das streitbefangene
Dienstfahrzeug am 16.01.2007 nebst Schlüsseln und Papieren an die
Verfügungsklägerin herausgegeben.
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Das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg wurde dem Verfügungsbeklagten am 17.01.07
zugestellt. Er hat hiergegen am 22.01.07 Berufung einlegen und diese zugleich auch
begründen lassen.
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Die Verfügungsklägerin und Berufungsbeklagte hat nach entsprechender Fristsetzung
des Arbeitsgericht Siegburg vom 12.02.2007 gemäß § 926 ZPO mit Schriftsatz vom
23.02.2007 die Hauptsacheklage anhängig gemacht (Arbeitsgericht Siegburg 4 Ca
469/07 G).
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Der Verfügungsbeklagte und Berufungskläger wendet sich mit Rechtsgründen gegen
die Annahme des Arbeitsgerichts Siegburg, dass der Verfügungsklägerin ein
Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund zur Herausgabe des streitbefangenen
Dienstwagens zugestanden hätten.
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Darüberhinaus vertritt der Verfügungsbeklagte und Berufungskläger die Auffassung,
dass im Hinblick auf die gebotene Aufhebung der vom Arbeitsgericht Siegburg
erlassenen Herausgabeverfügung nunmehr der Zustand wiederhergestellt werden
müsse, der vor Erlass der einstweiligen Verfügung bestanden habe. Folglich sei der
Dienstwagen von der Verfügungsklägerin nunmehr wieder für die Zeit bis zum Ablauf
der durch seine Eigenkündigung vom 05.12.2006 ausgelösten Kündigungsfrist am
31.03.07 an ihn, den Verfügungsbeklagten herauszugeben.
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Der Verfügungsbeklagte und Berufungskläger beantragt nunmehr,
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1. das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg 3 Ga 1/07 G vom 12.01.2007 aufzuheben
und die Anträge der Verfügungsklägerin vom 03.01.2007 auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zurückzuweisen;
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2. der Verfügungsklägerin aufzugeben, den in ihrem Besitz befindlichen Pkw Typ
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Audi A 4 Avant 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen GM , Fahrzeug-Identitätsnummer
W , mit allen dazugehörigen Papieren, insbesondere der EWG-
Übereinstimmungsbescheinigung, und drei Schlüsseln an den Beklagten
herauszugeben und ihm den Gebrauch für Privatzwecke zu gestatten bis
einschließlich 31.03.2007.
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Die Verfügungsklägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Verfügungsklägerin und Berufungsbeklagte hält das arbeitsgerichtliche Urteil für
zutreffend und ergänzt und vertieft ihre Rechtsausführungen aus erster Instanz.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I. Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Siegburg vom 12.01.2007 ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG
statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 2 ArbGG vorgeschriebenen Fristen
eingelegt und begründet.
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II. Die Berufung des Verfügungsbeklagten ist auch begründet, soweit sie sich gegen die
vom Arbeitsgericht Siegburg erlassene Herausgabeverfügung wendet. Nach der
rechtlichen Überzeugung des Berufungsgerichts hätte die einstweilige Verfügung auf
Herausgabe des Dienstwagens zugunsten der Verfügungsklägerin nicht erlassen
werden dürfen. Es kann dabei richtigerweise dahingestellt bleiben, ob der
Verfügungsklägerin zu dem von ihr begehrten Zeitpunkt ein Herausgabeanspruch und
damit ein Verfügungsanspruch zugestanden hat oder nicht. Diese Frage wird in dem
entsprechenden Hauptsacheverfahren zu klären sein. Jedenfalls fehlte es nämlich an
einem Verfügungsgrund.
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Der vom Verfügungsbeklagten und Berufungskläger nunmehr in der Berufungsinstanz
erhobene eigene Anspruch auf erneute Überlassung des Dienstfahrzeugs für die Zeit
bis zum 31.03.2007 konnte dagegen keinen Erfolg haben. Auch hierfür fehlt es an dem
erforderlichen Verfügungsgrund.
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1. Vorab ist klarzustellen, dass es im vorliegenden Verfahren auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung
nicht
31.03.2007
Verfügungsbeklagten ausgelösten Kündigungsfrist, ein Anspruch auf Herausgabe des
dem Verfügungsbeklagten überlassenen Dienstfahrzeugs zusteht. Abgesehen davon,
dass der Verfügungsbeklagte einen solchen Anspruch per 31.03.2007 nicht in Abrede
gestellt und insbesondere niemals für sich das Recht in Anspruch genommen hat, den
Dienstwagen auch über den 31.03.2007 hinaus privat nutzen zu dürfen, verlangt die
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Dienstwagen auch über den 31.03.2007 hinaus privat nutzen zu dürfen, verlangt die
Verfügungsklägerin vorliegend nicht die Herausgabe zum 31.03.2007, sondern die
sofortige Herausgabe. Dementsprechend können die von ihr angestellten
Spekulationen, der Verfügungsbeklagte könnte vielleicht geneigt sein, nach dem
31.03.2007 wegen der von ihm für sich reklamierten Tantiemeansprüche ein
Zurückbehaltungsrecht an dem Dienstwagen auszuüben, der Verfügungsklägerin im
vorliegenden Verfahren von vorneherein nicht zum Erfolg zu verhelfen.
2. Die Begründung, mit der das Arbeitsgericht angenommen hat, der Verfügungsklägerin
stehe ein Verfügungsanspruch auf sofortige Herausgabe des streitigen Dienstfahrzeugs
zu, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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a. Zwar enthält der zwischen den Parteien bestehende
Kraftfahrzeugüberlassungsvertrag die Verpflichtung des Arbeitnehmers, das
Dienstfahrzeug im Falle einer vom Arbeitgeber einseitig verfügten Arbeitsfreistellung für
die Dauer der Freistellung herauszugeben. Bereits das Arbeitsgericht hat jedoch zu
Recht Zweifel angemeldet, ob die Regeln des Kraftfahrzeugüberlassungsvertrages und
insbesondere dessen Nr. 17 einer AGB-Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 c, 307 ff.
BGB standhalten. Das Arbeitsgericht hat indessen letztlich offen gelassen, ob diese
Bedenken durchgreifen, da es angenommen hat, dass der Verfügungsanspruch der
Verfügungsklägerin jedenfalls aus dem Umstand folge, dass diese zwischenzeitlich
eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen hat.
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b. Es folgt zwar aus der Natur der Sache, dass grundsätzlich ein regelmäßig längstens
für die Dauer des Bestandes des Arbeitsverhältnisses überlassenes Dienstfahrzeug
spätestens mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgegeben werden muss.
Liegt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dabei eine arbeitgeberseitige Kündigung
zugrunde, deren Wirksamkeit vom Arbeitnehmer bestritten wird, so spricht auch vieles
dafür, die Frage nach der Verpflichtung zur Rückgabe des Dienstwagens nach
denselben Grundsätzen zu beantworten, die für den Anspruch auf tatsächliche
Weiterbeschäftigung entwickelt worden sind. Danach ist eine in ihrer Wirksamkeit
bestrittene arbeitgeberseitige Kündigung solange als "schwebend wirksam" zu
behandeln, bis ein erstinstanzliches Arbeitsgericht sie für unwirksam erklärt, es sei
denn, es handelte sich um eine Kündigung, die jedem billig und gerecht Denkenden von
vorneherein als offensichtlich unwirksam erscheinen müsste. Daraus wiederum folgte,
dass auch dann, wenn vor dem Arbeitsgericht ein Kündigungsschutzprozess schwebt,
das Dienstfahrzeug grundsätzlich zunächst spätestens im Zeitpunkt des Ablaufs der
Kündigungsfrist bzw. bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung im Zeitpunkt
ihres Zugangs herausgegeben werden müsste.
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c. Diese für den Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung im Falle streitiger
Arbeitgeberkündigung entwickelten Grundsätze können jedoch
ersichtlich dann nicht
auf die Verpflichtung zur Herausgabe des auch privat nutzbaren Dienstwagens
übertragen werden, wenn die streitige Arbeitgeberkündigung, wie im vorliegenden Fall,
gerade nur ausschließlich deshalb ausgesprochen worden ist, weil der Arbeitnehmer
sich geweigert hat, einem Verlangen des Arbeitgebers auf Herausgabe des
Dienstwagens nachzukommen. Griffen nämlich die auch vom Arbeitsgericht
angesprochenen Bedenken gegen die Wirksamkeit der einschlägigen Klauseln des
Kraftfahrzeugüberlassungsvertrages durch und stellte sich heraus, dass ein aus den
vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ableitbarer Anspruch der Verfügungsklägerin
auf Herausgabe des Dienstwagens im Zeitpunkt der Freistellung des
Verfügungsbeklagten von der Arbeit
in Wirklichkeit nicht
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denknotwendig, dass auch die gerade und ausschließlich auf die Nichterfüllung des
Herausgabeanspruchs gestützte Kündigung unwirksam sein muss.
Die auf die Nichterfüllung des vorherigen Herausgabeverlangens gestützte
arbeitgeberseitige Kündigung vom 08.12.2006 kann den für den Erlass der begehrten
einstweiligen Verfügung erforderlichen Verfügungsanspruch somit entgegen der
Auffassung des Arbeitsgerichts nicht selbständig und unabhängig davon begründen, ob
aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ggf. ein Herausgabeanspruch
abgeleitet werden konnte.
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3.
Im Ergebnis
ein wirksamer Anspruch der Verfügungsklägerin auf vorzeitige Herausgabe des
Dienstfahrzeugs ableitbar war, jedoch auch durch das Berufungsgericht keiner
Entscheidung; denn für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung fehlt es
bereits an dem dafür erforderlichen Verfügungsgrund.
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a. Die Auffassung der Verfügungsklägerin, bei der Sicherung eines
Herausgabeanspruches müsse sich der Anspruchsinhaber im Hinblick auf die Frage
nach einem Verfügungsgrund nicht auf mögliche Schadensersatzansprüche verweisen
lassen, greift im vorliegenden Fall nicht durch.
29
aa. So geht es im vorliegenden Fall bereits nicht um die Sicherung des Eigentums der
Verfügungsklägerin; denn zum einen ist die Verfügungsklägerin unstreitig nicht
Eigentümerin des fraglichen Dienstfahrzeugs, sondern lediglich Leasingnehmerin. Zum
anderen streiten die Parteien vorliegend auch nicht darum, ob der Verfügungsklägerin
überhaupt ein Anspruch auf Herausgabe zusteht, sondern nur, zu welchem Zeitpunkt
dies der Fall ist.
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bb. Hinzu kommt, dass die Verfügungsklägerin auch nicht ansatzweise objektiv
nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine berechtigte Befürchtung vorgetragen hat, der
Verfügungsbeklagte könne in der von ihm für sich in Anspruch genommenen
verbleibenden Nutzungszeit das Fahrzeug willkürlich beschädigen, zerstören oder in
anderer Weise dauerhaft dem Berechtigten entziehen.
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cc. Das durch die vorliegend begehrte einstweilige Verfügung zu schützende Recht
besteht somit in Wirklichkeit in dem Recht auf Nutzung des fraglichen Fahrzeugs in der
Zeit zwischen dem 08.12.06 und dem 31.03.07.
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b. Die Verfügungsklägerin hat zur Überzeugung des Berufungsgerichts schon nicht
hinreichend substantiiert dargelegt, worin ihr Interesse an der sofortigen Nutzbarkeit des
dem Verfügungsbeklagten zur Verfügung gestellten Dienstwagens überhaupt begründet
sein soll, das so dringlich wäre, dass es den Erlass einer einstweiligen
Herausgabeverfügung rechtfertigt.
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aa. Die Verfügungsklägerin hat zwar behauptet und durch eine eidesstattliche
Versicherung glaubhaft gemacht, dass der Wagen "dringend benötigt" würde und "für
den Mitarbeiter M G vorgesehen" sei.
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bb. Zu bedenken ist aber, dass die Nutzbarkeit des dem Verfügungsbeklagten zur
Verfügung gestellten Fahrzeuges für die Verfügungsklägerin überhaupt nur deshalb in
Frage kam, weil der Verfügungsbeklagte am 05.12.06 eine Eigenkündigung
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ausgesprochen und im Anschluss daran von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung
freigestellt worden war. Es ist nicht erkennbar, inwiefern der Umstand der vom
Verfügungsbeklagten ausgesprochenen Eigenkündigung als solcher und der Zeitpunkt
derselben für die Verfügungsklägerin überhaupt vorhersehbar und somit einplanbar war.
Somit lag es auf der Hand, dass es einer eingehenden Erläuterung bedurfte, warum der
Dienstwagen des Verfügungsbeklagten gerade ab dem 08.12.06 für den Mitarbeiter M G
"dringend benötigt" werden konnte. Derartige Erläuterungen ist die Verfügungsklägerin
schuldig geblieben.
c. Unabhängig davon kommt - ebenfalls für sich allein entscheidend - hinzu, dass ein
etwaiger Rechtsverlust, den die Verfügungsklägerin dadurch erleiden konnte, dass ihr
die Nutzungsmöglichkeit des Dienstfahrzeuges bis zum 31.03.07 objektiv zu Unrecht
entzogen worden wäre, problemlos und gleichwertig in Geld kompensierbar ist. Sollte
sich nämlich in einem Hauptsacheverfahren herausstellen, dass das Nutzungsrecht an
dem Dienstwagen in der Zeit vom 08.12.06 – 31.03.07 der Verfügungsklägerin
zugestanden hätte, und sollte die nicht anders abwendbare Notwendigkeit bestanden
haben, zugunsten des Mitarbeiters M G ein zusätzliches Fahrzeug anzumieten, so
könnte die Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten auf den Ersatz der dadurch
entstehenden Kosten in Anspruch nehmen. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass
entsprechende Ansprüche gegen den Verfügungsbeklagten nicht durchsetzbar sein
würden, hat die Verfügungsklägerin auch nicht ansatzweise vorgetragen. Dies gilt um so
mehr, als hier nur die Nutzung für einen überschaubaren Zeitraum in Rede steht.
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d. Wie die Existenz von § 945 ZPO zeigt, hat der Gesetzgeber es für notwendig erachtet,
für den Fall zu Unrecht erlassener einstweiliger Verfügungen einen spezifischen
Schadensersatzanspruch vorzusehen. Dies beruht auf der Überlegung, dass in einem
summarischen Eilverfahren die rechtlichen Verhältnisse nicht mit derselben Sicherheit
und Gründlichkeit geklärt werden können wie in einem Hauptsacheprozess. Wenn aber
im Einzelfall – wie hier – die Gefahr, dass durch den Erlass einer einstweiligen
Verfügung spätere Schadensersatzansprüche des Verfügungsgegners
heraufbeschworen werden, von vornherein nicht geringer zu veranschlagen ist als die
umgekehrte Gefahr, dass der Antragsteller trotz objektiv gegebenen
Verfügungsanspruchs mit seinem Antrag abgewiesen wird, so spricht auch dies gegen
die Annahme eines sog. Verfügungsgrundes. Die potenziell dem Verfügungsbeklagten
zustehenden Nutzungsentschädigungsansprüche wären spiegelbildlich dieselben, wie
die soeben angesprochenen denkbaren Ansprüche der Verfügungsklägerin auf
Nutzungsentschädigung.
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e. Schließlich kann es der Verfügungsklägerin auch nicht zum Erfolg verhelfen, wenn
sie ausführt, bei der Abwehr verbotener Eigenmacht bedürfe es ohnehin keines
besonderen Verfügungsgrundes. Ein Fall verbotener Eigenmacht liegt nur vor, wenn der
unmittelbare
Verfügungsklägerin in ihrer Antragsschrift selbst zutreffend ausgeführt hat, hier jedoch
der Verfügungsbeklagte.
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f. Die vom Arbeitsgericht zugunsten der Verfügungsklägerin erlassene einstweilige
Verfügung war somit nach der rechtlichen Überzeugung des Berufungsgerichts
aufzuheben.
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4. Der in der Berufungsinstanz von dem Verfügungsbeklagten gestellte Gegenantrag mit
dem Ziel, die Verfügungsklägerin zu verurteilen, den Dienstwagen für die bis zum
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31.03.2007 verbleibende Zeit nunmehr wiederum an den Verfügungsbeklagten
herauszugeben, musste jedoch aus denselben Gründen, aus denen auch der Antrag der
Verfügungsklägerin keinen Erfolg haben konnte, abgewiesen werden.
a. Der im Rahmen eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom
Verfügungsbeklagten gestellte Gegenantrag unterliegt denselben Voraussetzungen wie
der Hauptantrag der Antragstellerin selbst. Insbesondere bedarf es auch für den
Gegenantrag eines Verfügungsgrundes. Dies folgt schon daraus, dass im Rahmen des
einstweiligen Verfügungsverfahrens nur eine vorläufige und gerade keine endgültige
Regelung des Rechtzustandes vorgenommen wird und die Entscheidung des
einstweiligen Verfügungsverfahrens auch nicht in Rechtskraft erwächst.
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b. Auch die dem Verfügungsbeklagten evtl. objektiv zu Unrecht in der Zeit bis zum
31.03.07 entgehenden Nutzungsvorteile an dem fraglichen Dienstwagen sind
problemlos und gleichwertig in Geld kompensierbar, wenn sich ein entsprechender
Nutzungsanspruch des Verfügungsbeklagten in einem Hauptsacheverfahren
herausstellen sollte.
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c. In Anbetracht des bis zum 31.03.2007 verbleibenden kurzen Zeitraums ist ein
dringendes und überwiegendes Interesse des Verfügungsbeklagten an der abermaligen
Rückgabe des Fahrzeugs durch die Verfügungsklägerin um so weniger erkennbar.
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d. Dass die am 16.01.2007 erfolgte Besitzverschiebung an dem streitbefangenen
Fahrzeug dabei auf einer erstinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung beruhte, die das
Berufungsgericht nach seiner Rechtsauffassung für inhaltlich unrichtig hält, ist bei
alledem unerheblich, zumal die arbeitsgerichtliche Entscheidung ohne jeden Zweifel in
einem rechtstaatlich einwandfreien Verfahren zustande gekommen ist.
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III. Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 92 ZPO dem Verhältnis des beiderseitigen
Obsiegens und Unterliegens.
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Die Zulassung der Revision ist in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
gesetzlich nicht zulässig, § 72 Abs.4 ArbGG.
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Gegen diese Entscheidung ist daher ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
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(Dr. Czinczoll) (May) (Hölscher)
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