Urteil des LAG Köln vom 15.02.2002

LArbG Köln (Probezeit, Ordentliche Kündigung, Abmahnung, Personalakte, Kündigungsschutz, Treu Und Glauben, Zustandekommen des Vertrages, Recht auf Arbeit, Anweisung, Übereinstimmende Willenserklärungen)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Köln, 4 (2) Sa 575/01
15.02.2002
Landesarbeitsgericht Köln
4. Kammer
Urteil
4 (2) Sa 575/01
Arbeitsgericht Bonn, 5 Ca 911/00
Vereinbarung von Kündigungsschutz, Auflösungsantrag des
Betriebserwerbers
§ 1 KSchG, § 9 KSchG, § 613 a BGB
Arbeitsrecht
1. Ein vertraglich vereinbarter "Verzicht auf die Probezeit" kann als
Vereinbarung ausgelegt werden, dass auf die Wartezeit gemäß § 1 I
KSchG verzichtet wird. 2. Geht das Arbeitsverhältnis nach Ausspruch der
Kündigung auf einen Betriebserwerber gemäß § 613 a BGB über, so
kann dieser auch noch in der 2. Instanz dem Prozess beitreten, um einen
Auflösungsantrag zu stellen.
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im
Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 21.02.2001 - 5 Ca
911/00 - abgeändert: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis
zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) nicht durch die
ordentliche Kündigung vom 23.03.2000 zum 30.05.2000 aufgelöst
worden ist. 2. Die Auflösungsanträge der Beklagten zu 1) und zu 2)
werden zurückgewiesen. 3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. 4.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat jede Partei ihre außergerichtlichen
Kosten selbst zu tragen. Die erstinstanzlichen Gerichtskosten haben die
Klägerin und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen. Von den
zweitinstanzlichen Gerichtskosten hat die Klägerin die Hälfte zu tragen.
Die andere Hälfte hat die Beklagte zu 1) - zu 50 % davon gesamt-
schuldnerisch mit der Beklagten zu 2) - zu tragen. 5. Die Revision wird
nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin und die Beklagte zu 1) streiten darum, ob das zwischen ihnen begründete
Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung vom 23.03.2000 zum 30.05.2000 aufgelöst
worden ist, über die Entfernung von vier Abmahnungen aus der Personalakte und über
Weiterbeschäftigung. Die Beklagte zu 2), die dem Rechtsstreit in der II. Instanz als Partei
beigetreten ist, nachdem die Niederlassung, in der die Klägerin bei der Beklagten zu 1)
beschäftigt war, im Wege des Betriebsübergangs auf sie übergegangen ist, verfolgt einen
hilfsweisen Auflösungsantrag.
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Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung 55 Jahre alt. Sie ist unverheiratet und hat
ein volljähriges Kind. Seit dem 13.10.1999 ist sie als Schwerbehinderte anerkannt.
Bei der Beklagten zu 1) ist sie seit dem 01.11.1999 als Sachbearbeiterin im
Personalmanagement zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5.700,00 DM tätig
gewesen. Im Betrieb der Beklagten zu 1) waren regelmäßig mehr als fünf Mitarbeiter
beschäftigt.
Zuvor war die Klägerin seit dem 01.07.1996 im Personal- und Managementbereich bei der
Fa. T G für D mbH beschäftigt, die wie die Beklagte zu 1) eine Tochtergesellschaft der D T
AG ist.
Bei der T war die Klägerin von Frau V eingestellt worden, die dort im Personalbereich tätig
war und später bei der Beklagten zu 1) die Vorgesetzte der Klägerin war.
Die Klägerin und Frau Vogt waren befreundet. Sie pflegten, wie die Klägerin es unbestritten
ausdrückte, ein inniges Verhältnis. Dazu legt die Klägerin Briefe von Frau V (Bl.29 - 31 d.A)
vor, u.a. einen vom 10.08.1999 (Bl. 29 d. A.). Dieser beginnt mit "Liebe A " und endet mit
"Deine A ." U. a. heißt es darin:
"Nun erhol Dich gut und komm zu Ruhe. Nichts, aber auch gar nichts ist augenblicklich
wichtiger, als Deine Gesundheit. Nur wer gesund und ausgeglichen ist, kann sich selbst
und seine ganze Arbeitskraft einsetzen...
Ich wünsche Dir einen guten Schutzengel, der Dich überall hin begleitet und Dich vor allem
Bösen schützt...
Liebe Anne, ich drücke Dich im Geiste und schicke Dir ganz liebe Grüße. Werde bald
gesund und wieder so froh wie eh und jeh."
Frau V wechselte in der zweiten Jahreshälfte 1999 zu der Beklagten zu 1), wo sie Leiterin
des Personalmanagements wurde. Auf Initiative von Frau V bewarb auch die Klägerin sich
bei der Beklagten zu 1).
Das Arbeitsverhältnis mit der T wurde durch Aufhebungsvertrag zum 31.12.1999 beendet.
Die Klägerin wurde bereits ab dem 01.11.1999 freigestellt, so dass sie die Arbeit bei der
Beklagten zu 1) beginnen konnte.
In dem Aufhebungsvertrag (Anlage B 7) heißt unter "Abwicklung":
"T zahlt Frau W eine Prämie in Höhe von 50.000,00 DM brutto. Diese wird fällig mit
Zahllauf Oktober. Frau W erhält per Unterzeichnung einen Verrechnungsscheck in Höhe
des voraussichtlichen Nettobetrages der Abfindung."
In einem Vermerk des für die T Herrn O vom 21.09.1999 heißt es dazu:
"Am 10.09.1999 sprach ich mit Frau W die Sache nochmals durch, nachdem Dr. M einer
Aufhebung, auch mit Freistellung und Abgeltung zustimmte. Der von mir unterbreitete
Entwurf sah keine Zahlung vor. Damit war sie nicht einverstanden. Sie erläuterte mir
nochmals ihre gesundheitliche Situation und die Auswirkungen ihrer anerkannten
Schwerbehinderung. Auf die Frage hin, was sie sich vorstelle (50.000,00 DM netto),
einigten wir uns auf 50.000,00 DM brutto und Freistellung mit Ablauf des 14.09.1999.
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Ich sah sodann in dem Entwurf die Zahlung einer Abfindung vor. Frau W zog sich zurück
und sprach den Entwurf mit einer mir nicht bekannten Person durch. Danach wollte sie
lediglich das Wort Abfindung durch das zunächst von ihr im Entwurf vorgesehene Wort
Prämie ersetzt haben. Sodann wurde der Vertrag ... unterzeichnet. Ferner wurde Frau W
auf ihren dringlichen Wunsch hin ein Verrechnungsscheck in Höhe des voraussichtlichen
Nettobetrags ausgehändigt."
Die Klägerin hat dazu erläutert, natürlich sei ihr bekannt gewesen, dass sie bei einer
Abfindung einen Betrag bis zu 16.000,00 DM netto habe ausgezahlt bekommen können.
Hierauf habe sie aber bewusst verzichtet, weil sie sich ihre Betriebszugehörigkeit bei der T
G nicht habe bezahlen lassen wollen. Insoweit sehe sie die Prämie von 50.000,00 DM
brutto mehr als Schadensersatz dafür an, wie sich ihr damaliger Arbeitgeber ihr gegenüber
verhalten habe. Deshalb habe die auch darauf bestanden, dass nicht eine Abfindung,
sondern eine Prämie gezahlt werde.
Frau V war die Zahlung der Prämie bekannt. Die Beklagte zu 1), nach deren Vorbringen
Frau V nicht mit Vertretungsmacht für diese handelte, sondern nur als Botin für die Klägerin
tätig gewesen sein soll, hat dazu vorgetragen, Frau V habe dem für die Beklagte zu 1) bei
dem Abschluss des Arbeitsvertrages mit der Klägerin vertretungsbefugt handelnden Herr R
von der Zahlung der 50.000,00 DM Mitteilung gemacht, wisse aber nicht mehr, ob dies vor
oder nach der Unterzeichnung der Arbeitsverträge geschehen sei.
Nachdem der Klägerin zunächst ein Vertragsangebot unter dem 21.09.1999 gemäß Anlage
B 1 zum Schriftsatz der Beklagen vom 16.06.2000 zur Unterschrift übersandt worden war,
welches bereits von Beklagtenseite unterschrieben war und von der Klägerin unter dem
07.10.1999 unterschrieben wurde, wurde von beiden Seiten festgestellt, dass es sich
hierbei um einen Vertragstext handelte, den Arbeitnehmer oder Beamte erhalten, die von
der D T einer Tochtergesellschaft wechseln. Mit dem unter dem 14.10.1999 datierten
Schreiben (Anlage B 2) wurde der Klägerin ein neuer Vertragstext zugesandt. In diesem
Schreiben heißt es:
"Leider ist uns bei der Ausfertigung ihres Arbeitsvertrages ein Fehler unterlaufen.
Beim Wechsel einer Beschäftigten zur Kabel Deutschland GmbH, die ihren Einstieg in die
"Telekom Konzern Welt" über einen Externeinstieg bei einem Tochterunternehmen
begonnen hat, ist der Ihnen in der Anlage beigefügte Arbeitsvertrag auszustellen.
Wir bitten, unseren Fehler zu entschuldigen.
Senden Sie uns bitte ein unterzeichnetes Exemplar dieses Arbeitsvertrages, inklusive Ihres
alten Vertragsexemplars, den wir der Vernichtung zuführen werden, bis spätestens
29.10.1999 zu."
Der von der Beklagten als Anlage B 3 als zugehörig vorgelegte Vertragstext sieht in § 2
Folgendes vor:
1. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01. November 1999 und ist unbefristet.
1. Auf die Probezeit wird einvernehmlich verzichtet.
1. Nach Ablauf der Probezeit endet das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung
unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Monatsende.
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Die Kündigungsfrist seitens des Arbeitgebers beträgt nach einer Betriebzugehörigkeit der K
D G von mindestens drei Jahren 2 Monate mindestens fünf Jahren 4 Monate mindestens
acht Jahren 5 Monate mindestens zehn Jahren 6 Monate mindestens zwölf Jahren 7
Monate
jeweils zum Ende eines Kalendermonats. Bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit
werden Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht
berücksichtigt. Die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bei der T wird jedoch als
Betriebszugehörigkeit beim Arbeitgeber anerkannt und bei der Berechnung der
Betriebzugehörigkeit bei der K D G berücksichtigt."
Dieser Vertrag war für die Beklagte vom Geschäftsführer Drücker und von Herrn Ritterbach
unterschrieben.
Auf dem der Beklagten vorliegenden Exemplar, welches die beiden erstgenannten
Unterschriften sowie die Unterschrift der Klägerin enthält (Anlage B 4) ist der erste Satz
unter Ziffer 3 durchgestrichen, wobei sich am rechten Rand eine Paraphe findet, von der
die Beklagte behauptet, sie stamme von der Klägerin, was die Klägerin ebenso bestreitet
wie die Behauptung der Beklagten, die Klägerin selbst habe den Satz durchgestrichen.
Das in der Personalakte der Beklagten befindliche Exemplar des Vertrages enthält auf
allen Seiten außer Seite 2 eine mit schwarzem Kugelschreiber geschriebene Paraphe der
Sachbearbeiterin S . Auf Seite 2 findet sich ein blaues Paraphenkürzel, das ebenso
aussieht, wie das auf den anderen Seiten befindliche Kürzel der Frau S . Nach Vortrag der
Klägerin sieht es auf dem bei ihr befindlichen Originalexemplar ebenso aus.
Als Vorlage für den Arbeitsvertrag wurde ein Text benutzt, wie er als Bl. 256 ff. d. A. von der
Klägerin vorgelegt wurde. Dieses gilt nach Vortrag der Beklagten zu 1) bis auf die erste und
letzte Seite. Unter § 2 Nr. 2 heißt es in dieser Vorlage:
"Die Probezeit beträgt sechs Monate. Innerhalb der Probezeit ist das Arbeitsverhältnis
jederzeit von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende ohne
Angabe von Gründen kündbar."
Ab dem 23.11.1999 war die Klägerin zunächst nicht mehr bei der Beklagten zu 1) tätig, weil
sie einen Tag Urlaub hatte und dann ins Krankenhaus ging. Frau V war zu diesem
Zeitpunkt bereits krankgeschrieben, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat,
wegen einer psychischen Erkrankung. Die Klägerin musste sich einer Unterleibsoperation
unterziehen. Ebenfalls von der Beklagten unwidersprochen hat sie dazu vorgetragen,
dieses habe seinerzeit wegen der Hormonumstellung zu erheblichen psychischen
Problemen geführt.
Frau V rief die Klägerin seinerzeit spätabends an, um mit ihr über ihre Probleme bei der
Beklagten zu 1) zu diskutieren. Die Klägerin, die ebenfalls psychische Probleme und Angst
hatte, dass bei der Operation Krebs gefunden worden seien, erklärte eines Abends Frau V ,
sie solle sie doch bitte mit diesen Problemen in Ruhe lassen, sie müsse sich zunächst
erholen. Dieses führte zum Ende des freundschaftlichen Verhältnisses. Nach Vortrag der
Klägerin verwandelte sich dieses in ein Hassverhältnis. Unstreitig wechselten beide
Damen vom "Du" zum "Sie."
Vom 24.11.1999 bis zum 28.01.2000 hatte die Klägerin eine krankheitsbedingte Fehlzeit.
Ebenso später vom 14.02. bis 18.02., 14.03 bis 17.03., vom 22.03. bis 14.04., vom 18.05.
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bis 19.05. und 22.05. bis 26.05.2000 (Angaben gemäß Anlage B 14).
Unter dem 24.01.2000 (Bl. 32 d. A.) wurde der Klägerin eine von Herrn R und Frau V
unterzeichnete Abmahnung erteilt. Darin heißt es, eine Frau W habe sich über das
Verhalten der Klägerin am Telefon beklagt. Die Klägerin habe ihr eine Antwort in einem
barschen und kundenunfreundlichen Ton gegeben. Dadurch habe die Klägerin dem
Unternehmen und insbesondere dem Personalmanagement im Kundenkontrakt einen
großen Imageschaden zugefügt.
Der inzwischen eingeschaltete heutige Prozessbevollmächtigte der Klägerin verlangte
unter dem 09.02.2000 (Bl. 34/35 d. A.) die Entfernung der Abmahnung aus der
Personalakte. Darin wird u. a. gerügt, dass der Vorwurf unsubstantiiert sei und sich der
angebliche Vorfall nicht zeitlich eingeordnet werde. Die Klägerin könne sich nicht daran
erinnern, überhaupt mit Frau Wiesner geredet zu haben, geschweige denn in einem
barschen oder kundenunfreundlichen Ton.
Mit Email vom 09.02.2000 teilte die Klägerin Herrn D mit, dass sie am nächsten Tag außer
Hauses sei. Der Grund seien zwei Personalgespräche bei der D T A . Die Dauer sei ihr
nicht bekannt, es stehe aber zu erwarten, dass es spät werde. Darauf erwiderte Frau V mit
Mail vom gleichen Tage:
"Sehr geehrte Frau W , bitte legen Sie mir heute noch bis 12:00 Uhr ihren
Gleitzeiterfassungsbogen vor, damit ich ersehen kann, ob sie über Gleitzeitguthaben
verfügen, da sonst ein Urlaubstag angerechnet werden muss."
Hierauf entgegnete die Klägerin mit folgender Mail:
"Sehr geehrte Frau V , den Gleitzeiterfassungsbogen werde ich Ihnen am Ende des Monats
vorlegen. Nur dann ist er aussagekräftig und kann Soll gegen Ist ausweisen.
Für Personalangelegenheiten muss einem Mitarbeiter entsprechende Zeit eingeräumt
werden, sofern er sie nicht außerhalb der Arbeitszeit erledigen kann.
Ebenso verhält es sich mit Arztbesuchen. Hier haben sie die Möglichkeit (falls Sie die
Richtigkeit in Zweifel ziehen) eine amtsärztliche Untersuchung zu fördern."
Darauf hin schrieb Frau V folgende Mail zurück:
"Sehr geehrte Frau W , bezugnehmend auf Ihre Mails fordere ich Sie hiermit
unmissverständlich auf, mir schriftlich zu erklären, was ich unter den beiden
Personalgesprächen zu verstehen habe.
Sofern es sich dabei um Bewerbungsgespräche handelt, möchte ich die Einladungen
hierzu sehen! Den Grund Ihrer Abwesenheit möchte ich eindeutig nachgewiesen haben.
Für den Fall, dass Sie "im Auftrag" der K außer Haus Termin wahrnehmen, muss ich Sie
nicht gesondert darauf aufmerksam machen, dass mir hierzu ein Dienstreiseantrag
vorgelegt werden muss.
Ihre Antwort mit den entsprechenden Belegen erwarte ich heute noch bis 16:00 Uhr.
Des weiteren haben Sie sich ab sofort bei mir persönlich an- und abzumelden. Sofern ich
nicht persönlich im Büro anwesend sein sollte, akzeptiere ich nur die An- bzw. Abmeldung
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über Herrn D . Abmeldungen erfolgen ab sofort nur noch schriftlich mit klarer Begründung.
sämtliche Abwesenheitszeiten (z. B. Arztbesuche) sind von Ihnen mit Beleg bei mir zu
dokumentieren.
Den Gleitzeiterfassungsbogen legen Sie mir ebenfalls bis 16:00 Uhr vor. Ich möchten den
Zwischenstand sehen."
Unter dem 16.02.2000 wurde der Klägerin diesbezüglich eine Abmahnung erteilt (voller
Text: B 19). Darin wird u. a. gerügt, dass die Klägerin ihren Gleitzeitbogen nicht vorgelegt
habe. In dem von Frau Vogt und Herr Ritterbach unterzeichneten Schreiben heißt es u. a.:
"Ich weise Sie darauf hin, dass es zu meinen Aufgaben als Leiterin im
Personalmanagement gehört, jederzeit Kenntnis darüber zu haben, wie der Stundenstand
des einzelnen Mitarbeiters aussieht."
Weiter wird gerügt, dass keine näheren Auskünfte zu den Personalgesprächen gegeben
worden seien. Weiter heißt es:
"Des weiteren haben Sie meine Anweisungen, sich ab sofort bei mir an- und abzumelden,
missachtet."
Am selben Tage erhielt die Klägerin eine weitere Abmahnung, in der der Klägerin
vorgeworfen wird, am 09.02.2000 ihr Büro nicht abgeschlossen zu haben.
Unter dem 23.02.2000 schrieb der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte
(Bl. 57/58 d. A.). Darin heißt es:
"Unsere Mandantin ist seit dem 01.11.1999 Mitarbeiterin der K D G . Sie wurde
Mitarbeiterin aufgrund der Empfehlung der Frau V . Unsere Mandantin wurde als
Personalsachbearbeiterin eingestellt. Frau V war dann erkrankt. Unsere Mandantin
erkrankte dann leider auch und musste einen längeren Krankenhausaufenthalt in der Zeit
vom 25.11.1999 bis 30.01.2000 über sich ergehen lassen. Unsere Mandantin hätte lieber
gearbeitet, aber aufgrund der Unterleibserkrankung unserer Mandantin, war eine Operation
unumgänglich, da ansonsten Lebensgefahr für unsere Mandantin bestanden hätte.
Unsere Mandantin muss feststellen, dass sie nach Rückkehr aus ihrer Krankheit, keinerlei
Arbeiten als Personalsachbearbeiterin mehr erhalten hat, sondern an ihrem Schreibtisch
sitzt ohne jedes Aufgabengebiet. In der Personalabteilung der Frau V sind zwei neue
Mitarbeiterinnen eingestellt worden. Unsere Mandantin erhält aber keinerlei Arbeit. Unsere
Mandantin ist aber nicht bereit, nur die Zeit bei K D abzusitzen, sondern will eine
Arbeitsleistung erbringen, die ihrer Stellenbeschreibung entspricht, als auch ihre
Entlohnung.
Unsere Mandantin bittet daher darum, dafür zu sorgen, dass sie Arbeit erhält, die ihrer
Qualifizierung und Stellenbeschreibung entspricht und nicht für das Kopieren von
Personalakten, alleine eingesetzt wird. Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass unsere
Mandantin gerne bereit ist, mal eine Personalakte zu kopieren. Dieses darf aber nicht die
alleinige Tätigkeit sein.
Unsere Mandantin wird gezwungen sein, ihr Recht auf Arbeit vor dem Arbeitsgericht
geltend zu machen, soweit sich nichts ändert. Unsere Mandantin bittet Sie darum, bis zum
08.03.2000 eine Regelung zu finden.
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Wir bedanken uns bereits jetzt im Namen unserer Mandantin für Ihre Bemühungen."
Darauf entgegnete Frau Vogt mit folgendem Schreiben:
"Sehr geehrter Herr v H ,
ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom 23.02.2000, welches ich als Leiterin
Personalmanagement und Vorgesetzte von Frau W am 07.03.2000 erhalten habe.
Die von Ihnen gesetzte Frist, Frau W bis zum 08.03.2000 eine ihrer Qualifikation
entsprechende Aufgabe zuzuweisen, kann leider nicht eingehalten werden, da sich Ihre
Mandantin bis zum 14.03.2000 in Urlaub befindet.
Offenbar hat Sie Frau W hierüber nicht informiert."
Unter dem 13.03.2000 wurde eine weitere Abmahnung erstellt, deren Annahme die
Klägerin verweigerte, so dass sie der Klägerin mit der Post zugestellt wurde. Darin wird der
Klägerin vorgeworfen, ihr sei am 08.02.2000 per Mail in Auftrag gegeben worden, die
Personalakten gemäß dem ihr vorliegenden Deckblatt für die Niederlassung B anzulegen.
Sie habe in ihrer Antwort vom 09.02.2000 darauf hin mitgeteilt, dass sie das Übertragen der
vorhandenen Akten in neue Akten als reine Hilfsarbeit betrachte, die sie gerne in Notfällen
miterledige. Des weiteren habe die Klägerin sie, Frau V , darauf hingewiesen, dass sie sie
am 31.01.2000 um Arbeitsanweisung gemäß Stellenbeschreibung gebeten habe. Die
Klägerin sei am 28.02.2000 erneut auf die Dringlichkeit des Anlegens der Personalakte
hingewiesen worden, die sie gemeinsam mit einer Zeitarbeitskraft habe erledigen solle
(voller Text Bl. 12 d. A.).
Hierzu ist unstreitig, dass die vorhandenen Personalakten mit braunem Aktendeckel in
einen grünen Leitzordner mit Klarsichtdeckel und zwischen Einschubblättern umsortiert
werden sollten. Hierbei handelte es sich um alle Personalakten, die es bei der Beklagten
zu 1) für die Abteilung gab. Die Tätigkeit bestand darin, die Akten aus einem Ordner
herauszunehmen und in einen zweiten zu heften.
Der Klägerin waren zu diesem Zeitpunkt keine eigenen Personalakten zur Bearbeitung
zugewiesen. Sie sollte die Akten für die anderen Sachbearbeiter und Zeitarbeitskräfte
umsortieren. Eine Zeitarbeitskraft, Frau A , hatte sich geweigert, diese Arbeiten
durchzuführen. Frau V war vom 28.02. bis 03.03.2000 krank. In der Zwischenzeit war auf
Anweisung von Frau F nicht mehr an den Akten gearbeitet worden. Die Zeitarbeitskraft, A ,
hatte sich über die minderwertige Arbeit bei ihrem Arbeitgeber beschwert. Am Montag, den
06.03.2000, hatte sich Frau A krank gemeldet. Daraufhin wurde von Frau V der Vertrag mit
der Zeitarbeitsfirma gekündigt. Frau F hat es abgelehnt, die Maßnahmen durchzuführen, da
die Akten im Keller nicht abgelegt werden konnten.
Am 14.03., an dem die Klägerin sich geweigert hatte, das Abmahnungsschreiben vom
13.03. anzunehmen, wies Frau V die Klägerin an, die seit Monaten aufgelaufenen
Reisekostenanträge zu bearbeiten und verwies dazu auf den angesammelten Stoß an
Anreisekostenabrechnungsunterlagen. Sie erklärte der Klägerin: "Das machen Sie jetzt."
Die Klägerin erklärte, dass sie diese Arbeit nicht erbringen könne, weil sie hierfür nicht
geschult sei. Auf den Stapel Anreisekostenabrechnungsunterlagen verweisend erklärte die
Klägerin weiter: "Und die nehme ich nicht mit."
Die Klägerin verließ sodann das Büro der Frau V und begab sich in ihr Büro, um mit ihrem
Rechtsanwalt zu telefonieren. Kurze Zeit später teilte sie Frau V mit, dass sie das Büro
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wegen akuter Kreislaufprobleme verlassen müsse. Die Klägerin hat dazu unwidersprochen
vorgetragen, sie habe einen Kreislaufkollaps erlitten.
Unstreitig ist dazu ferner, dass die Klägerin nicht an dem System SAP geschult war, das für
die Bearbeitung der Reisekostenanträge eingesetzt werden sollte. Demgegenüber waren
Frau V , Herr D und Frau F zu einem dreitägigen Lehrgang in M , um sich hinsichtlich der
Abrechnung der Reisekosten über das System SAP schulen zu lassen. Die Klägerin hatte
diese Einladung nicht erhalten. Sie war zum damaligen Zeitpunkt erkrankt.
Mit Schreiben vom 14.03.2000 (Bl. 60/61 d. A.) übertrug Frau V der Klägerin schließlich
eine Reihe von Tätigkeiten. Die Klägerin antwortete mit Fax vom 16.03.2000 (Bl. 125/126
d. A.), dass sie sich freue, dass ihr nunmehr ein Teil gemäß Stellenbeschreibung als
Tätigkeit zugewiesen werde. Zu einzelnen Punkten wird in diesem Schreiben
Klärungsbedarf festgestellt. Zu den Reisekosten wird nochmals darauf hingewiesen, dass
ohne eine entsprechende Anweisung zur SAP und vor allem Zugangsberechtigung zu SAP
die Arbeit nicht durchgeführt werden könne.
Mit Schreiben vom 15.03.2000 hatte die Beklagte bereits den Betriebsrat zur Kündigung
der Klägerin angehört (Bl. 25/26 d. A.). Darin wird die Auffassung geäußert, dass die
Kündigung einer Begründung nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht bedürfe. Dem
stehe auch nicht die Vereinbarung entgegen, wonach zwischen Frau W und der Beklagten
auf eine Probezeit verzichtet werden solle, da der Verzicht auf eine Probezeit in gleicher
Weise wie eine Verkürzung der Probezeit auf eine Frist von unter sechs Monaten lediglich
zur Folge habe, dass damit die entsprechend § 622 Abs. 3 BGB verkürzten
Kündigungsfristen nicht gelten.
Unabhängig davon werde als Grund des Kündigungsentschlusses angeführt, dass das
Verhältnis zu Frau W nachhaltig gestört sei und insoweit auf die Abmahnungsschreiben
verwiesen. Darin gehe es auch um die Weigerung, Arbeitsanweisungen zu befolgen. Ein
solches Fehlverhalten habe die Klägerin noch am 14.03. wiederholt, in dem sie sich
geweigert habe, entgegen eine von Frau V gegebenen Anweisung vorliegende
Reisekostenabrechnungen zur Bearbeitung mitzunehmen.
Der Betriebsrat wiedersprach mit Schreiben vom 23.03.2000 (Bl. 27/26 d. A.). Darin heißt
es u. a.:
"Nach Anhörung beider Seiten kann die Einschätzung allenfalls lauten, dass das
persönliche Verhältnis zwischen der Leiterin des Personalmanagements, Frau A V und der
Personalsachbearbeiterin, Frau A W , gewissen Disharmonien unterworfen ist.
Die Analyse des Sachverhaltens der Abmahnungsschreiben führt darüber hinaus zu der
Erkenntnis, dass diese zum Teil unsubstantiiert sind, o der aber Sachverhalte verzerrt, zu
Ungunsten von Frau W wiedergeben. Somit drängt sich der Verdacht auf, dass hiermit
Kündigungsgründe für eine "in Ungnade gefallende" Mitarbeiterin konstruiert werden.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass Frau W seit Wiederaufnahme der Arbeit am
31.01.2000, nach ihrer Erkrankung, von sinnvollen Aufgaben ferngehalten wird. So werden
z. B. Zeitkräfte mit fachlich qualifizierten Aufgaben betraut, während die zuständige
Fachkraft, Frau W mit Hilfs- und Zuarbeiten, bzw. Arbeiten nach Anweisung der als
Aushilfen anzusehenden Zeitarbeitskräfte beauftragt wird. Diese Maßnahmen sind eher
dem Bereich "Mobbing" denn einer sinnvollen Beschäftigung zuzuordnen. Hier zeichnet
sich überdies ein durch vergleichbare Fälle zu belegendes Verhaltensmuster in der K D G
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ab.
Des weiteren erklärt Frau W eindeutig, dass sie sehr wohl gewillt ist, sowohl in dem
Bereich weiter zu arbeiten, als auch die Leiterin des Personmanagements, Frau V , in
vollem Umfang als ihre weisungsbefugte Vorgesetzte anzuerkennen, sofern sie
entsprechend ihrem Sachgebiet eingesetzt würde und "Sonderbehandlungen" im
vorstehend erwähntem Stil unterblieben.
Dessen ungeachtet bestünde sehr wohl die Möglichkeit, Frau W aufgrund ihrer
umfangreichen Qualifikation auf einem anderen freien Arbeitsplatz - z. B. im
Rechnungswesen - innerhalb der K D G einzusetzen. Diese Möglichkeit wurde aber von
vornherein außer betracht gelassen.
Es zeugt nicht gerade von sozialem Verhalten eines fürsorglichen Arbeitgerbers, eine 55-
jährige schwerbehinderte Arbeitnehmerin aufgrund von Disharmonien in Bezug auf eine
Person in die Arbeitslosigkeit zu entlassen."
Mit Schreiben vom 23.03.2000, das der Klägerin am selben Tag zuging, kündigte die
Beklagte zum 30.04.2000. Mit Schreiben vom 30.03.2000 (Bl. 24 d. A.) stellte sie richtig,
dass aufgrund des Arbeitsvertrages die Kündigungsfrist bis zum 31.05.2000 dauere und
daher das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt enden solle.
Seit dem 01.06.2000 ist Frau V nicht mehr Leiterin des Personalwesens, sondern zur
Sachbearbeiterin herabgestuft worden.
Mit Wirkung zum 01.07.2000 hat die Beklagte den Betrieb ihrer Niederlassung N W , in der
die Klägerin ausschließlich beschäftigt war, vollständig und insbesondere einschließlich
des vollständigen Kabelnetzes als auch der zugehörigen technischen Infrastruktur und der
Administration auf die unter der gleichen Adresse wie bislang residierende K N G
übertragen. Diese wurde zwischenzeitlich in i G umbenannt. Diese ist mit Schriftsatz vom
28.01.2002 (Bl. 375/376 d. A.) dem Rechtstreit "auf Seiten der Beklagten... als Partei"
beigetreten, um einen Auflösungsantrag gemäß § 9, 10 KSchG zu stellen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne sich aufgrund der vertraglichen
Abrede in § 2 auf den Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes berufen. Das
Thema des allgemeinen Kündigungsschutzes sei auch mit Frau V vor Unterzeichnung des
letztgültigen Arbeitsvertrages ausführlich erörtert worden. Bereits während der Bewerbung
habe sie, die Klägerin, Frau V erklärt, dass sichergestellt sein müsse, dass die Zusage
erteilt werde, auf eine Probezeit zu verzichten und die Betriebszugehörigkeit bei T G bei ihr
anzurechnen. Sie habe Frau V erklärt, sie wolle es vermeiden, in ihrem Alter die Kündigung
zu erhalten, ohne entsprechenden Kündigungsschutz zu haben. Dann würde sie lieber bei
T bleiben, da aufgrund ihrer Schwerbehinderung eine Kündigung sehr erschwert wäre.
Als ihr, der Klägerin, die kurze erste Version des Arbeitsvertrages zugegangen sei, habe
sie dieses gegenüber Frau V angesprochen. Daraufhin habe am 08.10.1999 in einem
italienischen Restaurant mit Frau V ein Gespräch stattgefunden. Dort habe sie, die
Klägerin, darauf hingewiesen, dass dies der falsche Vertragstyp sei und zudem darauf
hingewiesen, dass eine Probezeitvereinbarung für sie nicht in Betracht käme,
insbesondere mit Rücksicht auf ihren Status als Schwerbehinderte bzw. auch mit Rücksicht
auf ihre Zugehörigkeit bei T . Daraufhin habe Frau V zugesichert, ihr einen geänderten
Vertrag zukommen zu lassen. Dies sei dann in der Folgezeit geschehen. Zunächst habe
sie, die Klägerin, die Langfassung des Vertrages ohne Streichung des Probezeitpassus
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erhalten. Daraufhin habe sie sich wiederum an Frau V gewandt, um dies zu monieren. Frau
V habe darauf hin neue Fehler eingeräumt und die Korrektur zugesichert. Später habe sie,
die Klägerin, dann die erneute Langfassung erhalten, in der Probezeitpassus
durchgestrichen gewesen sei.
Zu der Abmahnung vom 24.01.2000 bestreitet die Klägerin weiterhin, mit Frau S W
überhaupt ein Gespräch geführt zu haben. Der Betriebsratsvorsitzende der Beklagten habe
ihr, der Klägerin, später erklärt, Frau W habe sich überhaupt nicht über Frau W l beschwert,
sondern über ein Gespräch mit Frau V . Sie habe sich über deren unkollegialen Ton
beschwert. Im Übrigen sei der angebliche Vorfall aus der Abmahnung weder inhaltlich
noch zeitlich substantiiert.
Zur Abmahnung vom 16.02.2000 wegen Nichtvorlage entsprechender Belege für die
angekündigte Abwesenheit am 10.02.2000 weist die Klägerin darauf hin, dass die Beklagte
mit ihren Mitarbeitern die gleitende Arbeitszeit vereinbart habe und als Grundlage die
Regelungsabsprache der Deutschen Telekom AG (Bl. 36 ff. d. A.) gelte. Dieses ist als
solches unstreitig. Danach kann der Mitarbeiter innerhalb eines Zeitfensters von 06:00 Uhr
morgens bis 20:00 Uhr seine Arbeitsleistung erbringen. Ein Arbeitszeitguthaben von 48
Stunden ist zulässig aber auch Arbeitszeitschulden bis 32 Stunden.
Das Verlangen von Frau V , den Gleitzeiterfassungsbogen bis 16:00 Uhr vorzulegen,
wiederspreche deren eigener Anweisung vom 02.02.2000 (Bl. 52 d. A.), in welcher alle
Mitarbeiter der Abteilung angewiesen seien, bis zum ersten eines jeden Monats den
Gleitzeiterfassungsbogen vorzulegen. Die Anweisung, bei Inanspruchnahme eines
Gleittages oder von Gleitstunden, Arztberichte oder Einladung von Bewerbungsgesprächen
vorzulegen, verstoße gegen die Regelungsabsprache. Das Verlangen an die Klägerin,
sofort das Zeitkonto vorzulegen, verstoße gegen die eigene Anweisung vom 02.02.2000.
Im Übrigen sei Frau V bekannt gewesen, dass sie, die Klägerin, ein Guthabenkonto gehabt
habe, da sie, die Klägerin, wie verlangt am 03.02.2000 den Gleitzeiterfassungsbeleg
bereits vorgelegt habe. Auch diesen letzteren Vortrag hat die Beklagte nicht bestritten. Auf
den von Frau V unterschriebenen Gleitzeitauszug (Bl. 53 d. A.) wird Bezug genommen.
Das aktuelle Zeitkonto hatte ein Guthaben von 32,15 Stunden.
Schließlich verweist die Klägerin darauf, dass - was als solches ebenfalls unstreitig ist - die
Anweisung, sich bei seinem Vorgesetzten persönlich abzumelden, kein anderer Mitarbeiter
der Beklagten erhalten hatte. Sie, die Klägerin, habe sich trotzdem grundsätzlich an die
Weisung gehalten, weil das ihr Prozessbevollmächtigter ihr geraten habe. Am 09.02. habe
die Klägerin Frau V aber nicht angetroffen, weil sie ebenso wie Herr D in einer
Besprechung gewesen sei und nicht zu stören gewesen sei. Sie, die Klägerin, habe wegen
dringender persönlicher Erledigungen dringend gehen müssen. Auch diesen Vortrag hat
die Beklagte nicht bestritten.
Zu der weiteren Abmahnung vom 16.02.2000 (Nichtbeachtung von datenschutzrechtlichen
Bestimmungen) hat die Klägerin auf folgende unstreitigen Tatsachen hingewiesen: In der
Abteilung gab es zwei Faxgeräte, eines stand im Büro der Klägerin, eines im Büro von Frau
V . Das im Büro der Klägerin wurde von allen Mitarbeiterinnen der Abteilung benutzt.
Deshalb waren weitere Schlüssel im Umlauf. In dem Büro der Klägerin befanden sich, da
sie diese nicht zur Bearbeitung erhielt, keine Personalunterlagen. Es befanden sich dort
nur wenige Ordner, die Musterverträge (blanko), Tarifverträge u. ä. enthielten.
Schließlich behauptet die Klägerin, sie habe am 09.02. um 15:15 Uhr ihr Büro verlassen
und sehr wohl die Bürotür abgeschlossen. Sie könne sich deshalb gut daran erinnern, weil
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sie ihren Regenschirm in ihrem Büro vergessen gehabt habe und deswegen noch einmal
ihre Bürotür habe aufschließen habe müssen. Da sie die Hände mit einer Handtasche und
einer schwarzen Tragetasche voll gehabt habe, habe sie beim Herausgehen und beim
zweiten Zuschließen erhebliche Mühen gehabt. Sie müsse daher davon ausgehen, dass
nach 15:15 Uhr jemand ihr Büro betreten habe, um ein Fax zu versenden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentlichen Kündigung vom
23.03.2000, zugegangen am selben Tage, nicht aufgelöst worden ist, sondern über den
30.04.2000 fortbesteht;
1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 24.01.2000 aus der Personalakte der
Klägerin zu entfernen;
1. Die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 16.02.2000, wegen Nichtvorlage
entsprechender Belege für die angekündigte Abwesenheit am 10.02.2000, aus der
Personalakte der Klägerin zu entfernen;
1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 16.02.2000, wegen Nichtbeachtung
von datenschutzrechtlichen Bestimmungen, aus der Personalakte der Klägerin zu
entfernen;
1. die Beklagten zu verurteilen, die Abmahnung vom 13.03.2000 aus der Personalakte
der Klägerin zu entfernen;
1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Personalsachbearbeiterin mit dem
Aufgabengebiet
Durchführung von Ausschreibungsverfahren (Jobbörse, Bewerberlisten und Statistiken
führen)
Personaladministration (Personalakten führen, ÜZ-, EU-Krankenstatistiken erstellen)
Personalberatung im Betreuungsbereich
Beteilung Betriebsrat und weiterer Schriftwechsel
Reisekosten abrechnen
Daten für die Gehaltsabrechnung bereitstellen
zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise hat die Beklagte zu 1) beantragt, das Arbeitsverhältnis gegen Festsetzung einer
Abfindung durch Urteil gemäß § 9, 10 KSchG aufzulösen.
Die Beklagte zu 1) hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne sich nicht auf den
Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes berufen. Die Betriebzugehörigkeit bei
der Firma T sei nicht zugunsten der Klägerin bei der Berechnung der Wartezeit
anzurechnen.
Im Übrigen habe die Klägerin selbst den Probezeitpassus in der Vertragsversion gemäß
Anlage B 4 gestrichen und paraphiert. Die Beklagte zu 1) meint, der Vertrag sei deshalb
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nicht wirksam zustande gekommen, da die Klägerin mit der Streichung oder Änderung des
ursprünglichen Vertragstextes ein eigenes Angebot gemacht habe. Dieses sei seitens der
Beklagten nicht angenommen worden. Eine von beiden unterzeichnete
Vertragsausfertigung liege lediglich in der Form des Vertrags vom 21.09.1999 vor.
Selbst wenn der Vertragstext gemäß Anlage B 4 mit der Streichung des Probezeitpassus
Geltung erlangt habe, sei die Betriebszugehörigkeit bei der Firma T nicht hinzuzurechnen.
Eine entsprechende Zusicherung habe auch Frau V nicht gegeben. Die Behauptungen der
Klägerin seien frei erfunden. Der Vertragstext sei ohne zutun der Klägerin aufs Papier
gekommen.
Sie, die Beklagte zu 1), könne heute keine Erklärung dazu abgeben, warum nun gerade die
Seite mit dem § 2 blau und nicht wie die übrigen Seiten schwarz paraphiert sei. Das in der
Personalakte der Beklagten befindliche Originalexemplar, welches auf Seite 2 die
paraphierte Durchstreichung enthalte (Kopie B 4) sei identisch mit dem Exemplar, welches
Frau S ohne die Durchstreichung zuvor mit Anschreiben vom 14.10. an die Klägerin
herausgeschickt habe; dieses ergebe sich aus einem Vergleich der Paraphe auf der
gezogenen Kopie gemäß Anlage B 3 mit der Paraphe auf dem Original in der Anlage B 4.
Daraus ergebe sich weiter, dass die Durchstreichung nach der Paraphe unten auf der Seite
erfolgt sei. Die Herren D und R hätten am 06.10. ausweislich der Anlage B 3 den Vertrag
gleich mit der blauen Paraphe auf Seite 2 aber ohne Durchstreichung des ersten Satzes in
§ 2 Abs. 3 unterschrieben.
Im Übrigen könne die Frau S sich nicht mehr erinnern, in diesem Falle eine Seite
ausgetauscht zu haben. Das sei zwar nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich. Sie
könne sich für andere einzelne Fälle für Vertragsabschlüsse daran erinnern, solches getan
zu haben. Hier indessen sei der Text der Seite nicht verändert worden. Aufgrund einer
heute noch am Computerarbeitsplatz bei Frau S befindlichen abgespeicherten
Sicherungskopie vom 05.10.1999 könne diese uneingeschränkt bestätigen, dass der
geschriebene Vertragstext niemals verändert worden sei.
Der in der Personalakte befindliche Originalvertrag sei einmal entheftet worden und zwar
nach Erinnerung der Zeugin Schwarz durch diese selbst, als sie den Vertrag nach einigen
Tagen nach der Unterzeichnung, wahrscheinlich am 14.10., wieder auf den Tisch
bekommen habe und ihn kopiert habe. Dementsprechend habe das Kopieexemplar
(Anlage B 3) oben links keine schwarzen Ecken.
Zu ihrem Auflösungsantrag hat die Beklagte zu 1) erstinstanzlich vorgetragen, in dem
Arbeitsverhältnis sei es schon nach kürzester Zeit zu erheblichen Störungen gekommen.
Selbst während dieser Zeit hätten die Arbeitsvertragsparteien wegen krankheitsbedingter
Arbeitsunfähigkeiten der Klägerin und Ausfall aufgrund von Gleittagen und Urlaub nur
einen geringen Teil zusammen gearbeitet. Außer der bereits genannten Korrespondenz
ergäben sich die täglichen Reibereien und das tägliche "Klein/Klein" aus der Schilderung
folgender Vorfälle:
Frau V habe die Klägerin Mitte November angewiesen, einen Arbeitsvertrag für eine neu
einzustellende Arbeitnehmerin B befristet für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum 30.12.2000
zu fertigen. Die Klägerin habe sich über diese Anweisung hinweggesetzt und eigenmächtig
den 31.12.2000 eingesetzt. Hierauf von Frau V angesprochen habe sie keinerlei Einsicht
gezeigt.
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Die Beklagte zu 1) hat sich weiter auf ein Email der Klägerin an Herrn Glaser vom
10.01.2000 (B 15) bezogen. Darin habe die Klägerin einen unkollegialen Tonfall
angeschlagen, so dass der Personalleiter sich unter dem 12.01.2000 veranlasst gesehen
habe, die Klägerin zu ermahnen (B 16).
Weiter hat sich die Beklagte zu 1) auf die erteilte Abmahnung vom 24.01.2000, auf den
oben wiedergegebenen Emailwechsel in Bezug auf die Personalgespräche bei der
Telekom AG und die daraufhin erteilte Abmahnung, sowie auf die Abmahnung vom
16.02.2000 bezogen, wozu sie zur letzteren nochmals behauptet, die Klägerin habe ihr
Büro verlassen, ohne es abzuschließen.
Es sei abschließend zwar falsch, dass der Grund für die Kündigung die Umwandlung eines
ehemals "recht freundschaftlichen Verhältnisses" durch Frau V "in ein Hassverhältnis" sei.
Richtig sei allerdings, dass Frau V heute froh sei, nicht mehr mit der Klägerin
zusammenarbeiten zu müssen.
Zum Auflösungsantrag hat die Klägerin erwidert, mit den Arbeitskollegen, die noch
verblieben seien, habe sie ein gutes Verhältnis gehabt. Mit Ausnahme von Frau V habe die
Klägerin überhaupt keine Probleme gehabt. Zutreffend sei, dass zwischen ihr und Frau V
eine Zusammenarbeit nicht mehr stattgefunden habe. Im Januar 2000 habe sie überhaupt
keine Arbeiten mehr bekommen. Vielmehr sei von Frau V der Wunsch geäußert worden,
sie solle das Arbeitsverhältnis der Beklagten zu 1) aufgeben. Sie, die Klägerin, habe sich
sehr bemüht, eine einvernehmliche Regelung zu finden. Auch ein tägliches "Klein/Klein"
habe es nicht gegeben. Schließlich sei sie, die Klägerin, total isoliert gewesen.
Zum Vorfall B hat die Klägerin vorgetragen, sie habe auf Weisung von Frau V einen Vertrag
vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 ausgestellt und diesen Frau V nach hause gebracht.
Sie habe niemals ein Gespräch mit Frau V über die Frage geführt, ob nun der 30.12. oder
der 31.12. für das Ende des Vertrages entscheidend sei. Frau B habe schließlich gar
keinen Vertrag mit der Beklagten, sondern mit der T G abgeschlossen.
Zum Vorfall G weist die Klägerin auf Folgenden, zunächst unstreitigen Sachverhalt hin: Sie
war bis zum 31.12. noch bei der T angestellt jedoch freigestellt. Sie hatte bei der Abgabe
ihrer Unterlagen bei der Beklagten bereits darauf hingewiesen, dass für sie
Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt würden wie es ihr damals zugesichert worden
war. Gleichwohl wurden für den Monat 11/99 Sozialversicherungsbeiträge abgezogen.
Weiter trägt die Klägerin vor: Sie habe zunächst in freundlichem Ton darum gebeten,
diesen Fehler in der Abrechnung 12/99 nicht zu machen und ihr die zuviel geführten
Beträge bis 11/99 zu erstatten. Wiederum sei erklärt worden, dass man diesen Fehler nicht
noch einmal machen und selbstverständlich ihr gesamtes Gehalt für den Monat 12/99
auskehren werde. Trotz dieser Zusicherung seien erneut die Sozialabgaben abgeführt
worden. Selbst nach diesem erneuten Fehler habe die Klägerin Herrn G nochmals durch
Telefax vom 20.12.1999 (Bl. 130 d. A.) gebeten, sich von der B einen Vordruck schicken zu
lassen, damit die zuviel gezahlten Beiträge von der B erstattet würden. Nach weiterem
Schreiben an Herrn G vom 28.12.1999 (Bl. 131 d. A.) habe sie am 10.01.2000 feststellen
müssen, dass durch die Beklagte immer noch nicht der Antrag auf Erstattung der
Sozialabgaben bei der B in B eingegangen sei. Daraufhin sei sie verärgert gewesen und
habe das Email vom 10.01.2000 geschrieben.
Das Arbeitsgericht hat Frau V als Zeugin vernommen. Diese hat ausgesagt, für den
Zeitraum Anfang Oktober 1999 sei ihr nicht erinnerlich, dass sie mit dem Vertrag gegenüber
der Klägerin zu tun gehabt habe. Sie sei in diesem Zeitraum nicht mit der
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Vertragsgestaltung beschäftigt gewesen. Sie schließe aus, dass sie Anfang Oktober und zu
einem anderen Zeitpunkt ein Gespräch mit der Klägerin über Vereinbarungen über
Probezeit oder allgemeinen Kündigungsschutz oder den besonderen Kündigungsschutz
als Schwerbehinderte bei der K D geführt habe. Bei der Ausfertigung der Verträge sei sie
noch nicht bei K D beschäftigt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, weil aus dem Arbeitsvertrag nicht zu folgern
sei, dass die vorangegangene Betriebszugehörigkeit bei der Firma T im Rahmen des
Arbeitsverhältnisses der Klägerin zur Berechnung der Wartezeit im Sinne des § 1 Abs. 1
KSchG heranzuziehen gewesen sei. Auf die Streichung des Satzes 1 des § 2 Ziffer 3 des
Arbeitsvertrages komme es nicht an. Dieser Satz stelle ohnehin eine überflüssige und ins
Leere gehende Regelung dar, da die Probezeit bereits in § 2 Ziffer 2 aufgehoben sei. Ziffer
3 betreffe hingegen nur die Regelung der Kündigungsfristen. Nur in diesem systematischen
Zusammenhang stehe auch der Satz, der die Anrechnung von Betriebszugehörigkeiten bei
der T regele. Ohne sonstige begleitende Umstände sei bei dem Verzicht auf die Probezeit
gemäß Ziffer 2 in § 2 nicht davon auszugehen, dass dort der Kündigungsschutz geregelt
sei. Die Probezeit habe regelmäßig die Verkürzung der Kündigungsfrist zur Folge. In
diesem juristischen Sinne sei die Vorschrift auszulegen. Die Beweisaufnahme habe nichts
Gegenteiliges ergeben. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei auch die
Geltendmachung der Unwirksamkeit der diversen Abmahnungen unzulässig.
Gegen dieses ihr am 23.04.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.05.2001
Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 23.07.2001
am 23.07.2001 begründet.
Sie weist zunächst darauf hin, dass für die Auslegung zu berücksichtigen sei, dass die T G
und die Beklagte zwei Konzerntöchter der D T A seien. Die Klägerin verweist weiter darauf,
dass auch die von ihr später besetzte Stelle bei der Beklagten über die Jobbörse der D T
ausgeschrieben worden sei (Bl. 203/204 d. A.), ferner auf eine
Konzernbetriebsvereinbarung zur Stellenbesetzung (Bl. 207 ff. d. A.), auf ein Schreiben der
D T A vom 24.04.1999, in dem es heißt: "Über die Anrechnung von Beschäftigungszeiten,
die bei anderen hundertprozentigen Tochterunternehmen der D T A erbracht wurden, bitten
wir im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände zu entscheiden", weiter auf ein
Schreiben der D T A vom 26.10.1998 (Bl. 223 ff. d. A.) in der es um Anrechnung von
Beschäftigungszeiten bei Tochtergesellschaften bei Urlaubsgewährung, Zahlung der
jährlichen Zuwendung und des Urlaubsgeldes geht, auf einen Tarifvertrag vom 30.09.1998
hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung, in dem es um die Anrechnung von
Beschäftigungszeiten bei der D T A oder einer hundertprozentigen Tochter geht (Schreiben
vom 19.06.2000). Die Klägerin verweist schließlich auf einen "Letter of intend" vom
10.09.1999, in dem die Zusage, mit der Klägerin einen Arbeitsvertrag abzuschließen, unter
den Abgabevorbehalt des damaligen Arbeitgebers, der T G gestellt wird.
Hilfsweise macht die Klägerin sich den Vortrag der Beklagten zu eigen, es sei nur der erste
Vertrag wirksam zustande gekommen. Dieses - so die Klägerin - sei ein Vertrag für
beurlaubte Beamte und Angestellte und Arbeiter der D T AG Insoweit gelte dann über § 4
des Vertrages der Manteltarifvertrag für die K D G . Als beurlaubte Mitarbeiterin der D T A
wäre somit ihre vorherige Tätigkeitszeit bei der Beklagten angerechnet worden.
Die Klägerin greift auch die Vertragsauslegung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der
Vertragsurkunde an. Wegen ihrer Ausführungen dazu wird auf Bl. 189/190 d. A. Bezug
genommen. Sie meint weiterhin, es spiele eine Rolle, dass der erste Satz in § 2 Nr. 3
gestrichen worden sei. Es sei durch die Streichung ausgeschlossen worden, dass eine
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Kündigungsfrist von einem Monat vereinbart gewesen sei.
Aus einem Vergleich mit dem Mustervertrag ergebe sich schließlich, dass mit dem Verzicht
auf die Probezeit auch die Geltung von Kündigungsschutz vereinbart sei. Eine Trennung
dieser Regelung von der der Kündigungsfrist, wie das Arbeitsgericht es getan habe, sei
nicht interessengerecht.
Schließlich greift die Klägerin die Aussage der Zeugin V an. Die Klägerin verweist darauf,
dass - was die Beklagte nicht bestreitet - sie weder mit Herrn R noch mit sonst irgendeinem
Anderen seitens der Beklagten Verhandlungen geführt habe. Sie habe diese
ausschließlich mit Frau V geführt. Es sei daher unwahr, wenn Frau V bestreite, überhaupt
etwas mit der Vertragsgestaltung zu tun gehabt zu haben. Auch sei es unwahr, wenn die
Zeugin behauptet habe, sie sei im Oktober 1999 nicht mit der Abfassung von Verträgen
beschäftigt gewesen. Erstaunlich bleibe weiterhin, dass augenscheinlich niemand mit der
Klägerin die Vertragsbestandteile vereinbart habe.
Die Klägerin beantragt
1. unter Abänderung des am 21.02.2001 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Bonn -
5 Ca 911/00 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung
vom 23.03.2000, zugegangen am selben Tage, nicht aufgelöst worden ist, sondern über
den 30.04.2000 fortbesteht;
1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 24.01.2000 aus der Personalakte der
Klägerin zu entfernen;
1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 16.02.2000, wegen Nichtvorlage
entsprechender Belege für die angekündete Abwesenheit am 10.02.2000, aus der
Personalakte der Klägerin zu entfernen;
1. die Beklagten zu verurteilen, die Abmahnung vom 16.02.2000, wegen Nichtbeachtung
von datenschutzrechtlichen Bestimmungen, aus der Personalakte der Klägerin zu
entfernen;
1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 13.03.2000 aus der Personalakte der
Klägerin zu entfernen;
1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Personalsachbearbeiterin mit dem
Aufgabengebiet
Durchführung von Ausschreibungsverfahren (Jobbörse, Bewerberlisten und Statistiken
führen)
Personaladministration (Personalakten führen, ÜZ-, EU-Krankenstatistiken erstellen)
Personalberatung im Betreuungsbereich
Beteilung Betriebsrat und weiterer Schriftwechsel
Reisekosten abrechnen
Daten für die Gehaltsabrechnung bereitstellen
zu beschäftigen.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
Hilfsweise stellt die Beklagte zu 1) weiterhin den Auflösungsantrag.
Die beigetretene i beantragt,
das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin gegen Festsetzung einer Abfindung
durch Urteil gemäß § 9, 10 KSchG aufzulösen.
Die Klägerin hat dem Parteibeitritt widersprochen. Hilfsweise beantragt sie,
diesen Antrag zurückzuweisen.
Zum Zustandekommen des Vertrages trägt die Beklagte zu 1) vor, Vertragsverhandlungen
seien überhaupt nicht geführt worden. Die Klägerin habe sich schriftlich beworben. Die
Zeugin V habe sich bei Personalleiter R für die Einstellung der Klägerin verwandt. Frau V
sei im rechtlichen Sinne Botin oder bestenfalls Anwältin für den Einstellungswunsch der
Klägerin, den sie gefördert habe, gewesen. Sie habe aber nicht zu entscheiden gehabt und
auch nicht entschieden.
Vereinbarungen zu § 2 Abs. 2 und 3 des Vertrages seien überhaupt nicht getroffen worden.
Diese Fragen seien auch nicht Gegenstand einer Erörterung zwischen den Parteien
gewesen.
Zum Thema der blauen Paraphen trägt die Beklagte nunmehr vor, sie schließe nicht mehr
aus, dass diese Seite erst nach beiderseitiger Unterzeichnung des Vertrages ausgetauscht
worden sei, allerdings müsste dann auch die entsprechende Kopienseite in der von ihr, der
Beklagten, als Anlage B 3 vorgelegten Kopie ausgetauscht worden sein, da diese beiden
Seiten identisch seien. Zu der Frage, welche genauen Vorstellungen die für die Beklagte
zu 1) handelnden Personen hinsichtlich der Bedeutung der § 2 Abs. 2 und Abs. 3 gehabt
hätten, könne diese nicht in ihrer konkreten Formulierung beantwortet werden, die Zeugin S
erinnere sich nicht genau. Sie wisse allerdings genau, dass ein Verzicht auf die Probezeit
lediglich ein Verzicht auf die Möglichkeit der Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen
darstelle.
Es bleibe auch dabei, dass Frau V zu den in Rede stehenden Zeiten im Monat Oktober
nicht mit der Abfassung von Arbeitsverträgen befasst gewesen sei.
Wegen ihres Auflösungsantrags hat die i -G vorgetragen, sie möchte die Klägerin
keinesfalls beschäftigen und beziehe sich zur Begründung ihres Antrags auf den bislang
für die Beklagte zu 1) abgegebenen Vortrag.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten
Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und auf die
Niederschriften der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin
hatte zum Teil Erfolg. Die Auflösungsanträge waren demgegenüber zurückzuweisen.
1. Die Klägerin kann sich aufgrund vertraglicher Vereinbarung auf den
Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetz berufen.
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1. Der Vertrag ist jedenfalls mit dem Inhalt des § 2 in der Vertragsfassung gemäß der von
der Beklagten eingereichten Anlage B 3 zustande gekommen.
1. Die Beklagte hat vorgetragen, dass diese Fassung der noch unter dem Datum vom
05.10.1999 vorhandenen Sicherungskopie entspreche. Soweit sie zweitinstanzlich
aufgrund der auf einer Seite des Vertrages zu findenden Paraphe in blau vorgetragen hat,
sie könne nicht ausschließen, dass diese Seite später ausgetauscht worden sei, so ist
aufgrund des Vortrages zu der Sicherungskopie davon auszugehen, dass die Seite 2 in der
Fassung der Anlage B 3 inhaltlich gleichwohl dem Exemplar entspricht, welches mit
Übersendungsschreiben vom 14.10. der Klägerin übersandt worden ist.
1. Die Klägerin hat den Vertrag mit demselben Inhalt durch die Unterzeichnung des für
sie bestimmten Exemplars angenommen. Dabei kann dahinstehen, ob bei der
Unterzeichnung und Rückgabe dieses Exemplars an die Beklagte wie aus der Anlage B 4
ersichtlich der erste Satz in Nummer 3 gestrichen war oder ob er später gestrichen worden
ist. Selbst dann, wenn er von der Klägerin vor Rückgabe der unterzeichneten Ausfertigung
gestrichen worden sein sollte, ist der Vertrag zustande gekommen. Denn das Arbeitsgericht
hat Recht darin, dass durch die Streichung eine inhaltliche Änderung nicht erfolgt ist, so
dass nach wie vor zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen. Der gestrichene
Satz 1 des § 2 Ziffer 3 stellt eine überflüssige und ins Leere gehende Regelung dar, da die
Probezeit in § 2 Abs. 2 bereits aufgehoben war.
1. Bei der Auslegung des Vertrages (§§ 133, 157 BGB) gelangt die Kammer schon
anhand des Vertragstextes ohne Berücksichtigung von sog. Begleitumständen dazu, dass
der Klägerin Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz vom ersten Tag an
zustehen sollte.
1. Bereits das Wort "Probezeit" als solches trägt jedenfalls nach dem für die Auslegung
relevanten üblichen Sprachbebrauch nicht nur die (in Laienkreisen wohl eher unbekannte)
Regelung des § 622 Abs. 3 BGB. Nur am Rande sei bemerkt, dass der Begriff "Probezeit"
in Verträgen schon lange vor der Zeit verwandt wurde, zu der der relativ junge § 622 Abs. 3
in das BGB eingefügt wurde.
Das Wort "Probezeit" hat vielmehr nicht nur in der allgemeinen Sprache sondern bis in die
in juristischen Dokumenten gebrauchte Terminologie hinein einen Bezug zur Wartezeit des
§ 1 Abs. 1 KSchG.
So findet sich im Deutschen Rechtslexikon (Tilch/Arloth, 3. Auflage) unter dem Stichwort
"Probearbeitsverhältnis" (Unterkapitel 3 "Probezeit") folgendes:
"Im allgemeinen können die Parteien eine Probezeit bis zu sechs Monaten frei vereinbaren.
Die Wartefrist des § 1 KSchG ist gleichsam eine gesetzlichen Probezeit."
Auch das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Entscheidungen von der Wartezeit des § 1
Abs. 1 KSchG als von der "gesetzlichen Probezeit" gesprochen. So heißt es im Urteil vom
01.07.1999 (AP Nr. 10 zu § 242 BGB Kündigung): "Dies gilt jedenfalls für eine Kündigung,
für die wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG das
Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, weil sonst für diese Fälle über § 242
BGB der kraft Gesetzes ausgeschlossene Kündigungsschutz doch gewährt werden und
über Gebühr die Möglichkeit des Arbeitgebers eingeschränkt würde, die Eignung des
Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit in seinem Betrieb während der gesetzlichen
Probezeit zu überprüfen." Ebenfalls von "gesetzlicher Probezeit" spricht das
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Bundesarbeitsgericht schon in der Entscheidung vom 15.03.1978 (AP Nr. 45 zu § 620 BGB
befristeter Vertrag; vgl. ferner BAG AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 35).
1. Das gerade auch in den beteiligte Kreisen, nämlich bei der Beklagten zu 1) selbst das
Wort "Probezeit" sowohl die Kündigungsmöglichkeit mit verkürzter Frist als auch die
Kündigungsmöglichkeit ohne Kündigungsgründe meint, zeigt das unstreitig im
vorliegenden Vertrag abgewandelte Vertragsmuster. Dort heißt es unter § 2 Nr. 2:
"Die Probezeit beträgt sechs Monate. Innerhalb der Probezeit ist das Arbeitsverhältnis
jederzeit von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen zum Monatsende ohne Angabe
von Gründen kündbar."
1. Dafür, dass mit der vorliegenden Vertragsformulierung nicht nur geregelt werden sollte,
dass während einer Probezeit nicht mit den verkürzten Kündigungsfristen gekündigt
werden könne, spricht schließlich die Formulierung "Auf die Probezeit wird einvernehmlich
verzichtet".
Da die Verkürzung der Kündigungsfristen eine Folge einer Vereinbarung einer Probezeit
ist, wäre es zum Erreichen des Zieles, von der Möglichkeit des § 622 Abs. 3 BGB nicht
Gebrauch zu machen, ausreichend gewesen, eine Regelung über die Probezeit gar nicht
aufzunehmen. Der Vertragstext geht aber darüber hinaus: "Auf die Probezeit wird
einvernehmlich verzichtet." Es werden also nicht nur keine Rechte des Arbeitgebers
(verkürzte Kündigungsfrist) geschaffen, wozu die Vereinbarung einer Probezeit erforderlich
gewesen wäre, vielmehr soll ersichtlich auf Rechte des Arbeitgebers verzichtet werden, die
ohne diese Regelung bestünden. Das aber ist gerade die Kündigungsmöglichkeit ohne
Kündigungsgründe in der "gesetzlichen Probezeit" des § 1 Abs. 1 KSchG.
1. Spricht die Regelung des § 2 Nr. 2 damit bereits aus sich heraus für einen Verzicht auf
die gesetzliche Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG, so spricht der Kontext mit § 2 Nr. 3 weiter
für dieses Ergebnis.
Wenn es auch richtig ist, dass der unmittelbare systematische Zusammenhang des Satzes:
"Die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bei der T G wird jedoch als
Betriebszugehörigkeit beim Arbeitgeber anerkannt und bei der Berechnung der
Betriebszugehörigkeit bei der K D berücksichtigt."
der der Regelung der Kündigungsfristen ist, so zeigt dieser Satz doch, dass die
Beschäftigung bei der T G , die wie die Beklagte zu 1) eine hundertprozentige Tochter der
D T A ist, zusammen mit der Beschäftigung bei der Beklagten zu 1) als Kontinuum
betrachtet wurde. § 2 Nr. 2 und § 2 Nr. 3 des Vertrages enthalten damit einander
ergänzende Regelungen. Gerade der ausdrückliche Hinweis auf die Vorbeschäftigung in
einem anderen Konzernunternehmen verstärkt nach Treu und Glauben und Sinn und
Zweck der Gesamtregelung das Verständnis der Nr. 2 als Verzicht auf die "gesetzliche
Probezeit" im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG.
1. Ein von diesem Auslegungsergebnis abweichender gemeinsamer Wille der Parteien
ist nicht festzustellen. Nach dem Vorbringen der Klägerin war es deren Wille,
Kündigungsschutz zu erhalten. Welche Vorstellungen die für die Beklagten zu 1)
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vertretungsbefugten Personen dabei hatten, ist nicht festzustellen (Frau Schwarz war nicht
vertretungsbefugt). Jedenfalls ist kein übereinstimmender Wille dahingehend festzustellen,
dass Kündigungsschutz noch nicht sofort gewährt werden sollte.
1. Auch sonstige Begleitumstände können das bisherige Auslegungsergebnis weder in
die eine noch in die andere Richtung verändern. Die konzerneinheitliche "Jobbörse" spricht
für die hier gefundene Auslegung. Dahinstehen kann, ob die Tatsache, dass die Klägerin
bei Ausscheiden aus der T G eine "Prämie" von 50.000,00 DM erhalten hat, als
Begleitumstand gegen die hier gefundene Auslegung späche, denn es lässt sich nicht
feststellen, dass dieser Begleitumstand der Beklagten bekannt war. Auf Nachfrage des
Gerichts hat die Beklagte zu 1) nicht vortragen können, dass ihrem Vertreter, Herrn R
dieses schon bei Vertragsschluss bekannt gewesen sei.
1. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, da sie nicht durch Gründe, die im Verhalten
der Klägerin liegen, bedingt ist.
1. Es kann letztlich dahinstehen, ob die jeweiligen Abmahnungen berechtigt waren.
Denn auf die abgemahnten Vorfälle als solche ohne Hinzutreten weiterer zur Kündigung
berechtigender Gründe kann die Beklagte sich nicht berufen. Der Arbeitgeber verzichtet
konkludent auf ein Kündigungsrecht, wegen der Gründe, die Gegenstand der Abmahnung
waren. Er kann eine spätere Kündigung deswegen nicht allein auf die abgemahnten
Gründe stützen, sondern hierauf nur zurückgreifen, wenn weitere kündigungsrechtlich
erhebliche Umstände eintreten oder ihm nachträglich bekannt werden ( BAG 10. 11. 1988
AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 3). Der nach der Abmahnung vom 13.02. eingetretene
Vorfall hinsichtlich der Reisekostenabrechnungen enthält keinen zur Kündigung
berechtigenden Vertragsverstoß der Klägerin (siehe dazu unten 2.).
Unabhängig davon gilt für die einzelnen Abmahnungen Folgendes:
a) Die mit Schreiben vom 24.01.2000 erteilte Abmahnung (W ) ist unberechtigt, weil nicht
festgestellt werden kann, dass die Klägerin Frau W in einem barschen unkollegialem Ton
behandelt hat. Trotz der mehrfach von der Klägerin erhobenen Substantiierungsrüge hat
die Beklagte zu 1) weder ausgeführt, wann und unter welchen Umständen sich der Vorfall
zugetragen haben soll, noch was genau von der Klägerin gesagt worden sein soll.
1. Die Abmahnung vom 16.02.2000 betreffend die Gleitzeitinanspruchnahme am
10.02.2000 ist ebenso unberechtigt. Die Anweisung Frau V , den Gleitzeiterfassungsbogen
vorzulegen, muss unter den gegebenen Umständen als schikanös angesehen werden.
Frau V war durch die eigene Abzeichnung des Gleitzeitkontos der Klägerin, das 32
Stunden Guthaben erwies, vier Tage zuvor der Gleitzeitstand bekannt. Kein anderer
Mitarbeiter musste bei der Inanspruchnahme von Gleitzeit ad hoc den
Gleitzeiterfassungsbogen vorlegen. Ein Grund für diese diskriminierende
Sonderbehandlung der Klägerin ist, außerhalb der persönlichen Spannungen, nicht
ersichtlich.
Auch die Aufforderung an die Klägerin, Einladungen zu Bewerbungsgesprächen
vorzulegen, ist nicht berechtigt. Wenn die Klägerin im Rahmen ihrer Freizeit bzw. Gleitzeit
Bewerbungsgespräche bei anderen Firmen führte, so brauchte sie dem Arbeitgeber keine
Einladungen dazu vorzulegen.
Die Klägerin hatte mit ihrer Mail an Herrn D den sie informierte, dass sie außer Haus sei
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und den Grund dafür angab (Personalgespräche bei DTAG), das für eine Abmeldung
Hinreichende getan.
Schikanös war weiterhin die - nur an die Klägerin - gerichtete Anweisung, sich bei Frau V
ab sofort persönlich an- und abzumelden. Darüber hinaus hat die Beklagte den Vortrag der
Klägerin nicht substantiiert erwidert und insoweit keinen Beweis angetreten, als diese
vorgetragen hat, Frau V und Herr D seien, als die Klägerin sich habe abmelden wollen, in
einer Besprechung und nicht zu stören gewesen.
1. Unberechtigt ist auch die Abmahnung vom gleichen Tage, mit der gerügt wird, die
Klägerin habe ihr Büro nicht abgeschlossen. Die Beklagte hat es nämlich sowohl an
substantiierten Vortrag als auch an Beweisantritt dafür fehlen lassen, dass es die Klägerin
war, die das Büro nicht abgeschlossen hat.
1. Unberechtigt ist schließlich auch die Abmahnung vom 13.03.2000.
Die Klägerin ist als gelernte Betriebswirtin zu einem monatlichen Gehalt von 5.700,00 DM
bei der Beklagten als Personalsachbearbeiterin eingestellt worden. Gemäß dem
Stellenangebot (Bl. 203 d. A.) wurde eine engagierte Personalsachbearbeiterin gesucht,
die beim Aufbau der Personalabteilung in den Niederlassungen unterstützen und
verantwortungsvolle, interessante Aufgabenbereiche selbstständig übernehmen sollte. Als
Inhalt wurde u. a. angegeben: die Durchführung von Ausschreibungsverfahren,
Personaladministration (Personalakten führen, ÜZ-EU Krankenstatistiken erstellen),
Personalberatung im Betreuungsbereich, Beteilung Betriebsrat und weiterer
Schriftwechsel, Reisenkostenabrechnung.
Ohne dass bis dahin der Klägerin ein ihrem Aufgabenkreis entsprechendes
Aufgabengebiet zugewiesen worden wäre, verlangte Frau V nunmehr von der Klägerin, für
die gesamten Abteilung die vorhandenen Personalakten mit braunem Aktendeckel in grüne
Leitzordner mit Klarsichtdeckel und Einschubblättern umzusortieren.
Während solche Sortierarbeiten grundsätzlich als Zusammenhangstätigkeit zum
Aufgabenkreis der Klägerin gehörten, stellte es angesichts der Tatsache, dass der Klägerin
nach ihrer Rückkehr aus der Krankheit bis dahin noch keine eigener Aufgabenkreis zur
Bearbeitung zugewiesen worden war, eine schikanöse Diskriminierung dar, wenn der
Klägerin allein diese banale Hilfstätigkeit für die gesamte Abteilung übertragen wurde, die
bereits Angestellte von Zeitarbeitsfirmen abgelehnt hatten.
Dieser Vorfall zeigt vielmehr, dass der auch vom Betriebsrat erhobene Vorwurf des
"Mobbings" der Klägerin durch Frau V berechtigt war.
1. Was schließlich den von der Beklagten als Kündigungsgrund herangezogenen Vorfall
vom 14.03.2000 anbelangt, so kann die Weigerung der Klägerin, den bis dahin
aufgelaufenen Stapel von Reisekostenanträgen zur sofortigen Bearbeitung aus dem Büro
von Frau V mitzunehmen, nicht als relevanter Vertragsverstoß angesehen werden. Dies ist
aus mehreren Gründen:
1. Zum einen hat die Beklagte dem Vortrag der Klägerin nicht widersprochen, diese habe
zur Bearbeitung der Reisekostenabrechnungen Kenntnisse des Systems S benötigt, wofür
sie im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern noch nicht geschult war. Die Beklagte hat nichts,
erst recht nichts Substantiiertes zum Vortrag der Klägerin entgegnet, diese sei zur
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Fertigung der Reisekostenabrechnung nicht in der Lage gewesen.
1. Die Weigerung, den Stapel Reisekostenabrechnungen sofort mitzunehmen, kann im
Übringen nicht als endgültige Arbeitsverweigerung hinsichtlich der
Reisekostenabrechnungen verstanden werden.
Nach dem Vorangegangenen, der Weigerung Frau V , der Klägerin ein angemessenes
Aufgabengebiet zuzuweisen und der schikanösen Übertragung des alleinigen
Umsortierens der Personalakten für die gesamte Abteilung musste der gesamte Hergang,
insbesondere das Verweisen von Frau V in ihrem Büro auf den Stapel mit den Worten "Das
machen Sie jetzt." nach Art und Stil als weitere Demütigung empfunden werden. Die
Weigerung der Klägerin, den Stapel sofort mitzunehmen muss damit als spontane, nur für
den Moment geltende Reaktion auf den Stil von Frau V angesehen werden, ihr Aufgaben
zuzuweisen.
1. Selbst wenn man jedoch in der Weigerung, den Stapel auf der Stelle mitzunehmen,
einen Vertragsverstoß erblicken würde, so wäre dieser jedenfalls im Rahmen der
Interessenabwägung nicht geeignet, eine Kündigung zu begründen. Denn angesichts
dessen mobbinghaften Umgangstils mit der Klägerin, die sich über ihren
Prozessbevollmächtigten in sachlichen Schreiben bemüht hatte, ein angemessenes
Aufgabengebiet zugewiesen zu bekommen, erscheint eine solche Spontanweigerung in
mildem Licht.
Sie kann jedenfalls keinen Grund darstellen, eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin im
Alter der Klägerin in die Arbeitslosigkeit zu entlassen.
1. Unberechtigt ist auch der Auflösungsantrag.
1. Die Kammer hält zwar im Anschluss an die von Löwisch und Neumann im DB 1996,
475 vertretene Auffassung es für zulässig und sachgerecht, dass ein Betriebserwerber, auf
den ein Arbeitsverhältnis übergegangen ist, einem Kündigungsschutzprozess als Partei
beitritt, um einen Auflösungsantrag zu stellen. Nach allgemeiner Meinung folgt die
Passivlegitimation für einen vom Arbeitnehmer gestellten Auflösungsantrag nicht
automatisch aus einer bereits erhobenen Kündigungsschutzklage, für die der kündigende
Arbeitgeber nach herrschender Meinung auch nach einem Betriebsübergang
passivlegitimiert ist. Entscheidend ist vielmehr, wer zu dem nach § 9 Abs. 2 KSchG
festzusetzenden Auflösungszeitpunkt Arbeitgeber ist. Denn ein schon aus anderen
Gründen (§ 613 a BGB) beendetes Arbeitsverhältnis kann durch gerichtliches Urteil nicht
mehr aufgelöst werden (Nachweise bei APS/Biebl § 9 KSchG, Rn. 30; vgl. auch BAG,
20.03.1997 AP KSchG 1969 § 9 Nr. 30). Zu dem nach § 9 Abs. 2 festzusetzenden
Auflösungszeitpunkt kann nur noch das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zu dem
Betriebserwerber aufgelöst werden (BAG 20.03.1997 AP KSchG 1969 § 9 Nr. 30; ErfK
Ascheid § 9 Rn. 11; Löwisch/Neumann DB 1996, 474; APS/Biebl § 9 KSchG Rn. 32).
Dementsprechend ist es sachgerecht, dem Betriebserwerber eine eigene, nicht durch das
Vorbringen des Betriebsveräußerers limitierte Stellung zur Stellung des
Auflösungsantrages im Prozess einzuräumen, dieses - auch darin folgt die Kammer
Löwisch und Neumann (aaO) - auch noch in der Berufungsinstanz.
Aus dem Vorstehenden folgt konsequenterweise, dass der Veräußerer nach
Betriebsübergang nicht mehr für den Auflösungsantrag aktivlegitimiert ist. Darauf kommt es
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indes vorliegend nicht an, da weder für die Beklagte zu 1) noch für die Beklagte zu 2) der
Auflösungsantrag im übrigen begründet ist.
1. Auflösungsgründe liegen nicht vor.
§ 9 Abs. 1 S. 3 KSchG verlangt eine Prognose. Das Gericht hat zu prüfen, ob im Zeitpunkt
seiner Entscheidung über den Auflösungsantrag des Arbeitgebers Gründe vorliegen, die
eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Dabei hat das Gericht nicht das Verhalten des
Arbeitnehmers in der Vergangenheit zu würdigen, sondern muss fragen, ob in Anbetracht
aller Umstände in Zukunft noch eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit
zwischen den Parteien zu erwarten ist (BAG 03.11.1983 - 2 AZR 204/98 -; APS/Biebl § 9
KSchG Rn. 50).
Die i -G hat keine eigenen, weiteren Auflösungsgründe angeführt, sondern sich
ausschließlich auf die bereits von der Beklagten zu 1) vorgetragenen Auflösungsgründe
bezogen. In diesen wird aber im Wesentlichen auf die Zerrüttung des Verhältnisses
zwischen der Klägerin und ihrer Vorgesetzten Frau V abgehoben.
Es wurde bereits ausgeführt, dass diese Zerrüttung sich im Wesentlichen in einem
mobbinghaften Verhalten von Frau V auswirkte. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob ein
Arbeitgeber gleichwohl eine solche Zerrüttung als Auflösungsgrund heranziehen kann.
Soweit die Beklagte zu 1) und mit ihr die Beklagte zu 2) sich darüber hinaus auf die
einzelnen abgemahnten Vorfälle beziehen, so wurde oben schon ausgeführt, dass diese
Abmahnungen unberechtigt sind.
Unabhängig davon aber ist unstreitig, dass Frau V in ihrer Stellung als Vorgesetzte der
Klägerin nicht mehr tätig ist. Aus diesem Grund ist jedenfalls zum Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung nicht zu erwarten, dass die seinerzeitigen Belastungen bei der Beklagten zu
2) noch auftreten.
Sofern die Beklagten außer den Beispielen aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und
Frau V die Fälle W und G aufführen, so gilt folgendes:
Der Fall W läßt sich für einen Auflösungsantrag aus denselben Gründen nicht verwerten,
wie er eine Abmahnung nicht rechtfertigt. Auf das oben Gesagte wird verwiesen.
Im Falle G teilt die Kammer zwar die Auffassung der Beklagten, dass das von der Klägerin
an diesen geschriebenen Email nicht in einem korrekten, kollegialen Ton abgefasst war. Es
kann dahinstehen, ob die vorhergehenden mehrfachen Versuche der Klägerin, Herrn G zu
einer Veranlassung der Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge zu bewegen, ihre
Verärgerung rechtfertigte.
Dieser Vorfall ereignete sich zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin an einer
Unterleibskrankheit litt und eine entsprechende Operation hinter sich hatte. Die Klägerin
hat unwidersprochen und plausibel vorgetragen, zu diesem Zeitpunkt hin infolge einer
hormonellen Umstellung psychisch sehr angespannt gewesen zu sein. Aus diesem
einmaligen Vorfall kann daher nicht der Schluss gezogen werden, es sei eine den
Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mit der i nicht mehr zu erwarten.
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1. Obgleich die Abmahnungen nicht berechtigt waren, kann die Klägerin von der
Beklagten nicht die Entfernung aus den Personalakten verlangen.
1. Infolge des Betriebsübergangs auf die i ist das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin
und der Beklagten zu 1) beendet. Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer nach beendetem
Arbeitsverhältnis kein im Rahmen einer vertraglichen Nebenpflicht des Arbeitgebers zu
berücksichtigendes Schutzinteresse mehr daran, Abmahnungen aus den Personalakten zu
entfernen zu lassen (vgl. BAG 14. 9. 1994 AP Nr. 13 zu § 611 BGB Abmahnung). Da die
Klägerin auch nicht behauptet hat, die i gehöre zum selben Konzern wie die Beklagte, sind
keine besonderen Umstände dafür erkennbar, warum im vorliegenden Fall von diesem
Grundsatz abgewichen werden sollte. Die Klägerin hat dazu nichts vorgetragen.
1. Gegen die i hat die Klägerin ihren Klageanspruch nicht gerichtet.
Es kann daher insoweit dahinstehen, ob die Beklagte zu 2) überhaupt über die
Personalakten, die bei der Beklagten zu 1) geführt wurden, verfügt.
1. Da das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) beendet ist, steht der Klägerin
insoweit auch kein Beschäftigungsanspruch gegen dies mehr zu. Auch insoweit hat die
Klägerin ihren Anspruch nur gegen die Beklagte zu 1) gerichtet.
1. Aus dem selben Grunde konnte die von der Klägerin beantragte Feststellung nicht
erfolgen, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) fortbestehe.
1. Die Kostenentscheidung berücksichtigt das teilweise Obsiegen und Unterliegen bei
der Klägerin und der Beklagten zu 1). Da gem. § 12 Abs. 7 S. 1 2. Hs. ArbGG der
Auflösungsantrag den Streitwert für die Bestandsstreitigkeit nicht erhöht und der
Auflösungsantrag beider Beklagten denselben Streitgegenstand betraf, hat die Kammer es
für gerechtfertigt gehalten, die Beklagte zu 2)teilweise gesamtschuldnerisch an den Kosten
zu beteiligen, die die Beklagte zu 1) zu tragen hat.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
Gegen dieses Urteil ist mangels ausdrücklicher Zulassung die Revision nicht statthaft, § 72
Abs. 1 ArbGG. Wegen der Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch
Beschwerde beim
Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Fax: (0361) 2636 - 2000
anzufechten wird auf die Anforderungen des § 72 a ArbGG verwiesen.
(Dr. Backhaus) (Bechthold-Bönders) (Bauer)