Urteil des LAG Köln vom 31.05.2002

LArbG Köln: aussetzung, arbeitsgericht, belastung, verfügung, zivilrichter, verkündung, strafurteil, spanien, straftat, zwangsvollstreckung

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Ta 68/02
Datum:
31.05.2002
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 Ta 68/02
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 12 Ca 6690/00
Normen:
§§ 148, 149 ZPO
Sachgebiet:
Sonstiges
Leitsätze:
Grundsätzlich keine Aussetzung des Verfahrens um das
Annahmeverzugs-Entgelt bis zum Abschluss des
Kündigungsrechtsstreits. Hier: Aussetzung des Kündigungsrechtsstreits
in 2. Instanz gemäß § 149 ZPO.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 22.02.2002 wird der
Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 28.12.2001 - 12 Ca 6690/00 -
aufgehoben
G r ü n d e
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1. Die Frage, ob und wann eine Lohnklage bis zum rechtskräftigen Abschluss eines
vorangegangenen Bestandsstreits ausgesetzt werden kann, ist seit langer Zeit
Gegenstand strittiger Auffassungen (vgl. die Nachweise bei
Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 46 Rn 48 a). Nach
ständiger Rechtsprechung der nordrhein-westfälischen Landesarbeitsgerichte
(Nachweise a. a. O.) und auch der erkennenden Kammer (vgl. den in dem
angefochtenen Beschluss angeführten Beschluss vom 24. November 1997 - 4 Ta
343/97 - m. w. N.) spricht grundsätzlich gegen die Aussetzung einer
Zahlungsklage die Tatsache, dass das besondere Interesse an einer auch nur
vorläufigen Regelung von Arbeitsverhältnissen zum Schutz der betroffenen
Arbeitnehmer in mehreren arbeitsrechtlichen Vorschriften seinen Niederschlag
gefunden hat. Neben dem allgemeinen Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1
ArbGG ist hier insbesondere auf § 62 Abs. 1 ArbGG hinzuweisen. Wenn der
Gesetzgeber in der letzteren Vorschrift gerade die Möglichkeit der Einstellung der
Zwangsvollstreckung einschränkt, so wird daraus deutlich, dass er dem
Arbeitnehmer die Möglichkeit gewähren will, möglichst frühzeitig seine Ansprüche
durchzusetzen, da er in aller Regel die streitigen Geldbeträge zu seinem
Lebensunterhalt benötigt.
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1. Der vorliegende Fall zeigt keine Besonderheiten auf, die es gerechtfertigt
erscheinen lassen, von diesem Grundsatz abzuweichen. Die 7. Kammer des
Landesarbeitsgerichts Köln hat in dem Kündigungsschutzverfahren 7 Sa 1117/00
mit Beschluss vom 05.09.2001 den Rechtsstreit bis zum Abschluss des in S gegen
den Kläger eingeleiteten Strafverfahrens ausgesetzt. Der Beschluss wurde
ausweislich der dortigen Akten nicht schriftlich begründet. Soweit das
Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss gemeint hat, durch diesen
Beschluss sei das erstinstanzliche Urteil in seiner Aussagekraft hinsichtlich der
Wirksamkeit der Kündigungen zum jetzigen Verfahrensstand relativiert, so dass
ausnahmsweise die Sicherungsinteressen des Schuldners Vorrang vor den
Interessen des Gläubigers an Lohnzahlung und Weiterbeschäftigung hätten, so
kann die erkennende Kammer diese Schlussfolgerung aufgrund des
Aussetzungsbeschlusses nicht teilen. Voraussetzung der Aussetzung nach § 149
ZPO ist, dass sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt,
deren Ermittlung für die Entscheidung von Einfluss ist. Dabei weist der Kläger zu
Recht darauf hin, dass ein Strafurteil den Zivilrichter nicht bindet (vgl. statt vieler:
Baumbach/Hartmann § 149 ZPO Rn 1). Regelungszweck der Norm ist lediglich,
im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit eine doppelte Arbeitsleistung, z. B. auch
Belastung der Parteien und Zeugen mit einer doppelten Beweisaufnahme, zu
verhindern. Es lässt sich damit aus dem Aussetzungsbeschluss nicht mehr
herauslesen als das, was während des Laufes eines Berufungsverfahrens stets
gilt: Das Berufungsgericht kann den ihm unterbreiteten Sachverhalt anders
beurteilen als das erstinstanzliche Gericht. Ein Entscheidungsergebnis steht aber
vor einem Urteil nicht fest.
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Darüber hinaus ist nach dem oben genannten Grundsatz dem den Sicherungsinteresse
des Schuldners, die das Arbeitsgericht hier ausnahmsweise als überwiegend
angesehen hat, grundsätzlich nicht im Wege der Aussetzung zu genügen. Hierfür steht
vielmehr die Regelung des § 62 ArbGG zur Verfügung. Diese aber setzt voraus, dass es
überhaupt erst einmal zu einem Urteil des Arbeitsgericht kommt. Erst im Verfahren nach
§ 62 S. 2 u. 3 ArbGG kann den Sicherungsinteressen des Vollstreckungsschuldners
unter den dort gegebenen engen Voraussetzungen genügt werden.
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Ob sich das Kündigungsschutzverfahren dadurch erledigt hat, dass - wie die Beklagte
im Schriftsatz vom 17. 5. 2002 mitteilt - das in Spanien anhängige
Kündigungsschutzverfahren im Berufungsrechtszug entschieden worden ist, kann
dahinstehen. Eine solche Erledigung wäre gegebenenfalls bei Fortsetzung des
Verfahrens zu berücksichtigen. Ein Grund, das vorliegende Verfahren auszusetzen und
damit einstweilen nicht weiterzubetreiben, wäre allein durch eine solche Erledigung
nicht gegeben.
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1. Die Kammer konnte die Rechtsbeschwerde nicht zulassen. Zwar ist angesichts
des Streites um die Voraussetzungen einer Aussetzung der Entgeltklage unter den
deutschen Landesarbeitsgerichten eine höchst-richterliche Klärung
wünschenswert. Im vorliegenden Fall aber war noch § 78 Abs. 2 ArbGG a. F.
anzuwenden, nach dem eine weitere Beschwerde außer gegen Beschlüsse des
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Landesarbeitsgerichts im Falle der Verwerfung des Einspruchs nicht stattfindet.
Für Beschwerden und Erinnerungen finden nämlich die am 31. Dezember 2001
geltenden Vorschriften weiter Anwendung, wenn die anzufechtende Entscheidung vor
dem 01. Januar 2001 verkündet oder, soweit eine Verkündung nicht stattgefunden hat,
der Geschäftsstelle übergeben worden ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO). Der angefochtene
Beschluss datiert vom 28.12.2001. Ausweislich der Akten (Bl. 337 d. A.) wurde er nebst
unterschriebenen Gründen (Bl. 338 - 340, Unterschrift auf Bl. 340 d. A.) am 28.12.2001
vom Richter unterzeichnet. Den Akten lässt sich zwar nicht entnehmen, wann er bei der
Geschäftsstelle eingegangen ist. Nach Rückfrage bei dem seinerzeitigen Vorsitzenden
der 12. Kammer des Arbeitsgerichts, Herrn Richter am Arbeitsgericht W , hat dieser den
Beschluss so am selben Tage der Geschäftsstelle übergeben.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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