Urteil des LAG Köln vom 12.05.2009

LArbG Köln: sachliche zuständigkeit, chefarzt, arbeitsgericht, beschwerdeschrift, auskunft, auflage, nebentätigkeit, arbeitsrecht, datum, gesellschaftsvertrag

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Ta 111/09
Datum:
12.05.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4.Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 Ta 111/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 4 Ca 10423/08
Schlagworte:
Zuständigkeit des Arbeitsgerichts
Normen:
§ 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Das Arbeitsgericht ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG zuständig für einen
Anspruch eines Oberarztes gegen seinen Chefarzt auf
Honorarbeteiligung.
Tenor:
Die Beschwerden der Beklagten gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Köln vom 31.03.2009 – 4 Ca 10423/08 – werden
zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagten zu gleichen
Teilen zu tragen.
G r ü n d e
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I. Hinsichtlich des Beklagten zu 1) hat das Arbeitsgericht zu Recht seine Zuständigkeit
aus § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG angenommen. Hierzu kann zunächst auf die Entscheidung
des Bundesgerichtshofs vom 26.02.1998 (3 III ZB 25/97) verwiesen werden.
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1. Soweit der Beklagte zu 1) anführt, die Bruttoliquidationseinnahmen rührten nicht aus
seinem Arbeitsverhältnis, sondern aus seiner freiberuflichen privatärztlichen Tätigkeit
her, so scheitert die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nicht daran – wie auch der
Bundesgerichtshof in dem angeführten Beschluss angenommen hat. Als Chefarzt steht
der Beklagte zu 1) zum Träger des Krankenhauses in einem Arbeitsverhältnis. Vielfach
bestehen auch Zusammenhänge zwischen der mit der Nebentätigkeit verbundenen
Eigenliquidation und dem Entgelt, das der Chefarzt aufgrund seines Dienstvertrages als
Gesamtleistung zu erhalten hat.
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Mit der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG wird die Zuständigkeit der
Arbeitsgerichte weitgehend aus Zweckmäßigkeitsgründen und um dem Ausgangs- oder
Schwerpunkt des Streits gebührend Rechnung zu tragen, auch auf Ansprüche
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ausgedehnt, die in so greifbar nahen Beziehungen zu einem Arbeitsverhältnis stehen,
dass sie überwiegend durch das Arbeitsverhältnis bestimmt werden. Dieses ist für die
vom Kläger geltend gemachten Beteiligungsansprüche offensichtlich der Fall, denn der
Kläger erbringt die Leistungen bei der Privatbehandlung der Patienten des Beklagten zu
1) aufgrund seines Arbeitsverhältnisses.
2. Soweit der Beklagte zu 1) ferner rügt, der Kläger habe nicht eine Anspruchsgrundlage
im Arbeitsvertrag dargelegt, so kommt es darauf nicht an. Bei Ansprüchen aus
gemeinsamer Arbeit muss das Rechtsverhältnis – selbstverständlich – nicht ein
arbeitsrechtliches sein, da zwischen Arbeitnehmern in der Regel keine
Arbeitsverhältnisse bestehen. So reicht z. B. ein Gesellschaftsvertrag aus. Ebenso
werden Ansprüche von Krankenhausärzten auf Beteiligung an einem Honorarpool
typischerweise hier eingeordnet (vgl. zu Beidem: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-
Glöge, ArbGG, 6. Auflage, § 2 Rn. 103).
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3. Soweit die Beklagte zu 2) auch die Zuständigkeit für den Beklagten zu 1) rügt
(Beschwerdeschrift vom 30.03.2009) und meint, der vom Bundesgerichtshof
entschiedene Fall sei eine Auseinandersetzung zwischen zwei Chefärzten gewesen,
dieses sei "etwas ganz anderes" als der Anspruch eines nachgeordneten Oberarztes
gegen den Chefarzt, so ist dieses Argument nicht nachvollziehbar. Vielmehr liegt dann,
wenn man eine Streitigkeit aus gemeinsamer Arbeit im Falle des Streites zweier
privatliquidationsberechtigter Chefärzte annimmt, erst Recht einen Anspruch aus
gemeinsamer Arbeit vor, wenn – wie hier – der beklagte Chefarzt der Vorgesetzte der
klagenden Partei aus dessen Arbeitsverhältnis ist.
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II. Im Übrigen ist zu der sofortigen Beschwerde der Beklagten zu 2) darauf hinzuweisen,
dass das Arbeitsgericht seine Zuständigkeit gegenüber der Beklagten zu 2) nicht aus §
2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG, sondern aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG angenommen hat. Dieses
übersieht deren Beschwerde offensichtlich. Der Kläger ist Arbeitnehmer der Beklagten,
die dessen Arbeitgeber ist. Der Kläger berühmt sich auch arbeitsvertragliche Ansprüche
gegen die Beklagte zu 2), nämlich auf Zahlung und Auskunft.
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Soweit die Beklagte zu 2. auf die Urteile des Landesarbeitsgerichts Hamm vom
17.02.2000 – 17 Sa 1772/99 – und des Bundesarbeitsgerichts vom 20.07.2004 – 9 AZR
570/03 – hingewiesen hat, so hat das Landesarbeitsgericht Hamm (in Rn. 299)
ausdrücklich seine sachliche Zuständigkeit bejaht. In der Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts findet sich nichts Gegenteiliges. Dass das Bundesarbeitsgericht
entschieden hat, belegt, dass die Vorinstanzen ihre sachliche Zuständigkeit dort
ebenfalls angenommen haben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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Dr. Backhaus
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