Urteil des LAG Köln vom 08.09.2010

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Landesarbeitsgericht Köln, 3 Ta 234/10
Datum:
08.09.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
3.Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 Ta 234/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Aachen, 3 BV 27/10
Schlagworte:
Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats, Zuständigkeit der Arbeitsgerichte
Normen:
§ 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 17 a GVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Rechtsanwaltsgebühren, die bei der Prozessvertretung des Betriebsrats
in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entstanden sind, sind
ihrerseits in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren gegenüber
dem Arbeitgeber geltend zu machen. Dies kann nach Abtretung der
Ansprüche durch den Betriebsrat auch durch die Rechtsanwälte selbst
geschehen.
Tenor:
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2.) gegen die Beschlüsse des
Arbeitsgerichts Aachen vom 10.06.2010
– 3 BV 37/10 h – und 3 BV 27/10 h – werden zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtswegzuständigkeit des Arbeitsgerichts für die
Erstattung von Rechtsanwaltskosten.
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Die Beteiligten zu 1.) haben den Beteiligten zu 3.) in zwei arbeitsgerichtlichen
Beschlussverfahren vertreten, die Anträge der Beteiligten zu 2.) auf Ersetzung der
Zustimmung zur fristlosen Kündigung verschiedener Betriebsratsmitglieder zum
Gegenstand hatten. In dem vorliegenden Verfahren machen die Beteiligten zu 1.) die in
den vorgenannten arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entstandenen
Rechtsanwaltsgebühren gegenüber der Beteiligten zu 2.) geltend, nachdem der
Beteiligte zu 3.) seine Ansprüche auf Kostenerstattung gegenüber der Beteiligten zu 2.)
an die Beteiligten zu 1.) abgetreten hatte.
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Die Beteiligte zu 2.) rügt die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit für die von den Beteiligten
zu 1.) geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche.
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Das Arbeitsgericht hat sich mit Beschlüssen vom 10.06.2010 für sachlich zuständig
erklärt und zur Begründung ausgeführt, dass die Antragsteller einen Zahlungsantrag aus
abgetretenem Recht gegen die Beteiligte zu 2.) geltend machten und hierfür das
Arbeitsgericht zuständig sei. Maßgeblich sei insoweit, welches Gericht für den Anspruch
auch ohne Abtretung zuständig gewesen wäre.
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Gegen diese ihr am 15.06.2010 und 18.06.2010 zugestellten Beschlüsse hat die
Beteiligte zu 2.) am 16.06.2010 und 18.06.2010 Beschwerde eingelegt. Sie meint
weiterhin, dass ein Gerichtsverfahren, bei dem ein Rechtsanwalt seine Kosten aus
abgetretenem Recht geltend mache, kein Verfahren der Arbeitsgerichtsbarkeit darstelle,
sondern hierfür die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig sei. Die Beteiligten zu 1.)
treten den arbeitsgerichtlichen Beschlüssen bei. Sie machen geltend, dass sich durch
die Abtretung der Freistellungsanspruch des Betriebsrats zwar in einen
Zahlungsanspruch umwandele, dies jedoch die Anspruchsgrundlage und den
Rechtscharakter der Forderung unberührt lasse.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug
genommen.
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II. Die Beschwerden der Beteiligten zu 2.) sind gemäß § 17 a) Abs. 4 S. 3 GVG statthaft
und nach § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie haben jedoch in der
Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zu
Recht als gegeben angesehen.
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Gemäß § 2 a) Abs. 1 Nr. 1 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich
zuständig für Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Um eine solche
handelt es sich hier, da Gegenstand des Verfahrens der vom Betriebsrat an die
Beteiligten zu 1.) abgetretene Kostenerstattungsanspruch aus § 40 Abs. 1 BetrVG ist.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören die Kosten
von Rechtsstreitigkeiten, die der Betriebsrat in amtlicher Eigenschaft in
betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten führt, zu den Betriebsratskosten nach
§ 40 BetrVG (vgl. bereits BAG, Beschluss vom 03.10.1978 – AP Nr. 14 zu § 40 BetrVG
1972; BAG, Beschluss vom 14.10.1982 – DB 1983, 665). Für die Frage, ob ein
derartiger Kostenerstattungsanspruch materiell-rechtlich gegeben ist, kommt es dabei
wesentlich darauf an, ob der Betriebsrat sowohl die Führung des Rechtsstreits als auch
die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei vernünftiger Betrachtung für erforderlich
halten durfte (vgl. BAG, Beschluss vom 20.10.1999 – 7 ABR 25/98, NZA 2000, 556;
BAG, Beschluss vom 18.01.2006 – 7 ABR 25/05). Dabei geht das Bundesarbeitsgericht
regelmäßig vom Bedürfnis für die Heranziehung eines Rechtsanwalts aus, so dass nach
der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Erforderlichkeit nur dann fehlt, wenn die
Rechtsverfolgung von vornherein aussichtslos ist oder die Beauftragung des
Rechtsanwalts lediglich vorgenommen wird, um den Arbeitgeber mit zusätzlichen
Kosten zu belasten, die Rechtsverfolgung also mutwillig und rechtsmissbräuchlich ist
(vgl. Küttner/Kreitner, Personalbuch, 17. Aufl. 2010, Rechtsanwaltskosten Rdnr. 9 m.
umfassenden w. N. aus der Rechtsprechung).
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Ein insoweit bestehender Kostenerstattungsanspruch kann auch von den seitens des
Betriebsrats beauftragten Rechtsanwälten unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber
geltend gemacht werden. Hierzu bedarf es lediglich einer Abtretung des dem Betriebsrat
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aus § 40 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber zustehenden Freistellungsanspruchs.
Richtige Verfahrensart zur Geltendmachung der entstandenen Anwaltsgebühren
gegenüber dem Arbeitgeber ist dann das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren (vgl.
BAG, Beschluss vom 13.05.1998 – 7 ABR 65/96, NZA 1998, 900; BAG, Beschluss vom
24.10.2001 – 7 ABR 20/00, AP-Nr. 71 zu § 40 BetrVG 1972; Küttner/Kreitner,
Personalbuch, a. a. O.).
Nach allem sind somit die Beschwerden der Beteiligten zu 2.) unbegründet und es bleibt
bei dem erstinstanzlichen, den arbeitsgerichtlichen Rechtsweg für zulässig erklärenden
Beschluss.
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Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Anhaltspunkte für eine
ausnahmsweise zuzulassende Beschwerde nach § 17 a) Abs. 4 S. 4 GVG sind nicht
ersichtlich.
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Dr. Kreitner
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