Urteil des LAG Köln vom 09.06.2010

LArbG Köln (gegen die guten sitten, arbeitsverhältnis, kläger, aufschiebende bedingung, arbeitnehmer, gewerkschaft, betriebsübergang, bag, treu und glauben, tarifvertrag)

Landesarbeitsgericht Köln, 9 Sa 115/10
Datum:
09.06.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
9.Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 Sa 115/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 6 Ca 471/09
Schlagworte:
Bezugnahmeklausel - ergänzende Vertragsauslegung -
Überleitungstarifvertrag
Normen:
§§ 133, 157 BGB, § 1 Abs. 1 TVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, wonach die
"Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter bzw. Angestellten der
Deutschen Bundespost in ihrer jeweiligen Fassung" gelten, beinhaltet
nach ihrem Wortlaut keine Tarifwechselklausel, so dass nur die
Tarifverträge der Deutschen Telekom AG als Rechtsnachfolgerin im
Telekommunikationsbereich Anwendung finden.
2. Nach ergänzender Vertragsauslegung gelten allerdings auch solche
Tarifbestimmungen für das Arbeitsverhältnis, die in einem aus Anlass
eines Betriebsübergangs auf eine rechtlich selbständige
Tochtergesellschaft (hier: Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH)
abgeschlossenen Überleitungstarifvertrag festgelegt sind, sofern auch
die Deutsche Telekom AG Tarifvertragspartei ist.
3. Zum Zustandekommen einer Tarifeinigung, deren Gültigkeit von der
Zustimmung der zuständigen Gremien der Tarifvertragsparteien
abhängig ist.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn
vom 20.10.2009 – AZ: 6 Ca 471/09 – wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten darüber, ob das Tarifwerk der D T AG mit Tarifstand 30. November
2008 auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
2
Der Kläger war aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 1. Januar 1991 bei der
D B als Vollzeitbeschäftigter tätig.
3
In einem Änderungsvertrag vom 22. Januar 1992 ist u. a. bestimmt:
4
"Für das Arbeitsverhältnis gelten der Tarifvertrag für die Arbeiter der D (TV Arb-
O) und die sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost
Telekom in Beitrittsgebiet in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen
den Vertragsparteien vereinbart."
5
Diese Regelung wurde bei späteren Vertragsänderungen nicht geändert.
6
Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gewerkschaftsmitglied ist.
7
Im Jahr 1990 entstanden im Zuge der Postreform I aus der D B drei öffentliche
Unternehmen, u. a. die D B T , in deren Geschäftsbereich der Kläger tätig war.
8
Mit der Privatisierung dieser Unternehmen durch die Postreform II wurde zum 1. Januar
1995 durch § 21 Postpersonalrechtsgesetz die Überleitung der Arbeitsverhältnisse von
dem Unternehmen D B T auf die D T AG und die Weitergeltung der Tarifverträge der D
B bis zum Abschluss neuer Tarifverträge geregelt.
9
In der Folgezeit vereinbarte die D T AG mit der Gewerkschaft v Verbesserungen der
nach dem TV Arb geltenden Arbeits- und Entgeltbedingungen, die Einführung eines
neues Entgeltsystems NBBS mit Wirkung zum 1. Juli 2001 und im Jahr 2004 eine
Absenkung der Regelarbeitszeit bei nur teilweisem Lohnausgleich. Soweit das
Arbeitsverhältnis des Klägers dem Geltungsbereich der Tarifänderungen unterfiel,
wurden sie mit seinem Einverständnis umgesetzt.
10
Aufgrund eines Betriebsübergangs trat die Beklagte am 1. Dezember 2008 in das
Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der D T AG gemäß § 613 a BGB ein. Mit
Schreiben vom 3. Dezember 2008 unterrichtete die D AG den Kläger und die anderen
betroffenen Arbeitnehmer über den Grund für den Betriebsübergang und über die
Rechtsfolgen.
11
Darin heißt es u. a.:
12
"Allerdings war es immer unserer Wille, mit der Gewerkschaft ver.di ein
entsprechendes Regelungswerk (TV SR 2007) zu vereinbaren und Ihnen
Konditionen zu sichern, die mit den Konditionen der Mitarbeiter, die bereits im
Juni 2007 gewechselt sind, materiell vergleichbar sind. Die Verhandlungen
konnten erfreulicherweise zwischenzeitlich erfolgreich beendet werden. Mit v
wurde am 25. November 2008 die als Anlage 2 beiliegende Tarifeinigung
abgeschlossen, die im Wesentlichen den Regelungen des TV SR 2007
entspricht. Die Redaktionsverhandlungen zur Umsetzung der Tarifeinigung
werden in Kürze beginnen. Die vereinbarten Regelungen treten zum 1.
Dezember 2008 in Kraft."
13
Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht.
14
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die von der Beklagten und der D AG mit der
Gewerkschaft v Tarifeinigung, die sich an bei der Beklagten bestehenden
Firmentarifverträgen orientiert und die von den Tarifverträgen der D T AG u. a. bei der
Arbeitszeit und beim Arbeitsentgelt zu Lasten der Arbeitnehmer abweicht, vor dem 1.
Dezember 2008 zustande gekommen ist, ob sie gegen höherrangiges Recht verstößt
und ob sie kraft der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel Anwendung auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien findet.
15
Die Beklagte hat eine Ausfertigung der Tarifeinigung zur Überführung der Technik-
Zentren von der D in die D vorgelegt, die für sie von ihrem Geschäftsführer Herrn P , für
die D von deren Leiter Tarifpolitik und Arbeitsbeziehungen (Tarif Policy & Labour
Relations) Herrn Dr. S und für die Gewerkschaft ver.di von dem Gewerkschaftssekretär
Herrn S unterzeichnet ist. In dieser heißt es einleitend, die Einigung erfolge
"vorbehaltlich der Zustimmung der Gremien".
16
Während der Kläger die Ansicht vertritt, aufgrund der arbeitsvertraglichen
Bezugnahmeklausel fänden die Tarifverträge der D T AG mit Tarifstand 30. November
2008 auch nach dem Betriebsübergang weiter Anwendung, ist die Beklagte der
Meinung, es seien ausschließlich die Bestimmungen der Tarifeinigung vom 25.
November 2009 anzuwenden.
17
Das Arbeitsgericht Bonn hat durch Urteil vom 20. Oktober 2009 die Klage auf
Feststellung, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der D T AG
(Tarifstand 30. November 2008) Anwendung finden, abgewiesen. Zur Begründung hat
es ausgeführt, bei der Tarifeinigung vom 25. November 2008 handle es sich um einen
Tarifvertrag, der kraft der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel Anwendung auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien finde. Begründete Anhaltspunkte für ein
rechtsmissbräuchliches Handeln der Tarifvertragsparteien bestünden nicht.
18
Das Urteil ist dem Kläger am 23. November 2009 zugestellt worden. Er hat hiergegen
am 10. Dezember 2009 Berufung einlegen und diese am 18. Januar 2010 begründen
lassen.
19
Der Kläger ist der Ansicht, die Feststellungsklage sei zulässig, da damit die
Anwendbarkeit der Tarifverträge der D mit dem Tarifstand 30. November 2008 auf das
zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis grundsätzlich geklärt werde.
20
Die Klage sei auch begründet, da die arbeitsvertragliche Regelung als kleine
dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen sei. Da die D kraft Gesetzes
Rechtsnachfolgerin des öffentlichen Unternehmens D sei, würden die von ihr seit 1995
abgeschlossenen neuen Tarifverträge ohne weiteres von der Bezugnahmeklausel
erfasst. Mit TV Arb sei nicht ein einzelner Tarifvertrag, sondern das Tarifwerk der D und
später der D gemeint. So sei auch stets bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte am
1. Dezember 2008 verfahren worden, unabhängig davon, ob die neuen tariflichen
Regelungen günstiger oder ungünstiger für den Kläger gewesen seien.
21
Diese Tarifverträge seien nicht durch die Tarifeinigung vom 25. November 2008
zwischen der Beklagten, der D und der Gewerkschaft ver.di ersetzt worden. Diese
Tarifeinigung sei nicht vor dem Betriebsübergang am 1. Dezember 2008 wirksam
22
zustande gekommen. Sie sei nicht vor diesem Zeitpunkt unterzeichnet und von den
zuständigen Gremien genehmigt worden. Im Übrigen habe sie erst ab dem Zeitpunkt
des Betriebsübergangs wirksam werden sollen. Sie verstoße gegen Art. 3 GG, da sie
ausschließlich die Arbeitnehmer der D benachteilige, deren Arbeitsverhältnisse auf die
Beklagte übergegangen seien. Es gebe keinen Sachgrund dafür, dass diese
Arbeitnehmer schlechter gestellt seien als die weiter bei der D beschäftigten
Arbeitnehmer. Sinn und Zweck eines Überleitungstarifvertrages müsse es vielmehr sein,
den Besitzstand der betroffenen Beschäftigten ausreichend zu wahren. Mit der
Tarifeinigung vom 25. November 2008 sei bezweckt worden, den Schutz nach § 613 a
BGB auszuhebeln und die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel zu umgehen. Sie
stelle sich als Vertrag zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer dar und verstoße gegen
die guten Sitten bzw. tragende Grundsätze des Arbeitsrechts.
Nachdem er am 12. April 2010 mit der Beklagten einen schriftlichen Änderungsvertrag
abgeschlossen hat, in dem u. a. bestimmt worden ist, dass mit Wirkung ab dem 1.
Januar 2010 bei einem Betriebsübergang die für den neuen Arbeitgeber einschlägigen
Tarifverträge Anwendung finden, wenn der neue Arbeitgeber tarifgebunden ist, hat er
sein Feststellungsbegehren für den Zeitraum bis 31. Dezember 2008 beschränkt.
23
Der Kläger beantragt zuletzt,
24
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts
25
Bonn vom 20. Oktober 2009 – 6 Ca 471/09 –
26
festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis des
27
Klägers die Tarifverträge der D
28
(Tarifstand: 30. November 2008) bis zum 31. Dezember 2009 Anwendung
fanden.
29
Die Beklagte beantragt,
30
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
31
Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da sie nicht Klarheit darüber
verschaffe, welche Tarifverträge der D anwendbar seien. Diese Tarifregelungen seien
nicht durchweg günstiger als die Regelungen in ihren Tarifverträgen.
32
Sie sei aber auch unbegründet, da aufgrund der Tarifeinigung vom 25. November 2008
ihre Tarifverträge Anwendung auf das Arbeitsverhältnis fänden. Bei der Tarifeinigung
vom 25. November 2008 handle es sich um einen Tarifvertrag. Die Tarifeinigung sei
wirksam zustande gekommen. Am 25. November 2008 hätten die Herren P , Dr. S und S
die Einigung unterzeichnet. In der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2010 haben die
Beklagtenvertreter erklärt, Herr Dr. S sei als Leiter Tarifpolitik und Arbeitsbeziehungen
aufgrund eines sog. Vorratsbeschlusses zum Abschluss einer derartigen Tarifeinigung
bevollmächtigt gewesen. Mit Schreiben vom 14. April 2010 der Gewerkschaft ver.di
hätten deren Bundesfachbereichsleiter und Bundesvorstand Herr S und deren
Bereichsleiter Tarifpolitik Grundsatz Herr H bestätigt, dass die zuständige
Tarifkommission der Gewerkschaft am 28. November 2009 der Tarifeinigung
33
zugestimmt habe. Diese Tarifeinigung werde nur redaktionell überarbeitet, bleibe aber
inhaltlich deckungsgleich. Sie finde Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien
kraft der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, die eine Tarifwechselklausel
beinhalte. Im Übrigen seien mit der D und der Gewerkschaft ver.di dieselben
Tarifparteien gegeben wie bei den vorherigen Tarifverträgen für den Bereich der D ,
deren Anwendung der Kläger seit langem stets akzeptiert habe. Es gelte das
Ablöseprinzip. Ein Verstoß gegen die Schutzbestimmungen des § 613 a BGB liege
nicht vor. Die Tarifparteien hätten nicht ihre verfassungsrechtlich geschützte
Gestaltungsmacht missbraucht. Vielmehr hätten sie die Arbeitsbedingungen an
marktwirtschaftliche Erfordernisse angepasst. Eine Beschäftigungssicherung für die
Arbeitnehmer sei wesentlicher Bestandteil der Tarifeinigung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
34
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
35
I. Die Berufung ist zulässig.
36
37
Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1
ArbGG eingelegt und begründet worden.
38
II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
39
40
Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage auf Feststellung, dass auf das
Arbeitsverhältnis des Klägers die Tarifverträge der D (Tarifstand: 30. November 2008)
Anwendung finden, abgewiesen.
41
A. Zwar ist die Feststellungsklage zulässig.
42
1. Der zuletzt gestellte Antrag beinhaltet eine auch im Berufungsverfahren nach § 264
Ziff. 2 ZPO ohne Weiteres zulässige Einschränkung des ursprünglichen Hauptantrags.
43
2. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem
Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang
einer Leistungspflicht beschränken. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten
Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer
Feststellungsklage sein (vgl. zuletzt: BAG, Urteil vom 22. Oktober 2008 – 4 AZR 784/07
–).
44
Das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) besteht für die Klage, weil mit ihr geklärt
werden kann, ob sich das Arbeitsverhältnis in der Zeit ab Betriebsübernahme am 1.
Dezember 2008 bis zum 31. Dezember 2009 nach dem Tarifwerk der D T AG mit
Tarifstand 30. November 2008 gerichtet hat, was der Kläger zuletzt geltend macht.
Diese Tarifverträge sind in der Gesamtschau für den Kläger günstiger als die
Firmentarifverträge, die die Beklagte abgeschlossen hat (vgl. zum Günstigkeitsprinzip:
HWK-Henssler, 3. Aufl., § 4 TVG Rdn. 29 ff.). Die von dem Kläger erstrebte Feststellung
ist für eine Anzahl von Rechtsansprüchen nach dem Tarifwerk der D T AG (Tarifstand
30. November 2008) – deren Anwendbarkeit auf das Arbeitsverhältnis vorausgesetzt –
bedeutsam (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 25. Oktober 2000 – 4 AZR 506/99 – und Urteil
vom 25. September 2002 – 4 AZR 294/01 –). Es ist davon auszugehen, dass bei einem
rechtskräftigen Obsiegen des Klägers die Beklagte das Arbeitsverhältnis für den
Zeitraum 1. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2009 neu abwickeln wird, also
gesonderte Abrechnungs- und Leistungsklagen nicht erforderlich werden.
45
B. Die Feststellungsklage ist aber nicht begründet.
46
Die Tarifverträge der D T AG (Tarifstand 30. November 2008) fanden auf das zwischen
den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mehr Anwendung, da ab dem 1.
Dezember 2008 die davon abweichende Tarifeinigung zur Überführung der Technik-
Zentren von der D AG in die D vom 25. November 2008 galt. Dies ergibt eine
ergänzende Auslegung der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 22. Januar 1992,
der mit der Rechtsvorgängerin, der D , abgeschlossen wurde.
47
1. Nach dem Arbeitsvertrag vom 22. Januar 1992 galt zunächst das gesamte Tarifwerk
der D B in seiner jeweiligen Fassung kraft der Bezugnahmeklausel.
48
Dies ist zwischen den Parteien in der Folgezeit auch so praktiziert worden und wird von
ihnen im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Frage gestellt.
49
2. Es ist bereits in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt worden, dass
diese Klausel einer Kontrolle nach AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB) standhält, insbesondere
auch dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (vgl. dazu im Einzelnen: BAG,
Urteil vom 24. September 2008 – 6 AZR 76/07 –).
50
3. Gleiches galt auch nach der Privatisierung des öffentlichen Unternehmens D B T und
der Gründung der privatrechtlichen D T AG, die nach § 21 Postpersonalrechtsgesetz in
das Arbeitsverhältnis des Klägers eintrat.
51
In die Geltung des Tarifwerks der D B in seiner jeweiligen Fassung aufgrund der
arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel wurde nicht eingegriffen. Vielmehr hat der
Gesetzgeber durch § 21 Postpersonalrechtsgesetz ausdrücklich die weitere
Anwendbarkeit der damals geltenden Tarifverträge der D B bis zum Abschluss neuer
Tarifverträge und damit – entsprechend der Bezugnahmeklausel – dynamisch
festgelegt.
52
Da es sich bei der D T AG um die Rechtsnachfolgerin der D B im
Beschäftigungsbereich des Klägers handelt, veränderte sich der in der
Bezugnahmeklausel genannte Geltungsbereich nicht. Sie galt weiterhin für das
Tarifwerk der D B mit den Änderungen und Ergänzungen, die in Tarifverträgen mit der D
T AG vereinbart wurden.
53
Dies entsprach auch dem Willen der Vertragsparteien. Denn sie haben seit 1995 die
von der Rechtsnachfolgerin abgeschlossenen Tarifverträge ohne weiteres umgesetzt,
unabhängig davon, ob es sich um günstigere oder verschlechternde Bedingungen für
den Kläger handelte.
54
1. Zutreffend gehen die Parteien davon aus, dass die Bezugnahmeklausel als sog.
Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des 4. Senats des
Bundesarbeitsgerichts zu werten ist. Danach bezweckt die in einem vom
tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten und vor dem 1. Januar 2002
geschlossenen Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf ein Tarifwerk, an das der
Arbeitgeber selbst gebunden ist, regelmäßig die Gleichstellung der bei ihm
beschäftigten nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer mit den tarifgebundenen
Arbeitnehmern.
55
56
Dies hat zur Folge, dass die vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der
tariflich geregelten Arbeitsbedingungen endet, wenn sie tarifrechtlich auch für einen
tarifgebundenen Arbeitnehmer endet. Sie endet beispielsweise, wenn die
Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite dadurch nicht mehr fortbesteht, dass die
Betriebsinhaberschaft nach § 613 a BGB auf einen nicht an das Tarifwerk gebundenen
Erwerber übergeht (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 22. Oktober 2008 – 4 AZR 784/07 –). Das
in Bezug genommene Tarifwerk kann nur noch statisch weitergelten.
57
5. Nach dem Wortlaut erfasst die Bezugnahme dagegen nicht die Tarifeinigung vom 25.
November 2008, die nicht für den Bereich der D , sondern ausschließlich für den
Bereich der nicht an das Tarifwerk der D gebundenen Betriebsnachfolgerin
abgeschlossen worden ist.
58
a. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine Hinweise darauf, dass eine
Tarifwechselklausel vereinbart worden ist. In der Bezugnahmeklausel wird nur auf das
Tarifwerk der D B und – wie vorstehend ausgeführt - ihrer Rechtsnachfolgerin für den
Beschäftigungsbereich des Klägers verwiesen. Die Tarifeinigung vom 25. November
2008 ist nicht an die Stelle dieses Tarifwerks getreten. Sie hat sie nicht abgelöst, wie
etwa für den Bereich des öffentlichen Dienstes die Bestimmungen des TVöD/TV-L die
Regelungen des BAT ersetzt haben. Das Tarifwerk der D enthält auch keine
Öffnungsklausel, mit der die Geltung der Tarifeinigung begründet werden könnte.
59
b. Die Anwendbarkeit der Bezugnahmeklausel ist nicht deshalb anders zu beurteilen,
weil es sich um einen Betriebsübergang im Zuge der Aufgliederung des D T Konzerns
handelte und dieser Betriebsübergang auf ein Tochterunternehmen der D T AG erfolgte.
Zutreffend hat das Bundesarbeitsgericht in der bereits erwähnten Entscheidung vom 22.
Oktober 2008 – 4 AZR 784/07 – herausgestellt, dass es hier um die Auslegung einer
vertraglichen Abrede geht und für deren Auslegung grundsätzlich ohne Bedeutung ist,
weshalb die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers sich änderte.
60
c. Es liegen auch keine weiteren besonderen Umstände vor, die eine andere
61
Beurteilung des Parteiwillens rechtfertigen könnten, so dass es auch hier bei der Regel
verbleibt, wonach sich der Inhalt einer auf ein bestimmtes Tarifwerk verweisenden
Gleichstellungsabrede darin erschöpft, für das Arbeitsverhältnis nur die genannten
Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung einschließlich etwaiger Ergänzungen
anwendbar zu machen (vgl. BAG, Urteil vom 30. August 2000 – 4 AZR 581/99 –).
6. Die Anwendbarkeit der Tarifeinigung vom 25. November 2008 ergibt sich allerdings
aufgrund einer ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag enthält
für den Fall eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs auf einen nicht an das
Tarifwerk der D gebundenen Arbeitgeber eine nachträglich eingetretene
Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu
schließen ist.
62
a. Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung
eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist. Eine
Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder
zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese
Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann
nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich
ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne
Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht
zu erzielen ist (vgl. BAG, Urteil vom 19. Mai 2010 – 4 AZR 796/08 - ).
63
b. Danach ist die Bezugnahmeklausel lückenhaft.
64
Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende
tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Arbeitsvertragsparteien, die
Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben. Ein Verständnis
dahin, dass das bei einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang gültige Tarifwerk der
T dauerhaft weitergelten sollte, ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem
Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar. Die Arbeitsvertragsparteien sind
im Jahr 1992 von einer dauerhaften Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei der D oder
einer Rechtsnachfolgerin und der Teilnahme des Klägers an der bei ihr stattfindenden
Tarifentwicklung ausgegangen. Den Fall eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs
haben sie nicht bedacht, so dass ein Regelungswille dahin, den Kläger und die
Betriebsnachfolgerin an das bei Betriebsübergang geltende Tarifwerk der D zu binden
und keine Dynamik mehr zum Tragen zu bringen, nicht angenommen werden kann.
65
c. Die nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung dahin zu schließen, dass die Arbeitsvertragsparteien die
Tarifeinigung vom 25. November 2008 in Bezug genommen hätten.
66
aa. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften
Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der
beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien
vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt
gewesen wäre. Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen orientiert sich an einem objektiv generalisierenden, am Willen
und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise,
ausgerichteten Maßstab, und nicht nur am Willen und Interesse der konkret beteiligten
67
Personen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des
mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des
Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche
Regelungslücke rückwirkend schließt (vgl. BAG, Urteil vom 19. Mai 2010 – 4 AZR
796/08 - ).
bb. Ausgehend davon hätten die Parteien redlicherweise für den Fall des
Betriebsübergangs auf eine nicht an das Tarifwerk der D gebundene
Betriebsnachfolgerin den Abschluss eines Überleitungstarifvertrages unter Beteiligung
der D und der Gewerkschaft ver.di zugelassen, der auch eine weitere dynamische
Entwicklung der Arbeitsvertragsbedingungen beinhaltet.
68
Die Arbeitsvertragsparteien haben bei Vertragsabschluss im Jahr 1992 die nähere
Ausgestaltung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses durch die
Bezugnahme auf das Tarifwerk der D der Regelungsmacht der D bzw. ihrer
Rechtsnachfolgerin D und der Postgewerkschaft bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin ver.di
anvertraut. Die mit dem Überleitungstarifvertrag verbundenen Änderungen der
Arbeitsbedingungen wirken nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine tiefgreifende
inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifwerks. Die
Arbeitsvertragsparteien werden nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die
genannten Tarifvertragsparteien ohne Beteiligung einer Betriebsübernehmerin für den
Bereich der Netzproduktion einen gesonderten (Sparten-)Tarifvertrag zulässigerweise
abgeschlossen hätten.
69
Die Tarifvertragsparteien sind im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit frei, den
Geltungsbereich ihrer Vereinbarungen eigenständig festzulegen und die von ihnen
festgelegten Arbeitsbedingungen für verschiedene betriebliche oder branchen- oder
tätigkeitsbezogene Bereiche unterschiedlich zu regeln. Es kann nicht beanstandet
werden, wenn sie damit vor allem auf eine sich verändernde Marktlage reagieren
wollen, die besonders in den vom Spartentarifvertrag erfassten Bereichen von einem
zunehmenden Wettbewerb mit anderen Anbietern gekennzeichnet ist. Eine sachlich
nicht begründete Ungleichbehandlung mit den nicht unter den Spartentarifvertrag
fallenden Arbeitnehmern ist damit nicht verbunden (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 24. März
2010 – 4 AZR 713/08 - ).
70
Der Einwand, die Vertragsparteien hätten sich nicht an ein ihnen unbekanntes Tarifwerk
binden wollen, kann daher nicht greifen.
71
d. Die Tarifeinigung vom 25. November 2008 stellt einen Tarifvertrag dar.
72
Tarifverträge iSd. § 1 Abs. 1 TVG sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für die
Parteien der tarifunterworfenen Arbeitsverhältnisse Rechte und Pflichten unmittelbar
begründen. Dieser Wille muss im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit
hinreichend deutlich und überprüfbar hervortreten. Aussagekräftig ist auch die
Bezeichnung der Vereinbarung durch die Parteien (vgl. BAG, Urteil vom 19. September
2007 – 4 AZR 670/06 - ).
73
Der auf den Abschluss eines Tarifvertrages gerichtete Wille der Parteien ergibt sich
bereits aus dem einleitenden Hinweis auf die "folgenden tarifvertraglichen Regelungen".
Zudem werden in allen 3 Abschnitten des Tarifvertrages u. a. auch durch die
Überleitung auf bei der Beklagten geltende Tarifverträge und die Modifizierung
74
einzelner Regelungen Rechte und Pflichten für die tarifunterworfenen Arbeitnehmer
unmittelbar begründet.
e. Der Tarifvertrag vom 25. November 2009 ist als dreiseitiger Überleitungsvertrag
wirksam zustande gekommen.
75
aa. Durch Überleitungstarifverträge werden – wie im vorliegenden Fall – Rechte und
Pflichten der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer geregelt. Die
Arbeitnehmer werden zum einen geschützt, indem die Rechtsfolgen des § 613 a Abs. 1
S. 3 BGB abgemildert werden, wonach die tariflichen Regelungen, die vor dem
Betriebsübergang bestanden mit dem Übergang verdrängt werden, wenn beim Erwerber
ein anderer Tarifvertrag gilt. Zentrales Regulierungsfeld ist aber die
Beschäftigungssicherung im Interesse der Arbeitnehmer. Abgeschlossen werden sie
entweder als zweiseitige Tarifverträge zwischen Veräußerer und zuständiger
Gewerkschaft oder als dreiseitige Tarifverträge unter Beteiligung auch des Erwerbers.
Der Abschluss von dreiseitigen Überleitungstarifverträgen erfolgt oftmals erst kurz vor
dem tatsächlichen Betriebsübergang (vgl. dazu: Haag in AiB 2009, S. 212 ff.).
76
bb. Der Tarifvertrag ist mit Wirkung zum 25. November 2008 zustande gekommen,
wobei die als TV SR II bezeichneten Regelungen mit dem Betriebsübergang zum 1.
Dezember 2008 in Kraft getreten sind.
77
Die Beklagte hat dargelegt, dass am 25. November 2008 die Tarifeinigung für die
Beklagte, die Deutsche Telekom und die Gewerkschaft ver.di von dazu
bevollmächtigten Vertretern unterzeichnet worden ist, und zwar von den Herren P , Dr. S
und S . Soweit in dem Tarifvertrag das Zustandekommen von der Zustimmung von
"Gremien" abhängig gemacht worden ist, liegt diese nach dem Vorbringen der
Beklagten vor. Dieser Vorbehalt habe für die Beklagte ohnhehin nicht gegolten, da Herr
P als Geschäftsführer vertretungsberechtigt gewesen sei. Für die D habe Herr Dr. S
aufgrund eines mit seiner Stellung als Leiter Tarifpolitik und Arbeitsbeziehungen
verbundenen sog. Vorratsbeschlusses des Vorstandes den Tarifvertrag abschließen
können. Für die Gewerkschaft ver.di habe ausweislich des Schreibens vom 14. April
2010 deren Tarifkommission als das zuständige Gremium am 28. November 2008 die
Zustimmung erteilt.
78
Soweit der Kläger die Richtigkeit dieses Vorbringens bestreitet, erfolgt dies ins Blaue
hinein. Berechtigte Zweifel daran, dass am 25. November 2008 die Tarifeinigung von
den genannten Personen unterzeichnet worden ist, ergeben sich entgegen seiner
Ansicht aus der Mitteilung der Beklagten und der D vom 3. Dezember 2008 nicht.
Ausdrücklich heißt es darin, die dem Schreiben beigefügte Tarifeinigung sei am 25.
November 2008 abgeschlossen worden. Als Zeitpunkt für das Inkrafttreten des
Tarifvertrages wird der 1. Dezember 2008 genannt. Soweit es heißt, die
Redaktionsverhandlungen zur Umsetzung der Tarifeinigung würden in Kürze beginnen,
war damit nach dem Vorbringen der Beklagten keine inhaltliche Änderung, sondern nur
eine redaktionelle Überarbeitung gemeint. In der Tarifeinigung wird diese redaktionelle
Überarbeitung in einer Protokollnotiz, die der Einleitung zu Abschnitt 2 angefügt ist,
auch ausdrücklich erwähnt, und zwar hinsichtlich der Angaben zum Übergangszeitpunkt
und für ggf. notwendige Überleitungsregelungen. Die vorgelegte Tarifeinigung stellt
demnach keine unverbindliche Absprache der Tarifvertragsparteien dar, sondern
beinhaltet insbesondere auch hinsichtlich der vom Kläger beanstandeten Erhöhung der
wöchentlichen Arbeitszeit und der Verschlechterung beim Arbeitsentgelt
79
(Verdienstabsenkung und der Aufteilung in festes und variables Gehalt) verbindliche
Regelungen (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 5. Juli 2006 – 4 AZR 381/05 -). Auch sind keine
Umstände ersichtlich, die Zweifel daran begründen, dass das Vorbringen der Beklagten
über die Berechtigung von Herrn P und Herrn Dr. S zum Abschluss der Tarifeinigung
und über die Zustimmung der Tarifkommission der Gewerkschaft ver.di am 28.
November 2008 zutreffend ist.
Im Übrigen wäre die Tarifeinigung auch dann wirksam zum 25. November 2008
zustande gekommen, wenn die Zustimmung der Gremien erst nach dem
Betriebsübergang erfolgt wäre. Die Regelung über die Zustimmung der zuständigen
Gremien stellte eine aufschiebende Bedingung iSv. § 158 Abs. 1 BGB dar mit der
Wirkung, dass bis zur Erteilung der Zustimmung die Tarifeinigung schwebend
unwirksam war und mit der Zustimmung rückwirkend wirksam wurde (vgl. dazu: BAG,
Urteil vom 5. Juli 2006 – 4 AZR 381/05 – und vom 12. Dezember 2007 – 4 AZR 996/06 -
), also zu einem Zeitpunkt, zu dem die D noch Arbeitgeberin des Klägers war. Die
aufschiebende Bedingung änderte nichts daran, dass die Tarifeinigung mit der
Unterzeichnung tatbestandlich vollendet und gültig war und nur die Rechtswirkungen
bis zur Genehmigung in der Schwebe blieben (vgl. BGH, Urteil vom 21. September
1994 – VIII ZR 257/93 -; Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., Einf v § 158 BGB Rdn. 8).
80
Schließlich würde die Tarifeinigung auch dann als zum 25. November 2008 zustande
gekommen gelten, wenn sich eine ausdrückliche Genehmigung durch die "Gremien"
nicht feststellen ließe. Wird die Gültigkeit eines Tarifvertrages – wie im vorliegenden Fall
– mehrere Jahre von keiner der Tarifvertragsparteien in Frage gestellt, so gilt die
Genehmigung des Vertragsabschlusses als erteilt (vgl. BAG, Urteil vom 14. Februar
1957 – 2 AZR 344/54 – AP Nr. 1 zu § 32 AOG Weitergeltung von TV als TO sowie BAG,
Urteil vom 18. Dezember 1996 – 4 AZR 129/96 - ). Die inzwischen fast zweijährige
Anwendung der Tarifeinigung muss für die Annahme der Genehmigung reichen. Es
kommt hinzu, dass sich die Beklagte und die D sowohl in dem gemeinsamen
Unterrichtungsschreiben an die Arbeitnehmer vom 3. Dezember 2008 als auch in ihren
Schriftsätzen im vorliegenden und in den gleichgelagerten Verfahren ausdrücklich auf
die Tarifeinigung berufen und sie damit genehmigt haben. Ebenfalls kann in der im
vorliegenden Verfahren überreichten Mitteilung der Gewerkschaft ver.di vom 14. April
2010 an die D eine Genehmigung gesehen werden.
81
8. Die Tarifeinigung verstößt weder gegen § 613 a BGB, noch gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz, noch gegen die guten Sitten und tragende Grundsätze
des Arbeitsrechts und stellt auch keine unzulässige Tarifeinigung zu Lasten der
Arbeitnehmer dar.
82
Es ist bereits ausgeführt worden, dass die Arbeitsvertragsparteien redlicherweise für
den Fall des Betriebsübergangs auf eine nicht an das Tarifwerk der D gebundene
Betriebsnachfolgerin den Abschluss eines Überleitungsvertrages unter Beteiligung der
D und der Gewerkschaft ver.di zugelassen hätten, um die gewollte dynamische
Entwicklung der Arbeitsvertragsbedingungen zu garantieren. Die dynamische
Entwicklung ergibt sich daraus, dass aufgrund der Tarifeinigung nicht nur das zum
Zeitpunkt des Übergangs bestehende Tarifwerk der Beklagten anwendbar wird, sondern
der Kläger auch an künftigen Änderungen der Tarifverträge, also z. B. an tariflichen
Gehaltserhöhungen, teilnimmt.
83
Die Überführung auf das beim Erwerber geltende Tarifwerk hat der Gesetzgeber
84
ausdrücklich vorgesehen. Nach § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB werden die beim bisherigen
Betriebsinhaber geltenden kollektivvertraglichen Regelungen nicht gemäß § 613 a Abs.
1 S. 2 BGB aufrechterhalten, soweit Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bei
dem neuen Inhaber durch einen anderen Tarifvertrag oder eine andere
Betriebsvereinbarung geregelt werden. Überleitungstarifverträge dienen gerade dazu,
diese Wirkung im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer zu modifizieren, insbesondere
durch Übergangsbestimmungen.
Wenn aber der Gesetzgeber ausdrücklich eine solche Ablösung durch das beim
Erwerber geltende Tarifrecht vorgesehen hat, kann keine Rede davon sei, es liege ein
Verstoß gegen § 613 a BGB, den Gleichbehandlungsgrundsatz oder sonstige
Rechtsgrundsätze vor.
85
9. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge nach § 97 ZPO zurückzuweisen.
86
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits zuzulassen.
87
R e c h t s mi t t e l b e l e h r u n g
88
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
89
R E V I S I O N
90
eingelegt werden.
91
Die Revision muss
innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
92
Bundesarbeitsgericht
93
Hugo-Preuß-Platz 1
94
99084 Erfurt
95
Fax: 0361 2636 2000
96
eingelegt werden.
97
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
98
Die Revisionsschrift
muss
Bevollmächtigte
99
1. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder
Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer
100
der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person
ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser
Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit
vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die
Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
101
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift
unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
102
Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
103
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert.
104