Urteil des LAG Köln vom 12.05.2005

LArbG Köln: ordentliche kündigung, vergleich, arbeitsgericht, abfindung, arbeitsbedingungen, anfechtung, sozialplan, rechtshängigkeit, klageerweiterung, arbeitsrecht

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Köln, 3 Ta 142/05
12.05.2005
Landesarbeitsgericht Köln
3. Kammer
Beschluss
3 Ta 142/05
Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 5174/04
Streitwert, Vergleich, Hilfsantrag
§ 45 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 GKG
Arbeitsrecht
Wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch in einem Vergleich
mitgeregelt (hier: höhere Sozialplanabfindung), ist der Hilfsantrag
streitwertmäßig zu berücksichtigen.
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der
Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 01.03.2005 – 8 Ca
5174/04 – abgeändert und der Streitwert für das erstinstanzliche
Verfahren bis zum 13.09.2004 auf 8.160,00 € sowie für das Verfahren
danach und den Vergleich auf 27.032,41 € festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I. Die Klägerin hat sich in dem diesem Beschwerdeverfahren vorausgegangenen
Rechtsstreit gegen die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung
gewandt und die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen begehrt. Mit
einer am 13.09.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung hat sie
hilfsweise die Zahlung einer über den Betrag von 27.000,00 € um weitere 18.872,41 €
hinausgehende Sozialplanabfindung begehrt. Mit einem weiteren klageerweiternden
Schriftsatz, der am 23.09.2004 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat sie darüber hinaus
hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zu ihrer Wiedereinstellung zu unveränderten
Arbeitsbedingungen verlangt. Mit Beschluss vom 19.01.2005 hat das Arbeitsgericht
festgestellt, dass zwischen den Parteien ein den Rechtsstreit beendender Vergleich
zustande gekommen ist. Dieser Vergleich hat zum einen die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses durch eine fristgemäße ordentliche Kündigung der Beklagten mit
Ablauf des 31.12.2004 zum Gegenstand. Zum anderen ist in Ziffer 3 des Vergleichs
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vereinbart, dass die Beklagte als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes an die
Klägerin eine Abfindung in Höhe von 60.000,00 € brutto zahlt und mit der Zahlung dieser
Abfindung sämtliche Ansprüche aus dem Sozialplan erfüllt sind.
Das Arbeitsgericht hat den Streitwert mit dem angefochtenen Beschluss auf 10.200,00 €
festgesetzt und dabei für den Feststellungsantrag drei und den Weiterbeschäftigungsantrag
zwei Bruttomonatsverdienste der Klägerin zugrundegelegt. Von einer Berücksichtigung der
Hilfsanträge hat es abgesehen, da über diese Anträge keine Entscheidung ergangen sei.
Der gegen diesen am 17.03.2005 zugestellten Beschluss am 22.03.2005 eingelegten
Streitwertbeschwerde der klägerischen Prozessbevollmächtigten hat das Arbeitsgericht mit
Beschluss vom 23.03.2005 nicht abgeholfen und die Beschwerde dem
Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte, zulässige Beschwerde ist zum
überwiegenden Teil begründet, denn der erste hilfsweise gestellte Antrag auf Zahlung
einer weitergehenden Sozialplanabfindung ist bei der Streitwertbemessung in vollem
Umfang zu berücksichtigen. Der Wert des Streitgegenstandes beträgt damit ab
Rechtshängigkeit dieses Hilfsantrages insgesamt 27.032,41 €.
Gemäß § 2 Abs. 1 RVG werden die Anwaltsgebühren grundsätzlich nach dem Wert
berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Dieser Gegenstandswert
bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG regelmäßig im gerichtlichen Verfahren nach
den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Dementsprechend ist § 45 GKG
maßgebend. Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter
Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über
ihn ergeht. Gemäß § 45 Abs. 4 GKG ist diese Regelung bei einer Erledigung des
Rechtsstreits durch Vergleich entsprechend anzuwenden.
Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass der auf Zahlung einer um 18.872,41 € erhöhten
Sozialplanabfindung gerichtete Hilfsantrag streitwertmäßig zu berücksichtigen ist. Denn
ausweislich der Regelung in Ziffer 3 des gerichtlich festgestellten Vergleichs haben die
Parteien die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 60.000,00 € unter Anrechnung der
Sozialplanabfindung vereinbart. Im Vergleich ist also mithin nicht nur der Hilfsantrag in
vollem Umfang berücksichtigt worden, sondern die Beklagte hat sich darüber hinaus zur
Zahlung einer weitergehenden Abfindung verpflichtet. In materieller Hinsicht ist demnach
der zu Ziffer 3) gestellte Hilfsantrag in der vergleichsweisen Streitbeilegung in vollem
Umfang aufgegangen. Der vorliegende Fall entspricht damit in seiner tatsächlichen
Fallkonstellation dem der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 09.03.2004
(- 17 Ta (Kost) 6010/04 -, NZA-RR 2004, 492) zugrundeliegenden Sachverhalt. Ebenso wie
im dortigen Verfahren ist auch hier daher der Hilfsantrag streitwertmäßig sowohl für das
Verfahren als auch für den Vergleich zu berücksichtigen.
Soweit das Arbeitsgericht Köln demgegenüber auf die Beschlüsse der 5. Kammer des
Landesarbeitsgerichts Köln vom 15.08.2002 (- 5 (7) Ta 269/02 – und – 5 Ta 268/02 -)
abstellt, ergibt sich hieraus für den vorliegenden Fall keine Divergenz, da in den von der 5.
Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln entschiedenen Fällen jeweils über den
Hilfsantrag unstreitig keine Entscheidung ergangen war.
2. Unbegründet ist die Streitwertbeschwerde der klägerischen Prozessbevollmächtigten
jedoch insoweit, als begehrt wird, auch den zweiten Hilfsantrag streitwertmäßig zu
berücksichtigen. Dieser Antrag war auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet, die
Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen wiedereinzustellen. Da über diesen
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Wiedereinstellungsantrag nicht entschieden worden und er auch nicht Gegenstand des
Vergleichs geworden ist, greift insoweit die Zusammenrechnungsregelung des § 45 Abs. 1,
4 GKG nicht ein. Vielmehr gelten bezogen auf diesen Hilfsantrag die vom Arbeitsgericht
angeführten Grundsätze der zitierten Rechtsprechung des Berufungsgerichts (LAG Köln,
Beschluss vom 18.02.2002 – 5 Ta 268/02 -; zuletzt LAG Köln, Beschluss vom 27.10.2004 –
3 Ta 332/04 -).
Schließlich ist im Rahmen der Beschwerde auch der Streitwert für den zweiten
Hauptantrag zu korrigieren. Auch wenn insoweit keine ausdrückliche Anfechtung im
Rahmen der Beschwerde erfolgt ist, kann das Beschwerdegericht eine Korrektur
vornehmen. Eine Bindung an die Anträge besteht im Rahmen der Streitwertbeschwerde
nicht (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22.02.1996 – 18 W 57/95 -, JurBüro 1996, 476). Nach
der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts ist der im Rahmen eines
Kündigungsschutzprozesses "mitlaufende" Weiterbeschäftigungsantrag regelmäßig mit
einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten. Nur in Fällen, in denen es ausdrücklich um die
zwischen den Parteien streitige Beschäftigung geht, sind – wie hier erstinstanzlich
geschehen – zwei Bruttomonatsverdienste zugrunde zu legen.
Nach allem ergibt sich mithin ein Gesamtstreitwert in Höhe von 27.032,41 €, der sich aus
drei Bruttomonatsverdiensten für den Klageantrag zu 1), einem Bruttomonatsverdienst für
den Klageantrag zu 2) sowie dem bezifferten Wert des Hilfsantrages zu 3) bemisst.
III. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben. Die
Rechtsbeschwerde ist in Wertfestsetzungssachen nicht eröffnet (BAG, Beschluss vom
17.03.2003 – 2 AZB 21/02 -, NZA 2003, 682).
(Dr. Kreitner)