Urteil des LAG Köln vom 19.11.2007

LArbG Köln: schichtarbeit, belastung, anteil, diskriminierung, wechsel, teilzeitarbeit, tarifvertrag, form, arbeitsgericht, verkündung

Landesarbeitsgericht Köln, 14 Sa 715/07
Datum:
19.11.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 Sa 715/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 6 Ca 2797/07
Schlagworte:
Schichtzulage bei Teilzeittätigkeit
Normen:
§ 8 Abs. 6 und § 24 Abs. 2 TVöD-K
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Teilzeitbeschäftigte im Krankenhaus haben Anspruch auf die monatliche
Schichtzulage des § 8 Abs. 6 TVöD-K nur in dem Umfang, der dem
Anteil ihrer individuell vereinbarten Arbeitszeit zu der regelmäßigen
Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht.
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 24.04.2007 – 6 Ca 2797/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d:
1
Die Parteien streiten darum, ob der teilzeitbeschäftigten Klägerin die volle
Schichtzulage nach dem TVöD für Krankenhäuser zusteht.
2
Die am 13.05.1944 geborene Klägerin ist seit dem 01.04.1962 für die Beklagte tätig und
arbeitet als stellvertretende Stationsleiterin in einem Umfang von 19,25
Wochenarbeitsstunden für die Beklagte in deren Klinik.
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Auf das Arbeitsverhältnis fand bis zum 30.09.2005 der BAT Anwendung. Die Klägerin
erhielt eine Schichtzulage gemäß § 33 a BAT.
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Ab dem 01.10.2005 gelangte der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD –
besonderer Teil Krankenhäuser – BT – K) zur Anwendung. § 7 Abs. 2 TVöD-K definierte
die Schichtarbeit wie folgt
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"Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen
Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens 2 Stunden in
Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht und die innerhalb einer
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Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird."
Zur Höhe einer Schichtzulage der Beschäftigten, die ständig Schichtarbeit leisten,
bestimmt § 8 Abs. 6 TVöD-K:
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"Beschäftigte, die ständig Schichtarbeit leisten, erhalten eine Schichtzulage von
40,00 € monatlich. Beschäftigte, die nicht ständig Schichtarbeit leisten, erhalten
eine Schichtzulage von 0,24 € pro Stunde."
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Zum Anspruch von Teilzeitbeschäftigten bestimmt § 24 Abs. 2 TVöD-K:
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"Soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, erhalten
Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt (§ 15) und alle sonstigen
Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten
Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter
entspricht."
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Unter Berufung auf die letztgenannte Bestimmung gewährte die Beklagte der Klägerin
die Schichtzulage nicht in voller Höhe von 40,00 € monatlich, sondern nur anteilig im
Verhältnis ihrer Teilzeittätigkeit zu einer Vollzeitbeschäftigung.
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Mit Schreiben vom 07.12.2006 (Blatt 4 d. A.) machte die Klägerin die Zahlung der vollen
Schichtzulage in Höhe von 40,00 € pro Monat geltend und verlangte die
Differenzbeträge.
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Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 14.12.2006 (Blatt 5 d. A.) ab. Daraufhin hat
die Klägerin mit am 02.04.2007 bei Gericht eingegangene Klage die Differenzbeträge
für die Monate Dezember 2005 bis Dezember 2006 verlangt.
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Zur Begründung hat sich die Klägerin auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom
23.06.1993 bezogen und geltend gemacht, die lediglich anteilige Gewährung der
Schichtzulage sei eine nach § 4 Abs. 1 TzBfG unzulässige Diskriminierung von
Teilzeitbeschäftigten.
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Durch Urteil vom 24.04.2007 (Blatt 19 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht die Klage
abgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, die Regelung in § 24 Abs. 2 TVöD-
K sei sachgerecht. Denn die Belastung durch Schichtarbeit sei naturgemäß für
Teilzeitbeschäftigte nicht so gravierend wie für Vollzeitbeschäftigte. Gegen dieses am
22.06.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.06.2007 Berufung einlegen und
diese am 31.07.2007 begründen lassen.
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Die Klägerin macht geltend, das Urteil des Arbeitsgerichts Köln sei abzuändern, da
verkannt worden sei, dass der Klägerin die volle Schichtzulage zustehe. Entscheidend
sei, dass die Klägerin ständig Schichtarbeit leiste. Auf die Anzahl der Schichten in der
Woche oder im Monat komme es dabei nicht an. Insofern sei der unterschiedliche
Umfang der Arbeitsleistung gerade kein Sachgeschichtspunkt, der eine Benachteiligung
von Teilzeitbeschäftigten rechtfertigen könne. Die einschlägigen tariflichen Regelungen
stellten gerade nicht auf mögliche Belastungsunterschiede ab. Voraussetzung für den
Anspruch auf Schichtzulage sei allein die Tatsache, dass dienstplanmäßig
Schichtarbeit geleistet werde. So habe das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom
23.06.1993 zur Vorgängeregelung im BAT ausdrücklich entschieden, dass die
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Tarifvertragsparteien die jeweilige konkrete unterschiedliche Belastung von Vollzeit-
und Teilzeitbeschäftigten nicht zum Maßstab für die Zahlung der Schicht- oder
Wechselschichtzulage gemacht hätten. Dann aber fehle es an einer sachlichen
Differenzierungsmöglichkeit zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten. Insoweit liege
ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG vor, da die Klägerin gerade wegen der
Teilzeitarbeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt werde.
Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 24.04.2007 - 6 Ca
2797/07 – die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 234,82 € zuzüglich Zinsen
hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Klagezustellung zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, die Tarifvertragsparteien hätten in voller Kenntnis der
Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 33 a BAT eine vom Regelungsinhalt
dieser Vorschrift abweichende neue Regelung getroffen. In der Neuregelung nach § 8
Abs. 6 TVöD-K werde nicht mehr an ein bestimmtes Maß an Nachtarbeitsstunden
angeknüpft. Damit hätten die Tarifvertragsparteien klar zum Ausdruck gebracht, die
Zahlung der Schichtzulage von dem Grad der mit der Schichtarbeit verbundenen
Belastung abhängig machen zu wollen. Der Grad der mit der Schichtarbeit verbundenen
Belastung variiere aber in Abhängigkeit vom Umfang der Arbeitszeit, da die sich aus
dem Wechsel in den einzelnen Schichten ergebende Belastung mit zunehmender
Verringerung der Arbeitszeit stetig abnehme. Die Tarifvertragsparteien hätten zudem in
§ 24 Abs. 2 TVöD-K eine generelle zeitratierliche Regelung geschaffen und dieser
Regelung grundsätzlich sämtliche Entgeltbestandteile unterworfen, es sei denn, diese
seien explizit von einer Kürzung ausgenommen worden. Die Schichtzulage aus § 8 Abs.
6 TVöD-K sei von dieser zeitratierlichen Kürzung jedoch nicht ausgenommen worden.
Es entspreche auch dem Willen der Tarifvertragsparteien, Teilzeitbeschäftigten die
Schichtzulage nach § 8 Abs. 6 TVöD-K nur anteilig zu zahlen. Hiermit sei keine
Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter verbunden, da die Tarifvertragsparteien der
unterschiedlichen tatsächlichen Belastung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten im Falle
von Schichtarbeit Rechnung getragen hätten. Die sich aus der unterschiedlichen
Arbeitszeit ergebenden unterschiedlichen Belastungen von Voll- und Teilzeitkräften im
Falle von Schichtarbeit rechtfertigten bei Teilzeitkräften lediglich eine anteilige
Honorierung und stellten keine Diskriminierung von Teilzeitkräften dar. Würde man der
unterschiedlichen Belastung von Vollzeitbeschäftigten zu Teilzeitbeschäftigten nicht
Rechnung tragen, führe dies am Ende zu einer Diskriminierung der
Vollzeitbeschäftigten.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte zulässige
Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet.
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Die Klägerin hat nur einen anteiligen aber keine ungekürzten Anspruch auf die
tarifvertraglich festgelegte Schichtzulage.
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1. Aus § 8 Abs. 6 TVöD-K in Verbindung mit § 24 Abs. 2 TVöD-K ergibt sich nur ein
anteiliger Anspruch auf eine Schichtzulage; diesen hat die Klägerin unstreitig erhalten.
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a) Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass kraft arbeitsvertraglicher Einbeziehung die
maßgebenden Tarifverträge und damit auch der TVöD-K auf das Arbeitsverhältnis
Anwendung finden. Unstreitig ist auch, dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 8
Abs. 6 Satz 1 TVöD-K erfüllt, in dem sie ständig Schichtarbeit leistet. Die ständige
Schichtarbeit ist in § 7 Abs. 2 TVöD-K so definiert, dass es sich um Arbeit nach einem
Schichtplan handeln muss, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen
Arbeitszeit um mindestens 2 Stunden in Zeitabschnitten von längstens einem Monat
vorsieht, und die innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird.
Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 19.11.2007
unstreitig geworden ist, wird bei der Beklagten ein Schichtplan für jeweils 14
Kalendertage aufgestellt. In diesem Schichtplan werden Vollzeitbeschäftigte regelmäßig
mit 10 Schichten eingetragen, die Klägerin aufgrund der Tatsache, dass ihr
Arbeitsverhältnis etwa die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit umfasst, mit 5 Schichten.
Dabei wechselt der Beginn der täglichen Arbeitszeit um mindestens 2 Stunden.
Ausgehend hiervon liegt regelmäßige Schichtarbeit im Sinne des § 7 Abs. 2 TVöD-K
vor.
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Für diese regelmäßige Schichtarbeit sieht § 8 Abs. 6 TVöD-K eine monatliche
Schichtzulage von 40,00 € vor.
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b) Aufgrund von § 24 Abs. 2 TVöD-K kann die Klägerin nicht die volle Schichtzulage
beanspruchen, sondern nur den Bruchteil, der aus dem Verhältnis ihrer individuellen
Arbeitszeit zu der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter
entspricht. Denn § 24 Abs. 2 TVöD-K bestimmt, dass, soweit nicht tarifvertraglich
ausdrücklich etwas Anderes geregelt ist, Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt und
alle sonstigen Entgeltbestandteile nur in dem Umfang erhalten, der dem Anteil ihrer
individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit
vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht. Diese Quotelungsregelung ist auf die
monatliche Schichtzulage für ständige Schichtarbeit anwendbar. Dies ergibt die
Auslegung des Tarifvertrages. Sein normativer Teil ist nach den für die Auslegung von
Gesetzen geltenden Regeln auszulegen, ausgehend vom Tarifwortlaut (BAG Urteil vom
27.04.2006 – 6 AZR 437/05 – NZA-RR 2006, Seite 608).
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Ausgehend hiervon ergibt die Auslegung der vorliegenden Tarifbestimmung, dass für
die monatliche Schichtzulage eine Quotelung entsprechend dem Umfang der Arbeitszeit
vorzunehmen ist. Der Wortlaut ist diesbezüglich eindeutig. Denn er schreibt eine
Quotelung für das monatliche Tabellenentgelt und für "alle sonstigen
Entgeltbestandteile" vor. Daran wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien eine
umfassende Quotelungsregelung gewollt haben. Die Schichtzulage gehört wie das
Tabellenentgelt selbst zu den monatlich gezahlten Vergütungsbestandteilen. Durch den
Hinweis in § 24 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K, das diese Quotelung gelten soll, "soweit
tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas Anderes geregelt ist", wird unterstrichen, dass
die Tarifvertragsparteien insoweit einen allgemeinen Grundsatz festlegen wollten,
Entgeltbestandteile nach dem Umfang der Arbeitszeit zu quoteln. Abweichungen
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bedürfen demnach der ausdrücklichen tarifvertraglichen Regelung. Es kommt hinzu,
dass die Tarifvertragsparteien für das Jubiläumsgeld in § 23 Abs. 2 Satz 2 TVöD-K
ausdrücklich eine Quotelungsregelung ausgeschlossen haben. Eine vergleichbare
Regelung findet sich für die Schichtzulage hingegen nicht. Schließlich ist zu
berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung im TVöD-K eine
Abkehr von der Vorgängerregelung in § 33 a BAT vorgenommen haben. Nach dieser
Vorgängerregelung war eine Schichtzulage an die Vorraussetzung geknüpft, dass durch
die Schichtarbeit in 5 bzw. 7 Wochen mindestens 40 Nachtarbeitsstunden anfielen.
Damit konnten Teilzeitkräfte, die berechnet auf 5 bzw. 7 Wochen weniger als 40
Arbeitsstunden zu leisten hatten, überhaupt keine Schichtzulage bekommen. Auch
Teilzeitkräfte, die vertraglich zu einem größeren Arbeitszeitumfang verpflichtet waren,
kamen nicht in den Genuss der Schichtzulage, soweit durch die Teilzeitarbeit nicht
zumindest 40 Nachtarbeitsstunden geleistet wurden. Demgegenüber hat die
Neuregelung in § 8 Abs. 6 TVöD in Verbindung mit § 24 Abs. 2 TVöD-K einerseits die
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Schichtzulage erleichtert, weil auch
Teilzeitkräfte, die den vorher notwendigen Mindestumfang an Arbeitszeit nicht
erreichten, in den Genuss der Schichtzulage kommen können. Andererseits bewirkt die
Neuregelung eine Quotelung entsprechend dem Umfang der Teilzeitarbeit.
Unverkennbar ist damit, dass die Tarifvertragsparteien nicht mehr ein starres
Mindestquorum an Nachtarbeitszeit für die Schichtzulage voraussetzen wollten, sondern
sie proportional am Maß der vereinbarten Gesamtarbeitszeit ausrichten wollten.
Aus der Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften des TVöD-K ergibt sich daher,
dass die Klägerin die Schichtzulage nur anteilig beanspruchen kann.
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2. Der Klägerin ist zuzugeben, dass aufgrund der tarifvertraglichen Neuregelung eine
Verschlechterung ihrer konkreten Situation in Bezug auf die Schichtzulage eingetreten
ist. Es besteht jedoch kein Vertrauensschutz auf den Fortbestand des bisherigen
Tarifvertrages. Eine Verschlechterung durch eine nachfolgende tarifvertraglichen
Regelung ist möglich (BAG Urteil vom 11.10.2006 – 4 AZR 486/05 -, NZA 2007, Seite
634; BAG Urteil vom 02.02.2006 – 2 AZR 58/05 -, NZA 2006 Seite 868). Denn
tarifvertragliche Regelungen tragen den immanenten Vorbehalt der Änderung durch
einen nachfolgenden Tarifvertrag in sich. Die Gestaltungsfreiheit der
Tarifvertragsparteien ist durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes begrenzt; dieser
ist, weil keine rückwirkende Abänderung vorliegt, jedoch nicht tangiert.
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3. Die Regelung verstößt nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG, sie wahrt vielmehr den
Grundsatz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, in dem sie der Klägerin die Schichtzulage in
dem Umfang erhält, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines
vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
33
a) Ob die anteilige Zahlung einer Schichtzulage an Teilzeitbeschäftigte eine nicht
gerechtfertigte Benachteilung im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG darstellt, ist in der
Rechtssprechung umstritten. Während das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
(Urteil vom 27.03.2007 – 5 Sa 557/06 -) und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil
vom 02.08.2007 – 5 Sa 682/07 -) insoweit einen Verstoß gegen das
Benachteiligungsverbot annehmen, wird dies vom Landesarbeitsgericht Berlin
Brandenburg (Urteil vom 22.06.2007 – 8 Sa 788/07 -.) und vom Landesarbeitsgericht
Hamm (Urteil vom 10.05.2007 – 17 Sa 1890/06 -) verneint.
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b) Die erkennende Kammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Ein Verstoß
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gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG kann nicht angenommen
werden. Zunächst ist der Grundsatz des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG gewahrt. Nach dieser
Bestimmung hat ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer mindestens das Arbeitsentgelt zu
beanspruchen, dass dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines
vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Dieser Grundsatz ist
durch die tarifliche Regelung gewahrt, denn sie stellt sicher, dass ein
teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer die Schichtzulage zumindest anteilig in dem Umfang
erhält, die dem Anteil der Arbeitszeit des Teilzeitbeschäftigten an der Arbeitszeit eines
vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Insoweit ist die
weitgehend identische Formulierung des § 24 Abs. 2 TVöD-K mit der Formulierung in §
4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG auch ein Zeichen dafür, dass sich die Tarifvertragsparteien im
Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG halten wollten und gehalten haben.
Auf die von der Klägerseite in Bezug genommene Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts vom 23.06.1993 (Az. – 10 AZR 127/92 -, NZA 1994, Seite 41 ff.)
kann die Rechtswidrigkeit der jetzigen tariflichen Regelung nicht gestützt werden. Denn
diese ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. In jener Entscheidung hat es das
Bundesarbeitsgericht mit Recht beanstandet, wenn Teilzeitbeschäftigten die
Schichtzulage anteilig gekürzt wurde, obwohl sie ebenso wie Vollzeitbeschäftigte ein
Mindestquorum von Nachtarbeitsstunden in einem bestimmten Zeitraum erreicht hatten.
In einem solchen Fall ist es in der Tat nicht gerechtfertigt, Arbeitnehmer die
gleichermaßen das tarifliche Mindestquorum erfüllt haben, unterschiedlich zu behandeln
je nachdem, ob sie als Teilzeit- oder als Vollzeitkräfte dieses Mindestquorum erbracht
haben. Entscheidend ist, dass in der neuen tarifvertraglichen Regelung die
Anspruchsvoraussetzungen völlig anders justiert worden sind. Voraussetzung ist nicht
mehr ein Mindestquorum, sondern dass überhaupt ständig Schichtarbeit zu leisten ist,
unabhängig davon, in welchem Umfang dies geschieht. Angesichts dieser veränderten
Regelungstechnik ist eine Staffelung der Schichtzulage nach dem Maß der Ableistung
von Schichten nicht zu beanstanden. Denn es trägt der Tatsache Rechnung, dass die
Tarifvertragsparteien bei ihrer tarifvertraglichen Neuregelung offenkundig davon
ausgegangen sind, dass Teilzeitbeschäftigte aufgrund des geringeren Umfangs ihrer
Arbeitszeit monatlich durchschnittlich zu einer geringeren Zahl von Schichten
herangezogen werden als Vollzeitbeschäftigte.
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Dies verdeutlicht auch die konkrete Situation der Klägerin im vorliegenden Fall. Die
Klägerin arbeitet mit etwa der Hälfte der Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigen. Sie wird in
einem 14 – Tage - Zeitraum zu 5 Schichten eingeteilt, während Vollzeitbeschäftigte zu
10 Schichten eingeteilt werden. Auf einen Monat gerechnet ergibt dies für mit halber
Arbeitszeit Beschäftigte etwa 10 Schichten während Vollzeitbeschäftigte
durchschnittlich mit etwas mehr als 20 Schichten pro Monat rechnen müssen.
Demzufolge erhalten Vollzeitbeschäftigte durch die monatliche Schichtzulage von 40,00
€ etwa 2,00 € pro Schicht, Teilzeitbeschäftigte mit hälftiger Arbeitszeit wie die Klägerin
erhalten die hälftige monatliche Schichtzulage, also 20,00 €, und damit ebenfalls 2,00 €
pro Schicht. Wäre hingegen die Auffassung der Klägerseite richtig, wonach auch
Teilzeitkräfte die volle Schichtzulage in Höhe von 40,00 € beanspruchen könnten,
würden Vollzeitbeschäftigte 2,00 € pro Schicht, Teilzeitbeschäftigte mit hälftiger
Arbeitszeit hingegen rund 4,00 € pro Schicht, also das Doppelte erhalten. Dies wäre
eine Besserstellung der Teilzeitbeschäftigten gegenüber den Vollzeitbeschäftigten, die
aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden kann. Denn wenn Teilzeitbeschäftigte für die
gleiche Anzahl geleisteter Arbeitsstunden die gleiche Gesamtvergütung wie
Vollzeitbeschäftigte erhalten, besteht keine Ungleichbehandlung im Sinne von § 4 Abs.
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1 Satz 1 TzBfG (siehe BAG Urteil vom 05.11.2003 – 5 AZR 8/03 -, NZA 2005 Seite 222
ff.).
Daher kann die tarifliche Regelung nicht beanstandet werden.
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4. Nach allem hatte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg und musste mit der
Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
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Die Revision war gemäß §72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:
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Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
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R E V I S I O N
43
eingelegt werden.
44
Die Revision muss
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innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
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schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht
48
Hugo-Preuß-Platz 1
49
99084 Erfurt
50
Fax: (0361) 2636 – 2000
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eingelegt werden.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
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Die Revisionsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
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* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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(Dr. Griese) (Erhard) (Eschenauer)
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