Urteil des LAG Köln vom 26.05.2004

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Landesarbeitsgericht Köln, 3 Sa 1447/03
Datum:
26.05.2004
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 Sa 1447/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Aachen, 7 Ca 1879/03
Schlagworte:
Studienbeihilfe, Erstattung, Bindung, Wiedereinstellung, Rückzahlung
Normen:
§ 611 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Verpflichtet sich der Empfänger einer Studienbeihilfe in der
Förderungsvereinbarung nach erfolgreichem Studienabschluss zu einer
mehrjährigen Tätigkeit in einem vom Beihilfe Gewährenden zu
bestimmenden Werk und erteilt das Beihilfe gewährende Unternehmen
gleichzeitig eine vertragliche Wiedereinstellungszusage, so muss es
dem Empfänger der Studienbeihilfe einen bestimmten, seiner
Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz anbieten. Anderenfalls ist der
Förderungsempfänger je nach Lage des Einzelfalls nicht zur
Rückzahlung erhaltener Leistungen verpflichtet, wenn er ein
anderweitiges Arbeitsverhältnis mit einem dritten Unternehmen eingeht.
Tenor:
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Aachen vom 21.08.2003 - 7 Ca 1879/03 -
teilweise abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die
Klägerin 2.046,-- EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basis-
zinssatz seit dem 10.04.2003 zu zahlen.
2) Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 92 %
und der Beklagte zu 8 %.
4) Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung einer ihm
von der klagenden Arbeitgeberin gewährten Studienbeihilfe.
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Die Klägerin ist eine bekannte Automobilherstellerin, die in ihren sechs inländischen
Produktionswerken mehrere tausend Auszubildende beschäftigt. Der am 25.07.1972
geborene Beklagte begann im Jahr 1994 bei der Klägerin eine Berufsausbildung zum
Automobilmechaniker, die er am 16.01.1997 erfolgreich abschloss, woraufhin die
Klägerin ihn mit Arbeitsvertrag vom 17.01.1997 in ein Arbeitsverhältnis übernahm.
Denjenigen Auszubildenden, die einen guten Ausbildungsabschluss erreichen, bietet
die Klägerin die Möglichkeit einer Studienförderung an. Eine derartige Förderung wurde
zwischen den Parteien am 08.10.1997 vereinbart. In dieser Vereinbarung verpflichtete
sich die Klägerin dem Beklagten ab 01.10.1997 für die Dauer eines Studiums
(Regelstudienzeit: 8 Semester) an einer Fachhochschule, Hochschule oder Universität
für die Fachrichtung Fahrzeugbau eine Studienbeihilfe von 1.000,-- DM brutto monatlich
zu zahlen. Die schriftliche Vereinbarung vom 08.10.1997 enthält darüber hinaus u.a.
folgende Bestimmungen:
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"5. Der Beihilfeempfänger verpflichtet sich, nach er-
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folgreichem Studienabschluss eine mindestens
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vierjährige Tätigkeit in einem von der V A
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bestimmten Werk abzuleisten. Die V A kann
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den Zeitraum dieser Verpflichtung kürzer fest-
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legen.
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6. Der Beihilfeempfänger hat die erhaltenen
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Förderungsbeträge zurückzuzahlen:
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...
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d. wenn nach erfolgreichem Abschluss
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des Studiums in der vereinbarten Fach-
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richtung die Tätigkeit bei der V A
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nicht wieder aufgenommen bzw. die
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vorgeschriebene Beschäftigungszeit bei
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der V A nicht eingehalten wird.
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9. Der Beihilfeempfänger erhält von der V A
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im Einvernehmen mit dem Betriebsrat eine
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Wiedereinstellungszusage:
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im Falle des erfolgreichen und zeitge-
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rechten Studienabschlusses in einer
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seinem Studium entsprechenden
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Tätigkeit ...."
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Der Beklagte begann sein Studium am 01.10.1997. Am 08.07.2002 schloss er sein
Studium der Fahrzeugtechnik mit dem Hochschulgrad "Diplom-Ingenieur (FH)"
erfolgreich ab. Die Klägerin zahlte an den Beklagten seit dem 01.10.1997 die
vereinbarte monatliche Studienbeihilfe. Zum Ende des Studiums gewährte sie ihm in
den Monaten März bis Juni 2002 eine Unterstützung in gleicher Höhe in Form eines
zinslosen Darlehens.
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Bereits vor der am 08.07.2002 erfolgreich absolvierten Abschlussprüfung wandte sich
der Beklagte im April 2002 mit Schreiben vom 14.04.2002 an die Personalabteilung der
Klägerin und übersandte ihr seine Bewerbungsunterlagen mit dem Hinweis darauf, dass
seine Diplomarbeit voraussichtlich Ende Juni des Jahres fertiggestellt sein würde. Es
kam daraufhin im Juni 2002 zu einem Bewerbungsgespräch mit Herrn Dr. P ,
Vorentwicklung Otto-Motoren. Herr Dr. P teilte dem Beklagten mit, dass grundsätzlich
die Möglichkeit bestünde, ihn in der vorgenannten Abteilung einzustellen. Eine
Rückmeldung erhielt der Beklagte nicht. Die Stelle wurde mit einem anderen Bewerber
besetzt. Am 02.08.2002 richtete der Beklagte eine zweite Bewerbung an die
Personalabteilung und fügte auch dieser Bewerbung Lebenslauf und Zeugnisse bei. Ab
diesem Zeitpunkt begann der Beklagte sich darüber hinaus unmittelbar bei den für ihn in
Frage kommenden Fachabteilungen der Klägerin zu bewerben. Dies geschah mit
Schreiben vom 06.08.2002 für einen internationalen Einsatz in Mexico und mit
Bewerbungsschreiben vom 12.08.2002 an den Abteilungsleiter für VR-Motoren, Herrn K
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. Anlässlich der letztgenannten Bewerbung kam es wiederum zu einem
Vorstellungsgespräch am 26.08.2002, das schließlich mit Bescheid vom 24.09.2002
abschlägig beschieden wurde. Zur Begründung wurde angegeben, dass im Bereich VR-
Motoren keine freie Planstelle vorhanden sei. Eine weitere Bewerbung versandte der
Beklagte am 20.08.2002 an Herrn D . Eine Antwort erhielt er nicht.
Mit E-Mail vom 25.09.2002 wandte sich der Beklagte nochmals an die für ihn zuständige
Frau H aus der Personalabteilung und teilte mit, dass sämtliche
Bewerbungsbemühungen seinerseits bisher erfolglos verlaufen seien. Ein weiteres
Bewerbungsgespräch fand am 01.10.2002 statt. Mangels einer freien Planstelle kam es
wiederum nicht zu einer Einstellung des Beklagten, der sich daraufhin erneut an die
Personalabteilung wandte und um Unterstützung bat. Am 29.10.2002 fand ein letztes
Bewerbungsgespräch statt, das aufgrund der Bewerbung des Beklagten aus April 2002
zustande kam. Der Beklagte erhielt erneut eine Absage.
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In der Folgezeit rief der Beklagte mehrfach bei der Personalabteilung sowie im
Zentralbereich Technische Entwicklung an, um insbesondere seine Bewerbung im
Bereich der Aggregate-Entwicklung zu fördern. Sämtliche Anstrengungen des Klägers
blieben erfolglos. Unter dem 04.11.2002 erhielt der Beklagte eine erneute Absage auf
eine Stellenbewerbung. Daraufhin teilte er mit Schreiben vom 07.11.2002 der Klägerin
mit, dass nach seiner Auffassung die Klägerin die vertraglich vereinbarte
Wiedereinstellungszusage nicht eingehalten habe und er für die Aufgabe des von der
Klägerin zugesagten Arbeitsplatzes den Verzicht auf die Rückzahlung der
Studienbeihilfe und eine Abfindung für den entstandenen Verdienstausfall verlange. Er
setzte der Klägerin hierfür eine Stellungnahmefrist bis zum 20.11.2002.
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Aufgrund eines zwischenzeitlich erfolgten Vorstellungsgespräches des Beklagten bei
der Firma F -M G in A bot diese dem Kläger den Abschluss eines Arbeitsvertrages an.
Den von der Firma F -M am 15.11.2002 unterschriebenen Arbeitsvertrag zeichnete der
Beklagte am 25.11.2002 gegen. Ebenfalls am 25.11.2002 erhielt der Beklagte eine
Zusage der Klägerin, in der Abteilung EAOR-5 VR-Motoren zum 01.12.2002 eingestellt
werden zu können. Noch am 25.11.2002 lehnte der Beklagte dieses
Einstellungsangebot gegenüber der Klägerin unter Hinweis auf die fruchtlos
verstrichene Stellungnahmefrist im Schreiben vom 07.11.2002 ab und mahnte erneut
den im Schreiben vom 07.11.2002 geforderten Abfindungsbetrag an.
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Mit Schreiben vom 16.01.2003 forderte die Klägerin unter Berufung auf Ziffer 6. d der
Vereinbarung vom 08.10.1997 die geleistete Studienbeihilfe zurück. Der Beklagte
lehnte mit Schreiben vom 12.02.2003 die Zahlung ab.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei zur Rückzahlung der
Studienbeihilfe sowie des zusätzlich gewährten unverzinslichen Darlehens in
unstreitiger Höhe von 24.032,88 EUR verpflichtet. Der Anspruch ergebe sich aus Ziffer
6. d der Vereinbarung vom 08.10.1997. Da der
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Beklagte frühestens ab August 2002 seine Wiedereinstellung betrieben habe, sei das
Angebot der Klägerin im November 2002 jedenfalls fristgerecht erfolgt. Es sei zu
berücksichtigen, dass der Beklagte sich ausschließlich um Einsatzmöglichkeiten im
Bereich Motorenentwicklung bemüht habe, die Vereinbarung in Ziffer 9 der
Studienförderungsvereinbarung aus dem Jahr 1997 aber wesentlich breiter zu
verstehen sei. Wenn der Beklagte sich auch um Einsatzmöglichkeiten außerhalb des
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von ihm selbst gewählten Motorenentwicklungsbereichs bemüht hätte, wäre seine
Einstellung früher möglich gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin
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24.032,88 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basis-
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zinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat die Auffassung vertreten, die Anspruchsvoraussetzungen für den geltend
gemachten Erstattungsanspruch seien nicht gegeben. Die Klägerin habe gegenüber
dem Beklagten ihr Recht auf Ableistung einer höchstens vierjährigen Tätigkeit nicht
innerhalb eines angemessenen Zeitraums geltend gemacht. Ein weiteres Zuwarten sei
dem Beklagten insbesondere im Hinblick auf seine finanzielle Situation nicht zumutbar
gewesen. Er habe seinerseits alles getan, um gegenüber der Klägerin sein Interesse an
einer Fortsetzung des Vertragsverhältnisses deutlich zu machen. Seiner Verpflichtung
zur Anzeige, dass er für die Aufnahme der Tätigkeit nach Abschluss des Studiums zur
Verfügung stehe, sei er nachgekommen. Sodann sei es Sache der Klägerin gewesen,
ihm einen entsprechenden Arbeitsplatz anzubieten. Dies sei bis zum 25.11.2002
unstreitig nicht geschehen. Hilfsweise hat er mit einem Schadensersatzanspruch in
Höhe von 21.131,14 EUR wegen entgangenen Verdienstes aufgerechnet.
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Mit Urteil vom 21.08.2003 hat das Arbeitsgericht Aachen die Klage abgewiesen und
dabei zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Rückforderungsansprüche auf
Zahlung eines Betrages in unstreitiger Höhe von 24.032,88 EUR schieden jedenfalls
wegen eingetretener Verwirkung aus. Die Klägerin sei im Zeitraum vom 02.08. bis
21.11.2002 in einer Art und Weise untätig gewesen, die bei dem Beklagten zu Recht
den Eindruck erweckt habe, dass sie ihr Recht nicht mehr geltend machen wolle und er
habe sich daher darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
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Gegen dieses der Klägerin am 15.12.2003 zugestellte Urteil hat sie am 23.12.2003
Berufung eingelegt und diese am 25.02.2004 nach entsprechender Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist begründet. Die Klägerin behauptet, sie habe die
Studienförderung des Beklagten über die Regelstudiendauer hinaus bis zum Abschluss
des 9. Semesters im Februar 2002 fortgesetzt. Im Übrigen hält sie an ihrer
erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassung fest, dass ein unzumutbarer Zeitverzug
bis zur letztlich Ende November 2002 erfolgten Einstellungszusage nicht gegeben sei.
Außerdem sei für den Beklagten erkennbar gewesen, dass die Klägerin zunächst
ausschließlich nach einer Position gesucht habe, die seinen besonderen Vorstellungen
entsprochen habe. Vor diesem Hintergrund scheide eine Verwirkung sowohl wegen des
fehlenden Zeit- als auch Umstandsmomentes aus. Sie ist weiterhin der Auffassung,
dass dem Schreiben des Beklagten vom 17.11.2002 kein Abmahnungscharakter
zukomme, da es sich hierbei nach eigener Auffassung des Beklagten um eine
Kündigung der Förderungsvereinbarung aus wichtigem Grund handele. Jedenfalls habe
der Beklagte der Klägerin die Möglichkeit eines verbindlichen Vertragsangebotes geben
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müssen, bevor er einen anderen Arbeitsvertrag mit einem dritten Unternehmen
unterschrieben habe. Davon unabhängig sei der Beklagte jedenfalls zur Rückzahlung
des über einen Zeitraum von 4 Monate von März bis einschließlich Juni 2002 gewährten
zinslosen Darlehens verpflichtet. Schließlich macht die Klägerin geltend, dass nach
ihrer Auffassung wegen des Überschreitens der Regelstudienzeit nach der vertraglichen
Studienförderungs-
vereinbarung ohnehin kein Wiedereinstellungsanspruch des Beklagten bestanden
habe. Potenzielle Vergütungsansprüche des Beklagten schieden mithin gegenüber der
Klägerin aus.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 21.08.2003
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abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die
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Klägerin 24.032,88 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basis-
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zinssatz ab Klageerhebung zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er tritt dem erstinstanzlichen Urteil bei und wiederholt den erstinstanzlichen
Sachvortrag. Er ist der Auffassung, die von ihm im Schreiben vom 07.11.2002, das der
Klägerin am 08.11.2002 zugegangen ist, gesetzte Stellungnahmefrist bis zum
20.11.2002 sei nicht unangemessen kurz. Er habe jedenfalls erwarten können, dass die
Klägerin ihr Interesse an einer Tätigkeit seiner Person bis zum 20.11.2002 kundgetan
hätte. Er habe daher den anderweitigen Anstellungsvertrag am 25.11.2002
unterzeichnen dürfen. In der Zeit nach Abschluss seines Examens bis zum 25.11.2002
sei er seinen vertraglichen Mitwirkungspflichten in vollem Umfang nachgekommen. Eine
förmliche Abmahnung sei bei Berücksichtigung der Gesamtumstände entbehrlich
gewesen. Schließlich bestreitet der Beklagte zweitinstanzlich erstmals den Erhalt der
vertraglich vereinbarten Studienförderung auch nach Ablauf der achtsemestrigen
Regelstudienzeit für das 9. Semester bis einschließlich Februar 2002. Vielmehr habe
die Klägerin die Studienförderung zum 30.09.2001 eingestellt.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze,
die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I.
sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1
ArbGG, 519, 520 ZPO).
57
II.
um die Rückzahlung des unstreitig gewährten zinslosen Darlehens geht. Die
weitergehende Berufung ist unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung
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weitergehende Berufung ist unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung
der gewährten Studienförderung besteht nicht.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch
auf Zahlung von 2.046,-- EUR. Hierbei handelt es sich um das von der Klägerin dem
Beklagten in den Monaten März bis einschließlich Juni 2002 unstreitig gewährte
Arbeitgeberdarlehen. Dieses Darlehen ist auch zur Rückzahlung fällig. Zwar kann nicht
angenommen werden, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch vom Bestand bzw. der
Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien abhängt (vgl. ErfK/Preis,
4. Auflage, § 611 BGB Rz. 544; Küttner/Griese, Personalbuch 2004, 11. Auflage,
Arbeitgeberdarlehen Rz. 6 jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung). Davon unabhängig
ist der Rückzahlungsanspruch der Klägerin vorliegend jedoch spätestens mit dem
Zugang der streitgegenständlichen Klageschrift vom 27.03.2003 am 10.04.2003
gegenüber dem Beklagten fällig geworden, da die klageweise Geltendmachung als
Kündigung anzusehen ist.
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Der Beklagte ist dem Darlehensrückzahlungsbegehren der Klägerin nicht
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substantiiert entgegengetreten und hat keine diesbezüglichen Einwendungen geltend
gemacht. Der Zinsanspruch der Klägerin folgt unter Verzugsgesichtspunkten aus den §§
286, 288, 291 BGB.
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2. Die weitergehende Klage ist demgegenüber unbegründet. Die Klägerin hat gegen
den Beklagten aus der vertraglichen Vereinbarung vom 08.10.1997 über die Gewährung
einer Studienbeihilfe keinen Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Betrages, denn
es fehlt insoweit bereits am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die
vertraglich vereinbarte Rückzahlungspflicht.
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Gemäß Ziffer 6. d der vorgenannten Vereinbarung muss der Beihilfeempfänger die
erhaltenen Förderungsbeträge u.a. dann zurückzahlen, wenn nach erfolgreichem
Abschluss des Studiums die Tätigkeit bei der Klägerin in der vereinbarten Fachrichtung
nicht wieder aufgenommen wird. Bei isolierter Betrachtung allein dieser
Vertragsbestimmung scheint zunächst eine Rückzahlungspflicht des Beklagten zu
bestehen. Denn die beiden dort genannten Voraussetzungen des erfolgreichen
Studienabschlusses sowie der Nichtaufnahme einer Tätigkeit bei der Klägerin liegen
unstreitig vor. Gleichwohl ist der Beklagte nicht zur Zahlung verpflichtet, denn die
vorgenannte vertragliche Erstattungsregelung muss im Zusammenhang mit der
vorhergehenden Bestimmung in Ziffer 5 der Förderungsvereinbarung gesehen werden.
Dort haben die Vertragsparteien vereinbart, dass sich der Beihilfeempfänger verpflichtet,
nach erfolgreichem Studienabschluss eine mindestens vierjährige Tätigkeit in einem
von der V A bestimmten Werk abzuleisten. Hinsichtlich der Tätigkeit des Beklagten für
die Klägerin im Anschluss an sein Studium besteht mithin eine Vorleistungspflicht der
Klägerin. Will sie von ihrem Recht aus Ziffer 5 der Förderungsvereinbarung Gebrauch
machen und den Beklagten für den dort vereinbarten Zeitraum von bis zu 4 Jahren
arbeitsvertraglich an sich binden, muss sie ihm einen bestimmten, seiner Ausbildung
entsprechenden Arbeitsplatz anbieten. Dies ergibt sich unmissverständlich aus der
Formulierung, dass die Tätigkeit in einem "von ihr
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bestimmten Werk" zu erbringen ist.
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Dieser Mitwirkungspflicht ist die Klägerin nicht in hinreichendem Maße nachgekommen.
Im Gegenteil war es ausschließlich der Beklagte, der sich um eine Anschlusstätigkeit
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bei der Klägerin bemüht hat. So hat er, wie das erstinstanzliche Gericht im Einzelnen
zutreffend ausgeführt hat, sich bereits vor Abschluss des Studiums bei der Klägerin
gemeldet und unter Abgabe der Bewerbungsunterlagen sein Interesse an der
Fortsetzung einer Tätigkeit deutlich gemacht. In gleicher Weise hat er sich auch in
Folgemonaten nach Erlangung des Studienabschlusses im Juli 2002 verhalten. Bereits
Anfang August 2002 hat er sich aktiv auf mehrere Stellen in verschiedenen Abteilungen
der Klägerin beworben. Er hat Bewerbungsgespräche geführt und auch die
Personalabteilung mehrfach um unterstützende Mithilfe gebeten.
Soweit die Klägerin erstinstanzlich eingewandt hat, der Beklagte habe sich
ausschließlich um Einsatzmöglichkeiten im Motorenentwicklungsbereich bemüht, die
nach der Förderungsvereinbarung vorgesehene Wiedereinstellung sei jedoch
wesentlich breiter zu verstehen gewesen, und bei entsprechenden allgemeinen
Bemühungen des Beklagten im Bereich Fahrzeugbau und Fahrzeugtechnik sei sein
Einsatz früher möglich gewesen, verkennt die Klägerin offensichtlich die nach der
Förderungsvereinbarung geltende Verteilung der Mitwirkungs- und Handlungspflichten.
Nicht der Beklagte war verpflichtet, sich um anderweitige Tätigkeiten bei der Klägerin zu
bemühen, sondern ausschließlich die Klägerin hätte aktiv werden müssen, um dem
Kläger entsprechende Stellenangebote zu unterbreiten. Genau dies ist aber über einen
Zeitraum von über 4 Monaten nach erfolgreichem Studienabschluss des Beklagten nicht
geschehen.
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Aufgrund dieser Verhaltensweise der Klägerin war es dem Beklagten nach Auffassung
der erkennenden Kammer jedenfalls im November 2002 nicht mehr zuzumuten, weiter
auf ein Stellenangebot der Klägerin zu warten. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte
gegenüber der Klägerin zuvor mit Schreiben vom 07.11.2002 unmissverständlich
deutlich gemacht hatte, dass er nunmehr auf die Wiedereinstellungszusage nach der
Förderungsvereinbarung vom 08.10.1997 verzichte, nachdem die Klägerin ihm bis
dahin eine Wiedereinstellung in einem ausbildungsgerechten Tätigkeitsbereich nicht
ermöglicht hatte. Nachdem die Klägerin dann ebenso wie in den letzten Monaten auch
die ihr mit diesem Schreiben gesetzte Stellungnahmefrist zum 20.11.2002
unbeantwortet gelassen hatte, durfte der Beklagte eine anderweitige arbeitsvertragliche
Bindung mit einem dritten Unternehmen eingehen, ohne Rückforderungsansprüchen
der Klägerin hinsichtlich der Studienförderung ausgesetzt zu sein. In Anbetracht der
völlig einseitigen Bemühungen des Beklagten um eine Wiedereinstellung bei der
Klägerin in den letzten Monaten erscheint der erkennenden Kammer auch die
vorgenannte Stellungnahmefrist nicht unangemessen kurz. Das Schreiben des
Beklagten vom 07.11.2002 ist bei der Klägerin am 08.11.2002 eingegangen, so dass
hier 12 bzw. bis zur entgültigen Ablehnung des Beklagten mit Schreiben vom
25.11.2002 17 Tage blieben. In Anbetracht der Gesamtumstände ist dies nicht zu
beanstanden.
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Fehlt es somit bereits am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für einen
Rückzahlungsanspruch der Klägerin, kommt es auf die Frage der Verwirkung eines
möglichen Rückzahlungsanspruches nicht an. Auch die erstinstanzlich vom Beklagten
gegenüber der Klageforderung geltend gemachte Hilfsaufrechnung bedarf keiner
Entscheidung. Unabhängig von der Frage, ob diese seitens des Beklagten
ausschließlich gegenüber dem Rückzahlungsbegehren der Klägerin hinsichtlich der
Studienförderung oder auch im Bezug auf den Darlehensrückzahlungsanspruch geltend
gemacht worden ist, hat der Beklagte diese Aufrechnung jedenfalls zweitinstanzlich
nicht mehr geltend gemacht.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die gesetzlichen
Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hat die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 ArbGG, weil die
Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
70
Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
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(Dr. Kreitner) (Frenking) (Winthuis)
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