Urteil des LAG Köln vom 13.03.2008

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Landesarbeitsgericht Köln, 6 Sa 1320/07
Datum:
13.03.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
6.Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 Sa 1320/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 17 Ca 3920/07
Schlagworte:
Überleitung; Höhergruppierung; persönliche Zulage;
Normen:
§ 5 TVÜ-VKA
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Der Überleitungstarifvertrag (TVÜ-VKA) enthält keine planwidrige Lücke
im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der persönlichen Zulage bei
der Berechnung des Vergleichsentgelts im Zuge einer
Höhergruppierung.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 02.08.2007 verkündete
Urteil des Arbeitsgerichts Köln
– 17 Ca 3920/07 – abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten über die zutreffende Berechnung der Arbeitsvergütung nach
Maßgabe des kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis
anwendbaren TVöD unter Berücksichtigung der Überleitungsvorschriften des TVÜ-VKA.
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Die Klägerin war zunächst in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 der Anlage 1 a
BAT eingruppiert. Mit Wirkung ab dem 22.07.2002 wurde ihr – wegen Erkrankung der
Stelleninhaberin – die Leitung des Außenwohnheims der R übertragen. Dafür erhielt sie
eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT in Höhe von monatlich 217,21 €.
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Nachdem die Leiterin des Wohnheims in den Ruhestand versetzt worden war, wurde
der Klägerin mit Wirkung ab dem 01.01.2007 endgültig die Leitung des Wohnheims
übertragen. Gleichzeitig wurde ihr mit Schreiben vom 28.12.2006 (Kopie Bl. 7 d. A.)
mitgeteilt, dass sie in die Entgeltgruppe 11 Stufe 4 TVöD eingruppiert sei.
Zuvor war die Klägerin zum 01.10.2005 in den TVöD übergeleitet worden. Dabei wurde
gemäß § 5 TVÜ-VKA ein Vergleichsentgelt von 3.103,31 € zugrunde gelegt, bestehend
aus Grundvergütung, Ortzuschlag und allgemeiner Zulage.
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Die Klägerin hat geltend gemacht, dass die Überleitung in den TVöD unter voller
Wahrung des bisherigen Besitzstandes stattfinden müsse. Nach der früheren
Vergütungsgruppe IV a BAT ergebe sich ein Vergleichsentgelt von 3.320,52 € mit der
Folge, dass nunmehr die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 TVöD zutreffend sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 01.01.2007
Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 zu zahlen und den
Nettodifferenzbetrag monatlich mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu
verzinsen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat vorgetragen, weder im TVÜ noch im TVöD sei die Berücksichtigung persönlicher
Zulagen bei der Festsetzung des Vergleichsentgelts vorgesehen.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 02.08.2007 stattgegeben und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt, "aus der ratio des § 10 TVÜ" ergebe sich die
tarifliche Zielvorgabe einer vollständigen Wahrung des Besitzstandes. Daher sei die
persönliche Zulage entgegen dem "tarifzielwidrigen Wortlaut" des § 5 TVÜ vorliegend
zu berücksichtigen.
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Mit seiner Berufung beantragt der Beklagte,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.08.2007 – 17 Ca 3920/07 –
abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf
die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und
frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1
ArbGG, 520 ZPO).
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II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
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Die Klage ist unbegründet, weil die mit Wirkung vom 01.01.2007 vorgenommene
Eingruppierung der Klägerin in Entgeltgruppe 11 Stufe 4 TVöD zutreffend ist. Entgegen
der Auffassung der Klägerin und ihr folgend des Arbeitsgerichts war bei der
Höhergruppierung nicht die persönliche Zulage nach § 24 BAT zu berücksichtigen mit
der Folge, dass sich die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 TVöD ergeben hätte. Im
Einzelnen gilt Folgendes:
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Das Verfahren der Höhergruppierung richtet sich nach § 6 Abs. 2 TVÜ-VKA. Danach
erhalten die Beschäftigten bei der Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe vor dem
01.10.2007 in der höheren Entgeltgruppe (hier: Entgeltgruppe 11) Entgelt nach der
regulären Stufe, deren Betrag mindestens der individuellen Zwischenstufe (hier:
3.103,31 €) entspricht. Die individuelle Zwischenstufe ergab sich bei der Überleitung in
die Entgeltgruppe 9 zum Stichtag am 01.10.2005 gemäß § 5 TVÜ unter
Berücksichtigung der Grundvergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT, des
Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage in Höhe von 3.103,31 €, also Stufe 5+.
Diesem Betrag entspricht in der Entgeltgruppe 11 die Stufe 4 (3.200,00 €). Mit der
Höhergruppierung entfiel die Besitzstandszulage wegen vorübergehender Ausübung
einer höherwertigen Tätigkeit gemäß § 10 Abs. 1 TVÜ-VKA.
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Gerade die Vorschriften der §§ 5 und 10 TVÜ machen deutlich, dass der
Überleitungstarifvertrag eine abschließende Regelung zur Höhergruppierung der
Angestellten im zeitlichen Zusammenhang mit der Überleitung enthält. Eine planwidrige
Lücke oder "tarifzielwidrige" Nichtberücksichtigung der persönlichen Zulage bei
Berechnung des Vergleichsentgelts gemäß § 5 TVÜ kann daher nicht angenommen
werden. Für eine Berücksichtigung der persönlichen Zulage gegen den Wortlaut des § 5
TVÜ ist kein Raum. Die tarifliche Regelung hält sich auch im Rahmen der
Regelungskompetenz der Tarifparteien und verstößt nicht gegen zwingendes Recht.
Dabei ist es nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifparteien die gerechteste
oder zweckmäßigste Lösung für eine regelungsbedürftige Materie gefunden haben. Sie
haben insoweit aufgrund der Tarifautonomie einen erheblichen Regelungsspielraum
(vgl. BAG vom 25.06.2003 – 4 AZR 405/02).
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Im Hinblick auf die Übergangsregelungen des TVÜ-VKA kann entgegen der Ansicht der
Klägerin schon nicht festgestellt werden, dass die Tarifparteien in jedem Fall eine volle
Besitzstandswahrung sicherstellen wollten. Der Beklagte verweist mit Recht auf den
sog. Strukturausgleich in § 12 TVÜ und die hierzu formulierte Niederschriftserklärung:
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"Die Tarifvertragsparteien sind sich angesichts der Fülle der Fallgestaltungen
bewusst, dass die Festlegung der Strukturausgleiche je nach individueller
Fallgestaltung in Einzelfällen sowohl zu überproportional positiven Wirkungen
als auch zu Härten führen kann. Sie nehmen diese Verwerfungen im Interesse
einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von
Respektanzverlusten hin."
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Zu Recht wendet sich der Beklagte auch gegen die hypothetische Betrachtung der
Klägerin, eine Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe IV a BAT wäre an sich bereits
vor dem 01.10.2005 angemessen gewesen. Entscheidend waren die Verhältnisse zum
Stichtag am 01.10.2005. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin nicht in
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Vergütungsgruppe IV a BAT eingruppiert.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 72
Abs. 2 ArbGG zuzulassen.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
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Gegen dieses Urteil kann von
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R E V I S I O N
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eingelegt werden.
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Die Revision muss
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innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
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schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht
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Hugo-Preuß-Platz 1
36
99084 Erfurt
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Fax: (0361) 2636 - 2000
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eingelegt werden.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
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Die Revisionsschrift muss von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
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* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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Dr. Kalb Staschik Peters
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