Urteil des LAG Köln vom 30.10.2006

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Landesarbeitsgericht Köln, 14 Sa 942/06
Datum:
30.10.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 Sa 942/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 6967/05
Schlagworte:
Befristeter Arbeitsvertrag mit einem Lektor
Normen:
§ 56 HRG, § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Für Lehrkräfte für besondere Aufgaben (§ 56 HRG), die mit der
Erteilung von Fremdsprachen an Hochschulen beschäftigt sind
(Fremdsprachenlektoren) ist nach dem 5. HRG-Änderungsgesetz vom
16.02.2002 und dem 6. HRG-Änderungsgesetz vom 30.12.2004 der
unbefristete Arbeitsvertrag der gesetzgeberisch gewollte Regelfall.
2. Aufgrund dessen kann eine Befristung eines solchen Vertrages im
Regelfall nicht auf die besondere Eigenart der Arbeitsleistung gemäß §
14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG gestützt werden.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 11.05.2006 – 8 Ca 6967/05 – abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien durch
Arbeitsvertrag vom 05.11.2003 bis zum 20.09.2005 befristet vereinbarte
Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist und über
diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet zu unveränderten Bedingungen als
Lektor am ostasiatischen Seminar der Universität zu Köln fortbesteht.
2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d:
1
Im Berufungsrechtszug streiten die Parteien über die Rechtswirksamkeit der Befristung
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des Arbeitsverhältnisses des Klägers.
Der am 07.01.1973 geborene Kläger war zunächst befristet für die Zeit vom 05.11.2001
bis zum 04.11.2003 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Blatt 5 f. d. A.) als Lektor
beschäftigt. Dazu war am 14.11.2001 eine Aufgabenbeschreibung (Blatt 7 f. d. A.)
erstellt worden.
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Danach schlossen die Parteien am 20.10.2003 einen befristeten Arbeitsvertrag für die
Laufzeit vom 05.11.2003 bis zum 30.09.2005 (Blatt 9 f. d. A.). Durch die Festlegung
seiner Arbeitszeit auf die Hälfte der Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten
erzielte der Kläger eine Vergütung von zuletzt 1.536,00 € pro Monat.
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Gegenstand der Arbeitsleistung des zuletzt mit dem Kläger geschlossenen
Arbeitsvertrages war die Erteilung von acht Stunden wöchentlich
Fremdsprachenunterricht, und zwar vier jeweils 2-stündige Kurse. Dabei handelte es
sich um einen Kurs Altchinesisch, um einen weiteren Kurz Literaturübersetzung sowie
um zwei Einführungskurse Chinesisch, die für das Grundstudium vorgeschrieben sind
und insgesamt jeweils vier Semester dauern.
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Mit am 21.07.2005 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage begehrte der Kläger die
Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
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Durch Vereinbarung vom 06.09.2005 (Blatt 47 d. A.) vereinbarten die Parteien eine
Weiterverlängerung ihres Arbeitsvertrages bis zur Entscheidung des vorliegenden
Rechtsstreits.
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Durch Urteil vom 11.05.2006 (Blatt 59 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht die Klage
abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, § 14 Abs. 1 Ziff. 4
TzBfG rechtfertige eine Befristung im vorliegenden Fall, da aufgrund der sich
verändernden Sprache ein permanenter Sprachkontakt zum Mutterland gegeben sein
müsse, der bei einer Dauerbeschäftigung verloren gehe.
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Gegen die diesbezügliche Klageabweisung richtet sich die Berufung des Klägers.
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Der Kläger trägt hierzu vor, die Befristung könne zunächst nicht auf § 57 b HRG a. F.
gestützt werden. Denn nach § 57 f Abs. 1 HRG seien aufgrund des Vertragsschlusses
am 20.10.2003 die §§ 57 a bis 57 e HRG in der ab 31.12.2004 geltenden Fassung
anzuwenden. Zudem scheitere eine wirksame Befristung nach § 57 b HRG a. F. bereits
daran, dass in dem Vertrag vom 20.10.2003 der Befristungsgrund nicht angegeben sei.
Auf den Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Ziff. 4 TzBfG könne sich die Beklagte nicht
berufen. Denn der Kläger übe keine wissenschaftliche Tätigkeit aus, sondern sei in der
schlichten Sprachvermittlung der chinesischen Sprache tätig. Die wissenschaftliche
Nachwuchsförderung vermöge daher keinen Befristungsgrund im konkreten Fall zu
bilden.
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Zudem bezieht sich der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts,
wonach die Vermittlung von Fremdsprachen eine Dauertätigkeit sei, sodass es sowohl
der Grund der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung als auch der Grund der
Sicherung der Funktionsfähigkeit der Forschung nicht rechtfertige, Dienstleistungen wie
sie Lektoren erbringen, zu befristen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.05.2006 – 8 Ca 6967/05 –
abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien durch
Arbeitsvertrag vom 05.11.2003 bis zum 20.09.2005 befristet vereinbarte
Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist und über diesen
Zeitpunkt hinaus unbefristet zu unveränderten Bedingungen als Lektor im
ostasiatischen Seminar der Universität zu Köln fortbesteht.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Das beklagte Land hält die Befristung gemäß § 14 Abs. 1 Ziff. 4 TzBfG für
rechtswirksam. Diese Befristung scheitere nicht an Formalien, da es im Rahmen des §
14 TzBfG kein Zitiergebot gebe, so dass es unerheblich sei, dass im Arbeitsvertrag
selbst der Befristungsgrund nicht genannt worden sei.
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In der Sache sei die Befristung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Denn das
Aktualisierungserfordernis im fremdsprachlichen Unterricht erfordere die Befristung. Das
beklagte Land bezieht sich insoweit auf die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 24.04.1996, dass die damalige Regelung in § 57 b
Abs. 3 HRG a. F. für sachgerecht und verfassungsgemäß angesehen habe.
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Auch die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung
Dienst- und Arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom 09.11.2004
verweise zur Sicherstellung eines aktualitätsbezogenen Unterrichts auf die Umsetzung
nach den allgemeinen Regelungen und Grundsätzen für befristete Arbeitsverträge. Aus
den Gesetzesmaterialien ergebe sich eindeutig, dass der Gesetzgeber keineswegs
davon ausgegangen sei, dass eine befristete Beschäftigung von Lektoren nicht mehr
möglich sein solle.
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Die vom Kläger angeführten Aktualisierungsmöglichkeiten seien nicht ausreichend. Das
beklagte Land nimmt insoweit auch auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug.
Insbesondere sei ein ständiger Sprachkontakt zum Mutterland erforderlich. Während bei
Lektoren der vornehmlich vermittelten europäischen Sprachen, wie etwa Englisch,
Französisch, Italienisch oder Spanisch die Möglichkeit bestünde, sich über Zeitungen,
Internet oder Kurzaufenthalte im Heimatland über aktuelle Entwicklungen zu
informieren, liege die Sache bei Chinesisch anders. Dies resultiere auch aus der
rasanten wirtschaftlichen Entwicklung und dem wirtschaftlichen Umbruch, der in China
zur Zeit stattfinde und einen erheblichen Wandel der Sprache nach sich ziehe.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die zulässige Berufung ist begründet.
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I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden.
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II. In der Sache ist die Berufung begründet.
24
Ein ausreichender Befristungsgrund liegt nicht vor, so dass der unbefristete Fortbestand
des Arbeitsverhältnisses aufgrund der rechtzeitig erhobenen Klage des Klägers
festzustellen war.
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1. Ein Befristungsgrund kann nicht aus § 57 b HRG a. F. folgen. Dabei kann dahin
stehen, ob diese Bestimmung auf den am 20.10.2003 geschlossenen Arbeitsvertrag
anwendbar ist.
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Denn sowohl nach der alten Fassung des Hochschulrahmengesetzes, nämlich § 57 b
Abs. 5 HRG 1985 in der Fassung des Vierten HRG-Änderungsgesetzes vom 20.8.1998,
als auch nach der Fassung, die durch das Sechste HRG- Änderungsgesetz vom
27.12.2004 gilt (§ 57 b Abs. 3 HRG), muss für eine Befristung nach dem
Hochschulrahmengesetz im Arbeitsvertrag selbst angegeben werden, dass die
Befristung auf den Vorschriften des HRG beruht.
27
Daran mangelt es im vorliegenden Fall.
28
Zudem verweist der hier streitgegenständliche Arbeitsvertrag vom 20.10.2003 auf die
Vorschriften der §§ 56, 57 a und 57 b HRG in der derzeit geltenden Fassung. Zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 20.10.2003 galt aber bereits das Fünfte. Gesetz zur
Änderung des Hochschulrahmengesetzes und anderer Vorschriften vom 16.02.2002,
das die Befristungsmöglichkeiten für Lektoren in § 57 a HRG nicht mehr vorsah.
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2. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses ist nicht gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG
gerechtfertigt.
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Zwar besteht insoweit, worauf die Beklagtenseite mit Recht hinweist, kein Zitiergebot, so
dass die Befristung nicht wegen des Fehlens des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag
beanstandet werden kann. Die Befristung ist jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt, da
im vorliegenden Fall die Eigenart der Arbeitsleistung, die der Kläger zu erbringen hat,
keine Befristung rechtfertigt, so dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Ziff. 4 TzBfG
in der Sache nicht erfüllt sind.
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a) Ob das Aktualisierungserfordernis, dass für fremdsprachlichen Unterricht an der
Hochschule gilt, eine Eigenart der Arbeitsleistung ist, die eine Befristung rechtfertigt, war
bereits in der Vergangenheit unter Geltung der früheren gesetzlichen Bestimmungen
umstritten. So hat das Bundesarbeitsgericht den Standpunkt vertreten, dass es keine
wissenschaftliche Erkenntnisse für die unbewiesene These gäbe, dass die Aktualität
des Unterrichts eines Fremdsprachenlektors bei einem längeren Aufenthalt in
Deutschland nicht mehr gewährleistet sei, schon weil der Kontakt mit dem Heimatland
und der jeweils originären Sprache durch aktuelle Kommunikationsmittel und Medien
aufrecht erhalten werden könne, womit auch eine Entfremdung vom Herkunftsland
vermieden werde (siehe BAG-Urteil vom 20.09.1995 – 7 AZR 248/95 – AP HRG § 57 b
Nr. 4; ebenso zuvor BAG-Urteil vom 15.03.1995 – 7 AZR 737/94 – AP Nr. 10 zu § 2 BAT
SR2y).
32
Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24.04.1996 (– 1
BVR 712/86 – NZA 1996, Seite 1157 ff.) zum damals noch geltenden
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Befristungstatbestand für Lektoren in § 57 b Abs. 3 HRG a. F. festgestellt, dass die
Befristung ein geeignetes Mittel sei, den Aktualitätsbezug des Unterrichts aufrecht zu
erhalten. Dieses Mittel sei auch erforderlich, da die Gefahr bestehe, dass der
Aktualitätsbezug nachlasse, wenn der ständige Aufenthalt im Heimatland längere Zeit
zurück liege. Durch Kommunikationsmittel könne dieser Aktualitätsbezug nicht in
gleichem Maße gesichert werden.
Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht an seiner Rechtsprechung festgehalten
und deshalb – unter Heranziehung des aus dem entsprechenden
Assoziierungsabkommen abzuleitenden Diskriminierungsschutz - die Befristung eines
Arbeitsvertrages mit einem türkischen Lektor für unwirksam erklärt, (siehe BAG-Urteil
vom 22.03.2000 – 7 AZR 226/98 -, ZA 2000, Seite 831 ff.).
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Als ebenso unwirksam ist Befristung einer polnischen Fremdsprachelektorin beurteilt
worden, (siehe BAG-Urteil vom 14.08.2002 – 7 AZR 225/98 -, AP-Nr. 27 zu § 57 b
HRG).
35
b) Aus der Geschichte der gesetzlichen Entwicklung folgt, dass das
Aktualisierungsbedürfnis im fremdsprachlichen Unterricht an Hochschulen nur in
Ausnahmefällen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG erfüllen kann.
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Das Hochschulrahmengesetz in der ab 1985 geltenden Fassung unterstellte einen
sachlichen Grund für die Befristung dort, wo die Beschäftigung überwiegend für die
Ausbildung in Fremdsprachen (Lektor) erfolgte.
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Das 4. Änderungsgesetz vom 20.08.1998 lies zwar den bisherigen § 57 b Abs. 3 HRG
entfallen, erlaubte aber in § 57 b Abs. 2 HRG die Befristung von
Lektorenarbeitsverhältnissen als Regelfall.
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Eine grundlegende Änderung brachte hingegen das 5. Änderungsgesetz vom
16.02.2002. Mit diesem Änderungsgesetz fiel die Befristungsmöglichkeit für Lektoren im
Hochschulrahmengesetz weg. An dieser grundsätzlichen Neuausrichtung hat auch das
6. Änderungsgesetz zum Hochschulrahmengesetz vom 30.12.2004 festgehalten. Aus
dieser gesetzgeberischer Richtungsänderung folgt, dass seither die Tätigkeit als Lektor
an der Hochschule in unbefristeter Tätigkeit den Regelfall darstellen soll und die
befristete Tätigkeit unter Berufung auf § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG wenn überhaupt, nur in
besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen kann.
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c) Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien und damit dem historischen
Willen des Gesetzgebers. Bereits die Gesetzesbegründung zum 5. Gesetz zur Änderung
des Hochschulrahmengesetzes (BT Drucksache 14/6853, Seite 30 f) führte hierzu aus:
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"Die Sonderregelung für befristete Arbeitsverhältnisse im Hochschulbereich
beschränken sich künftig auf Arbeitsverträge mit wissenschaftlichen und
künstlerischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen (§ 53 HRG) sowie mit
wissenschaftlichen und künstlerischen Hilfskräften. Bei diesen
Mitarbeitergruppen wird unterstellt, dass zum einen ihre Beschäftigung der
eigenen Aus-, Fort- und Weiterbildung dient und zum anderen der regelmäßige
Austausch des Personals zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre
an den Hochschulen notwendig ist.
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Bei Lehrkräften für besondere Aufgaben (§56 HRG) kann zwar auch ein
legitimes Interesse der Nachwuchsförderung und der Erneuerung der
wissenschaftlichen Lehre bestehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die bis
zum 24.08.1998 geltende Vorgängerregelung, die mit der Sicherstellung eines
aktualitätsbezogenen Unterrichts begründet worden war, ausdrücklich gebilligt
(BVerfGE 94, 268, 288 f.). Diese Zwecksetzungen können aber auch mit den
allgemeinen Regelungen und Grundsätzen für befristete Arbeitsverträge erreicht
werden. Im Übrigen ist für diesen Mitarbeiterkreis, soweit keine weitere
wissenschaftliche Qualifizierung vorgesehen ist, der unbefristete Arbeitsvertrag
der Regelvertrag. Sofern das Interesse beseht, Lektoren und Lektorinnen auch
zu ihrer eigenen Qualifizierung zu beschäftigen, steht es den Hochschulen frei,
diese als wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu beschäftigen.
Das HRG gibt insoweit keinen Vertragstypenzwang vor."
42
All diese Begründungselemente sind wörtlich in die Gesetzesbegründung zum
Sechsten Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im
Hochschulbereich übernommen worden, (siehe Gesetzesbegründung
Bundestagsdrucksache 15/4132, Seite 17 f.).
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Hervorzuheben ist, dass einerseits auf die allgemeinen Regelungen und Grundsätze für
befristete Arbeitsverträge Bezug genommen wird, andererseits aber deutlich gemacht
wird, dass jedenfalls für Lektorinnen und Lektoren, bei denen keine weitere
wissenschaftliche Qualifizierung vorgesehen ist, der unbefristete Arbeitsvertrag der
Regelvertrag sein soll. Sofern hingegen das Interesse besteht, Lektoren und
Lektorinnen auch zu ihrer eigenen Qualifizierung zu beschäftigen, steht es den
Hochschulen frei, diese als wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu
beschäftigen. Damit ist zugleich klargestellt, dass einerseits aus § 14 TzBfG allgemeine
Grundsätze zur Rechtfertigung einer Befristung in Betracht kommen können,
insbesondere beispielsweise § 14 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 7 TzBfG. Andererseits wird aber
auch deutlich, dass dann, wenn jedenfalls keine weitere wissenschaftliche
Qualifizierung vorgesehen ist, mit Lektorinnen und Lektoren grundsätzlich ein
unbefristeter Arbeitsvertrag als Regelvertrag zu schließen ist.
44
Hierin muss die gesetzgeberische Grundsatzentscheidung gesehen werden, die reine
Lektorentätigkeit als in der Regel unbefristete Tätigkeit anzusehen, so dass die Eigenart
dieser Lektorentätigkeit ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht als eine
Befristungsbegründung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG anerkannt werden kann.
45
d) Dies ergibt sich auch aus der in der Rechtsliteratur vorherrschenden Auffassung.
Danach sollen Lektoren in der Regel unbefristet tätig sein. Ihre Arbeitsverhältnisse
können nur nach Maßgabe des TzBfG befristet werden. Zwar können sie zu ihrer
eigenen Qualifizierung als wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden. In einem
solchen Fall muss aber die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen und nicht
die Sprachvermittlung das Arbeitsverhältnis prägen (siehe Schmidt in
Ascheid/Preis/Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2. Auflage 2006, § 57 a
HRG Rd-Ziff. 10).
46
Konzediert wird, dass bei Lehrkräften für besondere Aufgaben auf das TzBfG
zurückgegriffen werden kann, wobei aber nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts das Erfordernis des aktualitätsbezogenen Unterrichts alleine
keinen Sachgrund darstellen könne (siehe Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag 2004,
47
Rd-Ziff. 649).
e) Kein Gegenargument bildet insoweit die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 24.04.1996 (NZA 1996, Seite 1157). Denn das
Bundesverfassungsgericht hat nur die damalige gesetzliche Regelung, wonach die
Befristung von Lektorenverträgen gesetzlich zugelassen wurde, nicht als
verfassungswidrig beanstandet.
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Daraus folgt aber nicht, dass eine solche gesetzgeberische Erlaubnis zur Befristung
verfassungsrechtlich geboten wäre. Vielmehr ist es Teil des Gestaltungsermessens des
Gesetzgebers, festzulegen, ob er aus Aktualisierungsbedürfnissen heraus die Befristung
als Regelfall für geboten hält, oder ob er umgekehrt den unbefristeten Lektorenvertrag
als Regelfall vorsieht und für Ausnahmen besondere Gründe verlangt.
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Nachdem der Gesetzgeber seit 2002 den unbefristeten Lektorenvertrag als Regelfall
ansieht, kann diese gesetzgeberische Richtungsentscheidung jedenfalls nicht als
verfassungswidrig beanstandet werden.
50
f) Im vorliegenden Fall sind jedenfalls keine ausnahmsweise gegebenen Gründe
ersichtlich, die unter dem Blickwinkel der Eigenart der Arbeitsleistung ausnahmsweise
eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG rechtfertigen könnten. Unstreitig ist der
Kläger nicht mit wissenschaftlichen Aufgaben beschäftigt worden. Seine Tätigkeit
bestand allein und ausschließlich darin, fremdsprachlichen Unterricht zu erteilen.
51
Auch eine weitere wissenschaftliche Qualifizierung ist nicht vorgesehen. Im Übrigen
hätte die Beklagtenseite, falls es zusätzliche Tätigkeitselemente im Hinblick auf eine
weitere wissenschaftliche Qualifizierung oder wissenschaftliche Arbeit gegeben hätte,
mit dem Kläger einen Vertrag als wissenschaftlicher Mitarbeiter schließen können. Das
HRG gibt insoweit keinen Vertragstypenzwang vor. Diese Möglichkeit ist jedoch nicht
genutzt worden.
52
Aus der konkreten Unterrichtstätigkeit des Klägers lässt sich zudem keine Eigenart der
Arbeitsleistung ableiten, die unter Aktualisierungsgesichtspunkten eine Befristung
rechtfertigen könnte. Die Überlegungen, die die Beklagtenseite insoweit zum
Aktualisierungserfordernis vorgetragen hat, tragen jedenfalls im vorliegenden Fall eine
Befristung nicht. Dies gilt zunächst für den Kurs Altchinesisch, den der Kläger mit zwei
Wochenstunden unterrichtet. Insoweit ist ein Aktualisierungserfordernis nicht ersichtlich.
53
Ähnliches gilt für die zweite Lehrveranstaltung, die der Kläger durchführt, nämlich
Literaturübersetzung. Da es sich hierbei, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung
vor dem Landesarbeitsgericht unwidersprochen vorgetragen hat, um die Übersetzungen
von Texten handelt, die aus dem Internet entnommen sind, ist nicht ersichtlich, woraus
ein zusätzliches Aktualisierungsbedürfnis folgen könnte, zumal es sich um die
Übersetzung von geschriebenen, und nicht gesprochenen Texten handelt.
54
Da es sich vorzugsweise um Texte aus dem Internet handelt, kann ein möglicher
Aktualisierungsbedarf auch über das Internet realisiert werden.
55
Schließlich ist hinsichtlich der beiden Einführungskurse in das Hochchinesisch, die der
Kläger im Rahmen des Grundstudiums abhält, nicht ersichtlich, dass das
Aktualisierungserfordernis diese Kurse prägt und der Aufenthalt in China hierfür
56
zwingende Voraussetzung wäre.
Da es sich zudem bei diesen Kursen um Hochchinesisch und nicht um Dialekte handelt,
bei denen es mehr auf das mündliche Sprachvermögen ankommen mag, spricht alles
dafür, dass der insoweit bei jeder Sprache bestehende Sprachwandel sich durch
moderne und in China in rasantem Aufbau befindliche Kommunikationsmittel
nachvollziehen lässt.
57
Abgesehen davon hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem
Landesarbeitsgericht unterstrichen, mindestens einmal im Jahr in sein Heimatland zu
reisen.
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Nach allem kann die Eigenart der Arbeitsleistung des Klägers im vorliegenden Fall eine
Befristung nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG nicht rechtfertigen.
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III. Aus den vorgenannten Gründen hatte die Feststellungsklage des Klägers erfolg.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen, weil
nach Inkrafttreten des 6. Änderungsgesetzes zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher
Vorschriften im Hochschulbereich soweit ersichtlich noch keine höchstrichterliche
Entscheidung zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung eines Arbeitsverhältnisses
mit einem Lektor ergangen ist.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:
63
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
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R E V I S I O N
65
eingelegt werden.
66
Die Revision muss
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innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
68
schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht
70
Hugo-Preuß-Platz 1
71
99084 Erfurt
72
Fax: (0361) 2636 - 2000
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eingelegt werden.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
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spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
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* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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(Dr. Griese) (Gerß) (Pütz)
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