Urteil des LAG Köln vom 04.09.2008

LArbG Köln: hebamme, geburt, arbeitsgericht, objektive unmöglichkeit, befristete rente, schwangerschaft, betriebsrisiko, qualifikation, beratung, kündigung

Landesarbeitsgericht Köln, 7 Sa 208/08
Datum:
04.09.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Sa 208/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 14 Ca 462/07
Schlagworte:
Ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer; Hebamme; Änderungskündigung;
unternehmerische Organisationsentscheidung; Beleghebammensystem;
Betriebsrisiko
Normen:
§ 1 KSchG; § 626 BGB; §§ 1, 4, 8 HebammenG; §§ 2, 3 Berufsordnung
für Hebammen und Entbindungspfleger NRW; §§ 14, 15 AVR; §§ 54, 55
BAT
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Ein Arbeitgeber, der mit seinen Arbeitnehmern die Geltung eines
Regelwerks vereinbart, das unter bestimmten Voraussetzungen die
ordentliche Unkündbarkeit der Arbeitsverhältnisse eintreten lässt,
übernimmt freiwillig ein erhöhtes Betriebsrisiko, aus dem er nur aus
zwingenden Gründen wieder entlassen werden kann. Lediglich
"dringende betriebliche Erfordernisse", wie sie in § 1 Abs. 2 KSchG
angesprochen sind, reichen hierfür nicht aus.
2. Diese vom Arbeitgeber eingegangene Selbstbindung ist schon dann
zu beachten, wenn er unternehmerische Entscheidungen über die
zukünftige Arbeitsorganisation trifft.
3. Die unternehmerische Organisationsentscheidung eines
Krankenhausträgers, künftig keine festangestellten Hebammen mehr zu
beschäftigen, sondern stattdessen ein Belegsystem mit freiberuflich
tätigen Hebammen einzuführen, zielt darauf ab, die weiterhin benötigte
Arbeitsleistung von Hebammen kostengünstiger einzukaufen und das
Betriebsrisiko einer etwaigen nicht hinreichenden Auslastung auf die
freien Mitarbeiterinnen zu verlagern. Es ist dem Arbeitgeber
grundsätzlich zumutbar, gegenüber einer ordentlich unkündbaren
Arbeitnehmerin die Umsetzung dieser Organisationsentscheidung
solange zurückzustellen, bis sich die Möglichkeit eröffnet, die
Mitarbeiterin auf einem anderen für sie geeigneten,
eingruppierungsrechtlich gleichwertigen Arbeitsplatz weiter zu
beschäftigen.
4. Eine examinierte Hebamme kann grundsätzlich auch auf einem freien
Arbeitsplatz in der Wöchnerinnen oder Neugeborenenstation beschäftigt
werden.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 02.10.2007 in Sachen
14 Ca 462/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten
Änderungskündigung, zu deren Rechtfertigung sich die Arbeitgeberin auf § 15 Abs. 2
der Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR) beruft.
2
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur
Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 14. Kammer des
Arbeitsgerichts Köln bewogen haben, der Änderungsschutzklage stattzugeben, wird auf
Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts
Köln vom 02.10.2007 Bezug genommen.
3
Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 16.01.2008 zugestellt. Die
Beklagte hat hiergegen am 31.01.2008 Berufung einlegen und diese am 14.03.2008
begründen lassen.
4
Die Beklagte widerspricht der Feststellung des Arbeitsgerichts, dass die Klägerin durch
Umsetzung auf einen gleichwertigen freien Arbeitsplatz in der Wöchnerinnenstation
bzw. dem Kinderzimmer hätte weiterbeschäftigt werden können.
5
Die Beklagte wiederholt ihre Behauptung, die Klägerin sei als ausgebildete Hebamme
fachlich nicht geeignet, eine Tätigkeit auf der Wöchnerinnenstation und/oder der
Neugeborenenstation (dem sog. Kinderzimmer) auszuüben. Die Beklagte zählt auf S. 2
bis 7 ihrer Berufungsbegründung vom 14.03.2008 eine Fülle von Aufgaben und
Anforderungen einer Kinderkrankenschwester auf der Entbindungsstation sowie der
Neugeborenenabteilung auf, die von einer Hebamme nicht erfüllt werden könnten und
dürften. Auf die Einzelheiten der entsprechenden Aufzählung wird ausdrücklich Bezug
genommen.
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Weiter behauptet die Beklagte, selbst wenn die Klägerin aufgrund ihrer Ausbildung und
bisherigen Tätigkeit als Hebamme fachlich geeignet wäre, die Tätigkeiten auf der
Wochenstation und/oder im Kinderzimmer auszuüben, käme ein solcher Einsatz
deshalb nicht in Betracht, weil dort keine Arbeitsplätze "frei" gewesen seien oder durch
eine zumutbare Umorganisation hätten frei gemacht werden können. Sie beruft sich
hierzu auf ihre Darstellung im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 03.08.2007. Sie
wiederholt in der Berufungsbegründung ausdrücklich ihre Behauptung, ihre Station sei
mit den Mitarbeiterinnen B , G sowie K besetzt. Bei diesen Mitarbeiterinnen handele es
sich ausnahmslos um Kinderkrankenschwestern, die schwerbehindert und unkündbar
seien.
7
Auch könnten die auf der Wochenstation bzw. dem Kinderzimmer beschäftigten
Kinderkrankenschwestern nicht ohne eine Umschulungsdauer von 1 ½ Jahren in
anderen Abteilungen des Krankenhauses eingesetzt werden. Bei teilzeitbeschäftigten
Mitarbeiterinnen käme eine solche Umschulung wegen des damit verbundenen
Zeitaufwandes von vornherein ohnehin nicht in Betracht. Die Änderungskündigung sei
daher wirksam vor dem Hintergrund, dass mit Einführung des Beleghebammensystems
eine Weiterbeschäftigung als angestellte Hebamme nicht mehr möglich gewesen sei.
8
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.10.2007 – 14 Ca 462/07 –
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
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die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.
12
Die Klägerin und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und hält die
Änderungskündigung für unwirksam. Die auf Hebammen Anwendung findenden
Rechtsvorschriften berechtigten sie auch zum Einsatz auf der Wochenbett- und
Neugeborenenstation. Rechtliche Vorbehalte bestünden insoweit nicht. Die Klägerin
und Berufungsbeklagte tritt den Behauptungen der Beklagten und Berufungsklägerin zur
fehlenden Qualifikation einer Hebamme im Einzelnen entgegen. Auf die Ausführungen
S. 3 bis 19 der Berufungserwiderungsschrift vom 05.05.2008 wird Bezug genommen.
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Ein Einsatz auf der Wochenstation oder im sog. Kinderzimmer sei aufgrund der dort
gegebenen Stellensituation auch ohne Weiteres möglich (gewesen). So würden auf der
Wöchnerinnenstation zur Zeit ausweislich eines Aushangs am Eingang der Station 4
neue Schwestern beschäftigt, nämlich Schwester S , Schwester A , Schwester L und
Schwester B . Ferner sei dort weiterhin die bereits erwähnte Frau U K beschäftigt, die
keineswegs über eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester verfüge, sondern
lediglich eine einjährige Ausbildung zur Wochenbettpflegerin durchlaufen habe. Ferner
weist die Klägerin und Berufungsbeklagte darauf hin, dass sie lediglich
teilzeitbeschäftigt (50 %) sei, so dass sie ohnehin keine volle Alternativstelle benötige.
Ferner sei klar zu stellen, dass nicht nur, wie von der Beklagten betont, für die
Kinderkrankenschwestern, sondern auch für sie als Hebamme die Ausübung ihres
erlernten Berufs "einen besonderen Stellenwert" habe.
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Auf die Ausführungen der Klägerin und Berufungsbeklagten zu den "4 neuen
Schwestern" auf der Wöchnerinnenstation repliziert die Beklagte und Berufungsklägerin
wie folgt: Schwester S befinde sich in Mutterschutz. Schwester L sei nur für einen Monat
als Aushilfe tätig gewesen. Schwester B sei überhaupt nicht mehr bei ihr, der Beklagten,
beschäftigt. Beschäftigt sei lediglich Schwester A , die aufgrund einer besonderen
Fürsorgepflicht auf der Station eingesetzt werde.
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Auf die weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung der Beklagten, der
Berufungserwiderung der Klägerin sowie der weiteren Schriftsätze der Beklagten vom
14.07.2008 und der Klägerin vom 05.08.2008 wird samt ihren Anlagen Bezug
genommen.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist zwischen den Parteien
unstreitig geworden, dass es sich bei der auf der Wochenstation beschäftigten Frau U K
nicht
Kinderzimmer beschäftigte Frau S zuletzt aufgrund befristeter Aushilfsverträge tätig
geworden sei.
17
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) und c) ArbGG
statthaft und wurde im Sinne von § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und
begründet.
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II. Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet und musste erfolglos bleiben.
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A.1. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit richtig entschieden. Es hat seiner
Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass auf das Arbeitsverhältnis kraft
einzelvertraglicher Bezugnahme die Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen
Caritasverbandes (AVR) Anwendung finden und die Klägerin somit gemäß § 14 Abs. 5
ARV ordentlich unkündbar ist; denn sie hatte im Zeitpunkt des Ausspruchs der hier
streitigen Änderungskündigung vom 27.12.2006 ihr 40. Lebensjahr überschritten
(Geburtsdatum der Klägerin: 27.06.1957) und sie stand seit mehr als 15 Jahren, nämlich
seit dem 01.01.1983, in einem Anstellungsverhältnis zur Beklagten. Folgerichtig hat das
Arbeitsgericht ausgeführt, gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 AVR könne der Dienstgeber den
unkündbaren Mitarbeiter zum Zwecke der Herabgruppierung kündigen, jedoch nur,
wenn hierzu sonstige wichtige Gründe im Sinne von § 15 Abs. 2 S. 3 AVR vorlägen.
Diese seien gegeben, wenn eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters zu den
bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen nachweisbar nicht möglich
sei.
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Das Arbeitsgericht hat überzeugend entwickelt, dass § 15 Abs. 2 S. 2 AVR der
Bestimmung des § 55 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT entspreche und folglich auf die
Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung dieser
Rechtsvorschrift zurückgegriffen werden könne. Danach handele es sich bei der
Kündigung nach § 15 Abs. 2 S. 2 AVR um eine außerordentliche Änderungskündigung
mit sozialer Auslauffrist aus wichtigem Grund. "Nachweisbar nicht möglich" sei die
Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen nur dann, wenn sie zwingend
ausgeschlossen sei. Damit sei zwar nicht eine objektive Unmöglichkeit gemeint. Es
komme aber darauf an, dass die dienstlichen Gründe, die zur Unzumutbarkeit der
Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen führen sollen, das
Gewicht eines wichtigen Grundes im Sinne von § 54 Abs. 1 BAT erreichen.
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Im Weiteren führt das Arbeitsgericht überzeugend aus, bei der außerordentlichen
betriebsbedingten Änderungskündigung komme es darauf an, ob die zugrunde liegende
Organisationsentscheidung die vorgeschlagene Änderung erzwingt oder ob sie im
Wesentlichen auch ohne oder mit weniger einschneidenden Änderungen im
Arbeitsvertrag des Gekündigten durchsetzbar bleibt. Zu Recht betont das Arbeitsgericht,
dass der Arbeitgeber bereits bei Erstellung des unternehmerischen Konzepts die in
Form vereinbarter Kündigungsausschlüsse bestehenden arbeitsvertraglich
übernommenen Garantien ebenso wie andere schuldrechtliche Bindungen zu
berücksichtigen habe. Insbesondere müsse der Arbeitgeber vor Ausspruch einer
außerordentlichen Änderungskündigung prüfen, ob der unkündbare Arbeitnehmer durch
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Versetzung auf einen freien und gleichwertigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden
kann. Hierbei müsse er auch absehbare Überbrückungszeiträume in Kauf nehmen und
Reorganisationsmöglichkeiten in Form von Umsetzungen und einer geänderten
Arbeitsverteilung einbeziehen.
Auf diese zutreffende Grundlegung der rechtlichen Rahmenbedingungen der
Entscheidung des vorliegenden Falles durch das Arbeitsgericht unter I 1. seiner
Entscheidungsgründe nimmt das Berufungsgericht Bezug. Sie werden auch durch die
Berufung der Beklagten nicht angegriffen oder in Frage gestellt.
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2. In Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht
zurecht festgestellt, dass die streitige Änderungskündigung vom 27.12.2006 mit § 15
Abs. 2 AVR nicht gerechtfertigt werden kann und somit rechtsunwirksam ist. Zur
Begründung hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin durch
Umsetzung auf einen freien und gleichwertigen Arbeitsplatz in der Wochenstation bzw.
dem Kinderzimmer zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden
könnte.
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Im Gegensatz zur Ansicht des Arbeitsgerichts erscheint darüber hinaus auch der
Einwand der Klägerin, die Beklagte könne – zumindest vorübergehend - auch ein sog.
Mischsystem aus freien und festangestellten Hebammen praktizieren, nicht unerheblich.
Vielmehr ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts bereits die unternehmerische
Organisationsentscheidung der Beklagten, künftig nur ein Beleghebammensystem zu
praktizieren, grundsätzlich nicht geeignet, die vorliegende Änderungskündigung zu
rechtfertigen.
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B. Zusammenfassend und ergänzend gilt aus der Sicht der letzten mündlichen
Verhandlung vor dem Berufungsgericht das Folgende:
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1. Die Beklagte will die streitgegenständliche Änderungskündigung damit rechtfertigen,
dass ihr Verwaltungsrat die unternehmerische Organisationsentscheidung getroffen
habe, über den 31.03.2007 hinaus keine festangestellten Hebammen mehr zu
beschäftigen und stattdessen ab diesem Zeitpunkt ein sog. Beleghebammensystem
einzuführen.
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a. Eine solche die Organisation der anfallenden Arbeit betreffende Maßnahme fällt
grundsätzlich in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit, welche arbeitsrechtlich
nicht auf ihre betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit zu überprüfen ist.
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b. Der vorliegende Fall weist jedoch Besonderheiten auf.
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aa. Zum Einen hat die Organisationsentscheidung der Beklagten nicht zur Folge, dass
über den 31.03.2007 hinaus in ihrem Krankenhausbetrieb kein Bedarf mehr an den von
der Klägerin arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Hebamme bestünde.
Dies unterscheidet die vorstehende Fallkonstellation etwa von derjenigen einer
vollständigen oder teilweisen Betriebsschließung oder einer Entscheidung, bestimmte
unternehmerische Betätigungsfelder künftig nicht mehr auszuüben. Die
Geburtshilfeabteilung der Beklagten sollte vielmehr auch weiterhin bestehen bleiben
und weiterhin waren dort Hebammenleistungen gefragt. Die Beklagte wollte lediglich
aus Gründen der Kostenersparnis und zur Verlagerung des Betriebsrisikos die
Klägerinnen und ihre angestellten Hebammenkolleginnen nicht mehr in
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Arbeitsverhältnissen beschäftigen, sondern als freiberufliche Mitarbeiter. Dem entsprach
die Anregung der Beklagten, dass sich die bislang im Arbeitsverhältnis beschäftigten
Hebammen zu einem freiberuflichen Hebammenpool verbinden sollten, verbunden mit
dem Versprechen der Beklagten, diesen Pool exklusiv mit den weiterhin anfallenden
Hebammentätigkeiten im St.Katharinen-Hospital zu beauftragen.
bb. Zum Anderen hatte sich die Beklagte u. a. der Klägerin gegenüber gebunden, indem
sie mit der Klägerin die Geltung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen
Caritasverbandes einschließlich der darin enthaltenen Unkündbarkeitsregeln vereinbart
hatte und der Klägerin somit vertraglich zugesagt hatte, nach Eintritt der
Unkündbarkeitsbedingungen das Arbeitsverhältnis in seinem dann erreichten Status
grundsätzlich nicht mehr anzutasten. Aus dieser Selbstbindung kann der Arbeitgeber
grundsätzlich nur aus zwingenden Gründen entlassen werden. Lediglich "dringende
betriebliche Erfordernisse", wie sie etwa in § 1 Abs. 2 KSchG angesprochen sind,
stellen regelmäßig gerade nicht einen "wichtigen Grund" dar, der bei § 15 Abs. 2 S. 3
AVR vorauszusetzen ist (vgl. BAG, NZA 2002, 963; HWK-Sandmann, § 626 BGB, Rdnr.
329).
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cc. Von einem zwingenden Grund kann nur dann gesprochen werden, wenn der
Arbeitgeber ohne die fragliche Änderungskündigung gezwungen würde, ein von seinem
Gegenstand her sinnentleertes Arbeitsverhältnis ohne Beschäftigungsmöglichkeit bei
fortbestehender Vergütungspflicht aufrecht zu erhalten (BAG, AP Nr. 181 zu § 626 BGB;
BAG, AP Nr. 275 zu § 613 a BGB; HWK-Sandmann, § 626 BGB Rdnr. 230).
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dd. Im vorliegenden Fall wäre eine sinnvolle Weiterbeschäftigung der Klägerin als
teilzeitbeschäftigte angestellte Hebamme im Krankenhaus der Beklagten ohne Weiteres
möglich. Dies belegt schon der Umstand, dass die Beklagte selbst der Klägerin vor
Ausspruch der Kündigung anheim gestellt hatte, ihre Tätigkeit für die Beklagte im
Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit weiter zu verrichten. Zielt die arbeitgeberseitige
Organisationsmaßnahme letztlich nur darauf ab, die weiterhin benötigte
Hebammenleistung kostengünstiger "einzukaufen" und das Betriebsrisiko einer
etwaigen nicht hinreichenden Auslastung auf die freien Mitarbeiter zu verlagern, so
erscheint die arbeitgeberseitige Organisationsentscheidung nahezu identisch mit der
Kündigungsentscheidung gegenüber dem einzelnen betroffenen Arbeitnehmer. Dies
muss zur Folge haben, dass die Organisationsentscheidung nicht ohne
Berücksichtigung der gegenüber einer Kündigungsentscheidung bestehenden
Arbeitnehmerschutzrechte beurteilt werden kann.
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ee. Es entspricht aber gerade dem Sinn und Zweck der vertraglichen Vereinbarung der
Unkündbarkeit, dass der Arbeitgeber damit freiwillig ein über ein "normales"
Arbeitsvertragsverhältnis hinausgehendes Betriebsrisiko übernimmt (vgl. BAG AP Nr.60
zu § 138 BGB; BAG AP Nr.6 zu § 620 BGB Schuldrechtliche Kündigungsbeschränkung;
BAG EzA Nr.141 zu § 626 BGB).
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ff. Dies wiederum spricht dafür, dass es der Beklagten zumutbar gewesen wäre,
diejenigen festangestellten Hebammen, bei denen aufgrund der arbeitsvertraglichen
Vereinbarung Unkündbarkeit eingetreten war, zunächst weiterhin als
Arbeitnehmerinnen in ihrer alten Tätigkeit zu beschäftigen, sofern sie einem
Statuswechsel nicht aus freien Stücken zustimmten. Auch in diesem Fall hätte die
Beklagte ihre Organisationsentscheidung, auf ein Beleghebammensystem umzustellen,
schon zumindest teilweise umsetzen können, nämlich soweit die Arbeitnehmerinnen mit
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der Statusänderung einverstanden waren. Die Beklagte hätte dann zunächst, wie dies
nach dem unwiderlegten Sachvortrag der Klägerin auch in anderen Häusern üblich ist,
ein sog. Mischsystem mit Beleghebammen und festangestellten Hebammen praktizieren
können. Dass dem unüberwindliche organisatorische Hindernisse entgegen gestanden
hätten, hat die Beklagte dem Gericht nicht nachvollziehbar vermitteln können.
gg. Auf jeden Fall wäre es der Beklagten zumutbar gewesen, die vollständige
Umsetzung ihrer Entscheidung, ein Beleghebammensystem einzuführen, gegenüber
der Klägerin solange zurückzustellen, bis sich aufgrund natürlicher Fluktuation die
Möglichkeit eröffnet hätte, die Klägerin auf einem anderen für sie geeigneten,
eingruppierungsrechtlich gleichwertigen Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Eine
solche Weiterbeschäftigung kam insbesondere auf der Wöchnerinnenstation oder im
sog. Kinderzimmer in Betracht. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die
Klägerin für einen solchen Einsatz fachlich geeignet ist und davon ausgegangen
werden muss, dass auch bereits im Zeitpunkt des Ausspruchs der hier streitigen
Änderungskündigung eine absehbare Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin in einer
der beiden Stationen bestanden hat (im Einzelnen s. u.).
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2. Selbst wenn die Einführung eines reinen Beleghebammensystems durch die
Beklagte zu dem von ihr gewünschten Zeitpunkt grundsätzlich von ihrer
unternehmerischen Organisationsfreiheit gedeckt war, erweist sich die vorliegende
Änderungskündigung als unwirksam; denn die Beklagte hat auch in der
Berufungsinstanz nicht darlegen und unter Beweis stellen können, dass die
Änderungskündigung nicht durch eine Umsetzung der Klägerin auf einen freien und
gleichwertigen Arbeitsplatz in der Wochenstation bzw. dem Kinderzimmer hätte
vermieden werden können.
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a. Die Behauptung der Beklagten, die Arbeitsplätze in der Wochenstation und im sog.
Kinderzimmer seien für die Klägerin als gelernte Hebamme mit jahrzehntelanger
Berufserfahrung fachlich nicht geeignet, ist ersichtlich unzutreffend. Für diese Erkenntnis
bedarf es keines Sachverständigengutachtens. Die Ausführungen der Beklagten zur
Begründung ihrer Behauptung sind teilweise widersprüchlich und erscheinen insgesamt
unplausibel:
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aa. Die Beklagte macht geltend, die Klägerin sei deshalb für eine Tätigkeit in der
Wöchnerinnenstation und der Neugeborenenstation fachlich ungeeignet, weil sie als
Hebamme nicht über die Qualifikation einer abgeschlossenen Berufsausbildung als
Kinderkrankenschwester verfüge. Dieses Argument widerlegt die Beklagte bereits durch
ihr eigenes Verhalten; denn in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht
wurde unstreitig, dass die Beklagte seit dem 01.09.1974 (so ihr Schriftsatz vom
03.08.2007, S. 5) die Mitarbeiterin U K in der Wochenstation beschäftigt, obwohl diese
Mitarbeiterin ebenfalls
nicht
überdies auch nicht über die Qualifikation einer Hebamme – verfügt.
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bb. Ersichtlich neben der Sache liegt die Darstellung der Beklagten auf S. 3 oben der
Berufungsbegründung, zu den "Aufgaben und Anforderungen einer
Kinderkrankenschwester auf der Wochenstation (Entbindungsstation) sowie dem
Kinderkrankenzimmer (Neugeborenenabteilung), die von einer Hebamme nicht erfüllt
werden können und dürfen" gehöre: "Beurteilen, wann muss der Geburtshelfer oder
Kinderarzt informiert oder hinzugezogen werden, z. B. bei Auffälligkeiten wie
Hautkolorit, Muskeltonus, Motorik, Atmung, Infektionszeichen, Sepsis, Gelbsucht,
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Trinkschwierigkeiten usw.". Die Beklagte übersieht hierbei, dass es sich bei der
Klägerin selbst als einer ausgebildeten Hebamme um "den Geburtshelfer" handelt ! § 4
des Hebammengesetzes vom 04.06.1985 in der Fassung vom 02.12.2007 lautet
bekanntlich:
" Zur Leistung von Geburtshilfe sind, abgesehen von Notfällen, außer Ärztinnen und
Ärzten die Personen mit einer Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung
‚Hebamme‘ oder ‚Entbindungspfleger‘ sowie Dienstleistungserbringer im Sinne des § 1
Abs. 2 berechtigt. Die Ärztin und der Arzt sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass
bei einer Entbindung eine Hebamme oder ein Entbindungspfleger hinzugezogen wird.
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Geburtshilfe im Sinne des Abs. 1 umfasst die Überwachung des Geburtsvorgangs von
Beginn der Wehen an, Hilfe bei der Geburt und Überwachung des Wochenbettverlaufs."
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cc. Die insgesamt fehlende Plausibilität der Ausführungen der Beklagten zur
vermeintlich fehlenden fachlichen Eignung der Klägerin ergibt sich zudem aus
Folgendem:
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aaa. Die Beklagte stellt grundsätzlich nicht in Abrede, dass es sich bei der Hebamme
einerseits, der Kinderkrankenschwester andererseits um gleichwertige
Ausbildungsberufe handelt. Dies belegt schon die gleichwertige Eingruppierung beider
Berufsgruppen in die Vergütungsgruppe KR 5 a.
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bbb. Dass zwischen beiden Berufsgängen eine enge fachliche Überschneidung
besteht, wird durch den Umstand belegt, dass nach § 8 S. 2 Hebammengesetz eine
vorhandene Ausbildung als Kinderkrankenschwester auf die Hebammenausbildung mit
12 Monaten anzurechnen ist.
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ccc. Während das ureigene Spezialgebiet der Hebamme die Geburtshilfe ist also
gemäß § 4 Abs. 2 Hebammengesetz die Überwachung des Geburtsvorgangs, die Hilfe
bei der Geburt und die Überwachung des Wochenbettverlaufs, mag die
Kinderkrankenschwester einen Qualifikationsvorsprung auf dem Gebiet der Betreuung
und Pflege stationär aufgenommener kranker Kinder haben. Auf Letzteres kommt es
jedoch in einem Krankenhausbetrieb wie demjenigen der Beklagten weniger an als auf
Ersteres. Unstreitig verfügt das Krankenhaus der Beklagten nicht über eine
Kinder
kranken
Notfällen bei der Beklagten keiner Intensivpflege unterzogen. Vielmehr werden
Neugeborene bei Auftreten relevanter Komplikationen oder ernsthafter pathologischer
Probleme in eine zuständige Fachklinik überführt, z. B. die Universitätsklinik K .
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ddd. Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett stellen für sich betrachtet keine
"Krankheiten" dar. Im Normalfall einer regulär verlaufenden Schwangerschaft trifft die
werdende Mutter die freie Entscheidung, ob sie ihr Kind im Rahmen einer Hausgeburt
zur Welt bringen will, ob sie eine ambulante Geburt im Krankenhaus ohne
anschließenden stationären Aufenthalt bevorzugt oder ob sie für Geburt und
Wochenbett ein Krankenhaus aufsucht. Entscheidet sie sich für die erste oder zweite
Variante, liegt nahezu die gesamte Betreuung von Mutter und Kind während
Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett typischerweise in den verantwortlichen
Händen einer Hebamme, solange nicht der Arzt selbst tätig wird. Dabei bedarf es
selbstverständlich auch bei einer zunächst regulär und komplikationslos verlaufenden
Schwangerschaft und/oder Geburt der ständigen Kontrolle, ob sich Krankheits- bzw.
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Komplikationszeichen zeigen und ob und wann die Notwendigkeit besteht, ärztliche
Hilfe hinzuzuziehen. Auch für diese Kontrollen hat im Falle der Hausgeburt oder
ambulanten Geburt im Wesentlichen die Hebamme verantwortlich einzustehen. Warum
sie bei werdenden Müttern, die sich für Hausgeburt oder ambulante Geburt entscheiden,
hierzu fachlich in der Lage sein soll, bei Müttern, die sich für eine Krankenhausgeburt
entscheiden, aber nicht, erschließt sich schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung
nicht.
b. Dass die Behauptung der Beklagten, die Klägerin könne und dürfe trotz ihrer
abgeschlossenen Berufsausbildung als Hebamme und ihrer jahrzehntelangen
Berufserfahrung die in der Berufungsbegründungsschrift ab S. 3 im einzelnen
aufgeführten Aufgaben und Anforderungen nicht erfüllen, weitgehend neben der Sache
liegt, belegt der Aufgabenkatalog gemäß § 2 der Berufsordnung für Hebammen und
Entbindungspfleger im Land Nordrhein Westfalen vom 04.05.2002, welcher für
Hebammen und Entbindungspfleger in Krankenhäusern in gleicher Weise gilt wie für
freiberuflich tätige Berufsangehörige, und dessen Wortlaut bekanntlich wie folgt lautet:
49
"Hebammen und Entbindungspfleger sind verpflichtet, ihren Beruf entsprechend
dem jeweiligen Stand der medizinischen, psychologischen, soziologischen und
geburtshilflichen Erkenntnisse gewissenhaft auszuüben, sich über die für die
Berufsausbildung geltenden Vorschriften zu unterrichten und sie zu beachten.
50
Im Rahmen dieser Aufgaben führen Hebammen und Entbindungspfleger
insbesondere folgende Tätigkeiten in eigener Verantwortung aus:
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1. Feststellung der Schwangerschaft und Beobachtung der normal verlaufenden
Schwangerschaft, Durchführung der zur Beobachtung des Verlaufs einer normalen
Schwangerschaft notwendigen Untersuchungen;
2. Veranlassung der Untersuchungen, die für eine möglichst frühzeitige Feststellung
einer Risikoschwangerschaft notwendig sind und Aufklärung über diese
Untersuchungen;
3. Vorbereitung auf die Elternschaft, umfassende Vorbereitung auf die Geburt
einschließlich Beratung in Frage der Hygiene und Ernährung;
4. Betreuung der Gebärenden während der Geburt und Überwachung des Fötus in
der Gebärmutter mit Hilfe geeigneter technischer Mittel;
5. Durchführung von Normalgeburten bei Schädellage einschließlich Dammschnitt,
Nähen eines unkomplizierten Dammschnittes oder Dammrisses sowie im
Dringlichkeitsfall die Durchführung von Beckenendlagengeburten;
6. Erkennen der Anzeichen von Anomalien und Risikofaktoren bei der Mutter oder
beim Kind, die ärztliches Eingreifen erforderlich machen, Hilfeleistung bei
etwaigen ärztlichen Maßnahmen, notwendige eigene Maßnahmen in Abwesenheit
eines Arztes oder einer Ärztin – beispielsweise manuelle Ablösung der Placenta
einschließlich ggf. manueller Nachuntersuchung der Gebärmutter, Durchführung
der sofortigen Wiederbelebung des Neugeborenen;
7. Untersuchung, Überwachung und Pflege des Neugeborenen regelmäßig in den
ersten 10 Tagen nach der Geburt, erforderlichenfalls länger, einschließlich
Prophylaxemaßnahmen sowie Blutentnahme für Screeninguntersuchungen;
8. Betreuung der Wöchnerinnen, Überwachung ihres Zustands, Beratung in Pflege
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und Ernährung des Neugeborenen, insbesondere Stillberatung und Stillförderung
sowie Hilfeleistungen bei Beschwerden;
9. Durchführung der ärztlich verordneten Behandlung;
10. Dokumentation der Maßnahmen und Befunde;
11. Ausstellen von Bescheinigungen im Rahmen der Berufsausübung;
12. Aufklärung und Beratung in Familienplanung;
13. Qualitätssichernde Maßnahme.
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Bei der Beratung sind neben medizinischen und geburtshilflichen auch soziale
und seelische Faktoren zu berücksichtigen. Die Schwangeren und
Wöchnerinnen sind zur Mitarbeit zu gewinnen, ihre Selbstverantwortlichkeit ist
zu fördern."
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Darüber hinaus haben Hebammen und Entbindungspfleger gemäß § 3 Abs. 1 HebBO
NRW auf Maßnahmen zur Infektionsverhütung hinzuwirken, auf Regelwidrigkeiten und
Risikofaktoren zu achten und ggf. für ärztlichen Beistand zu sorgen.
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c. Die Aufgabe der Beklagten, zur Vermeidung einer Änderungskündigung gegenüber
der Klägerin alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um ihr einen anderweitig
gleichwertigen Arbeitsplatz zu verschaffen, impliziert auch die Notwendigkeit, der
Klägerin eine angemessene Einarbeitungszeit zu gewähren und ihr eine entsprechende
Hilfestellung zukommen zu lassen, soweit sie mit der Bedienung bestimmter Geräte,
insbesondere solcher, die neu angeschafft wurden, im Einzelfall noch nicht hinreichend
vertraut sein sollte.
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d. Schließlich bestätigt auch die unwiderlegte Darstellung der Klägerin, dass
Hebammen in anderen großen Kliniken (Uniklinik K , Krankenhaus W etc.) nicht nur im
Kreißsaal, sondern auch in Kinderzimmer und Wochenbettstation eingesetzt werden,
dass solche Tätigkeiten mit zu ihrem berufstypischen Aufgabenbereich gehören. Dabei
ist zu unterstellen, dass die gesetzlich geordnete Fachausbildung einer Hebamme auch
auf ihren gesetzlich vorgeschriebenen Aufgabenbereich zugeschnitten ist.
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e. Die Beklagte hat schließlich auch nicht annähernd substantiiert dargelegt, dass im
Zeitpunkt des Ausspruchs der hier streitigen Änderungskündigung im Bereich der
Wochenstation oder des Kinderzimmers weder ein für die Klägerin als Teilzeitkraft in
Frage kommender Arbeitsplatz frei war, noch dass in absehbarer Zeit damit gerechnet
werden konnte, dass ein solcher Arbeitsplatz frei werden würde. Ebenso wenig hat die
Beklagte widerlegt, dass es ihr auch nicht durch eine zumutbare Umorganisation
möglich gewesen wäre, einen Arbeitsplatz für die Klägerin freizumachen.
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aa. Der Sachvortrag der Beklagten zur Beschäftigungssituation auf den beiden
fraglichen Stationen erscheint erst- wie auch zweitinstanzlich in mehrfacher Hinsicht
unsubstantiiert. So hat die Beklagte behauptet, in der Wochenstation über 3
Arbeitsplätze und in der Neugeborenenstation über 8 Arbeitsplätze zu verfügen. Allein
die Aufstellung im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 03.08.2007 enthält jedoch 15
Namen.
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bb. Im Schriftsatz vom 14.07.2008 wird unstreitig gestellt, dass der Wöchnerinnenstation
60
eine in Mutterschutz befindliche Schwester S zuzuordnen ist, von der bisher ebenso
wenig die Rede war, wie von einer als Aushilfe tätigen Schwester L und einer
Schwester A , die aufgrund einer besonderen Fürsorgepflicht auf der Station eingesetzt
werden soll. Was es mit dieser Fürsorgepflicht auf sich hat, wird auch nicht ansatzweise
erläutert.
cc. Bereits erstinstanzlich hatte die Klägerin darüber hinaus vorgetragen, dass die in der
Wochenstation beschäftigte Frau K B seit November 2006 eine befristete Rente beziehe
und mit einer Rückkehr auf ihren Arbeitsplatz nicht mehr zu rechnen sei.
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dd. Ebenfalls soll die Arbeitnehmerin H unmittelbar vor der Beendigung ihrer beruflichen
Tätigkeit und dem Übertritt in die Rente gestanden haben bzw. stehen.
62
ee. Unabhängig von diesen konkreten Personen stellte sich bereits aufgrund der
Aufstellung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 03.08.2007 die Frage, inwieweit
nicht bei der einen oder anderen der dort aufgezählten Arbeitskräfte der Wochen- bzw.
Neugeborenenstation in absehbarer Zeit mit einer altersbedingten Beendigung des
Arbeitsverhältnisses zu rechnen war; denn eine ganze Reihe der dort aufgeführten
Mitarbeiterinnen verfügte über Beschäftigungszeiten von mehr als 30 Jahren.
63
ff. Ferner ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht unstreitig
geworden, dass die in der Neugeborenstation eingesetzte Mitarbeiterin S seit längerer
Zeit aufgrund befristeter Aushilfsbeschäftigungen tätig wurde.
64
gg. Schließlich stellt sich die Frage, ob die auf der Wochenstation beschäftigte
Mitarbeiterin U K nicht vorrangig vor der Klägerin auf eine Stelle als Stationsassistentin
hätte wechseln müssen, da sie weder über eine Ausbildung als
Kinderkrankenschwester, noch über eine solche als Hebamme verfügt.
65
hh. Bei alledem kann auch nicht annähernd die Rede davon sein, die Beklagte habe
substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass im Zeitpunkt der Kündigung und in der
absehbaren Zeit danach keinerlei Einsatzmöglichkeit für die Klägerin auf der
Wochenbett- und/oder Neugeborenenstation vorhanden gewesen wäre, auch keine
solche zunächst befristeter Art und auch keine solche als Ergebnis einer zumutbaren
Umorganisation. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass in den Parallelverfahren 7
Sa 457/08 und 7 Sa 458/08 zwei weitere ordentlich unkündbare fest angestellte
Hebammen, eine weitere Teilzeitbeschäftigte und eine Vollzeitkraft, einen
Alternativarbeitsplatz auf einer der beiden genannten Stationen für sich reklamieren.
66
3. Kann die Beklagte aber nicht darlegen und nachweisen, dass jedwede gleichwertige
alternative Beschäftigung für die Klägerin ausgeschlossen war, so fehlt es an einem
wichtigen Grund für die außerordentliche Änderungskündigung vom 27.12.2006. Es
muss daher bei dem Urteil des Arbeitsgerichts Köln verbleiben, wonach die Änderung
der Arbeitsbedingungen durch die streitige Änderungskündigung ungerechtfertigt und
unwirksam ist.
67
III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
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Dr. Czinczoll Sorg Baurmann
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