Urteil des LAG Köln vom 17.11.2003

LArbG Köln (betriebsrat, wahl, mitarbeiter, arbeitnehmer, hauptbetrieb, amt, stationäre anlage, nichtigkeit, organisation, baustelle)

Landesarbeitsgericht Köln, 2 TaBV 44/03
Datum:
17.11.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 TaBV 44/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 3 BV 254/01
Schlagworte:
Betriebsteil, Organisation, Selbstständig, Entfernung, Leistungsmacht
Normen:
§ 4 Abs. 1 S. 1, 1. Alternative BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Zur Abgrenzung des weit entfernt liegenden unselbständigen
Betriebsteils vom betriebsorganisatorisch selbständigen Betriebsteil i. S.
d. § 4 Abs. 1 S. 1 BetrVG
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss
des Arbeitsgerichts Köln vom 08.01.2003 - 3 BV 254/01 -
abgeändert:
Die Anträge werden unter Zurückweisung der Anschlussbe-
schwerde abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
nichtig oder anfechtbar ist und ob ggf. der gewählte Betriebsrat durch eine nachfolgende
Wahl im Hauptbetrieb sein Amt verloren hat.
2
Die Antragstellerin ist auf dem Gebiet der Schlammentwässerung tätig. Sie beschäftigt
ca. 130 Mitarbeiter. Der Unternehmenssitz in Voe ist ca. 135 km von der Arbeitsstätte
DEA M AG, W entfernt.
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Im Jahre 1998 wurde im Hauptbetrieb der Antragstellerin in Voe eine Betriebsratswahl
durchgeführt, an der vier Mitarbeiter beteiligt waren, die im Jahr 1998 bereits auf dem
Gelände der D in W , einer Kundin der Arbeitgeberin, tätig waren. Im Jahr 1998 gab es
auf dem Gelände der D eine semimobile Schlammentwässerungsanlage. Diese lief ab
September/Oktober 1998 im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb. Anfang 1999 wurde
eine stationäre Anlage in Betrieb genommen und eine Wetterschutzhalle errichtet. Seit
Beginn des vollkontinuierlichen Schichtbetriebs waren regelmäßig acht Mitarbeiter in W
beschäftigt. In den Arbeitsverträgen dieser Mitarbeiter wurde Anfang 1999 festgelegt,
dass diese auf der Baustelle D W tätig sind und nicht mehr auf wechselnden Baustellen
eingesetzt werden. Vorgesetzter der Mitarbeiter in W ist der Mitarbeiter T , der seine
Vorgesetztenfunktion von Voe aus wahrnimmt. Er ist zuständig für Schichteinteilung,
Urlaubsgewährung etc. in Abstimmung mit der Disponentin.
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Am 07.11.2001 teilte Herr F H , Arbeitnehmer der Baustelle D , W der Antragstellerin mit,
dass am 06.11.2001 eine Belegschaftsversammlung stattgefunden habe, auf der die
Durchführung einer eigenen Betriebsratswahl beschlossen worden sei und er zum
Vorsitzenden des Wahlvorstandes ernannt worden sei. Die Antragstellerin widersprach
unverzüglich der Durchführung einer Betriebsratswahl in W , mit der Begründung, dass
es sich nicht um einen selbstständigen Betrieb handele. Am 17.12.2001 fand eine
Betriebsratswahl nach § 14a BetrVG n. F. statt, bei der Herr F H zum Betriebsrat gewählt
wurde. Am 21.12.2001 leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren
ein, mit dem sie in erster Linie die Feststellung der Nichtigkeit hilfsweise die Anfechtung
der Betriebsratswahl erstrebt.
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Am 14.06.2002 wurde in Voerde eine Betriebsratswahl für den Hauptbetrieb
durchgeführt. Bei dieser Betriebsratswahl waren die Mitarbeiter in W als wahlberechtigte
Arbeitnehmer aufgeführt. Zwei dieser Arbeitnehmer sollen auch an der Wahl
teilgenommen haben. Diese Wahl wurde nicht angefochten. Die Arbeitgeberin hat im
Anschluss hieran die Rechtsauffassung vertreten, dass jedenfalls der für W gewählte
Betriebsrat nunmehr mit Ablauf der Anfechtungsfrist am 05.07.2002 sein Amt verloren
habe und dieses erloschen sei. Dieser Ansicht ist das erstinstanzliche Gericht gefolgt
und hat festgestellt, dass das Amt des Betriebsrats für die Betriebsstätte D W am
05.07.2002 erloschen ist. Es hat die weitergehenden Anträge zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats W . Im Wege der
Anschlussbeschwerde verfolgt die Antragstellerin sowohl ihren Antrag auf Feststellung
der Nichtigkeit der Betriebsratswahl in Wesseling als auch ihren Hilfsantrag auf
Anfechtung der Betriebsratswahl vom 17.12.2001.
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Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,
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unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom
08.01.2003 - 3 Bv 254/01 - die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen sowie im Wege der Anschlussbeschwerde
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1. festzustellen, dass die am 17.12.2001 auf der Baustelle D , W , durchgeführte
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Betriebsratswahl nichtig ist, hilfsweise
1. die am 17.12.2001 auf der Baustelle D , W , durchgeführte Betriebsratswahl wird
für unwirksam erklärt.
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Der Betriebsrat W hat zur Begründung der Beschwerde darauf hingewiesen, dass die
Zusammenfassung der Arbeitnehmer in W auch deshalb ein eigenständiger Betriebsteil
sei, weil sich die Probleme dieses Betriebsteils sowohl von den Problemen der in Voe
fest stationierten Mitarbeiter als auch von denjenigen der auf wechselnden Baustellen
eingesetzten Mitarbeiter unterscheide. Insbesondere sei eine ordnungsgemäße
Vertretung durch den Betriebsrat in Voe deshalb in Frage gestellt, weil er die konkreten
Probleme des Einsatzes auf einer Dauerbaustelle nicht kenne und nicht hinreichend
berücksichtige. Insbesondere habe der Betriebsrat in Voe eine Betriebsvereinbarung
abgeschlossen, die sich alleine auf die in W tätigen Arbeitnehmer negativ auswirke, da
ausschließlich auf den in W gelegenen Arbeitsplätzen in vollkontinuierlicher Schicht
gearbeitet werde, in Voe jedoch nicht.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der geäußerten Rechtsansichten wird auf die
Entscheidung erster Instanz sowie die gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
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II.
begründet. Hierdurch fiel auch der in erster Instanz gestellte Hilfsantrag dem
Beschwerdegericht zur Entscheidung an. Dieser war ebenfalls abzuweisen. Die
zulässige und fristgerechte Anschlussbeschwerde, mit der die Antragstellerin ihren
Antrag zu 1) weiterverfolgt, ist unbegründet.
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1. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl
in W vom 17.12.2001 ist als unbegründet abzuweisen, denn die Wahl eines
Betriebsrats in einem Betriebsteil unter Verkennung des Betriebszweckes führt
nicht zur Nichtigkeit der Wahl, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit. Dies ergibt
sich bereits aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 31.05.2000 (7
ABR 78/98). Denn diese Entscheidung ist gerade damit begründet, dass im
Wahlanfechtungsverfahren hinsichtlich eines Teilbetriebs eine in einem anderen
Betriebsteil durchgeführte unangefochtene Betriebsratswahl dazu führt, dass das
erste Anfechtungsverfahren nicht weiter erfolgreich betrieben werden kann, weil
der zweite gewählte Betriebsrat im Amt bleibt. Wäre das BAG insoweit von der
Nichtigkeit einer Betriebsratswahl unter Verkennung des Betriebsbegriffs
ausgegangen, so wäre zwar im Ergebnis ebenfalls zunächst von dem
Landesarbeitsgericht zweiter Instanz der Betriebsbegriff zu klären gewesen, die
zweite unangefochtene Betriebsratswahl hätte allerdings nicht zu dem Ergebnis
führen können, dass der erste Betriebsrat selbst dann im Amt bleibt, wenn er unter
Verkennung des Betriebsbegriffs und zusätzlich unter weiteren
Verfahrensverstößen gewählt worden ist. Die Rechtsfolge, dass der
Belegschaftsteil, dessen Betriebsratswahl wegen Verkennung des Betriebsbegriffs
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angefochten wurde, andernfalls betriebsratslos bleiben müsste, bis Neuwahlen
auch im zweiten Betriebsteil stattfinden, weil der dortige Betriebsrat mangels
Anfechtung im Amt bleibt, wäre nämlich nicht eingetreten, wenn das
Bundesarbeitsgericht von der Nichtigkeit beider Wahlen ausgegangen wäre. In
diesem Fall hätte nach Feststellung, ob getrennt oder als einheitlicher Betrieb zu
wählen ist, die Gesamtwahl neu durchgeführt werden können, da sich eine
nichtige Wahl in einem weiteren Betriebsteil jedenfalls nicht hätte zu Lasten der
Beteiligten im Ausgangsverfahren auswirken dürfen. Allenfalls hätte der dort
gewählte Betriebsrat im Ausgangsverfahren mitbeteiligt werden müssen. Da nach
der bisherigen Rechtsprechung des BAG allerdings davon auszugehen ist, dass
Nichtigkeit der Betriebsratswahl nur dann gegeben ist, wenn derart gravierende
Fehler aufgetreten sind, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz
entsprechenden Wahl vorliegt, ist allerdings auch im Einzelfall festzustellen, dass
der vorliegend zur Überprüfung gestellte Wahlvorgang lediglich anfechtbar ist.
Denn Kernpunkt der unterschiedlichen Rechtsansichten der Beteiligten ist, ob die
in W zusammengefassten Arbeitnehmer einen Betriebsteil darstellen oder nicht.
Die Feststellung, ob die vorhandene Organisation den Rechtsbegriff ausfüllt,
bedarf bereits einiger Abwägung, so dass eine Fehlbeurteilung jedenfalls nicht zur
Nichtigkeit der Wahl führt.
1. Der Beteiligte zu 2) hat auch nicht mit Ablauf der Anfechtungsfrist bezüglich der
am 14.06.2002 in Voe durchgeführten Betriebsratswahl aufgehört zu existieren.
Auch dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der Entscheidung des BAG vom
31.05.2000 (a.a.O.). Denn für den Fall, dass der Begriff des Betriebsteils vom
Betriebsrat W richtig beurteilt wurde, kann die bloße fehlerhaft eingeräumte
Wahlberechtigung zu einem anderen Betrieb nicht ein eigenes Anfechtungsrecht
bewirken. Wenn nämlich die Arbeitnehmer in W zu Recht ihren eigenen
Betriebsrat gewählt haben, sind sie nicht zum Betriebsrat in Voe wahlberechtigt.
Nur wahlberechtigte Arbeitnehmer können aber nach § 19 Abs. 2 BetrVG die
durchgeführte Betriebsratswahl anfechten. In ihren Rechten betroffen wären
dementsprechend auch nur die in Voe beschäftigten Mitarbeiter, da an ihrer
Betriebsratswahl mehr Arbeitnehmer teilgenommen hätten als wahlberechtigt
waren. Dies bedeutet, dass für den Fall, dass der Betriebsrat W den
Betriebsteilbegriff richtig bewertet hat, eine nachfolgende Wahl im Hauptbetrieb
unter Zugrundelegung eines zu weiten Betriebsbegriffs das Amt des Betriebsrats
in W nicht berühren kann, während bei Verkennung des Betriebsteilbegriffs die
Arbeitnehmer in W durch die eingeräumte Möglichkeit der Wahl zum Betriebsrat in
Voe ausreichend repräsentiert sind und selbst bei erfolgreicher Wahlanfechtung
der Wahl vom 17.12.2001 nicht betriebsratslos werden. Allenfalls könnte man aus
der BAG-Entscheidung vom 31.05.2000 schließen, dass der hier beteiligte
Betriebsrat im Amt bleiben muss, bis in Voe neu gewählt wird, da sich die Mehrheit
der Mitarbeiter in W an dieser Betriebsratswahl deshalb nicht beteiligt hat, weil sie
auf Grund des noch nicht abgeschlossenen Anfechtungsverfahrens von der
Existenz eines eigenen Betriebsrats ausgingen. Dies müsste allerdings dann
ebenfalls zur vollständigen Abweisung der Arbeitgeberanträge nicht aber zur
Beendigung des Betriebsratsamts in W führen.
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1. Nach der hier vertretenen Rechtsansicht war damit der Anfechtungsantrag zu
bescheiden und damit die Frage zu beurteilen, ob die Betriebsstätte W ein
Betriebsteil im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG ist.
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Unzweifelhaft erfüllen die in W eingesetzten Arbeitnehmer die Voraussetzung des § 1
Abs. 1 Satz 1 BetrVG und arbeiten räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt. Auch haben
die Mitarbeiter nicht im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG beschlossen, an der Wahl
des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen. Damit kommt es maßgeblich darauf an,
ob die in W zusammengefassten Arbeitnehmer einen Betriebsteil im Sinne des § 4
BetrVG darstellen. Hierbei ist zu unterscheiden, dass ein weit entfernt liegender
Betriebsteil bereits dann selbstständiger Betrieb im Sinne des
Betriebsverfassungsgesetz ist, wenn er nicht durch Aufgabenbereich und Organisation
eigenständig ist. Vorliegend kann festgestellt werden, dass die in W
zusammengefassten Mitarbeiter an einem festen Einsatzort mit einer von dem
Gesamtbetriebszweck abgrenzbaren Teilaufgabe dauerhaft beschäftigt sind, ihre
Arbeitsaufgabe sowohl räumlich als auch organisatorisch unterscheidbar ist,
andererseits eine Eingliederung in den Hauptbetrieb derart vorliegt, dass die
Vorgesetztenfunktion einem Mitarbeiter zugeordnet ist, der im Hauptbetrieb ansässig ist.
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Soweit ersichtlich hat das Bundesarbeitsgericht zuletzt in seiner Entscheidung vom
19.02.2002 (1 ABR 26/01) entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein entfernt
liegender Betriebsteil betriebsratsfähig im Sinne des § 4 BetrVG ist. Die dort aufgestellte
allgemeine Definition des Betriebsteils erfüllt die Baustelle W , da die an der
Betriebsstelle vorhandenen materiellen Betriebsmittel für den dort verfolgten
arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die
menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.
Anders als in der Entscheidung vom 19.02.2002 ist allerdings die Person, die die
Steuerung vornimmt nicht vor Ort in W , sondern am Betriebssitz in Voe tätig und leitet
von dort aus den Einsatz, der nur für diese Arbeitsstätte einsetzbaren Arbeitnehmer. Die
erkennende Kammer ist der Ansicht, dass die Tatsache, dass die nächste offizielle
Führungsebene in Voerde angesiedelt ist, nicht die Bewertung als Betriebsteil im Sinne
des § 4 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative hindert. Denn nach der Reform des
Betriebsverfassungsgesetzes ist den Arbeitnehmern verstärkt die Möglichkeit
eingeräumt, selbst darüber zu entscheiden, in welchen betriebsverfassungsrechtlichen
Strukturen sie vertreten sein wollen. Dementsprechend muss die Möglichkeit des
Arbeitgebers, durch betriebsorganisatorische Maßnahmen die Betriebsratsfähigkeit von
weit entfernt liegenden Betriebsteilen zu steuern, in den Hintergrund treten. Die
Tatsache, dass der Vorgesetzte seine Arbeitsleistung zwar in Voe aber für die W
Mitarbeiter erbringt, ist deshalb nach Ansicht der erkennenden Kammer ausreichend,
um der ansonsten abgrenzbaren Arbeitnehmergruppe die Wahl eines eigenen
Betriebsrats zu ermöglichen.
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Zudem ist kaum eine aus dem Gesetz ableitbare Unterscheidung zwischen der
erforderlichen Organisation der Betriebsteile nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und solchen
nach Nr. 2 möglich. Denn für den Fall, dass der Vorgesetzte T seine Tätigkeit in W
verrichten würde, würde dieser Betriebsteil jedenfalls auch unter die Definition des § 4
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 fallen und durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig
sein. Denn auch nach der bisherigen Definition des eigenständigen Betriebsteils ist eine
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Befugnis zur Einstellung und Entlassung bei dem personellen Leiter des Betriebsteils
nicht erforderlich. Ebenso wenig muss bei diesem Weisungsfreiheit gegeben sein.
Damit verbliebe letztlich kein Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Die
erkennende Kammer fasst damit gerade die Unterscheidung zwischen Betriebsteilen,
die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind oder zwar nahegelegen aber durch
Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind dahingehend auf, dass bei
Betriebsteilen, die einen eigenen Betriebsrat gründen wollen, betriebsratsfähig sind und
weit vom Hauptbetrieb entfernt sind ohne eigenständig i.S.d. § 4 Abs.1 Satz 1, Nr.2
BetrVG zu sein, der Arbeitgeber ggf. auch zum Betriebsrat kommen muss. Zudem ist zu
berücksichtigen, dass auf Grund der fortschreitenden Technisierung und neuer
Kommunikationsmittel die Anwesenheit eines Personalvorgesetzten vor Ort zunehmend
weniger Bedeutung haben wird, während der Wunsch, örtliche Besonderheiten
gegenüber dem Arbeitgeber getrennt vom Betriebsrat des Hauptbetriebes wahrnehmen
zu können, bestehen bleibt. Da zudem den Arbeitnehmern in § 4 Abs. 1 Satz 2
anlässlich jeder Betriebsratswahl erneut das Recht eingeräumt ist, mit der
Hauptbelegschaft zu wählen oder als Betriebsteil zu wählen, ist damit seitens des
Gesetzgebers hinreichend zum Ausdruck gebracht worden, dass vorrangig der Wunsch
der Arbeitnehmer nach der ihnen gemäßen Betriebsratsstruktur im Unternehmen zu
berücksichtigen ist. Diese können sich von Fall zu Fall dafür entscheiden, ihre
Eigeninteressen in einem Kleinstbetriebsrat zu verfolgen oder einen großen
gemeinsamen Betriebsrat zu unterstützen und von dessen Durchsetzungsfähigkeit zu
profitieren. Wie die vorliegende Problematik zeigt, verhindert die Möglichkeit, einen
eigenen Betriebsrat wählen zu können auch, dass ein Betriebsrat des Hauptbetriebs die
Interessen der weit entfernt arbeitenden Betriebsangehörigen möglicherweise zu
Gunsten von Zugeständnissen des Arbeitgebers gegenüber der Hauptbelegschaft
"verkauft".
1. Die Betriebsratswahl war auch nicht wegen Fehler im formellen Wahlverfahren
unwirksam. Es kann dahinstehen, ob in einem so kleinen Betriebsteil wie dem
vorliegenden eine fehlerhafte Zusammensetzung des Wahlvorstandes die
Vermutung in sich trägt, dass die Wahl hierdurch beeinflusst sein könnte. Denn
vorliegend musste der Wahlvorstand nicht durch den Betriebsrat in Voe bestimmt
werden. Zwar spricht vieles dafür, in Betriebsteilen, die ihre Betriebsratsfähigkeit
im Laufe einer unternehmerischen Entwicklung erwerben § 21 a BetrVG
entsprechend anzuwenden. Da die Betriebsratsfähigkeit vorliegend jedoch bereits
im Jahre 1999 spätestens mit Aufnahme des vollkontinuierlichen Schichtbetriebes
erreicht war, ist das sechsmonatige Übergangsmandat bei Durchführung der
Wahlversammlung im Dezember 2001 jedenfalls abgelaufen gewesen. Auch § 17
Abs. 2 BetrVG steht der Wahl des Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung
nicht entgegen. Damit ist die Betriebsratswahl in W auch nicht auf Grund formeller
Fehler bei der Vorbereitung der Wahl anfechtbar.
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