Urteil des LAG Köln vom 24.01.2002
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Landesarbeitsgericht Köln, 6 Sa 1116/01
Datum:
24.01.2002
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 Sa 1116/01
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 2351/01
Schlagworte:
Betriebsrente, Unverfallbarkeit, Fristbeginn
Normen:
§§ 1, 2, 7 BetrAVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
kein Leitsatz
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 19.04.2001 verkündete Urteil
des Arbeitsgerichts Köln - 8 Ca 2351/01 - wird zurückgewiesen. 2. Der
Kläger trägt die Kosten der Berufung. 3. Die Revision wird nicht
zugelassen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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1. Die Parteien streiten über die Haftung des Beklagten als Träger der gesetzlichen
Insolvenzsicherung für eine unverfallbare Betriebsrenten-anwartschaft nach § 7
Abs. 2 BetrAVG. Von der erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gem. § 543
Abs. 1 ZPO abgesehen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.04.2001 abgewiesen. Wegen seiner
Entscheidungsgründe wird auf Blatt 33 ff. d. A. Bezug genommen.
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1. Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2
ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66
Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).
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1. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
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Die Feststellungsklage ist unbegründet, weil der Kläger in der Zeit seiner Beschäftigung
vom 01.07.1990 bis zum 01.05.2000, als über das Vermögen seiner früheren
Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, keine unverfallbare
Versorgungsanwartschaft nach § 1 BetrAVG erworben hat, für die der Beklagte nach § 7
Abs. 2 BetrAVG haften würde. Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht im
Ergebnis und in der Begründung (§ 543 Abs. 1 ZPO). Ergänzend ist auszuführen:
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Der Kläger hat die 10-jährige Unverfallbarkeitsfrist des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG a. F.
nicht erfüllt. Entgegen seiner Ansicht begann diese Frist nicht bereits mit der
Unterzeichnung des Anstellungsvertrages vom 23.03.1990 zu laufen, sondern erst mit
der tatsächlichen Arbeitsaufnahme am 01.07.1990. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde das
Arbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt mit der Maßgabe, dass die wechselseitigen
Leistungen im Austauschverhältnis von Arbeit und Arbeitsentgelt beansprucht werden
konnten. Erst ab diesem Zeitpunkt kann auch von einer Betriebszugehörigkeit im Sinne
des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung gesprochen werden.
Denn bei der betrieblichen Altersversorgung handelt es sich um "Leistungen... aus
Anlass eines Arbeitsverhältnisses" (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG), die ein zusätzliches
Entgelt in Abhängigkeit von der zuvor erwiesenen Betriebstreue darstellen (vgl. nur
Kasseler Handbuch/Griebeling, 2.9 Randzahl 21 m.w.N.). Aus diesem
Gegenseitigkeitsverhältnis folgt, dass die Unverfallbarkeitsfrist regelmäßig erst mit
vorgesehenen Termin der tatsächlichen Arbeitsaufnahme zu laufen beginnt.
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Nichts anderes kann auch den vom Kläger für seine Auffassung herangezogenen
Zitaten aus der Kommentarliteratur entnommen werden. Blomeyer/Otto (BetrAVG, 2.
Aufl., § 1 Rdnr. 76) sprechen sich dafür aus, die Zusagevereinbarung wegen des
Entgeltcharakters erst vom Beginn des Arbeitsverhältnisses eingreifen zu lassen. Auch
Steinmeyer (ErfK, 2. Aufl., BetrAVG § 1 Rdnr. 20 und 31) stellt für den Beginn der
Betriebszugehörigkeit maßgeblich auf den Tag der nach dem Arbeitsvertrag
vorgesehenen Arbeitsaufnahme ab. Soweit er ausführt, die Zusagefrist beginne
grundsätzlich mit Erteilung der Versorgungszusage, kann sich dies nur auf ein bereits in
Vollzug gesetztes Arbeitsverhältnis beziehen. Dieser Zusammenhang von Zusage und
Betriebszugehörigkeit kommt insbesondere auch in den alternativen
Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG a. F. zum Ausdruck:
Entweder muss die Versorgungszusage für den Arbeitnehmer mindestens 10 Jahre
bestanden haben oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre
zurückliegen und die Versorgungszusage für ihn mindestens drei Jahre bestanden
haben. Soweit die erste Alternative nur auf die Zusagedauer abstellt, ist auch dafür
natürlich ein vollzogenes Arbeitsverhältnis erforderlich. Betriebstreue kann erst ab
Beginn der Betriebszugehörigkeit erwiesen werden.
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Für diese Betrachtungsweise spricht entscheidend auch der Aspekt, dass bei der
ratierlichen Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft nach Maßgabe des § 2 Abs.
1 Satz 1 BetrAVG die Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis zur
möglichen Betriebszugehörigkeit zu setzen ist (vgl. nur Kasseler Handbuch/Griebeling
2.9 Randzahl 466). Daraus wird ebenso wie aus der Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 4
BetrAVG a. F. deutlich, dass die betriebliche Altersversorgung eine Gegenleistung für
die erwiesene Betriebstreue ist.
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Schließlich lässt sich den konkreten Vereinbarungen über die zugesagte
Altersversorgung kein Hinweis auf einen früheren Fristbeginn entnehmen. Im Gegenteil
heißt es im Anstellungsvertrag ausdrücklich, der Kläger trete "mit Wirkung vom
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01.07.1990" in die Dienste der Arbeitgeberin. Die Hauptleistungspflichten sollten daher
erst ab diesem Zeitpunkt in Kraft treten. Auch die in Bezug genommene
Pensionsordnung vom 15.01.1986 verlangt ausdrücklich eine "Dienstzeit" von
mindestens 10 Jahren. Für den Beginn der "Dienstzeit" kann es nur darauf ankommen,
wann der Arbeitnehmer vertragsgemäß in die "Dienste" der Arbeitgeberin tritt, also auf
den vorgesehenen Beginn der Tätigkeit. Das war hier der 01.07.1990. Die
Unverfallbarkeit war daher zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls am 01.05.2000 noch nicht
eingetreten.
1. Da der Kläger das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss er nach den §§ 64
Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung tragen.
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1. Die Revision war nicht gem. § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hatte
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den
besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
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(Dr. Kalb) (Glock) (Büttner)
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