Urteil des LAG Köln vom 06.12.2002

LArbG Köln: katalogisierung, schüler, beratung, ausbildung, erwerb, auskunft, arbeitsstelle, medien, arbeitsgericht, kunst

Landesarbeitsgericht Köln, 11 Sa 661/01
Datum:
06.12.2002
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 Sa 661/01
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 5 Ca 4627/00
Schlagworte:
Eingruppierung, öffentlicher Dienst, Schulbibliothek, wissenschaftliche
Bibliothek, öffentliche Bücherei, Diplombibliothekar, sonstiger
Angestellter
Normen:
BAT Anlage 1 a Teil I der Vergütungsordnung (Bund, Länder)
Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 16, 17
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Die Leiterin der Schulbibliothek an einer Schule in öffentlicher Hand
kann als "sonstige Angestellte" die Voraussetzungen der
Vergütungsgruppe BAT V b, Fallgruppen 16 und 17 (Anlage 1 a zum
BAT, Allgemeiner Teil der Vergütungsordnung Bund, Länder) erfüllen
("Angestellte, mit abgeschlossener Fachausbildung für den gehobenen
Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken..." bzw. "... für den
bibliothekarischen Dienst an öffentlichen Büchereien"), ohne dass es
darauf ankäme, ob eine Schulbibliothek den "wissenschaftlichen
Bibliotheken" oder den "öffentlichen Büchereien" zugeordnet werden
kann.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.01.2001 ver-
kündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 5 Ca 4627/00 - unter
Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert
und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet
ist, die Klägerin seit dem 01.10.1997 nach Ver-
gütungsgruppe Vb der Anlage 1a zum BAT zu
vergüten.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
die ab 29.05.2000 fällig gewordenen Nachzahlungsbe-
träge mit 4 % p.a. zu verzinsen.
3. Wegen des weitergehenden Zinsantrags wird die
Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien - nämlich die beklagte Stadt und die 1954 geborene Klägerin, die von der
Beklagten in der Schulbibliothek des von ihr getragenen Schulzentrums W (bestehend
aus Gymnasium und Hauptschule mit zusammen etwa 1.100 Schülern) seit April 1992
als deren Leiterin beschäftigt wird - streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der
Klägerin. Die Schulbibliothek hat einen Bestand von etwa 19.000 Medieneinheiten (das
Zeitschriftenarchiv ausgeschlossen) mit einem etwa 80%-igen Anteil an Sach- und
Fachbüchern, steht insgesamt etwa 1.300 Benutzern (Schülern und etwa 100
Lehrkräften) zur Verfügung und hat seit drei Jahren einen Medienetat von 5.100,-- EUR.
Die Klägerin ist dort Alleinkraft mit Leitungsfunktion und verantwortlich für den Erwerb
mit Auswahl der Lieferanten, für die Katalogisierung mit zusätzlicher EDV-Erschließung
des gesamten Bestandes, für die Beratung der Benutzer über den Medienbestand
(physische Bestände, CD-ROM-Stationen, Online-Datenbank-Anschlüsse) und für die
Öffentlichkeitsarbeit. Sie hält für Schüler und Lehrer Einführungskurse ab und erstellt
Materialien für didaktische Zwecke. Bei der Umstellung des Buchbestandes auf EDV
und dem damit verbundenen Austausch bibliographischer Daten waren spezifische
EDV-Kenntnisse erforderlich. Die Schulbibliothek stand wie alle 13 hauptamtlich
geführten Schulbibliotheken in K ursprünglich unter der Fachaufsicht durch die
schulbibliothekarische Arbeitsstelle (Fachamt 434), die aber im Oktober 1997 aufgelöst
wurde. Des ungeachtet rechnet die Beklagte die Klägerin weiterhin der
Vergütungsgruppe (VG) VI b der Anlage 1 a zum BAT (Allgemeiner Teil VkA) zu -und
zwar der Fallgruppe (FG) für
2
"Angestellte in Büchereien in Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige
Fachkenntnisse im Bibliotheksdienst und in nicht unerheblichem Umfang
selbständige Leistungen erfordern"
3
(entspr. VG VIb/FG 35 der Anlage 1 a Teil I Bund, Länder). Die Klägerin, die keine
ausgebildete Diplombibliothekarin ist, sondern eine Ausbildung zur Buchhändlerin
besitzt und bis 1985 im Verlagswesen tätig war, erhebt Anspruch auf die
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Vergütungsgruppe Vb a.a.O. - und zwar auf die Fallgruppen, die den Fallgruppen 16
und 17 der Vergütungsordnung Bund, Länder entsprechen, also für
"Angestellte mit abgeschlossener Fachausbildung für den gehobenen
Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken (Diplombibliothekare) mit
entsprechender Tätigkeit sowie Angestellte, die auf Grund gleichwertiger
Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben"
(Fallgruppe 16) bzw. für
5
"Angestellte mit abgeschlossener Fachausbildung für den
bibliothekarischen Dienst an öffentlichen Büchereien
(Diplombibliothekare) mit entsprechender Tätigkeit sowie Angestellte, die
auf Grund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen
entsprechende Tätigkeiten ausüben".
6
Die Klägerin hat gemeint, sie sei "sonstige Angestellte" im Sinne dieser Fallgruppen
und hat beantragt
7
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 01.10.1997 nach
Vergütungsgruppe Vb der Anlage 1 a zum BAT zu vergüten;
8
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Nachzahlungsbeträge mit 4%
p.a. zu verzinsen.
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10
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt mit der Begründung, die Klägerin werde
weder an einer wissenschaftlichen Bibliothek noch an einer öffentlichen Bücherei
eingesetzt. Einige Tätigkeiten eines Diplombibliothekars kämen bei der Klägerin
überhaupt nicht vor (Kulturmanagement, soziale Bibliotheksarbeit), andere nur sehr
eingeschränkt (Bibliotheksmanagement, Bestandserschließung, Bestandsaufbau,
Öffentlichkeitsarbeit).
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Das Arbeitsgericht hat die Eingruppierungsfeststellungsklage abgewiesen. Mit ihrer
Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter und meint mit Bezug auf eine
Entscheidung des BAG (Urteil vom 31.07.1963 - 4 AZR 425/62 - in AP Nr. 101 zu § 3
TOA), es komme nicht unbedingt darauf an, ob es sich bei der Schulbibliothek um eine
öffentliche Bibliothek im tariflichen Sinne handele, sondern lediglich auf ihre
gleichwertigen Fähigkeiten. Die Kernaufgaben eines Diplombibliothekars würden ihr
abverlangt; die dazu erforderlichen Fähigkeiten habe sie sich durch ihre Ausbildung,
ihre bisherigen Tätigkeiten sowie durch Selbststudium angeeignet. Die von ihr zu
verrichtenden vierzehn Arbeitsvorgänge, deren tarifrechtliche Bewertung und ihren
prozentualen Umfang hat die Klägerin tabellarisch aufgelistet (Bl. 143) und
entsprechend der gerichtlichen Auflage schriftsätzlich erläutert (Bl. 190 - 209). Darauf
wird verwiesen. Hervorzuheben sind der
Arbeitsvorgang 1
12
und Erwerb der Medien und deren Aussonderung auf allen Gebieten wie Geographie,
Heimatkunde, Kunst, Literatur, Fremdsprachen, Geschichte etc.) mit 10% (erläutert auf
Bl. 190 bis 195 d. A.), der
Arbeitsvorgang 4
komplexen Regelwerk, hier nach den "Regeln für die alphabetische Katalogisierung =
RAK) mit 4% (i.e. s. Bl. 196 f. d. A.), der
Arbeitsvorgang 7
einem komplexen Regelwerk, hier nach den "Regeln für den Schlagwortkatalog =
RSWK) mit 5% (i.e. s. Bl. 200 bis 202), der
Arbeitsvorgang 9
ggf. mit Auskunftsinterview, schüler- und lehrerbezogene Bestandsvermittlung,
individuelle Leseberatung) mit 30% (hierzu Bl. 203 bis 205), die
Arbeitsvorgänge 11
und 12
(hierzu Bl. 206 f. d. A.) und
Arbeitsvorgang 14
Schulbibliothek wie Organisation der Öffnungszeiten, Planung und Überwachung der
Haushaltsmittel, Leitung des Bibliotheksausschusses, Materialanschaffung) mit 15%
(hierzu Bl. 208 f. d .A.).
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung
13
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 01.10.1997 nach
Vergütungsgruppe Vb der Anlage 1a zum BAT zu vergüten;
14
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Nachzahlungsbeträge mit 4%
p.a. zu verzinsen.
15
16
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und meint, Vergütungsgruppe Vb
setze Tätigkeiten voraus, die den Schluss zulassen, dass der Angestellte auf allen
Arbeitsplätzen wie ein Diplombibliothekar eingesetzt werden könne. Das sei bei der
Klägerin nicht der Fall. Zudem habe die Klägerin fast ausschließlich in
Schulbibliotheken gearbeitet, so dass sie keine Erfahrungen auf Grund von Tätigkeiten
aufweisen könne, die an öffentlichen Büchereien oder wissenschaftlichen Bibliotheken
anfielen, insbesondere im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und des
Kulturmanagements. Mit dem Hinweis, eine Tätigkeitsbeschreibung existiere bei ihr für
den Arbeitsplatz der Klägerin nicht, beruft sich die Beklagte auf die von ihr gefertigte
"Stellenbewertung" vom 26.08.1997 (Bl. 288 ff.).
17
Das Gericht hat ein Gutachten des Sachverständigen S P eingeholt. Wegen dessen
Inhalts wird auf B. 299 ff. d.A. verwiesen.
18
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
19
I. Die Berufung ist begründet, soweit der Eingruppierungsfeststellungsantrag
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betroffen ist. Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung nach VG Vb BAT seit dem
01.10.1997. Sie ist "sonstige Angestellte" i. S. d. Fallgruppen 16 und 17 (B,L) bzw.
i. S. d. gleichlautenden Fallgruppen im VkA-Bereich (im folgenden: FG 16 und 17).
21
Zu Unrecht hält die Beklagte dem den Beschäftigungsort der Klägerin entgegen mit der
Begründung, eine Schulbibliothek sei weder eine wissenschaftliche Bibliothek (FG 16)
noch eine öffentliche Bücherei (FG 17). Zwar spricht dafür, dass die
Tarifvertragsparteien von den herkömmlichen bibliothekswissenschaftlichen Begriffen
ausgehen, die für die wissenschaftliche Bibliothek besagen, in ihr überwiege die
wissenschaftliche Literatur und ihre Benutzung zu wissenschaftlichen Zwecken
(Hacker, Bibliothekarisches Grundwissen, 6. Aufl., S. 21 f.; BAG, Urteil vom 21.10.1998 -
4 AZR 564/97 - in AP Nr. 10 zu §§ 22, 23 BAT-O). Ebenso richtig ist, dass öffentliche
Büchereien (früher: Volksbüchereien) ihre Aufgabe in Gemeinden, Kreisen und Städten
erfüllen (Röttcher/Böttger/Ankerstein, Basiskenntnis Bibliothek, 3. Aufl., S. 101), für sie
die uneingeschränkte öffentliche Zugänglichkeit charakteristisch ist und zu ihren
Voraussetzungen zählt, dass sie für die gesamte Öffentlichkeit einschließlich aller
Altersgruppen uneingeschränkt bestimmt sind (BAG, Urteil vom 21.10.1998 - 4 AZR
564/97 - a.a.O.).
22
Zu Recht weist die Klägerin aber auf die Rechtsprechung hin, wonach in den FG 16 und
17 vom Diplombibliothekar gar nicht gefordert wird, dass er an oder in einer
wissenschaftlichen Bibliothek oder öffentlichen Bücherei beschäftigt wird: "Der
Tätigkeitsort des Diplombibliothekars ist gleichgültig" (BAG, Urteil vom 31.07.1963 - 4
AZR 425/62 - in AP Nr. 101 zu § 3 TOA). Die Beschäftigung an einer solchen Bibliothek
wird erst in VG IVb gefordert (FG 8: "Angestellte in wissenschaftlichen Bibliotheken", FG
9: "Angestellte an Behördenbüchereien", FG 10: "Angestellte ... an öffentlichen
Büchereien"). Eine der Ausbildung entsprechende Tätigkeit kann auch an anderen
Büchereien geleistet werden. Diese vom BAG auch später noch bestätigte
Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 30.01.1964 - 4 AZR 58/63 - in AP Nr. 108 zu § 3
TOA) gibt auch die Ansicht der Literatur wieder (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT,
Teil II, Anm. 79 zu Anl. 1a-B,L; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAG, Teil II VergO
BL Anm. 100: "in erster Linie").
23
Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Entscheidung des BAG aus 1963
in diesem Punkt Kritik erfahren hat. Insbesondere Kirchner weist in seiner Anmerkung
zu AP Nr. 101 zu § 3 TOA darauf hin, die Ansicht des BAG beruhe auf einem
Denkfehler; vielmehr sei die Annahme ausgeschlossen, es käme auf den Tätigkeitsort
des Diplombibliothekars nicht an; die Fallgruppen 16 und 17 gingen unausgesprochen
von einer Tätigkeit an einer entsprechenden Einrichtung aus. Die Begründung dieser
Kritik zeigt aber, dass die Beklagte aus ihr nichts zu ihrem Vorteil herleiten kann: Sie
beruht auf der These, dass die deutsche Bibliothekswissenschaft überhaupt nur zwei
Typen von Bibliotheken in öffentlicher Hand kennt (die wissenschaftliche und die
öffentliche) . Trifft dies zu, so muss die Schulbibliothek, die sich in öffentlicher Hand
befindet, einem der beiden Bibliothekstypen zuzurechnen sein. Nach den Ausführungen
von Kirchner müsste dies die wissenschaftliche Bibliothek sein; denn zu diesen zählen
nach seinen Ausführungen alle Behördenbüchereien - mithin auch die Schulbibliothek,
da die Schule eine Behörde ist. Nach anderer Ansicht ist die Tätigkeit in
Behördenbüchereien entweder dem Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken
24
zuzurechnen, wenn Arbeiten verlangt werden, wie sie Diplombibliothekare auch in
wissenschaftlichen Bibliotheken zu verrichten haben - oder dem Dienst an öffentlichen
Büchereien (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAG, Teil II VergO BL Anm. 100; in
diesem Sinne auch Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Teil II, Anm. 82 zu Anl. 1a-
B,L).
Erfolglos beruft sich die Beklagte demgegenüber auf die Entscheidung des BAG vom
21.10.1998 (4 AZR 564/97 in AP Nr. 10 zu §§ 22, 23 BAT-0), die Ausführungen zu den
Begriffen "öffentliche Bücherei" und "wissenschaftliche Bibliothek" enthält und der
dortigen Klägerin die Höhergruppierung mit der Begründung versagt hat, ihre
Beschäftigungsstelle erfülle die Begriffsmerkmale nicht: Die dortige Klägerin strebte die
Vergütungsgruppe IVa/FG 6 an, die die Beschäftigung an einer öffentlichen Bücherei
voraussetzt und damit im entscheidenden Punkt von der hier streitigen
Vergütungsgruppe Vb/FG 16, 17 abweicht.
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Das Gericht geht - anders als der Gutachter - davon aus, dass die Schulbibliothek,
deren Bestand zu 80% aus Sach- und Fachbüchern besteht, den wissenschaftlichen
Bibliotheken zuzurechnen ist, zumal nach Kirchner Behördenbüchereien "nichts
anderes als ein Unterfall der wissenschaftlichen Bibliotheken" sind (Anm. zu AP Nr. 101
zu § 3 TOA unter Zf. 3.).
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Die Klägerin hat Fähigkeiten, die denen des Diplombibliothekars gleichwertig sind. Das
kann aus ihrer Tätigkeit geschlossen werden; ein derartiger Schluss ist zulässig (BAG,
Urteil vom 29.09.1982 - 4 AZR 1161/79 - in AP Nr. 66 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die
gleichwertigen Fähigkeiten ergeben sich aus den als unstreitig zu wertenden Angaben
tatsächlicher Natur in ihrer Tätigkeitsbeschreibung auf Bl. 143 i. V. m. den hierzu
gegebenen Einzelerläuterungen (Bl. 190 ff.). Insbesondere die Arbeitsvorgänge
27
1)
allen Gebieten wie Geographie, Heimatkunde, Kunst, Literatur, Fremdsprachen,
Geschichte etc.) mit 10% (erläutert auf Bl. 190 bis 195 d. A.),
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4)
"Regeln für die alphabetische Katalogisierung = RAK) mit 4% (i.e. s. Bl. 196 f. d. A.),
29
7)
den Schlagwortkatalog = RSWK) mit 5% (i.e. s. Bl. 200 bis 202),
30
9)
Bestandsvermittlung, individuelle Leseberatung) mit 30% (hierzu Bl. 203 bis 205),
31
11) und 12)
8% (hierzu Bl. 206 f. d.A.) und
32
14)
Planung und Überwachung der Haushaltsmittel, Leitung des Bibliotheksausschusses,
Materialanschaffung) mit 15% (hierzu Bl. 208 f. d.A.)
33
gehören zu den Kernaufgaben eines Diplombibliothekars: Erwerb unterschiedlicher
Medien von der Bestellung bis zur Inventarisierung, Bearbeitung der Rechnungen,
34
Überwachung und Einsatz der Haushaltsmittel, Kontakte zu Lieferanten und
Buchhändler, Prüfung der Dienstleistungsangebote, Umgang mit Bibliographien,
Katalogisierung des Bestandes mit einheitlichem Regelwerk, Besucherberatung mit
Hilfe von Bibliographien, Betreuung von EDV-Ausleihsystemen (Blätter zur Berufskunde
der Bundesanstalt für Arbeit, Band 2 - X B 30 und 31; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr,
BAT, Teil II, Anm. 77 zu Anl. 1a-B,L; LAG Köln, Urteil vom 26.11.1999 - 11 Sa 828/99 -
in ZTR 2000, 415). Dementsprechend kommt auch der Sachverständige zu dem
Ergebnis: Zumindest seit 1997 (Auflösung der schulbibliothekarischen Arbeitsstelle im
Oktober 1997) habe die Arbeit der Klägerin die Aneignung der gleichwertigen
Fähigkeiten erforderlich gemacht; seit dem sei der Arbeitsplatz der Klägerin derart
angereichert worden, dass Fähigkeiten und Kenntnisse hätten angeeignet werden
müssen, die zuvor nur begrenzt oder gar nicht vorhanden gewesen seien. Dabei
handele es sich um die vier Sachbereiche Formal- und Sacherschließung des
Medienbestandes, völlig eigenverantwortlicher Bestandsaufbau, völlig
eigenverantwortliche Leitung der Schulbibliothek und Einführung der EDV. Insgesamt
sieht der Sachverständige Vb-wertige Arbeitsvorgänge in einem Umfang von 58%. Auch
wenn man den Blickwinkel der Vergütungsgruppenwertigkeit verlässt und statt dessen
wieder die Kerntätigkeit des Diplombibliothekars zum Bezugspunkt nimmt, gelangt man
zu einem Anteil der diesem entsprechenden Tätigkeiten von 57%; die erhält man, wenn
man die vorstehend aufgelisteten Arbeitsvorgänge addiert, für den Arbeitsvorgang 9)
(Auskunft und Beratung) aber nur die Hälfte berücksichtigt, wie es der Sachverständige
vorschlägt.
Das Gericht konnte die von der Klägerin vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung
einschließlich der dort vorgenommenen Aufteilung in Arbeitsvorgänge und ihrer
Quantifizierung zur Entscheidungsgrundlage nehmen, weil die Beklagte keinen in der
Substantiierung gleichwertigen Sachvortrag gebracht hat: Eine offizielle
Arbeitsplatzbeschreibung soll - für den öffentlichen Dienst überraschend - nicht
existieren. Die Kommentierung der klägerischen Quantitätsangaben mit "zu viel", "zu
hoch", "zu niedrig" usw. (Bl. 284 f. d.A.) stellt kein qualifiziertes Bestreiten dar und ist
somit unbeachtlich. Der Bezug auf die vorgelegte Stellenbeschreibung vom 26.08.1997
ist unschlüssig, da die damaligen Verhältnisse hier gar nicht in Rede stehen, sondern
die seit der Auflösung der schulbibliothekarischen Arbeitsstelle im Oktober 1997, auf die
nicht nur die Klägerin, sondern auch der Gutachter entscheidend abstellt.
Dementsprechend lehnte die damalige Stellenbewertung der Beklagten den früheren
Höhergruppierungsantrag der Klägerin auch schwerpunktmäßig mit der Begründung ab,
im Bereich Bibliotheksmanagement , Bestandserschließung und Bestandsaufbau werde
überwiegend die Fachabteilung 434 als zentraler Dienstleister tätig - eine Begründung,
die heute nicht mehr trägt.
35
Die Klägerin übt ihre Tätigkeit auch "auf Grund" ihrer gleichwertigen Fähigkeiten und
Erfahrungen aus, wobei zu den Erfahrungen auch die im Bereich des Buchhandels
gesammelten zählen. Sofern die Beklagte dies mit dem Hinweis bezweifelt,
bibliographische Erfassung und Schlagwortvergabe müssten nicht nach einem
komplexen Regelwerk (RAK, RSWK) erfolgen, vielmehr seien Katalogisierung,
Systematisierung und Verschlagwortung über 20 Jahre lang nach einfachen Regeln
erfolgt, übersieht sie, dass die Vorgehensweise der Klägerin nach ihrer mehr als 10-
jährigen Leitungstätigkeit zum Vertragsinhalt geworden ist: Die Beklagte hat dem
Vorgehen der Klägerin jahrelang nicht widersprochen und durch den Verzicht auf eine
Arbeitsplatzbeschreibung den Eindruck erweckt, sie überlasse der Klägerin die Wahl
der Mittel und sei mit jeder Aufwertung des Büchereibetriebes einverstanden. Damit
36
wurde die Benutzung komplexer Regelwerke Teil der von der Klägerin auszuübenden
Tätigkeit, für die die Kenntnis dieser Regelwerke wiederum erforderlich ist.
Die von der Klägerin unter Beweis gestellten Fähigkeiten lassen den Schluss zu, dass
sie auch außerhalb einer Schulbibliothek wie eine Diplombibliothekarin eingesetzt
werden könnte. Sofern die Beklagte das für einige Tätigkeitsbereiche (insbesondere
Kulturmanagement, soziale Bibliotheksarbeit) bestreitet, übersieht sie die von der
Klägerin mitgebrachte Ausbildung als Buchhändlerin und ihre Tätigkeit im
Verlagswesen: Aktionen zur Leseförderung, Vorlesungen für Kinder, Autorenlesungen
etc. sind gerade einem Buchhändler geläufig.
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I. Begründet ist auch der Zinsantrag - allerdings nur für die ab Rechtshängigkeit (29.
05. 2000) fällig gewordenen Nachzahlungsbeträge (BAG, Urteil vom 11.06.1997 -
10 AZR 613/96 - in AP Nr. 1 zu § 291 BGB). Der weitergehende Zinsantrag ist
unbegründet.
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39
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.
40
(Schunck) (Gerß) (Baurmann)
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