Urteil des LAG Köln vom 05.03.2007
LArbG Köln: aufhebungsvertrag, beendigung, kündigung, gespräch, allgemeine geschäftsbedingungen, qualifiziertes arbeitszeugnis, arbeitsgericht, drohung, mietwohnung, geständnis
Landesarbeitsgericht Köln, 14 Sa 1257/06
Datum:
05.03.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 Sa 1257/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Siegburg, 5 Ca 959/06
Schlagworte:
Anfechtung eines Aufhebungsvertrages
Normen:
§ 123 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Ergibt sich für einen Arbeitgeber der dringende Verdacht, dass der bei
ihm angestellte Leiter des Baumanagements Baufirmen mit
Bauleistungen für seine Privatimmobilien beauftragt hat und diese zu
Lasten seines Arbeitgebers abgerechnet wurden, darf der Arbeitgeber
die außerordentliche Kündigung und die Einschaltung der
Staatsanwaltschaft in Erwägung ziehen.
2. Unterschreibt der Arbeitnehmer bei dieser Ausgangslage einen
Aufhebungsvertrag, kann er diesen nicht wegen rechtswidriger Drohung
anfechten.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgericht
Siegburg vom 29.08.2006 – 5 Ca 959/06 – wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines vom Kläger angefochtenen
Aufhebungsvertrages vom 13.02.2006.
2
Der Kläger ist am 25.02.1951 geboren. Bei der Beklagten arbeitete er seit dem
25.01.1985. Er war in den letzten Jahren seiner Tätigkeit mit dem Aufgabenbereich
"Baumanagement" bei der Beklagten betraut und erzielte eine Vergütung von etwa
8.700,00 € brutto pro Monat.
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Am 18.12.2003 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Fortführung des
Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitverhältnis im Blockmodell ab dem 01.03.2006.
Nach diesem Vertrag (Bl. 7 ff. d. A.) sollte die Altersteilzeit ab dem 01.03.2006 in der
Weise beginnen, dass die Arbeitsphase vom 01.03.2006 bis zum 31.08.2008 dauern
sollte und sich daran die Freistellungsphase vom 01.09.2008 bis zum 28.02.2011
anschließen sollte.
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Am 13.02.2006 wurde der Kläger gegen 10.00 Uhr zu einem Gespräch mit dem
Sprecher des Vorstandes der Beklagten Dr. K und dem Prokuristen der Beklagten Herrn
M gebeten. Gegenstand des Gesprächs waren dem Kläger vorgeworfene Verfehlungen.
Diese bezogen sich darauf, dass der Kläger sich von einem Handwerker, der für die
Beklagte arbeitete, eine goldene Rolex Uhr im Wert von etwa 4.300,00 € habe schenken
lassen, ferner darauf, dass der Kläger die Bezahlung von Rechnungen an
Handwerksbetriebe zu Lasten der Beklagten veranlasst habe, obwohl keine Leistungen
erbracht worden seien und darauf, dass Handwerksfirmen Leistungen für
Privatimmobilien des Klägers und seiner Ehefrau erbracht hätten, wobei der Kläger
daran mitgewirkt habe, dass die Bezahlung aus Mitteln der Beklagten erfolgt sei.
5
Zum Ende des Gesprächs wurde der in Streit befindliche Aufhebungsvertrag
geschlossen. In diesem heißt es:
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"1. Die Arbeitgeberin und Herr V sind sich darüber einig, dass das zwischen
ihnen bestehende Altersteilzeitverhältnis gemäß Altersteilzeitvertrag vom
18.12.2003 mit Abschluss dieses Aufhebungsvertrages sein Ende findet.
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2. Die Vertragspartner sind sich einig, dass das Altersteilzeitverhältnis bis zum
heutigen Tage vollständig abgerechnet und abgewickelt ist und dass Herr V aus
diesem Altersteilzeitverhältnis und seiner Beendigung keinerlei Ansprüche
gegenüber der Arbeitgeberin, gleich aus welchem Rechtsgrund, jetzt und in
Zukunft mehr zustehen.
8
Herr V evtl. noch zustehender Urlaub ist in natura gewährt.
9
3. Herr V erhält auf Wunsch ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, das den Anlass
der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht nennt.
10
4. Die Arbeitgeberin wird gegen Herrn Vossen wegen der den Anlass für diesen
Aufhebungsvertrag bildenden Vorkommnisse, insbesondere betr. die Eheleute
V , keine Strafanzeige und keinen Strafantrag stellen, solange Herr V nicht
gegen die nachfolgende unter Ziff. 6 vereinbarte Verschwiegenheitspflicht
verstößt.
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5. Herr V verpflichtet sich, alle im Eigentum der Arbeitgeberin stehenden und in
seinem Besitz befindlichen Gegenstände unverzüglich an die Arbeitgeberin zu
übergeben.
12
6. Beide Vertragspartner verpflichten sich, über den Abschluss dieses
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Aufhebungsvertrages und dessen Inhalt jedem Dritten gegenüber strengstes
Stillschweigen zu bewahren.
14
7. Herr V verzichtet auf Hinweise der Arbeitgeberin auf mögliche Konsequenzen, die
sich aus diesem Aufhebungsvertrag und aus dem Zusammenhang mit der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses für Herrn V ergeben können. Ihm ist auch
bekannt, dass verbindliche Auskünfte über die Steuer- und sozialrechtlichen
Konsequenzen dieser Vereinbarung nur das zuständige Finanz- bzw. Arbeitsamt
erteilen können.
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8. Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung unwirksam sein oder werden, so
wird dadurch die Wirksamkeit der anderen Bestimmungen dieser Vereinbarung
nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine rechtlich
zulässige, die Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung so nahe wie
möglich kommt."
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18
Mit der Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages aufgrund
seiner Anfechtungserklärung vom 24.02.2006 (Bl. 13 d. A.) geltend gemacht sowie die
Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitverhältnis und
seine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen verlangt.
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Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 29.08.2006 (Bl. 86 ff. d. A.) die Klage
abgewiesen und zur Begründung insbesondere darauf abgestellt, dass der
Aufhebungsvertrag nicht wegen rechtswidriger Drohung anfechtbar sei. Denn
angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe habe die Beklagte durchaus eine
Kündigung des Klägers in Betracht ziehen dürfen.
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Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Berufung.
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Er trägt hierzu vor, der Aufhebungsvertrag sei nichtig. Denn die Schriftform sei nicht
gewahrt worden. Der Kläger habe den Aufhebungsvertrag lediglich mit seiner Paraphe
unterschrieben. Darüber hinaus sei der Aufhebungsvertrag rechtsunwirksam nach §§
305 ff. BGB. Aufgrund des § 305 c Abs. 2 BGB gingen Zweifel bei der Auslegung
Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders.
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Im vorliegenden Fall bestünden entsprechende Unklarheiten. Denn in dem
Aufhebungsvertrag sei lediglich davon die Rede, dass das Altersteilzeitverhältnis sein
Ende finde. Von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei dort hingegen nicht die
Rede. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass mit der Aufhebung des
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Altersteilzeitverhältnisses auch die Aufhebung des gesamten Arbeitsverhältnisses
gemeint gewesen sei. Auch ein aufmerksamer und sorgfältiger Vertragspartner sei
angesichts der Formulierungen der Aufhebungsvereinbarung nicht in der Lage, den
Inhalt des Vertrages als arbeitsrechtliche Beendigungsvereinbarung zu werten. Der
Aufhebungsvertrag verstoße daher gegen das Transparenzgebot und sei
rechtsunwirksam.
Der Kläger sei durch widerrechtliche Drohung zum Abschluss des Aufhebungsvertrages
veranlasst worden. Der Kläger habe im Einzelnen dargelegt, dass die ihm gemachten
Vorwürfe frei erfunden seien. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf seinen
erstinstanzlichen Vortrag, wonach er alle ihm gemachten Vorwürfe widerlegt habe.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.08.2006 – 5
Ca 959/06 –
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1. festzustellen, dass das am 25.01.1985 zwischen den Parteien geschlossene
Arbeitsverhältnis durch die Aufhebungsvereinbarung vom 13.02.2006 nicht
beendet worden ist, sondern über den 13.02.2006 hinaus zu unveränderten
Bedingungen fortbesteht.
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2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten
Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
28
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor, der Aufhebungsvertrag sei nicht formnichtig. Der Kläger habe mit
seiner Unterschrift unterschrieben in gleicher Weise, wie er auch andere Dokumente
unterschrieben habe. Auf die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB könne sich
der Kläger nicht berufen, denn der Aufhebungsvertrag sei eindeutig. Angesichts der
weiteren Regelungen im Aufhebungsvertrag über Abwicklung, Beendigung und Zeugnis
sei es in jeder Hinsicht eindeutig gewesen, dass eine vollständige Beendigung des
Arbeitsverhältnisses beabsichtigt gewesen sei.
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Die Drohung der Beklagten mit der außerordentlichen Kündigung sei nicht rechtswidrig
gewesen. Denn der Kläger habe in dem Gespräch am 13.02.2006 ein Geständnis
abgelegt. Der Kläger habe von sich aus Handwerksfirmen benannt, die bei ihm in
seinen Privatimmobilien Leistungen erbracht hätten. Der Kläger habe diese
Ausgangssachverhalte in dem Gespräch selbst eingeräumt und keine substantiierte
Darlegung und keinen tauglichen Beweisantritt dafür erbracht, dass er ein solches
Geständnis nicht abgelegt habe.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
34
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
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Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
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I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft gemäß § 64 ArbGG und
fristgerecht eingelegt und begründet worden.
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II. In der Sache ist die Berufung nicht begründet. Mit zutreffenden Überlegungen ist das
Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Aufhebungsvertrag vom
13.02.2006 das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hat. Zur Unterstreichung und im
Hinblick auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren ist folgendes
festzuhalten:
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1. Der Aufhebungsvertrag ist formwirksam zustande gekommen. Zwar hat die
Klägerseite in der Berufungsbegründung behauptet, der Aufhebungsvertrag sei vom
Kläger nur mit einer Paraphe nicht jedoch mit vollständiger Unterschrift unterschrieben
worden. Dies hat sich jedoch in der Berufungsverhandlung als unzutreffend
herausgestellt. Die Beklagtenseite hat das Original des Aufhebungsvertrages vorgelegt.
Hieraus hat sich durch gerichtliche Inaugenscheinnahme ergeben, dass der Kläger
dieses Exemplar mit seiner vollständigen Unterschrift unterschrieben hat, die auch der
Unterschrift entspricht, die bspw. in einem Antrag an die R+ V-Versicherung enthalten ist
(Bl. 157 d. A.) und derjenigen, die auf der Vollmacht für seinen Prozessbevollmächtigten
enthalten ist (Bl. 158 d. A.). Demgemäß ist unstreitig geworden, dass der
Aufhebungsvertrag vom Kläger mit vollständiger Unterschrift unterzeichnet worden ist.
Folglich ist der Aufhebungsvertrag nicht formunwirksam.
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2. Inhalt des Aufhebungsvertrages ist die Beendigung des gesamten
Arbeitsverhältnisses und nicht nur die Aufhebung der Teilzeitvereinbarung. Auf die
Regelung des § 305 c Abs. 2 BGB kann sich die Klägerseite in diesem Zusammenhang
nicht berufen.
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Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich im vorliegenden Fall überhaupt um
Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die § 305 c Abs. 2 BGB anwendbar
wäre, oder ob ein individuell ausgehandelter Aufhebungsvertrag vorliegt. Selbst bei
Anwendung der §§ 305 ff. BGB ergibt sich – worauf das Arbeitsgericht mit Recht
hingewiesen hat – kein für den Kläger günstiges Ergebnis. Denn auf die
Unklarheitenregelung ist nur dann zurückzugreifen, wenn die objektive Auslegung zu
dem Ergebnis geführt hat, dass die Klausel nach dem Wortlaut unter Berücksichtigung
ihres nach verständiger Würdigung zu ermittelnden Sinn und Zwecks objektiv
mehrdeutig ist und die Mehrdeutigkeit nicht beseitigt werden kann. Nach Ausschöpfung
der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden müssen erhebliche Zweifel und
mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen rechtlich vertretbar bleiben (BAG, Urteil
vom 26.01.2005 – 10 AZR 215/04 – AP Nr. 260 zu § 11 BGB Gratifikation unter II 2 b der
Gründe).
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Nur dann, wenn nicht behebbare Zweifel verbleiben und mindestens zwei Auslegungen
rechtlich vertretbar sind, ist von der für den Arbeitnehmer günstigeren Auslegung der
Klausel auszugehen. Der Anwendungsbereich des § 305 c Abs. 2 BGB bezieht sich
daher nur auf objektiv mehrdeutige Klauseln (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7.
Aufl. 2007, §§ 305 – 310 BGB, Rz. 34a; BAG, Urteil v. 08.09.1999 – 9 AZR 255/97 –
NZA 1999, 769 ff. unter III 4 der Gründe).
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Im vorliegenden Einzelfall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Denn die
Regelung in dem geschlossenen Aufhebungsvertrag ist eindeutig. Eine Mehrdeutigkeit
kann nicht erkannt werden.
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Aus der Bezeichnung des aufgehobenen Arbeitsvertrages der Parteien als
Altersteilzeitvertrag in dem Aufhebungsvertrag kann keine Mehrdeutigkeit hergeleitet
werden. Es ist bereits mehr als fraglich, ob darin überhaupt eine Falschbezeichnung
gesehen werden kann. Denn bereits durch Abschluss des Altersteilzeitvertrages im
Jahre 2003 war das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Altersteilzeitverhältnis geworden.
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Etwas mehr als zwei Wochen nach dem Gespräch vom 13.02.2006 sollte die
Altersteilzeit entsprechend dem im Dezember 2003 geschlossenen Vertrag am
01.03.2006 in Vollzug gesetzt werden. Angesichts der bereits geschlossenen
Altersteilzeitvereinbarung und der kurz bevorstehenden Invollzugsetzung der
Altersteilzeit ist es daher nachvollziehbar, das Arbeitsverhältnis der Parteien als
Altersteilzeitverhältnis zu bezeichnen.
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Im Übrigen sind im vorliegenden Einzelfall alle übrigen Umstände eindeutig und
unterstreichen, dass die Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses gewollt war.
Dies folgt bereits aus den weiteren Regelungen des Aufhebungsvertrages. So ist in
Ziffer 3 des Aufhebungsvertrages vorgesehen, dass der Kläger ein Arbeitszeugnis
erhalten sollte, das den Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht nennt.
Ein Arbeitszeugnis kann nach § 109 GewO jedoch nur bei vollständiger Beendigung
des Arbeitsverhältnisses verlangt werden. Wäre nur bezweckt gewesen, wie der Kläger
meint, das Altersteilzeitverhältnis aufzuheben, hätte weder Anlass für noch Anspruch auf
ein Arbeitszeugnis bestanden.
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Erst recht wäre eine Regelung sinnlos gewesen, die dem Arbeitgeber aufgibt, im
Zeugnis den Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu nennen.
Eindeutig ist auch die Regelung in Ziffer 5 des Aufhebungsvertrages wonach sich der
Kläger verpflichtete, alle im Eigentum der Arbeitgeberin stehenden und in seinem Besitz
befindlichen Gegenstände unverzüglich an die Arbeitgeberin zu übergeben. Auch dies
machte nur Sinn unter der Voraussetzung, dass die Arbeitsvertragsparteien das
Arbeitsverhältnis insgesamt auflösen wollten.
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Verstärkt wird dies dadurch, dass der Kläger tatsächlich, wie in der mündlichen
Verhandlung vor der Berufungskammer am 05.03.2007 unstreitig geworden ist, die
Schlüssel und sein Diensthandy der Beklagten überlassen hat.
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Schließlich unterstreicht auch die Regelung in Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages, worin
die Einigkeit der Vertragsparteien dokumentiert ist, dass vollständig abgerechnet und
abgewickelt sei und dem Kläger evtl. noch zustehender Urlaub in natura gewährt
worden war, dass eine endgültige Beendigung des Gesamtarbeitsverhältnisses gemeint
war. Insbesondere eine Regelung über die Erfüllung evtl. restlicher Urlaubsansprüche in
natura hätte keinen Sinn ergeben, wenn die Parteien von einer Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses ohne Altersteilzeit ausgegangen wären, weil dann Urlaub weiter in
natura zu gewähren gewesen wäre.
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Auch das Verhalten des Klägers nach Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung
belegt, dass der Kläger davon ausging, dass mit dem Aufhebungsvertrag eine
Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses beabsichtigt war. Wäre die jetzige
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Auffassung der Klägerseite richtig, dass es nur um die Beendigung der
Altersteilzeitabrede gegangen wäre, so hätte der Kläger auch nach dem Gespräch am
13.02.2006 zur Arbeit erscheinen und seine Arbeitskraft anbieten müssen. Ab dem
01.03.2006 wäre das Arbeitsverhältnis dann bei Wegfall der Altersteilzeitabrede in
Vollzeit fortzusetzen gewesen. Tatsächlich ist der Kläger in den Folgetagen nach dem
13.2.2006 nicht zur Arbeit erschienen.
Dem entspricht es schließlich auch, dass in der Anfechtungserklärung der Klägerseite
vom 24.02.2006 der Aufhebungsvertrag angefochten wird und die Bereitschaft zu "einer
vernünftigen Vertragsfortsetzung" erklärt wird. Wäre im Aufhebungsvertrag nur die
Beendigung der Altersteilzeitabrede gemeint gewesen, hätte ein solches Angebot
keinen Sinn gemacht, denn der Vertrag wäre ja ohnehin fortzusetzen gewesen, nur
ohne Altersteilzeit und es hätte nahegelegen, auf dieser Basis die Arbeitskraft des
Klägers anzubieten.
51
Insgesamt ergibt sich weder aus den Regelungen des Aufhebungsvertrages noch aus
den sonstigen Umständen des Einzelfalls ein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien
lediglich die Beendigung der Altersteilzeitabrede gemeint haben könnten.
52
Der Aufhebungsvertrag ist daher nicht mehrdeutig, sondern eindeutig. Er beinhaltet die
Aufhebung des gesamten Arbeitsverhältnisses.
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3. Der Aufhebungsvertrag ist nicht rechtswirksam gemäß § 123 BGB angefochten. Zwar
liegt eine entsprechende Anfechtungserklärung vor.
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Es mangelt jedoch an einem ausreichendem Anfechtungsgrund gemäß § 123 BGB.
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Unstreitig hat die Beklagtenseite vor Abschluss des Aufhebungsvertrages mit
außerordentlicher Kündigung und Einschaltung der Staatsanwaltschaft gedroht. Diese
Drohung war angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe und des Verhaltens des
Klägers jedoch nicht rechtwidrig.
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Eine widerrechtliche Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB liegt nach der
Rechtsprechung nur dann vor, wenn ein Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in
Erwägung hätte ziehen können. Nicht erforderlich ist, dass die angedrohte Kündigung,
wenn sie ausgesprochen worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozess als in
jeder Hinsicht rechtsbeständig erwiesen hätte (BAG, Urteil vom 12.08.1999 – 2 AZR
832/98 – NZA 2000, 27 ff.).
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Angesichts der Umstände des vorliegenden Einzelfalls durfte die Beklagte eine
Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob alle
Vorwürfe der Beklagten zutrafen, insbesondere die Behauptungen des Handwerkers V ,
er habe dem Kläger eine wertvolle Uhr geschenkt und er habe Leistungen gegenüber
der Beklagten abgerechnet, die tatsächlich nicht erbracht worden seien.
58
Denn bereits die in dem Gespräch am 13.02.2006 unstreitig gewordenen Umstände in
Verbindung mit dem diesbezüglichen Verhalten des Klägers rechtfertigten es, eine
außerordentliche Kündigung und auch die Einschaltung der Staatsanwaltschaft in
Erwägung zu ziehen.
59
So ist – auch nach den Ausführungen des Klägervertreters in seinem erstinstanzlichen
60
Schriftsatz vom 21.08.2006 (Bl. 70 ff. d. A.) unstreitig, dass eine Reihe von
Handwerkern, die auch für die Beklagte tätig waren, für Privatimmobilien des Klägers
Leistungen in erheblichem Umfang erbracht haben.
So hat die Firma H , ein anerkanntes Elektrounternehmen, Anfang 2005 in der
Mietwohnung des Klägers in N Stromkabel verlegt.
61
Die Firma M hat Malerarbeiten in der Mietwohnung des Klägers im Jahre 2005
ausgeführt.
62
Die Firma Dr. S Heizung und Sanitär, ebenfalls eine Auftragnehmerin der Beklagten, hat
im Jahre 2005 in der Mietwohnung des Klägers R , Rohrleitungen mit einem Aufwand
von 2 Arbeitstagen verlegt.
63
Unstreitig ist schließlich, dass die Firma T , ebenfalls eine Auftragnehmerin der
Beklagten, Anfang 2004 Bauleistungen in der Mietwohnung des Klägers ausgeführt hat.
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Schließlich ist unstreitig, dass der ebenfalls von der Beklagten beauftragte Fließenleger
D Fließen in der Mietwohnung des Klägers mit einem Arbeitsaufwand von 2 Tagen
verlegt hat.
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Nach Darstellung der Beklagten hat der Kläger zur Bezahlung dieser privaten
Handwerksleistungen erklärt, es sei allen Beteiligten klar gewesen, dass die von den
Firmen an den Kläger erbrachten Leistungen bei späteren Rechnungsstellungen an die
Beklagten dergestalt berücksichtigt werden sollten, dass zum Ausgleich der kostenlos
erfolgten Handwerkerleistungen entsprechende Beträge auf die Rechnungen an die
Beklagten aufgeschlagen werden sollten.
66
Selbst wenn der Kläger dieses explizite Geständnis nicht abgelegt haben sollte, durfte
ein verständiger Arbeitgeber angesichts der Umstände des Einzelfalls eine
außerordentliche Kündigung in Erwägung ziehen. Wären die im Prozess vorgetragenen
Behauptungen des Klägers richtig, dass diese privaten Handwerkerleistungen
ordnungsgemäß abgerechnet und bezahlt worden seien, hätte nichts für den Kläger
näher gelegen, als bereits in dem Gespräch am 13.02.2006 darauf hinzuweisen, dass er
hierfür Rechnungen von den betreffenden Handwerkerfirmen erhalten und diese privat
bezahlt habe. Der Kläger hätte hierzu darauf verweisen können, dass er die
entsprechenden Rechnungen und Zahlungsbelege zu Hause habe und vorlegen könne.
Unstreitig hat der Kläger eine solche Verteidigung in dem Gespräch am 13.02.2006
nicht vorgebracht.
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Auch anlässlich der nachfolgenden Anfechtungserklärung sind solche Belege nicht
vorgelegt worden. Schließlich sind Rechnungen und Zahlungsbelege auch im Verlauf
des gesamten Rechtsstreits nicht vorgelegt worden, weder in der ersten Instanz, noch –
spätestens um den Vorwurf des verspäteten Vorbringens zu vermeiden – in der
Berufungsbegründung.
68
Der pauschale Vortrag des Klägers im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 21.08.2006 (Bl.
70 ff. d. A.) die Handwerkerleistungen seien ordnungsgemäß abgerechnet und bezahlt
worden, ist in keiner Weise substantiiert worden. Weder sind die Rechnungen im
Einzelnen vorgelegt worden, noch entsprechende Zahlungsbelege, die die Höhe und
den Zeitpunkt der Zahlung belegen könnten.
69
Von entscheidender Bedeutung ist, dass keine einzige Zahlung nach Datum und
Überweisungsweg spezifiziert worden ist und kein einziger Überweisungsträger
vorgelegt worden ist.
70
Deshalb sind die in diesem Zusammenhang erfolgten Beweisantritte, die
entsprechenden Handwerker zu vernehmen, auch ungeeignet. Denn entscheidend für
die Entlastung des Klägers ist nicht, dass die Leistungen bezahlt worden sind, sondern
dass sie aus dem Privatvermögen des Klägers beglichen worden sind. Dazu hätten die
Zahlungsbelege bezogen auf die Privatkonten des Klägers vorgelegt werden müssen.
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Aus der Tatsache, dass der Kläger in dem Gespräch vom 13.02.2006 jedenfalls nicht
angeboten hat, Belege dafür vorzulegen, dass die Handwerkerleistungen ihm
gegenüber in Rechnung gestellt worden sind und er diese aus seinem Privatvermögen
bezahlt hat, durfte die Beklagte den mehr als dringenden Verdacht ableiten, dass der
Kläger Untreue zu ihren Lasten begangen hatte.
72
Dabei ist zu berücksichtigen, dass unstreitig der Kläger in dem Gespräch am 13.2.2006
die Tatsache und die Einzelheiten der konkreten Leistungen der Handwerker, die
gleichzeitig für die Beklagte arbeiteten, für die Privatimmobilien des Klägers offenbarte.
Selbst wenn der Kläger dabei, wie er vorträgt, kein Geständnis dahingehend ablegt
haben sollte, dass die Bezahlung dieser Privatleistungen der Beklagten
untergeschoben werden sollte, durfte die Beklagte angesichts des ausbleibenden
Verteidigungsvorbringens, die Leistungen privat bezahlt zu haben, die Überzeugung
gewinnen, dass der Kläger in strafbarer Weise Untreue zu ihren Lasten begangen hatte.
73
Bei Ausbleiben eines solchen naheliegenden Verteidigungsvorbringens durfte die
Beklagte jedenfalls angesichts der dadurch begründeten höchsten Dringlichkeit des
Verdachts eine außerordentliche Kündigung in Erwägung ziehen.
74
Aus allem folgt, dass die Drohung der Beklagtenseite mit der außerordentlichen
Kündigung und der Einschaltung der Staatsanwaltschaft schon wegen der unstreitigen
Umstände am 13.02.2006 rechtlich nicht zu beanstanden war.
75
III. Zu Recht hat das Arbeitsgericht daher angenommen, dass der Aufhebungsvertrag
vom 13.02.2006 rechtswirksam ist und das gesamte Arbeitsverhältnis aufgelöst hat.
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Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung hatte, sondern auf den Anwendung der in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärten Rechtsgrundsätze beruht.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
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Gegen dieses Urteil ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich der Möglichkeit
der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG Bezug genommen.
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(Dr. Griese) (K. Hahn) (Klein)
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