Urteil des LAG Köln vom 25.04.2007
LArbG Köln: verlängerung der frist, firma, zusage, invalidität, altersgrenze, kündigung, begriff, auflösung, beurteilungsspielraum, verwaltungsgerichtsbarkeit
Landesarbeitsgericht Köln, 7 Sa 1044/06
Datum:
25.04.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Sa 1044/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 3 Ca 6876/05
Schlagworte:
Begriff der betrieblichen Altersversorgung; unverfallbare Anwartschaft;
Insolvenzschutz
Normen:
§§ 1, 2, 7 BetrAVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1.) Der Insolvenzschutz für Betriebsrentenanwartschaften gem. § 7 Abs.
2 BetrAVG a.F. i. V. m. § 2 Abs. 1 BetrAVG bezieht sich ausschließlich
auf den kraft Gesetzes unverfallbaren Anwartschaftsteil und nicht auf
etwaige zwischen den Arbeitsvertragsparteien frei vereinbarte
günstigere Anwartschaftsregelungen.
2.) Die Zusage einer betrieblichen "Rente" für den Fall eines
unverschuldeten Arbeitsplatzverlustes fällt nicht unter den Begriff der
betrieblichen Altersversorgung und genießt daher auch keinen
Insolvenzschutz durch den Pensionssicherungsverein.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 03.07.2006 in Sachen
– 3 Ca 6876/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger verlangt von dem Beklagten, seinen Anspruch auf
Altersversorgungsleistungen "unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des
Gerichts neu zu bescheiden". In der Sache streiten die Parteien über die richtige Höhe
der dem Kläger zustehenden insolvenzgeschützten Betriebsrentenansprüche.
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Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur
Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 3. Kammer des
Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand
und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 03.07.2006 Bezug
genommen. Bezug genommen wird insbesondere auch auf den Text des
Anstellungsvertrages des Klägers mit seiner früheren Arbeitgeberfirma W R GmbH vom
13.05.1970 (Bl. 8 – 10 d. A.), auf den vom Beklagten unter dem 19.05.1982 erteilten
sogenannten Anwartschaftsausweis (Bl. 19 f. d. A.), sowie auf den sogenannten
Leistungsbescheid des Beklagten vom 21.02.2002 (Bl. 31 ff. d. A.).
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Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 29.08.2006 zugestellt. Er hat
hiergegen am 13.09.2006 Berufung einlegen und diese – nach Verlängerung der Frist
bis zum 29.11.2006 – am 29.11.2006 begründen lassen.
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Der Kläger verfolgt seinen "Neubescheidungsantrag" trotz in der mündlichen
Verhandlung vom 28.03.2007 von dem Berufungsgericht geltend gemachter
Zulässigkeitsbedenken weiter. Er meint, das Verhältnis der Parteien zueinander sei
öffentlich-rechtlicher Natur. Der Bescheidungsantrag sei in der verwaltungsgerichtlichen
Praxis allgemein üblich. Er sei hier insbesondere deshalb geboten, weil der Beklagte
bereits einen Bescheid über die Zahlungen in die Welt gesetzt habe und keineswegs
gewiss sei, wie dieser alte Bescheid wieder aus der Welt zu schaffen sei,
gegebenenfalls mit welcher Maßgabe und gegebenenfalls unter welchen
Ermessensmaßstäben. Auch habe der Kläger in seiner Berufungsbegründung vom
29.11.2006 sehr deutlich gemacht, was er wirtschaftlich als Zahlung bzw. Inhalt des
Bescheides erwarte.
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Dort hatte der Kläger u. a. ausgeführt:
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"Unter Vernachlässigung des Zwischenverdienstes stand bei Vollendung des
65. Lebensjahres im Jahre 2002 mithin eine monatliche Pension von DM
2.070,00 zur Auszahlung an, dies entspricht EUR 1.058,37."
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Der Kläger vertritt in der Sache weiterhin die Auffassung, dass der Beklagte nicht
berechtigt sei, den ihm, dem Kläger, vertraglich zugesagten Betriebsrentenanspruch
zeitanteilig zu kürzen. Die Regelung des Pensionsanspruchs in § 8 des
Anstellungsvertrages sei eindeutig. Das dem Pensionsanspruch zugrunde liegende
Dienstverhältnis sei auch nicht durch eine von ihm, dem Kläger, verschuldete
Auflösung, sondern durch eine Kündigung durch den Insolvenzverwalter beendet
worden.
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Das Arbeitsgericht habe § 7 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG a. F. fehl interpretiert.
Insbesondere habe es übersehen, dass die in § 2 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG
angesprochene zeitratierliche Berechnung nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich nur
den
Mindest
unterliege auch die einschlägige Kommentarliteratur, die sich für ihre Ansicht auch zu
Unrecht auf eine entsprechende BAG-Rechtsprechung berufe.
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Fehl gehe auch der Einwand, dass die von ihm, dem Kläger, begehrte höhere
Versorgungsleistung, soweit sie auf § 8 Abs. 3 des Anstellungsvertrags beruhe, nicht
mehr dem Begriff der betrieblichen Altersversorgung unterfalle. Es fehle nicht an einem
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die Versorgungsleistung auslösenden biologischen Ereignis, da er Leistung erst ab
Eintritt des in dem Versorgungsvertrag vorgesehenen Alters begehre.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.07.2006 – 3 Ca 6876/05 -,
aufzuheben und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen,
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das bedeutet,
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den Beklagten zu verurteilen unter Aufhebung seines Leistungsbescheides vom
21.05.2002 – Mitteilung gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der
betrieblichen Altersversorgung – den Anspruch des Klägers auf
Altersversorgungsleistung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des
Gerichts neu zu bescheiden.
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Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte hält bereits die Berufung für unzulässig. Das Arbeitsgericht habe sein
Urteil tragend auch auf eine von der Meinung des Klägers abweichende Auslegung von
§ 8 des Anstellungsvertrages gestützt. Hiermit setze sich der Kläger in der
Berufungsinstanz nicht auseinander.
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Ferner hält der Beklagte die Klage für unzulässig. Sie sei in der vorliegenden Form zu
unbestimmt und ihr fehle im Hinblick darauf, dass die Mitteilung nach § 9 BetrAVG nur
rein deklaratorische Bedeutung habe, auch das Rechtsschutzbedürfnis.
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Auch in der Sache habe das Arbeitsgericht richtig entschieden. Der Kläger unterscheide
nicht zwischen seinen Ansprüchen, die ihm gegenüber seiner damaligen
Arbeitgeberfirma zugestanden haben mögen, und den gesetzlichen
Insolvenzschutzansprüchen, die er, der Beklagte, zu erfüllen habe. Diese beschränkten
sich nach der eindeutigen gesetzlichen Anordnung in § 7 Abs. 2 BetrAVG nur auf den
gesetzlich unverfallbaren Teil des dem Kläger zugesagten Pensionsanspruchs. Um
diesen zu ermitteln, sei die zutreffend vorgenommene zeitratierliche Berechnung
anzustellen.
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§ 8 Abs. 3 des Anstellungsvertrages des Klägers mit der Firma W R GmbH enthalte
überdies keine Zusage, die begrifflich unter eine betriebliche
Alters
subsumiert werden könne. Es handele sich vielmehr um eine Art Übergangsgeld, für
welches er, der Beklagte, nicht einzustehen habe.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und
wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen bzw. gesetzeskonform
verlängerten Fristen eingelegt und begründet.
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Die Zulässigkeit der Berufung scheitert nach Auffassung des Berufungsgerichts auch
nicht daran, dass sich der Kläger nicht genügend mit den Entscheidungsgründen des
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arbeitsgerichtlichen Urteils auseinandergesetzt hätte. Dem Beklagten ist zwar
zuzugeben, dass der Kläger in seiner Berufungsbegründung nur auf einen Bruchteil der
zahlreichen Gesichtspunkte eingegangen ist, die das Arbeitsgericht in seiner
umfassenden Entscheidungsbegründung angesprochen hat. Dennoch mag bei
Anlegung eines nicht zu kleinlichen Maßstabes in der Berufungsbegründung der noch
ausreichende Versuch zu sehen sein, die tragenden Grundlagen des
arbeitsgerichtlichen Urteils zu erschüttern.
II. Die Berufung des Klägers musste jedoch erfolglos bleiben. Das Arbeitsgericht hat im
Ergebnis richtig entschieden und seine Entscheidung sorgfältig und im Kern
überzeugend begründet. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz keine neuen Aspekte
vorgebracht, die eine andere abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten.
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1. Die Klage in der auch in der Berufungsinstanz aufrecht erhaltenen Fassung ist, was
das Arbeitsgericht noch offen gelassen hat, bereits unzulässig. Ihr fehlt es an der
erforderlichen Bestimmtheit. Auch besteht für eine derartige Bescheidungsklage kein
Rechtsschutzbedürfnis.
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a. Das Berufungsgericht verkennt keineswegs, dass die sogenannte
Bescheidungsklage in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den dem öffentlichen Recht
zuzuordnenden Fachgerichtsbarkeiten grundsätzlich als zulässig und für bestimmte
Fallkonstellationen üblich anerkannt ist.
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b. Der Kläger verkennt jedoch, dass es sich bei der
Arbeits
zivil
Gerichtsordnungen (ZPO, ArbGG) maßgeblich sind.
27
c. Der Kläger verkennt ferner, dass es sich bei dem sogenannten Leistungsbescheid
des Beklagten vom 21.02.2002 nicht etwa um eine Art Verwaltungsakt handelt, sondern
lediglich – wie in dem Untertitel des Leistungsbescheides auch ausdrücklich aufgeführt
– um eine rein informatorische und deklaratorische Mitteilung gemäß § 9 Abs. 1
BetrAVG.
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d. Des weiteren verkennt der Kläger, dass – auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit –
eine Bescheidungsklage insbesondere dann Sinn macht, wenn der Schuldner bei der
Erbringung der begehrten Leistung ein Ermessen auszuüben hat oder ihm zumindest –
im Hinblick auf die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe – ein sogenannter
Beurteilungsspielraum zusteht. Vorliegend begehrt jedoch der Kläger nicht mehr und
nicht weniger als die Auszahlung einer höheren Betriebsrente, als der Beklagte sie ihm
zugestehen will, wobei sich die "richtige" Höhe des zu erfüllenden Anspruchs
ausschließlich nach den vertraglichen Vereinbarungen und gesetzlichen Vorgaben
richtet, ohne dass dem Beklagten bei der Bestimmung der Höhe irgendein Ermessen
oder ein Beurteilungsspielraum zustünde.
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e. Schließlich fehlt es dem Klageantrag des Klägers auch an der hinreichenden
Bestimmtheit.
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Der Kläger hat offenbar bestimmte Vorstellungen darüber, was ihm rechtlich zusteht,
bringt diese in seinem Klageantrag aber in keiner Weise zum Ausdruck. Dabei helfen
auch die Berechnungen, die der Kläger im Rahmen seiner Berufungsbegründung
angestellt hat, nicht weiter, zumal sie in dem Klageantrag in keiner Weise anklingen.
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Abgesehen davon, stellen auch diese Berechnungen für sich betrachtet keineswegs
zweifelsfrei klar, was genau der Kläger begehrt. So bezieht sich der im Klageantrag
erwähnte sogenannte Leistungsbescheid des Beklagten ausschließlich auf die Höhe
der monatlich zu zahlenden Leistung, während der Kläger aber in seiner
Berufungsbegründung, soweit diese ein Zahlenwerk enthält, in erster Linie
Nachzahlungsberechnungen anstellt, und dies auch noch unter dem unklaren Vorbehalt
"unter Vernachlässigung des Zwischenverdienstes".
2. Die Klage ist aber nicht nur unzulässig, sondern auch in der Sache unbegründet. Der
Beklagte hat den insolvenzgeschützten Teil des dem Kläger zustehenden
Betriebsrentenanspruchs aus seinem Arbeitsverhältnis mit der Firma W R GmbH aus
der Zeit vom 01.08.1970 bis 01.06.1981 zutreffend und gesetzeskonform berechnet.
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a. Maßgebend ist dabei die Vorschrift des § 7 Abs. 2 BetrAVG a.F.. § 7 Abs. 1 BetrAVG
a. F. trifft auf das hier streitige Rechtsverhältnis schon deshalb nicht zu, weil der Kläger
im Zeitpunkt des Eintritts des Sicherungsfalles (Insolvenz) nicht Versorgungsempfänger
im Sinne von § 7 Abs. 1 BetrAVG a. F. war.
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b. Aus § 8 Abs. 1 und 2 des Anstellungsvertrages des Klägers mit der Firma W R GmbH
vom 13.05.1970 ergab sich zu Gunsten des Klägers ein Anspruch auf betriebliche
Altersrente. Der Anspruch sollte nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit entstehen und
gemäß § 8 Abs. 2 Anstellungsvertrag – abgesehen von dem Fall der Arbeitsunfähigkeit
im Sinne der RVO (Invalidität) – mit der Vollendung des 65. Lebensjahres fällig werden.
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c. § 8 Abs. 1 des Anstellungsvertrages zufolge erdiente sich der Kläger mit zehnjähriger
Betriebszugehörigkeit einen Pensionsanspruch in Höhe von 20 % seines letzten
Gehalts, der sich zwischen dem zehnten und zwanzigsten Jahr der
Betriebszugehörigkeit jedes Jahr um ein weiteres Prozent bis zur Höchstgrenze von 30
% steigerte.
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d. Als der Kläger am 01.06.1981 aufgrund der Kündigung des Insolvenzverwalters aus
den Diensten der Firma W R GmbH ausscheiden musste, verfügte er über eine
Betriebszugehörigkeit von zehn vollen Kalenderjahren und hatte somit bis dahin einen
Pensionsanspruch in Höhe von 20 % des letzten Gehaltes erdient.
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e. Schon von daher erscheint es unerfindlich, warum der Kläger ausweislich der
Berufungsbegründung nunmehr offenbar glaubt, aus dem Arbeitsverhältnis mit der
Firma W R GmbH sogar einen Betriebsrentenanspruch in Höhe von 30 % seines letztes
Gehalts verlangen zu können. Selbst unter Hinzunahme von § 8 Abs. 3 des
Anstellungsvertrages vom 13.05.1970 – hierzu näheres noch weiter unten – ließe sich
ein Betriebsrentenanspruch in dieser Höhe schlechthin nicht begründen.
Bezeichnenderweise hat der Kläger selbst z.B. in seinen früheren außergerichtlichen
Schreiben an den Beklagten vom 14.12.1984 (Bl. 12 d. A.) und 05.11.1984 (Bl. 15 d. A.)
ursprünglich auch nur einen Anspruch in Höhe von 20 % für sich reklamiert.
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f. Der in § 8 des Anstellungsvertrages begründete Betriebsrentenanspruch richtet sich
zunächst (nur) gegen den zusagenden Arbeitgeber, also die W R GmbH.
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aa. Betriebsrentenzusagen der in § 8 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages niedergelegten
Art sahen und sehen üblicherweise vor, dass der Anspruch nur dann zum Tragen
kommen sollte, wenn der Arbeitnehmer bis zum Eintritt des vorgesehenen
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Versorgungsfalles, also bis zum Eintritt der in der Versorgungszusage vorgesehenen
Altersgrenze – oder gegebenenfalls, im Falle der Zusage auch einer
Invalidenversorgung, bis zum Eintritt der Invalidität – in den Diensten des zusagenden
Arbeitgebers beschäftigt bleibt. Bis zum Erlass des Betriebsrentengesetzes im Jahre
1973 gab es keine gesetzliche Grundlage dafür, dass Arbeitnehmer, die von ihrem
Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung zugesagt erhalten hatten, einen
Anspruch darauf hatten, diese auch dann zu verwirklichen, wenn sie – nach Erfüllung
der übrigen Zusagevoraussetzungen – vorzeitig, also vor Erreichen der in der Zusage
festgelegten Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden.
bb. Ob § 8 Abs. 1 und 2 des Anstellungsvertrages des Klägers eine
vertragliche
Zusage der W R GmbH dahingehend entnommen werden kann, dass dem Kläger ein
einmal erdienter Pensionsanspruch auch bei vorzeitigem Ausscheiden aus den
Diensten der Firma erhalten bleiben und im Zeitpunkt des Eintritts der Altersgrenze fällig
werden sollte – und dies u. U. sogar in ungeschmälerter Höhe – kann vorliegend
dahingestellt bleiben, da eine solche etwaige vertragliche Anwartschaftszusage nicht
das Verhältnis des Klägers zum Beklagten betrifft.
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g. Erst mit Einführung des Betriebsrentengesetzes wurde eine
gesetzlich unverfallbare
Betriebsrentenanwartschaft geschaffen. Zugleich wurde die gesetzliche
Insolvenzsicherung für Betriebsrentenansprüche eingeführt, für die bekanntlich der
Beklagte zuständig ist. Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) regelt, wann eine
Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung im Falle des vorzeitigen
Ausscheidens des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis
gesetzlich
und in welcher Höhe dies geschieht.
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h. In diesem Zusammenhang hat das Betriebsrentengesetz in § 2 Abs. 1 BetrAVG a. F.
die zeitratierliche Anwartschaftsberechnung eingeführt. Soweit in die
Berechnungsformel das Wort "mindestens" aufgenommen ist, stellt dies lediglich klar,
dass es Arbeitnehmer und Arbeitgeber selbstverständlich unbenommen bleiben soll,
mit
Rechtswirkung für und gegeneinander
Unverfallbarkeit auch günstigere Regelungen über die Höhe der erhalten bleibenden
Betriebsrentenanwartschaft zu treffen. Dies ändert aber nichts daran, dass eine jede
Betriebsrentenanwartschaft nur in Höhe der in § 2 Abs. 1 BetrAVG a. F. enthaltenen
zeitratierlichen Berechnungsformel
kraft Gesetzes unverfallbar
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i. Die zugleich mit dem Rechtsinstitut der gesetzlich unverfallbaren Rentenanwartschaft
eingeführte gesetzliche Insolvenzsicherung der Betriebsrenten bezieht sich
dementsprechend und wie sich aus der in § 7 Abs. 2 BetrAVG a. F. enthaltenen
Verweisung auf § 2 Abs. 1 BetrAVG zweifelsfrei ergibt,
ausschließlich auf den kraft
Gesetzes unverfallbaren Anwartschaftsteil
Arbeitsvertragsparteien frei vereinbarte günstigere Anwartschaftsregelungen (z.B. BAG
NZA 2000, 1290 unter B IV 2 a; BAG 3 AZR 462/02 vom 17.6.2003).
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h. Diesen Grundsätzen hat der Beklagte in der Berechung der dem Kläger zustehenden
insolvenzgeschützten Betriebsrentenleistungen ordnungsgemäß Rechnung getragen.
Wenn in dem zutreffenden Rechenwerk des Beklagten dabei als Ausgangsbetrag der
Betrag vom 30 % des letzten Gehalts des Klägers als "möglicher Versorgungsanspruch
zum Endalter" auftaucht, so ist dies dem Umstand geschuldet, dass die zeitratierliche
Berechnung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG a. F. auf den hypothetischen Verlauf aufsetzt,
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dass das Arbeitverhältnis bis zum Eintritt des Rentenalters 65 fortbestanden hätte. Wenn
der Kläger demgegenüber meint, der Beklagte müsse ihm – ohne zeitratierliche Kürzung
– in voller Höhe den tatsächlich erdienten Betriebsrentenanspruch bezahlen, so kann
dies, wie bereits ausgeführt, in Anbetracht einer (nur) zehnjährigen
Betriebszugehörigkeit zur Firma W R GmbH in keinem Fall ein Anspruch in Höhe von
30 % des letzten Endgehaltes sein.
3. Ein für den Kläger günstigeres Ergebnis ergibt sich auch nicht aus § 8 Abs. 3 seines
Anstellungsvertrages vom 13.05.1970.
45
a. Zwar wäre nach dem Wortlaut dieser Vertragsreglung der Betriebspensionsanspruch
des Klägers gegenüber der Firma R bereits zum 01.06.1981 fällig geworden; denn die
zu diesem Zeitpunkt erfolgte Auflösung des Dienstverhältnisses durch Kündigung
seitens des Insolvenzverwalters war, soweit ersichtlich, weder vom Kläger verschuldet
noch anderweitig in der Person der Eheleute R begründet.
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b. Die Regelung des § 8 Abs. 3 des Anstellungsvertrages hat aber nur Bedeutung im
Verhältnis des Klägers zu seiner früheren Arbeitgeberfirma W R GmbH, nicht dagegen
im Verhältnis des Klägers zum Beklagten. Die Aufgabe des Beklagten als gesetzlicher
Insolvenzsicherer des Betriebsrentengesetzes erschöpft sich in der Insolvenzsicherung
der betrieblichen Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung (vgl. § 1 Abs.1 S.1
BetrAVG). Für die Sicherung anders gearteter arbeitgeberseitiger Zusagen ist der
Beklagte nicht zuständig.
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c. Die Gemeinsamkeit der für den Beklagten relevanten gesetzlichen Versorgungsfälle
besteht darin, dass sie an ein biologisches Ereignis anknüpfen, nämlich an den Eintritt
von Invalidität, Tod oder eben "Alter". Unter "Alter" ist dabei das Erreichen eines
Lebensalters gemeint, in dem der Arbeitnehmer entsprechend allgemeiner Üblichkeit
oder gegebenenfalls entsprechend der Üblichkeiten einer bestimmen Branche
altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheidet. Die Zusage in § 8 Abs. 3 des
Anstellungsvertrages knüpft dagegen nicht an den Eintritt eines biologischen
Ereignisses an, sondern an den – unverschuldeten – Verlust des Arbeitsplatzes. Er soll
der sozialen Absicherung des Klägers im Falle unverschuldeten Arbeitsplatzverlustes
dienen, nicht aber der Versorgung im Alter, bei Invalidität oder Tod des Lebenspartners.
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d. Bezeichnenderweise war der Kläger im Zeitpunkt des Arbeitsplatzverlustes, auf den
er hier im Zusammenhang mit § 8 Abs. 3 des Anstellungsvertrages mit der Firma R
abstellen will, erst 44 Jahre alt. Schon diese äußere Tatsache verdeutlicht augenfällig,
dass ein auf § 8 Abs. 3 des Anstellungsvertrages vom 13.05.1970 beruhender Anspruch
nicht als Anspruch auf eine betriebliche
Alters
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III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
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