Urteil des LAG Köln vom 21.09.2010

LArbG Köln (zpo, wesentliche veränderung, erste instanz, einkommen, höhe, kläger, beschwerde, arbeitsgericht, zuschlag, ratenzahlung)

Landesarbeitsgericht Köln, 1 Ta 274/10
Datum:
21.09.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
1.Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 Ta 274/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Aachen, 4 Ca 3165/07
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe; Einkommen; Zuschlag nach Bezug von
Arbeitslosengeld
Normen:
§ 115 Abs. 1 ZPO; § 24 SGB II
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Ein befristeter Zuschlag gemäß § 24 SGB II ist als Einkommen i. S. v. §
115 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Aachen vom 12.04.2010 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
I.
1
Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 19.11.2007 wurde dem Kläger
Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für die erste Instanz bewilligt. Nach Überprüfung
seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ordnete die Rechtspflegerin beim
Arbeitsgericht Aachen mit Änderungsbeschluss vom 12.04.2010 auf der Grundlage
eines einzusetzenden monatlichen Einkommens von 59,-- € eine monatliche
Ratenzahlung in Höhe von 30,-- € ab dem 15.05.2010 an.
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Gegen den am 19.04.2010 zugestellten Beschluss erhob der Kläger mit einem beim
Arbeitsgericht Aachen am 18.05.2010 eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde
und machte sinngemäß geltend, dass er die Ratenzahlung nicht aufbringen könne. Auf
die Schreiben des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.05. und 22.06.2010 zur näheren
Erläuterung seiner Vermögensverhältnisse antwortete der Kläger nicht. Die
Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Aachen half daraufhin mit Beschluss vom
29.07.2010 der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem
Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.
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Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger einen Bescheid der ARGE
Aachen vom 29.07.2010 vorgelegt, wonach er seit dem 01.08.2010 Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 359,-- €, Kosten für Unterkunft und
Heizung in Höhe von 262,08 € sowie einen befristeten Zuschlag gemäß § 24 SGB II in
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Höhe von 77,-- €, insgesamt 698,08 € erhält.
II.
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Die sofortige Beschwerde gegen den Änderungsbeschluss vom 12.04.2010 ist gemäß §
11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 11 Abs. 3 ArbGG, 569 ZPO statthaft
sowie form – und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat das Rechtsmittel indes keinen
Erfolg.
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Die sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet, denn das Arbeitsgericht hat
aufgrund einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des
Klägers zutreffend gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 3 ArbGG eine
Zahlungsbestimmung in Höhe von 30,-- € monatlich getroffen. Die dem
Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen zugrunde liegende
Vermögensaufstellung des Klägers ergibt ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von
59,-- € monatlich. Gemäß § 115 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 3 ArbGG hat eine Partei
bei einem verbleibenden monatlichen Einkommen zwischen 51,-- € und 100,-- € eine
Monatsrate von 30,-- € zu leisten. Eine derartige Verbesserung der
Vermögensverhältnisse rechtfertigt die Anordnung einer Ratenzahlung gemäß § 120
Abs. 4 Satz 1 ZPO, da es sich um eine wesentliche Veränderung handelt (LAG
Rheinland-Pfalz v. 12.11.2007 – 10 Ta 235/07 – bei juris; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl.
2010, § 120 Rn. 23).
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Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Vermögensverhältnisse, die der Kläger durch
den Bescheid der ARGE vom 29.07.2010 nachgewiesen hat, und die gemäß § 571 Abs.
2 Satz 1 ZPO in der Beschwerdeinstanz berücksichtigt werden können (BAG v.
18.11.2003 – 5 AZB 46/03 NZA 2004, 1062), ergibt sich keine andere Entscheidung.
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Ausgehend von einem monatlichen Einkommen von 698,08 € verbleibt unter Abzug der
Freibeträge gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a und Nr. 3 ZPO dem Kläger ein Betrag
von 77,-- € monatlich. Diese Zahlung erfolgt gemäß § 24 SGB II als befristeter Zuschlag
nach Bezug von Arbeitslosengeld. In der Rechtsprechung und Literatur wird ganz
überwiegend die Auffassung vertreten, der sich das erkennende Gericht anschließt,
dass ein solcher Zuschlag als Einkommen im Sinne des § 115 Abs. 1 ZPO zu
berücksichtigen ist (OLG München v. 28.11.2005 – 16 UF 1262/05 – NJW-RR 2006,
439; OLG Zweibrücken v. 24.05.2005 – 6 WF 84/05 OLGR Zweibrücken 2005, 947;
Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 115 Rn. 12; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs,
Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Aufl. 2010 Rn. 218). Gemäß § 115 Abs. 2 ZPO i.
V. m. § 11 Abs. 3 ArbGG hat eine Partei bei einem verbleibenden monatlichen
Einkommen zwischen 51,-- € und 100,-- € eine Monatsrate von 30,-- € zu leisten.
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III.
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Gegen diesen Beschluss ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein
Anlass besteht, ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Satz 2 ArbGG i. V. m. §§
72 Abs. 2 ArbGG, 11 a Abs. 3 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2, 127 Abs. 2 ZPO).
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Dr. vom Stein
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