Urteil des LAG Köln vom 21.09.1999

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Landesarbeitsgericht Köln, 13 Sa 598/99
Datum:
21.09.1999
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 Sa 598/99
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 15 Ca 7396/98
Schlagworte:
Lehrer; Sommerferien; Gehalt; Befristung; Angestelltenverhältnis;
Beamtenverhältnis; Gleichbehandlung
Normen:
§ 611 BGB; § 1 Abs. 5 BeschFG; Art. 3 GG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Ein Lehrer, dessen Anstellungsverhältnis am letzten Schultag vor den
Sommerferien aufgrund wirksamer Befristung endet, der aber zu Beginn
des neuen Schuljahres in ein Beamtenverhältnis übernommen wird,
nachdem er ein entsprechendes Bewerbungs- und Auswahlverfahren
erfolgreich durchlaufen hatte, hat keinen arbeitsrechtlich begründbaren
Gehaltsanspruch für die Sommerferien.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des
Arbeitsgerichts Köln vom 13.01.1999 - 15 Ca
7396/98 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche des Klägers für die Schulsommerferien
1998.
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Der am 12.03.1964 geborene Kläger war in der Zeit vom 07.11.1996 bis zum
24.06.1998, dem letzten Tag vor den Schulsommerferien 1998, aufgrund zweier
befristeter Arbeitsverträge im Schuldienst des beklagten Landes als Angestellter
Beschäftigt. Der Kläger vertrat eine im Erziehungsurlaub befindliche Lehrkraft. Er wurde
an der Gesamtschule K eingesetzt und war in Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert.
Sein monatliches Einkommen betrug im Mai 1998 5.510,73 DM brutto.
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Nachdem der Kläger im Frühjahr 1998 ein entsprechendes Auswahlverfahren
erfolgreich durchlaufen hatte, erhielt er Ende Mai 1998 die Mitteilung, dass er mit
Wirkung ab 10.08.1998, dem 1. Schultag nach den Sommerferien, unter Berufung in ein
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Beamtenverhältnis auf Probe in den Schuldienst des beklagten Landes eingestellt
werden solle. Seit dem 10.08.1999 ist der Kläger dementsprechend als beamteter
Lehrer an der Gesamtschule L tätig.
Mit der vorliegenden, am 08.09.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt
der Kläger Vergütung für die Dauer der Sommerferien 1998, also für die Zeit vom 25.06.
bis 09.08.1998, berechnet auf der Grundlage der letzten für ihn maßgeblichen
Angestelltenvergütung. Der Kläger hat behauptet, er habe große Teile der
Sommerferien damit verbracht, sich auf die Unterrichtssituation ab dem 10. August 1998
einzustellen. Auch habe er organisatorische Vorbereitungen für eine Klassenfahrt
getroffen, die für ihn als verantwortlichen Klassenlehrer einer Klasse der Jahrgangsstufe
8 in der Zeit vom 21.09. bis 25.09.1998 bevorstand. Der Umstand, dass er in den
Sommerferien 1998 nicht bezahlt worden sei, stelle eine Ungleichbehandlung
gegenüber allen in einem Dauerbeschäftigungsverhältnis stehenden Lehrkräften dar.
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Der Kläger hat beantragt,
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das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 8.212,74 DM
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brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit aus dem
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Nettobetrag zu zahlen.
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Das beklagte Land hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das beklagte Land hat darauf verwiesen, dass in dem Zeitraum, für welchen der Kläger
eine Vergütung verlange, kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Auch der
Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt worden, da die Position des Klägers
nicht mit derjenigen der in einem Dauerbeschäftigungsverhältnis stehenden Lehrkräfte
vergleichbar gewesen sei.
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Mit Urteil vom 13.01.1999 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Auf Tatbestand
und Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Das Urteil wurde dem Kläger am 11.
Mai 1999 zugestellt. Er hat hiergegen am 20. Mai 1999 Berufung einlegen und diese
zugleich begründen lassen.
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Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass sein Vergütungsanspruch aus dem
Gleichbehandlungsgrundsatz begründet sei. Er beruft sich hierfür auf eine Entscheidung
des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29. Mai 1991 (25 a CA 31/91) und meint, auch die
Grundsätze der Entscheidung des BAG Nr. 9 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit vom
20.08.1998 sprächen für seine Ansicht.
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Der Kläger beantragt nunmehr,
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unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln
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vom 13.01.1999 (15 Ca 7396/98) das beklagte Land
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zu verurteilen, an den Kläger 8212,74 DM brutto nebst
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4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit aus dem Nettobetrag
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zu zahlen.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen
Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst ihren Anlagen und die Sitzungsprotokolle
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I. Die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 13.01.1999 ist
gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft. Die Berufung wurde auch fristgerecht im Sinne von
§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet. Die Berufung ist mithin zulässig.
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II. Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit
zutreffender Begründung zu Recht abgewiesen. Die in der Berufungsinstanz hiergegen
vorgebrachten Angriffe sind nicht stichhaltig.
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1. Für einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer arbeitsrechtlichen Vergütung für
die Zeit vom 25.06. bis 09.08.1998 fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Zwischen den
Parteien bestand in dem fraglichen Zeitraum keinerlei arbeitsrechtliche Bindung. Das
Angestelltenverhältnis der Parteien hat mit Ablauf der letzten Vertragsbefristung am
24.06.1998 sein Ende gefunden. Es kann dahingestellt bleiben, ob der zum 24.06.1998
auslaufende letzte befristete Anstellungsvertrag des Klägers von vorneherein
rechtswirksam befristet war. Hätte der Kläger die Unwirksamkeit der Vertragsbefristung
geltend machen wollen, hätte er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten
Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf eine entsprechende
Feststellung erheben müssen. Dies folgt aus § 1 Abs. 5 S. 1 BeschFG. Diese Vorschrift
ist auf alle Arten befristeter Arbeitsverträge anwendbar, nicht nur auf Befristungen nach
§ 1 Abs. 1 u. Abs. 2 BeschFG (BAG vom 20.01.1999, 7 AZR 715/97; LAG Köln vom
27.04.1999, 13 Sa 897/98; Erfurter Kommentar/Müller-Glöge, § 1 BeschFG Rz 69; Preis
NJW 1996, 3374). Der Kläger hat die Befristung seines Anstellungsvertrages zum
24.06.1998 nicht mit einer entsprechenden Feststellungsklage angegriffen. Gemäß § 1
Abs. 5 S. 2 BeschFG i. V. m. § 7 KSchG gilt die Befristung zum 24.06.1998 somit als
rechtswirksam.
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2. Bestanden in dem hier streitigen Anspruchszeitraum keinerlei (arbeits-) rechtliche
Bindungen zwischen den Parteien, so fehlt es nicht nur an einer unmittelbaren
arbeitsvertraglichen Anspruchsgrundlage für die streitigen Vergütungsansprüche,
sondern es fehlt auch jeglicher Ansatzpunkt für die Anwendbarkeit des
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Der arbeitsrechtliche
Gleichbehandlungsgrundsatz befasst sich mit der Problematik, wann und unter welchen
Voraussetzungen verschiedene Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen hinsichtlich
bestimmter Rechtspositionen gleichgestellt werden müssen und wann nicht. Er kann
jedoch jemandem, der keinerlei arbeitsrechtlichen Bindungen unterliegt, nicht zu
arbeitsrechtlichen Ansprüchen verhelfen. Auch insoweit unterscheidet sich der
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vorliegende Fall von der Konstellation, die der vom Kläger herangezogenen
Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29.05.1991 zugrunde lag. Das
Arbeitsgericht Hamburg ist in dieser Entscheidung nämlich nicht nur von einer
Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgegangen,
sondern zugleich auch von einer Unwirksamkeit einer arbeitsvertraglichen
Befristungsabrede. Auch die Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg, die im übrigen
lange vor Inkrafttreten des § 1 Abs. 5 S. 1 BeschFG ergangen ist, hat aus dem
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz somit keineswegs arbeitsrechtliche
Vergütungsansprüche für Zeiträume hergeleitet, in denen zwischen den fraglichen
Parteien keinerlei Arbeitsverhältnis bestand.
3. Erst recht ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.08.1998 (AP Nr. 9
zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit) für die vorliegende Fallproblematik nicht einschlägig.
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich lediglich mit der Frage der Berechnung der
Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG zu befassen, nicht aber mit Vergütungsansprüchen, erst
recht nicht mit solchen für Zeiträume, in denen kein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Aber selbst bei der Berechnung der Wartefrist ist das Bundesarbeitsgericht nicht etwa zu
dem Ergebnis gelangt, dass die zwei befristete Anstellungsverträge unterbrechenden
Sommerferien selbst in die Wartezeit mit einzurechnen seien, sondern hat lediglich
angenommen ,dass die
vor
Anstellungsvertrages mit den nach Ende der Sommerferien beginnenden Zeiten eines
neuen Anstellungsvertrages zusammenzurechnen sind, weil trotz der Unterbrechung
durch die schulischen Sommerferien ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen
den beiden befristeten Arbeitsverhältnissen bestehe.
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4. Ungeachtet der vorstehenden Überlegungen ist dem Arbeitsgericht weiter auch darin
beizupflichten, dass ein auf einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
fußender Anspruch auch an den unterschiedlichen Charakteristika eines
Arbeitsverhältnisses einerseits, eines Beamtenverhältnisses andererseits scheitern
muss. Vorliegend geht es nämlich gerade nicht darum, dass zwei gleichartige,
aufeinander folgende befristete Anstellungsverträge, die lediglich durch die Schulferien
unterbrochen sind, aneinander gereiht worden wären.
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5. Schließlich kann auch der Hinweis des Klägers, dass er einen Teil seiner
Sommerferien mit Vorbereitungen auf seine spätere Beamtentätigkeit verbracht hat,
keinen arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruch für die Dauer der Sommerferien
begründen. Der Kläger befand sich in den Sommerferien 1998 insoweit in keiner
anderen Lage wie jeder andere Berufsanfänger, der sich auf den Antritt einer neuen
Stelle und die dort auf ihn zukommenden Anforderungen vorbereitet. Die gleichen
Vorbereitungsarbeiten auf seine neue Tätigkeit hätte anstelle des Klägers auch jeder
andere erfolgreiche Einstellungsbewerber leisten müssen, der zuvor nicht bereits in
einem Anstellungsverhältnis zum beklagten Land gestanden hätte. Abgesehen davon
ist auch nicht nachvollziehbar, wieso die Vorbereitungsarbeiten des Klägers für seine
Beamtenstelle nachträgliche Vergütungsansprüche aus dem vorangegangenen
Arbeitsverhältnis begründen sollten, mit dem diese Vorbereitungsarbeiten auch
inhaltlich nichts mehr zu tun hatten.
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III. Die Kosten der erfolglosen Berufung fallen gemäß § 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger zur
Last. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht
gegeben.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf den Rechtsbehelf der
Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
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(Dr. Czinczoll) (Wiedemann) (Wendtlandt)
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