Urteil des LAG Köln vom 19.07.2002

LArbG Köln: treu und glauben, unwirksamkeit der kündigung, widerruf, fristlose kündigung, arbeitsgericht, beurlaubung, vergütung, verfall, arbeitsunfähigkeit, klagerücknahme

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Sa 21/01 - Schlussurteil -
Datum:
19.07.2002
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Schlussurteil
Aktenzeichen:
4 Sa 21/01 - Schlussurteil -
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 5 Ca 720/00
Schlagworte:
Verfallklausel, Kündigungsschutzklage
Normen:
§ 70 BAT
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Auch im Anwendungsbereich des BAT ist die Kündigungsschutzklage in
der Regel ein ausreichendes Mittel, die Ansprüche, die während des
Kündigungsrechtsstreits fällig werden und von dessen Ausgang
abhängen, schriftlich geltend zu machen.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn
vom 02.08.2000 - 5 Ca 720/00 - über die mit Teilurteil vom 18.01.2002
vorgenommene Abänderung hinaus weiter abgeändert:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
26.730,64 EUR brutto als Gehalt bzw. Gehaltsdifferenz für die Zeit vom
07.10.1996 bis zum 30.09.1997 nebst 4 % Zinsen seit dem 04.02.2000
zu zahlen.
2. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 15.265,74 EUR als
Gehaltsdifferenz für die Zeit vom 01.10.1997 bis zum 30.06.1998 nebst 4
% Zinsen seit dem 04.02.2000 zu zahlen.
Der Klageantrag, die Beklagte zu 2) auch insoweit als Gesamtschuldner
zu verurteilen, wird abgewiesen. Insoweit wird die Berufung
zurückgewiesen.
3. Hinsichtlich der Gehaltsforderung von 1.093,40 EUR für die Zeit vom
01.10. bis zum 06.10.1996 wird die Berufung als unzulässig verworfen.
4. Von den Gerichtskosten haben der Kläger und der Beklagte zu 1) je
die Hälfte zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten haben der
Kläger und der Beklagte zu 1) ihre Kosten jeweils selbst zu tragen. Von
den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) haben diese 1/6, der
Kläger 5/6 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten, nachdem über Altersversorgungsansprüche durch Teilurteil der
erkennenden Kammer vom 18.01.2002 (Blatt 312 ff. d. a.) entschieden worden ist und
weitere Streitgegenstände durch teilweise Klagerücknahme (Blatt 245, ...d. A.) erledigt
worden sind, noch um Gehaltsansprüche für die Zeit nach Ausspruch der fristlosen
Kündigung, nämlich für die Zeit vom 01.10.1996 bis zum 25.10.1996 in als solcher
unstreitiger Höhe von 8.910,96 DM sowie um Gehaltsdifferenzen zwischen den dem
Kläger aus seinem Anstellungsverhältnis zustehenden Bezügen nach B 4 und den ihm
gezahlten Beamtenbezügen nach A 15 für die Zeit vom 26.10.1996 bis zum Eintritt in
den Ruhestand am 30.06.1998 in als solcher ebenfalls unstreitiger Höhe von 84.276,31
DM.
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Wegen der unstreitigen und streitigen Tatsachen wird zunächst auf den Tatbestand des
Teilurteils vom 18.01.2002 (Blatt 313 - 317 R d. A.) Bezug genommen.
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Zusätzlich ist zum Tatbestand folgendes festzustellen:
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Der Anstellungsvertrag (Blatt 25 ff. d. A.) der Parteien enthält in § 3 Abs. 3 folgende
Klausel:
5
Herr Dr. W erhält im Falle einer durch Krankheit oder Unfall verursachten
Arbeitsunfähigkeit oder während eines von einem Amtsarzt befürworteten
Kur- oder Heilverfahrens die Vergütung entsprechend den für
Bundesbeamte geltenden Bestimmungen, jedoch nicht über die
Beendigung des Anstellungsverhältnisses hinaus, als Krankenbezüge
weitergezahlt.
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Der Kläger hat vorgetragen, er sei allein durch die unrechtmäßig ausgesprochene
Kündigung und die damit verbundene Hetzkampagne der Beklagten schwer erkrankt. Er
habe unter schweren Depressionen und Angstzuständen gelitten. Die körperlichen
Folgen seien z. B. akute Herz-Kreislaufbeschwerden und Herzrhythmusstörungen
gewesen, die schließlich zur Einsetzung eines Herzschrittmachers genötigt hätten. Des
Weiteren habe er als Folge des durch die Kündigung bedingten psychischen Stresses
eine schwere chronische Entzündung der Speiseröhre erlitten. Diese krankhaften
Zustände hielten immer noch an. Er sei auf Grund dieser Erkrankungen seit 1996
dauernd in ärztlicher Behandlung gewesen und seit 1996 allein auf Grund der fristlosen
Kündigung dienstunfähig erkrankt gewesen.
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Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei seit Jahren dienstunfähig und damit nicht
in der Lage, seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen. Demzufolge könne die Klage nicht auf §
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615 BGB gestützt werden. Den Kausalzusammenhang der Kündigung hat die Beklagte
bestritten.
Weiterhin hat die Beklagte sich auf Verfall gemäß § 70 BAT berufen sowie - primär
bezogen auf deliktische Ansprüche - die Verjährungseinrede erhoben.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Für die Zeit vom 01.10. bis 06.10., so hat
das Arbeitsgericht entschieden, sei Verfall gemäß § 70 BAT eingetreten. Im Übrigen
wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
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In seiner Berufungsbegründung, wegen deren genauen Inhalts auf Blatt 142 - 149 d. A.
Bezug genommen wird, setzt der Kläger sich im Wesentlichen mit der Auffassung des
Arbeitsgerichts auseinander, der Beklagten könne eine schuldhafte Vertragsverletzung,
die adäquat kausal für die von dem Kläger behaupteten Schäden geworden sei, nicht
vorgeworfen werden.
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Der Kläger beantragt nunmehr noch,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 2. 8. 2000 - 5 Ca 720/00 - über das
Teilurteil vom 18. 1. 2002 hinaus dahingehend abzuändern, dass die
Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt werden, an den Kläger 84.276, 31
DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Im übrigen hat der Kläger seine Klage zurückgenommen, soweit über sie nicht durch
das Teilurteil vom 18. 1. 2002 entschieden war.
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Die Beklagten haben der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt und beantragen im
übrigen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie weisen darauf hin, dass das Arbeitsgericht für die Zeit vom 01. bis zum 06.10.1996
die Ansprüche schon wegen Verfalls abgewiesen habe und der Kläger sich dagegen im
Rahmen seiner Berufung nicht gewandt habe. Sie vertreten weiter die Auffassung, dass
sie weder die Kündigung schuldhaft ausgesprochen hätten noch den Widerruf der
Sonderurlaubsgenehmigung schuldhaft veranlasst hätten.
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Sie meinen, der Kläger könne vor dem Hintergrund seiner seit 1996 bestehenden
Erkrankung allenfalls einen Anspruch auf Gewährung von Krankenbezügen gemäß § 2
Abs. 1 des Anstellungsvertrages in Verbindung mit § 37 BAT geltend machen. Dieser
Anspruch bestehe aber deswegen nicht, weil die vom Kläger behauptete und von den
Beklagten bestrittene Arbeitsunfähigkeit nicht allein ursächlich dafür gewesen sei, dass
der Kläger seinen vertraglichen Verpflichtungen bei der Beklagten nicht habe
nachgehen können. Denn die hierfür erforderliche Sonderurlaubsgenehmigung sei vom
Dienstherrn des Klägers mit Bescheid vom 07.10.1996 widerrufen worden.
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Dieser Widerruf sei von den Verwaltungsgerichten bestätigt worden und habe zur Folge,
dass der Kläger rechtlich nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Beklagte zu 2) und
später die Beklagte zu 1) in Annahmeverzug zu setzen.
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Wenn der Kläger aber dauernd dienst- bzw. arbeitsunfähig gewesen wäre, könne der
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Kläger allenfalls für die Dauer von sechs Wochen die Gewährung von Krankenbezügen
geltend machen und einen Anspruch auf Gewährung eines Krankengeldzuschusses bis
zum Ende der 26. Woche seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit.
Der Kläger könne auch keine Ansprüche daraus herleiten, dass der damalige
Generaldirektor der Beklagten zu 2) dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden mitgeteilt
habe, dass dieser darauf hinwirken möge, dass dem Kläger die erteilte
Sonderurlaubsgenehmigung rückgängig gemacht werde. Denn hierzu habe es keiner
Intervention des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten bedurft, weil die
Bundesrepublik Deutschland als Dienstherr des Klägers schon auf Grund ihrer
Fürsorgepflicht aus dem Beamtenverhältnis gehalten gewesen sei, von der nach § 15
Abs. 1 SUrlV gegebenen Möglichkeit des Widerrufs der Urlaubsbewilligung Gebrauch
zu machen, weil nur so habe erreicht werden können, dass der Kläger wieder einen
Anspruch auf Gewährung seiner Dienstbezüge gehabt habe.
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Im Übrigen seien die Ansprüche verfallen. Dazu trägt die Beklagte mit
Rechtsausführungen vor, dass die Rechtsprechung des BAG, wonach die Erhebung der
Kündigungsschutzklage für sich allein genommen ausreichen solle, Ansprüche, die
während eines Kündigungsrechtsstreits fällig würden und von dessen Ausgang
abhingen, im Sinne einstufiger Verfallfristen geltend zu machen, nur für den Bereich der
privaten Wirtschaft, nicht aber gegenüber Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes gelte
und beruft sich dazu auf die Entscheidung des BAG vom 09.08.1990 - 2 AZR 579/89 -.
Gegenüber Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes gelte die Kündigungsschutzklage
nur dann als schriftliche Geltendmachung, wenn der Arbeitgeber diese nach den
Gesamtumständen dahin verstehen müsse, dass damit auch Gehaltsansprüche geltend
gemacht werden sollten. Solche Ansprüche müssten im Einzelfall konkret festgestellt
werden. Der Kläger habe keine besonderen Umstände geltend gemacht, die es
ausnahmsweise rechtfertigen würden, in Erhebung der Kündigungsschutzklage
zugleich eine Geltendmachung von Annahmeverzugs-lohnansprüchen zu sehen.
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Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
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Entscheidungsgründe
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I.
Berufung nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 519 Abs. 3 ZPO begründet. Der
Berufungskläger muss die Begründungsfrist dazu verwenden, eine auf den zur
Entscheidung stehenden Fall zugeschnittene Begründung zu liefern, die erkennen lässt,
in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art und warum das angefochtene
Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und welche Gründe er dem
entgegensetzt (BGH NJW 1992, 3244). Bei einem aus teilurteilsfähigen Posten
bestehenden Anspruch muss sich die Begründung mit allen für fehlerhaft gehaltenen
Punkten befassen (BGH NJW 1990, 1184).
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Das Arbeitsgericht hat für den genannten Zeitraum die Klageabweisung (ausschließlich)
mit Verfall begründet. Damit hat sich der Kläger in der Berufungsbegründung nicht
befasst. Insoweit ist die Berufung unzulässig.
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Für die Zeit vom 01.10.1996 bis zum 25.10.1996 hat der Kläger seinen Anspruch
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ausgehend von einem unstreitigen Gehalt von 11.940,60 DM auf 8.910,96 DM
berechnet. Auf die Zeit vom 01.10. bis zum 06.10.1996 entfallen davon anteilig 2.138,51
DM. In dieser Höhe war die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
II.
entscheiden ist, gegenüber der Beklagten zu 1) in vollem Umfang, gegenüber der
Beklagten zu 2) bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 30.09.1997 begründet.
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1. Sofern der Kläger in dieser Zeit nicht dienstunfähig war, besteht der Anspruch aus
§ 615 BGB. Dabei kommt es, da die Beklagte zu 2) das Arbeitsverhältnis zuvor
fristlos gekündigt hatte, nicht auf ein Arbeitsangebot des Klägers an (BAG
09.08.1984 AP BGB § 615 Nr. 34; 19.01.1999 AP BGB § 615 Nr. 79).
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1. Sofern der Kläger während dieser Zeit dienstunfähig war, besteht der Anspruch
aus § 3 Nr. 3 des Arbeitsvertrages. Dieser ist gegenüber der in § 2 des
Arbeitsvertrages enthaltenen allgemeinen Verweisung auf den BAT spezieller. In
§ 2 Abs. des Arbeitsvertrages ist geregelt, dass der BAT nur insoweit gilt, als "im
Folgenden nichts anderes vereinbart ist".
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§ 3 Nr. 3, der auf die für Bundesbeamte geltenden Bestimmungen verweist, begrenzt
den Anspruch auf eine Fortzahlung der Vergütung "als Krankenbezüge" nur auf den
Zeitpunkt der Beendigung des Einstellungsverhältnisses.
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Dieses war, da die von der Beklagten zu 2) ausgesprochene Kündigung rechtskräftig als
nicht wirksam festgestellt ist, in dem hier streitigen Zeitraum nicht beendet.
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1. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, ihr sei eine Beschäftigung wegen des
Widerrufs der Sonderurlaubsbewilligung nicht möglich gewesen. Aus diesem
Grunde sei auch die Erkrankung für den Fortfall des primären Entgeltanspruches
nicht kausal. Dem Berufen auf den Widerruf der Beurlaubung steht der Grundsatz
von Treu und Glauben (§ 242 BGB mit dem Rechtsgedanken des § 162 BGB)
entgegen.
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Denn die Beklagte hat durch eigenes, unrechtmäßiges und vertragswidriges Verhalten
dafür gesorgt, dass die Beurlaubung widerrufen wurde.
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Die Beklagte hat den Widerruf der Sonderurlaubsbewilligung durch ihre Schreiben an
den Staatssekretär und den Aufsichtsratsvorsitzenden vom 01.10.1996 veranlasst. Sie
hatte wenige Tage zuvor die Kündigung ausgesprochen und den Kläger suspendiert.
Unabhängig von der Kündigung der Beklagten zu 2) bestanden keine eigenen, aus dem
Beamtenverhältnis oder den Interessen des Ministeriums abgeleiteten Belange, die
Sonderbeurlaubung zu widerrufen.
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Der Beklagten war es ersichtlich daran gelegen, die mit der - wie rechtskräftig feststeht -
unberechtigten Kündigung verfolgten Ziele durch eine schnelle Herbeiführung des
Widerrufs des Sonderurlaubs zu "zementieren". Die drängende Diktion in den
Schreiben der Beklagten zu 2), die ausdrückliche Verbindung mit der Kündigung sowie
der unmittelbare zeitliche Zusammenhang mit dem Widerruf macht zur Überzeugung der
Kammer deutlich, dass der Verlangen der Beklagten die eigentliche Ursache des
Widerrufs war.
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Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, das Ministerium hätte aus
Fürsorgegründen ohnehin den Sonderurlaub widerrufen müssen. Diese Argumentation
berücksichtigt nicht, dass der Kläger seine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2)
begehrte und sogleich gegen den Widerruf der Beurlaubung mit Rechtsmitteln
vorgegangen ist. Der Widerruf widersprach damit offensichtlich seinen Interessen.
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Dementsprechend hat die Beklagte zu 2) auch keine Anstalten gemacht, ihr vorheriges
Verhalten, das Drängen auf den Widerruf, rückgängig zu machen. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Widerruf unabhängig
von der Wirksamkeit der Kündigung nur deshalb als berechtigt angesehen wurde, weil
die Beklagte zu 2) ihrerseits den Kläger faktisch nicht beschäftigen wollte.
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Diese Weigerung war indes ebenso unberechtigt wie die Kündigung. War es aber schon
ursprünglich rechtswidrig, den Kläger nicht zu beschäftigen, war dementsprechend das
Bewirken des Widerrufs durch die Beklagte zu 2) als Verstoß gegen die vertragliche
Treuepflicht zu werten, so steht dem Berufen der Beklagten auf den unberechtigt
herbeigeführten Widerruf der Beurlaubung des Klägers der Grundsatz von Treu und
Glauben entgegen.
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1. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verfallen. Der Kläger hat seinerzeit gegen
die fristlose Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist jedenfalls für den
Bereich der privaten Wirtschaft die Erhebung der Kündigungsschutzklage je nach Lage
des Falles ein ausreichendes Mittel, die Ansprüche, die während des
Kündigungsrechtsstreits fällig werden und von dessen Ausgang abhängen, geltend zu
machen, sofern die einschlägige Verfallklausel nur eine schriftliche Geltendmachung
verlangt (BAG 09.08.1990 - 2 AZR 579/89 - AP Nr. 46 zu § 615 BGB m. w. N.).
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Das BAG hat dort nicht, wie die Beklagten im Schriftsatz vom 10.07.2002 vortragen,
entschieden, dass diese Rechtsprechung "nicht aber gegenüber Arbeitgebern des
öffentlichen Dienstes" gelte.
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a. Die zur Begründung in dieser Entscheidung gemachten Ausführungen können
nach der Überzeugung der Kammer nicht auf den Bereich der privaten Wirtschaft
beschränkt bleiben:
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Es ist nämlich stets das Gesamtziel einer Kündigungsschutzklage zu beachten. Dieses
Ziel beschränkt sich in aller Regel nicht auf die Erhaltung des Arbeitsplatzes, nicht auf
die Beschäftigung, sondern ist zugleich auch auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet,
die durch den Verlust des Arbeitsplatzes möglicherweise verloren gehen. Im
Allgemeinen ist dieses Ziel dem Arbeitgeber klar erkennbar. Damit ist er auch bei
solchen Ausschlussklauseln, die nicht bestimmte prozessuale Maßnahmen verlangen,
gehörig vom Willen des Arbeitnehmers unterrichtet, die durch die Kündigung bedrohten
Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten. Mangels einer
anderweitigen Klarstellung im Tarifvertrag ist der typische Sachverhalt bei der
Auslegung zu Grunde zu legen. Danach erstrebt der Arbeitnehmer in aller Regel mit der
Kündigungsschutzklage nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern auch die
Sicherung der nach § 615 BGB anfallenden Vergütungsansprüche. Anhaltspunkte für
den Arbeitgeber, der Arbeitnehmer wolle im Falle seines Obsiegens das
Arbeitsverhältnis fortsetzen, ohne die Vergütung für die Zwischenzeit zu verlangen, auf
die er angewiesen ist, liegen in der Regel nicht vor (so wörtlich BAG a.a.O.).
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b) Dementsprechend hat das BAG auch bereits in der Entscheidung vom 24. September
1981 (6 AZR 659/78) gerade für § 70 BAT ausgeführt, dass dann, wenn eine
Kündigungsschutzklage erhoben wird, es für weitere Ansprüche, die vom Bestand des
Arbeitsverhältnisses abhängen, keiner besonderen schriftlichen Geltendmachung mehr
bedarf.
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a. Entbehrlich ist in diesen Fällen die Angabe der Forderungshöhe, wenn der
Schuldner diese ohnehin kennt. Auch im vorliegenden Fall ergibt sich die Höhe
der durch die Kündigung bedrohten Lohnansprüche aus dem Inhalt des
Arbeitsverhältnisses. Demzufolge war auch im vorliegenden Fall der Kläger nicht
gehalten, nach der rechtskräftigen Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung
durch das Urteil des LAG Köln vom 18.03.1998 seine Ansprüche erneut beziffert
geltend zu machen (vgl. auch dazu BAG 09.08.1990 - 2 AZR 579/89 - AP Nr. 46 zu
§ 615 BGB m. w. N).
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Auch die Tatsache, dass der Kläger hernach seine ursprünglichen Beamtenbezüge
wieder erhielt und sich diese auf die Ansprüche gegen die Beklagten anrechnen lassen
musste, ist unerheblich. Der Anspruch des Klägers konnte sich auf Grund der
Entwicklung während des Kündigungsschutzverfahrens allenfalls ermäßigen. Jedenfalls
weiß der Arbeitgeber durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage, dass er
vorbehaltlich andere Verdienstmöglichkeiten des Arbeitnehmers sich
Entgeltansprüchen in der bisherigen Höhe gegenüber sieht (BAG a.a.O.).
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1. . Der Beklagte zu (1) hat am 30.09.1997 den Betrieb der Beklagten zu (2)
übernommen. Damit ist das seinerzeit noch bestehende Arbeitsverhältnis des
Klägers auf ihn übergegangen. Er ist damit in die Rechte und Pflichten aus dem im
Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses eingetreten (§ 613 a
Abs. 1 BGB).
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Die Beklagte zu (2) haftet nur für die monatlich entstehenden Vergütungsansprüche (
aus § 615 BGB oder als Krankenbezüge), die bis zum Betriebsübergang entstanden
sind, als Gesamtschuldner (§ 613 a Abs. 2 BGB). Die Kammer hat unter
Berücksichtigung der unstreitigen Berechnung des Klägers (Bl. 15 d.A.) und der
teilweisen Abweisung für die Zeit vom 1. bis zum 6. 10. 1996 für die Zeit bis zum
30.09.1997 einen Betrag von 52.280,59 DM errechnet, für den die Beklagte zu 2) als
Gesamtschuldner mithaftet.
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III.
zweitinstanzlich verfolgte Gesamtstreitwert setzte sich aus den mit 223.134,23 DM und
15.000,00 DM bezifferten Klageanträgen sowie dem 36fachen Differenzbetrag von
1.448,54DM, insgesamt 52.147,44 DM für den auf die Altersversorgung bezogene
Feststellungsantrag zu (3) und einem vom Gericht mit 30.000,00 DM angesetzten
Streitwert für den allgemeinen Feststellungsantrag zu 4) zusammen. Dieses ergibt einen
Gesamtstreitwert von 320.281,00 DM. Gegenüber dem Beklagten zu 1) hat der Kläger
letztlich mit 160.357,00 DM obsiegt, nämlich mit dem auf die Altersversorgung
bezogenen Feststellungsantrag (52.147,00 DM), mit auf die Altersversorgung
bezogenen Zahlungsanträgen von 4.345,00 DM und 21.728,00 DM sowie mit
Gehaltsdifferenzen von 52.280,00 DM und 29.857,00 DM. Gegenüber der Beklagten zu
2) hat der Kläger hingegen lediglich mit 56.625,00 DM obsiegt. Daher war es
gerechtfertigt, die Kosten hinsichtlich des Verhältnisses des Klägers zum Beklagten zu
1) im Ergebnis gegeneinander aufzuheben und den Kläger zu 5/6 an den Kosten des
Beklagten zu 52.280,59 DM 2) zu beteiligen.
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