Urteil des LAG Köln vom 11.07.2003

LArbG Köln: lehrer, arbeitsgericht, erlass, hochschulstudium, vorteilsgewährung, unterrichtung, qualifikation, vergütung, ausnahmefall, gehalt

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Sa 233/03
Datum:
11.07.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 Sa 233/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Siegburg, 4 Ca 3343/01
Schlagworte:
Gleichbehandlungsgrundsatz, unterschiedliche Vergütung von
Mathematiklehrern
Normen:
§ 27 Abschnitt C BAT
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ein
Bundes-land Mathematiklehrer mit Lehramtsbefähigung höher vergütet
als Lehrer, die Mathematik ohne entsprechende Lehramtsbefähigung
nach Teilnahme an ei-nem Fortbildungskurs unterrichten.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des
Arbeitsgerichts Siegburg vom 28.11.2002 - 4 Ca
3343/01 G - wird auf Kosten der Klägerin zurück-
gewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten darum, ob der Klägerin eine um vier Lebensaltersstufen vorweg
erhöhte Grundvergütung gemäß § 27 Abschnitt C BAT zusteht. Dabei geht es um die
Auslegung von Runderlassen des beklagten Landes und um den
Gleichbehandlungsgrundsatz. Wegen des im Wesentlichen unstreitigen
erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge
wird gemäß § 69 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug
genommen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihr am 29.01.2003
zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.02.2003 Berufung eingelegt und diese am
18.03.2003 begründet.
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Sie meint, das Arbeitsgericht habe den Runderlass vom 22.12.2000 nicht richtig
ausgelegt. Der Wortlaut dieser Regelung lasse entgegen der Ansicht des
Arbeitsgerichts nicht darauf schließen, dass die Lehramtsbefähigung in den
nachbenannten Fächern für die Gewährung des Vorteils vorausgesetzt werde.
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Zudem sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Die Begünstigung von Lehrern mit
Lehramtsbefähigung in den betreffenden Mangelfächern bzw. die Ablehnung einer
höheren Vergütung für die Klägerin könne nicht mit dem Argument begründet werden,
dass der Erlass zur Gewinnung und Erhaltung solchen Personals bestimmt sei, das für
die Unterrichtung von Mangelfächern qualifiziert sei. Nach dem Abschluss einer
Qualifizierungsmaßnahme in dem Fach Mathematik unterrichte dieses auch die
Klägerin. Sie habe sich dort besonders bewährt und arbeite engagiert für die
Fachkonferenz Mathematik. Soweit es um qualifiziertes Personal für die Unterrichtung in
dem betreffenden Fach gehe, komme es nicht entscheidend auf die
Lehramtsbefähigung an. Schließlich sei noch anzumerken, dass zum Beispiel auch
Lehrer mit Lehramtsbefähigung in einem Mangelfache, das sie gar nicht unterrichteten,
eine Vorteilsgewährung erhielten. Wenn das beklagte Land auf die Klägerin als
Lehrkraft zurückgreife, obwohl sie nach seiner Auffassung nicht zu dem Personenkreis
gehöre, dem die streitgegenständliche Vorteilsgewährung zustehe, sei das eine
unangemessene Benachteiligung für die Klägerin, weil sie schlechthin ausgenutzt
werde.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des am 28.11.2002 verkündeten Urteils
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des Arbeitsgerichts Siegburg - 4 Ca 3343/01 G - festzu-
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stellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die
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Klägerin ab dem 01.01.2001 eine um vier Lebensalters-
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stufen vorweg erhöhte Gründungsvergütung gemäß
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§ 27 Abschnitt C BAT zu zahlen.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Es verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Den von der Klägerin angeführten Fall, dass
auch Lehrer mit Lehramtsbefähigung in einem Mangelfach dieses gar nicht
unterrichteten, bezeichnet es als absoluten Ausnahmefall. Das Lehrer mit
Lehramtsbefähigung in einem Mangelfach typischerweise nicht außerhalb dieses
Mangelfaches eingesetzt würden, liege auf der Hand. Nach dem Zweck der
streitbefangenen Runderlasses sollten Lehrer mit Lehramtsbefähigung im Mangelfach
an das Land gebunden werden. Dieses auch dann, wenn die Lehrer - vorübergehend -
aufgrund einer Sonderkonstellation in diesem Mangelfach nicht unterrichten sollten.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin
hatte in der Sache keinen Erfolg.
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Das Urteil des Arbeitsgerichts ist in jeder Hinsicht zutreffend begründet. Die Kammer
nimmt daher gemäß § 69 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts
Bezug und macht sich diese zu Eigen.
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Die dagegen angeführten Argumente der Berufung überzeugen nicht: Soweit die
Berufung lediglich auf den Wortlaut des Erlasses vom 22.12.2000 abhebt und meint, der
Wortlaut der Regelung lasse nicht darauf schließen, dass die Lehramtsbefugnis
vorausgesetzt werde, so übersieht die Berufung, dass eine Auslegung sich nicht im
Wortlaut erschöpft. Das Arbeitsgericht hat mit überzeugender Begründung aus
Systematik und Sinn und Zweck des Runderlasses gefolgert, dass der Erlass sich nur
an Lehrer mit Lehramtsbefugnis wende. Die Berufung setzt sich mit diesen
systematischen Argumenten nicht auseinander. Die Kammer folgt diesen Argumenten.
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Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch einen Anspruch auf der Grundlage des
Gleichbehandlungsgrundsatzes verneint. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin
tatsächlich mit der Gruppe vergleichbar ist, an die sich die jeweiligen Erlasse richten. In
jedem Falle besteht ein sachlicher Grund zur Differenzierung. Es geht eben nicht darum,
allgemein qualifiziertes Personal, das im Fach Mathematik unterrichtet, zu belohnen.
Vielmehr hat der Erlass vom 24.04.2001, der allein die von der Klägerin begehrte
Rechtsfolge regelt, einen ausdrücklich erklärten Zweck: Die Vermeidung von
Abwanderungen in Nachbarländer bzw. in die Wirtschaft.
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Die Prognose ist berechtigt, dass Mathematiker mit abgeschlossenem
Hochschulstudium und durch zwei Staatsexamina ausgewiesener Lehramtsbefähigung
im Schuldienst benachbarter Länder eine höhere Chance haben als solche Bewerber,
die andere Fächer studiert haben und - wie die Klägerin - nur während eines
Schuljahres eine Fortbildungsmaßnahme absolviert haben, in der Grundlagen für die
Erteilung des Mathematikunterrichts in den Jahrgängen 5 - 10 vermittelt wurden (vgl.
Anl. K 7 - Bl. 111 f. d. A.). Ebenso begründet ist die dem Runderlass zugrunde liegende
Einschätzung, dass auch in der freien Wirtschaft Bewerber mit abgeschlossenem
Fachstudium höhere Chancen haben als Bewerber, die Mathematik lediglich aufgrund
eines entsprechenden Fortbildungslehrgangs unterrichten. Damit entspricht die
Differenzierung dem Zweck des Erlasses und ist gerechtfertigt.
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Auch dass (die Klägerin substantiiert ihre Behauptung nicht) in Einzelfällen Lehrer mit
Lehramtsbefähigung in Mathematik dasselbe Gehalt erhalten, obwohl sie - zeitweise -
Mathematik nicht unterrichten, ist nach der Zwecksetzung des Erlasses unter
Gleichbehandlungsgesichtspunkten irrelevant. Das Land kann diese Lehrer aufgrund
seines Direktionsrechtes künftig im Mathematikunterricht einsetzen und hat daher
Interesse, ihre Abwanderung zu vermeiden. Da bei Bewerbungen die formale, durch ein
Hochschulstudium ausgewiesene Qualifikation die entscheidende Rolle spielt, besteht
bei diesen Lehrern die gleiche Abwanderungsgefahr wie bei solchen, die mit der
gleichen Qualifikation momentan Mathematik unterrichten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen dieses Urteil findet kein Rechtsmittel statt. Auf die Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
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(Dr. Backhaus) (Bechtold-Bönders) (Zimmermann)
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