Urteil des LAG Köln vom 22.02.2008

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Landesarbeitsgericht Köln, 11 Sa 1434/07
Datum:
22.02.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 Sa 1434/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 3 Ca 8199/06
Schlagworte:
Schichtzulage nach TVöD
Normen:
§§ 8 Abs. 6, 7 Abs. 2 TVöD
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
kein Leitsatz
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 30. Mai 2007 – 3 Ca 8199/06 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d:
1
Der Kläger macht einen Anspruch auf eine tarifliche Schichtzulage geltend.
2
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 16. Juli 1973 als Hausmeister des Rathauses
mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt. Auf das
Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Tarifvertrag
für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung.
3
Anlässlich des Ausscheidens des Hausmeisters S zum 30. April 1999 wandte sich die
Beklagte mit Schreiben vom 12. Februar 1999 an den Personalrat. Sie teilte mit, dass
sie das mit dem Kläger und seinem Kollegen W erarbeitete Dienstzeitmodell am 1. Mai
1999 in Kraft setzen wolle. Danach sollten die Hausmeister in wöchentlich wechselnden
Schichten wie folgt arbeiten:
4
Frühschicht 6:30 Uhr bis 16:00 Uhr
5
Spätschicht 7:00 Uhr bis 16:30 Uhr
6
Abendschicht 16:00 Uhr bis 20:30 Uhr
7
(freitags) 12:00 Uhr bis 15:30 Uhr
8
Vertretungsschicht 12:00 Uhr bis 20:30 Uhr
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(freitags) 6:30 Uhr bis 15:30 Uhr
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Der Personalrat stimmte dem Dienstzeitmodell unter dem 17. Februar 1999 zu.
11
Im Jahre 2005 verständigte sich die Beklagte mit dem Personalrat auf eine
"Einzelvereinbarung über die Ausgestaltung der flexiblen Arbeitszeit im Fachbereich
Servicedienst – Sachgebiet Hausmeisterdienste – der Stadt F ". Die zunächst auf den
Zeitraum vom 1. März bis zum 30. August 2005 befristete Vereinbarung wurde aufgrund
Vereinbarung vom 30. August 2005 unbefristet verlängert. In der Vereinbarung heißt es:
12
"Päambel
13
Auf der Grundlage der gesamtstädtischen Dienstvereinbarung zu den Leitlinien
für die Ausgestaltung von flexiblen Arbeitszeiten bei der Stadt F wird diese
Vereinbarung zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung im Hausmeisterdienst des FB 1
geschlossen.
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Ziel dieser Vereinbarung ist es, die Arbeitszeiten der betroffenen Mitarbeiter so
zu vereinbaren, dass eine interne Erreichbarkeit unter mitarbeiterorientierten
Rahmenbedingungen gewährleistet werden kann.
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Zur Erreichung dieses Ziels werden eine intensive Kommunikation und eine
Arbeits- und Zeitplanung innerhalb der Arbeitsbereiche sichergestellt und
persönliche Vertretungsregelungen vereinbart.
16
Unabhängig davon ist die Abteilungsleitung 1.10 dafür verantwortlich, dass der
Arbeitsbereich funktionsfähig ist.
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1. Geltungsbereich:
18
Die Vereinbarung gilt für alle Hausmeister des Rathauses.
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2. Arbeitszeitrahmen:
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1. Der Arbeitszeitrahmen umfasst - für alle Mitarbeiterinnen des Hauses, die an der
flexiblen Arbeitszeitgestaltung teilnehmen - grundsätzlich die Zeit von montags bis
donnerstags von 6.30 Uhr bis 19.00 Uhr, freitags von 6.30 Uhr bis 15.00 Uhr. Die
tägliche Arbeitszeit darf grundsätzlich zehn Stunden nicht überschreiten.
2. Unter Beachtung der Ziffer 3 dieser Vereinbarung können Beginn und Ende der
täglichen Arbeitszeiten individuell im Arbeitsbereich abgesprochen werden.
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22
3. Erreichbarkeitszeiten:
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(1) Aus betriebsbedingten Gründen (Schließ- und Sitzungsdienste) ist der unter
Ziff. 2 beschriebene Arbeitszeitrahmen um eine Ein- und Ausgleitspanne zu
erweitern. Die Erreichbarkeit mindestens eines Ansprechpartners im
Arbeitsbereich Hausmeisterdienste wird danach wie folgt gewährleistet:
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montags - donnerstags 6.00 - 20.30 Uhr
25
freitags 6.00 15.30 Uhr.
26
Die Mitarbeiter legen ihre Funktionszeiten jeweils pro Woche
eigenverantwortlich fest; bei Unstimmigkeiten entscheidet die zuständige
Abteilungsleitung."
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Mit Schreiben vom 15. März 2006 verlangte der Kläger von der Beklagten die Zahlung
einer Schichtzulage nach § 8 Abs. 6 TVöD. Mit der am 11. Oktober 2006 beim
Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat er seinen Anspruch für die Monate Oktober
2005 bis September 2006 mit einem Leistungsantrag und für die sich anschließende
Zeit mit einem Feststellungsantrag weiterverfolgt.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe die geltend gemachte Schichtzulage
zu, weil er ständig Schichtarbeit leiste. Hierzu hat er behauptet, die Hausmeister
arbeiteten nach wie vor nach dem Dienstzeitmodell vom 12. Februar 1999 in drei
Schichten, die einem wöchentlichen Wechsel unterlägen. Für Urlaubs- und
Krankheitszeiten bestehe ein gesonderter Schichtplan. Hieran habe die
Einzelvereinbarung aus dem Jahre 2005 nichts geändert. Diese sei nur deswegen
zustande gekommen, weil sich bei Einführung der neuen Zeiterfassung "Botime 3"
herausgestellt habe, dass dieses System die Schichten nicht richtig erfassen könne. Es
habe nur die eine Änderung gegeben, dass die Frühschicht um eine halbe Stunde
vorverlegt worden sei. Der ursprünglich verbindliche Schichtplan sei zu keinem
Zeitpunkt offiziell und in Absprache mit dem Personalrat zurückgenommen worden. Ein
Schichtplan im Sinne von § 7 Abs. 2 TVöD liege im Übrigen auch dann vor, wenn der
Schichtplan nicht vom Arbeitgeber aufgestellt worden sei und nicht der Mitbestimmung
des Personalrats unterlegen habe. Dies ergebe sich sowohl aus Wortlaut als auch
Systematik des § 7 TVöD. Die Absätze 3, 4 und 7 des § 7 TVöD sähen die
arbeitgeberseitige Anordnung für die jeweiligen Maßnahmen vor. Wäre dies auch für die
Schichtarbeit erforderlich, hätten die Tarifvertragsparteien dies ebenfalls ausdrücklich
erwähnt.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 480,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm künftig, beginnend mit dem
Monat Oktober 2006, eine Schichtzulage von 40,00 € monatlich zu zahlen.
31
32
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
34
Sie hat geltend gemacht, dem Kläger stehe die geltend gemachte Zulage nicht zu, weil
er nicht nach einem Schichtplan arbeite. Der Arbeitnehmer arbeite nur dann "nach
einem Schichtplan", wenn ein vom Arbeitgeber aufgestellter und nach den Vorschriften
des LPVG mitbestimmter Schichtplan existiere. Sie habe den vom Kläger vorgestellten
"Plan" nicht aufgestellt. Dies gelte auch für den Schichtplan für Urlaubszeiten und
Krankheitsfälle. Die Verteilung der Arbeitszeit der Hausmeister richte sich
ausschließlich nach der Einzelvereinbarung aus dem Jahre 2005. Den Hausmeistern
sei durch das flexible Arbeitszeitmodell lediglich ein Arbeitszeitrahmen vorgegeben.
Innerhalb dieses Rahmens legten die Hausmeister eigenverantwortlich fest, wann sie
arbeiteten. Es finde auch kein regelmäßiger Wechsel des Beginns der täglichen
Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden statt. Die erste Schicht beginne um 6 Uhr, die
zweite Schicht um 7 Uhr. Aus dem Vortrag des Klägers ergebe sich nicht, wie er im
Zeitraum von Oktober 2005 bis September 2006 gearbeitet habe. Dies sei auch für die
sich anschließende Zeit nicht klar. Schon aus diesem Grund sei die vom Kläger
begehrte Feststellung nicht möglich.
35
Mit Urteil vom 30. Mai 2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen das
ihm am 30. Oktober 2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger mit am 16.
November 2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom 13.
November 2007 Berufung eingelegt und diese mit am 19. Dezember 2007
eingegangenem Schriftsatz begründet.
36
Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, er leiste ständig Schichtarbeit. Daher stehe
ihm die geltend gemachte Schichtzulage zu. Seine beiden Kollegen und er würden im
wöchentlichen Wechsel regelmäßig die Arbeitszeiten wechseln. Die Frühschicht werde
von 6.00 bis 15.30 Uhr, die Spätschicht von 6.30 bis 16.00 Uhr und die Abendschicht
von 15.00 bis 20.30 Uhr abgeleistet. Ein Schichtplan sei gegeben. Dieser sei für das
Jahr 2007 von dem verantwortlichen Abteilungsleiter B erstellt und an den
Bürgermeister zuständigkeitshalber weitergeleitet worden. Der Personalrat habe diesem
Plan zugestimmt. Der Schichtplan werde jeweils ein Jahr im voraus erstellt. Die
vorgegebenen Schichtzeiten seien ebenso wenig wie die Reihenfolge der Schichten
flexibel. Die Mitarbeiter hielten sich grundsätzlich an die vorgegebenen Abläufe und
Schichtzeiten. Für den Fall, dass ausnahmsweise eine Abweichung gewünscht werde,
sei die Zustimmung des jeweiligen Vorgesetzten erforderlich. Die gleichzeitige
Anwesenheit aller Hausmeister sei wegen der zeitlichen Vorgaben der Beklagten zur
Arbeitszeit nicht möglich. Es werde nach wie vor in den dargestellten Schichten
gearbeitet.
37
Der Kläger beantragt,
38
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 30.05.2007,
AZ.: 3 Ca 8199/06, nach seinen Schlussanträgen in I. Instanz zu
entscheiden.
39
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
41
Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das
angefochtene Urteil. Maßgeblich für die Lage der Arbeitszeit der Hausmeister sei die
2005 mit dem Personalrat abgeschlossene Einzelvereinbarung. Mit der
Einzelvereinbarung, die auf Initiative der Hausmeister zurückgegangen sei, sei die
ursprüngliche Dienstzeitregelung über Schichtarbeit außer Kraft gesetzt worden. Es
treffe auch nicht zu, dass der Kläger und seine Kollegen regelmäßig in den von ihm
angegebenen Schichten arbeiteten. Nach der eigenen Einlassung des Klägers gebe es
Wochen, in denen der Beginn der täglichen Arbeitszeit nur jeweils eine Stunde von dem
Beginn der Arbeitszeit in der Woche zuvor abweiche. Zu berücksichtigen sei, dass
gemäß § 6 Abs. 8 TVöD die Absätze 6 (Arbeitszeitkorridor) und Abs. 7 (Rahmenzeit) nur
alternativ zur Anwendung kämen. Sie gälten nicht bei Wechsel- und Schichtarbeit. Mit
der abgeschlossenen Einzelvereinbarung liege eine Regelung über Rahmenzeit gemäß
§ 6 Abs. 7 TVöD vor.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die
eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
44
I.
statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519
und 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.
45
II.
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1. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den vom Kläger erhobenen
Feststellungsantrag.
47
a) Nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des
Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der
Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche
Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn
durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt
wird. Es liegt nicht vor, wenn nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses,
abstrakte Rechtsfragen oder rechtliche Vorfragen zur Entscheidung des Gerichts gestellt
werden (BAG 14. Dezember 2005 – 4 AZR 522/04 – AP § 256 ZPO 1977 Nr. 94). Nach
ständiger Rechtsprechung sind im öffentlichen Dienst Feststellungsklagen in weitem
Umfang zulässig, weil sich die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes der gerichtlichen
Entscheidung hierüber in aller Regel beugen und auf diese Weise der Rechtsfrieden
wiederhergestellt wird (BAG 5. November 2003 – 4 AZR 632/02 – AP § 256 ZPO 1977
Nr. 83; 28. Januar 1998 – 4 AZR 473/96 – ZTR 1998, 329).
48
b) Nach diesen Grundsätzen besteht für den Klageantrag zu 2) das erforderliche
Feststellungsinteresse. Mit einer Entscheidung über den Feststellungsantrag ist zu
erwarten, dass der Streit der Parteien über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger
eine monatliche Schichtzulage zu zahlen, endgültig beseitigt wird. Dies gälte auch bei
49
eine monatliche Schichtzulage zu zahlen, endgültig beseitigt wird. Dies gälte auch bei
einem dem Klageantrag zusprechenden Urteil. Es wäre anzunehmen, dass die Beklagte
die Zulage zahlen würde, solange keine Änderung der Verhältnisse eintreten.
2. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die
Beklagte auf Zahlung einer Schichtzulage in Höhe von 40 Euro monatlich aus § 8 Abs.
6 Satz 1 TVöD. Er leistet nicht ständig Schichtarbeit, weil er nicht Arbeit nach einem
Schichtplan leistet (§ 7 Abs. 2 TVöD).
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a) Nach § 8 Abs. 6 Satz 1 TVöD erhalten Beschäftigte, die ständig Schichtarbeit leisten,
eine Schichtzulage von 40 Euro monatlich. § 7 Abs. 2 enthält eine Definition des
Begriffs der Schichtarbeit. Danach ist Schichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan,
die einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens
zwei Stunden in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht, und die innerhalb
einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird.
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Der Begriff der Schichtarbeit ist in seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung
heranzuziehen (BAG 20. April 2005 – 10 AZR 302/04 – AP § 24 BMT-G II Nr. 3; 2.
Oktober 1996 – 10 AZR 232/96 – AP § 33 a BAT Nr. 12).
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Nach seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung ist für den Begriff der
Schichtarbeit wesentlich, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich
längeren Zeitraum als die wirkliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und
daher von mehreren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in einer geregelten
zeitlichen Reihenfolge, teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit
erbracht wird. Bei der Schichtarbeit arbeiten nicht sämtliche Beschäftigte eines
Betriebes zur gleichen Zeit, sondern ein Teil arbeitet, während der andere Teil
arbeitsfreie Zeit hat (vgl. BAG 14. Dezember 1993 - 10 AZR 368/93 - AP § 33a BAT Nr.
3). Nach dem Sinn und Zweck einer Schichtzulage soll dem Arbeitnehmer ein
finanzieller Ausgleich dafür gewährt werden, dass die Schichtarbeit erheblich auf seinen
Lebensrhythmus einwirkt und dadurch zu Erschwerungen führt (BAG 2. Oktober 1996 –
10 AZR 232/96 – AP § 33a BAT Nr. 12; 18. Januar 1983 - 3 AZR 447/80 - AP § 24 BMT-
G II Nr. 1).
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Schichtarbeit stellt nach der Überschrift des § 7 TVöD eine "Sonderform" der Arbeit dar.
Sie ist nicht gegeben (vgl. § 6 Abs. 8 TVöD), wenn durch Dienstvereinbarung ein
wöchentlicher Arbeitszeitkorridor von bis zu 45 Stunden (§ 6 Abs. 6 Satz 1 TVöD) oder
für die Zeit von 6 bis 20 Uhr eine tägliche Rahmenzeit von bis zu zwölf Stunden (§ 6
Abs. 7 Satz 1 TVöD) eingeführt wird.
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Anders als beim Arbeitszeitkorridor, der auf die Woche abstellt, wird bei der Rahmenzeit
ein täglicher Rahmen für die Arbeitszeit festgelegt. Innerhalb dieses Rahmens kann die
individuelle Arbeitszeit geregelt werden, ohne dass Überstunden entstehen (vgl.
Breier/Dassau u.a. § 6 TVöD Rz 160). Die Rahmenzeit bestimmt nicht den Zeitraum, in
dem die Arbeitsleistung erbracht werden kann. Daher kann auch bei Festlegung eines
zwölfstündigen täglichen Arbeitszeitrahmens darüber hinaus Arbeitszeit angeordnet und
erbracht werden. Die Festlegung einer Rahmenzeit begrenzt nur den Zeitraum, in dem
überstundenzuschlagsfreie Arbeitszeit angeordnet und geleistet werden kann (vgl.
Breier/Dassau u.a. § 6 TVöD Rz 165).
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b) Nach diesen Grundsätzen leistet der Kläger nicht ständig Schichtarbeit. Er wird zur
Arbeit nicht aufgrund eines Schichtplans herangezogen.
56
Maßgeblich für die Lage der Arbeitszeit des Klägers ist die Einzelvereinbarung über die
Ausgestaltung der flexiblen Arbeitszeit im Fachbereich Servicedienst – Sachgebiet
Hausmeisterdienste – der Stadt Frechen. Diese Vereinbarung hat die zunächst mit dem
Personalrat getroffene Regelung zur Dienstzeit für Hausmeister vom 12. Februar 1999
abgelöst.
57
Der Annahme, dass eine Ablösung erfolgt ist, steht nicht entgegen, dass eine
Aufhebung der vormals geltenden Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit in der
Einzelvereinbarung nicht ausdrücklich erfolgt ist. Einer ausdrücklichen Aufhebung
bedurfte es nicht. Die Beklagte und der Personalrat haben mit der zeitlich zuletzt
vorgenommenen Einzelvereinbarung die Arbeitszeit der Hausmeister grundlegend neu
regeln wollen. Sie sollen flexibel arbeiten und nach der in § 3 Abs. 1 Satz 3 der
Einzelvereinbarung getroffenen ausdrücklichen Regelung ihre Funktionszeiten jeweils
pro Woche eigenverantwortlich festlegen.
58
Mit der Einzelvereinbarung haben Beklagte und Personalrat eine Rahmenzeit
vereinbart, die nunmehr in § 6 Abs. 7 TVöD geregelt ist; sie schließt die gleichzeitige
Leistung von Schichtarbeit aus.
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Eine andere Betrachtung ergibt sich selbst dann nicht, wenn zu Gunsten des Klägers
angenommen wird, seine Vorgesetzten hätten die von ihm vorgelegten Pläne zur
Arbeitszeit der Hausmeister erstellt. Dies würde nichts an der Maßgeblichkeit der
Dienstvereinbarung (Einzelvereinbarung) zur Arbeitszeit der Hausmeister ändern. Diese
gilt für die bei der Beklagten beschäftigten Hausmeister und ist von allen Mitarbeitern
der Beklagten zu beachten, solange sie keine Änderung erfährt.
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Es kommt daher auch nicht darauf an, ob und ggf. wie die Hausmeister ihre Arbeit selbst
nach einem von ihnen entworfenem System verteilt haben. Im Rahmen der sich aus § 3
Abs. 1 der Einzelvereinbarung ergebenden Erreichbarkeitszeiten sollen die
Hausmeister gerade frei sein, wie sie ihre Arbeitszeit verteilen. Sie haben daher auch
die Möglichkeit, für sich selbst eine Art Schichtsystem zu schaffen. Ein von den
Arbeitnehmern selbst geschaffenes Schichtsystem führt jedoch nicht dazu, dass den
Arbeitnehmern eine Schichtzulage nach § 8 Abs. 6 Satz 1 TVöD zustünde. Es liegt nicht
in den Händen der Hausmeister, selbst über das Vorliegen der Voraussetzungen des §
8 Abs. 6 Satz 1 TVöD zu befinden und sich durch eigenständige Festlegung der
Arbeitszeiten eine Zulage zu verschaffen. Die Zulage kann nur dann anfallen, wenn die
Arbeitnehmer auf Anweisung des Arbeitgebers Schichtarbeit leisten. Dies ist –wie
ausgeführt – gerade nicht der Fall.
61
Eine systematische Betrachtung des § 7 TVöD führt entgegen der Auffassung des
Klägers zu keinem anderen Ergebnis. Zwar trifft es zu, dass in den Absätzen 3, 4, und 7
des § 7 TVöD ausdrücklich die Worte "auf Anordnung des Arbeitgebers" verwandt
worden sind. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass "Schichtarbeit nach einem
Schichtplan" nicht auf Anordnung des Arbeitgebers zu leisten ist. Einen verbindlichen
Schichtplan kann nur der Arbeitgeber aufgrund seines ihm zustehenden
Direktionsrechts aufstellen. Die ausdrückliche Aufnahme der Worte "auf Anordnung des
Arbeitgebers" in § 7 Abs. 2 TVöD bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht.
62
Schließlich ist es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht maßgeblich, ob die in der
Einzelvereinbarung vorgesehenen Zeiten, die bis 20:30 Uhr reichen, mit den Vorgaben
63
des § 6 Abs. 7 Satz 1 TVöD übereinstimmen. Eine Überschreitung der in § 6 Abs. 7 Satz
1 TVöD vorgesehenen Rahmenzeit würde nicht dazu führen, dass der Kläger
Schichtarbeit leisten würde.
III.
64
IV.
auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
65
RECHTSMITTELBELEHRUNG
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Gegen dieses Urteil ist für die Partei ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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Gegen dieses Urteil ist für mangels ausdrücklicher Zulassung die Revision nicht
statthaft, § 72 Abs. 1 ArbGG. Wegen der Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision
selbständig durch Beschwerde beim
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Bundesarbeitsgericht
69
Hugo-Preuß-Platz 1
70
99084 Erfurt
71
Fax: (0361) 2636 - 2000
72
anzufechten auf die Anforderungen des § 72 a ArbGG verwiesen.
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Dr. Sievers Kaussen Hejtmanek
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