Urteil des LAG Köln vom 05.11.2009

LArbG Köln (tätigkeit, archiv, büro, stellenbeschreibung, bag, referat, region, aufgaben, vergütung, qualifikation)

Landesarbeitsgericht Köln, 13 Sa 839/09
Datum:
05.11.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 Sa 839/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 7366/08
Schlagworte:
Eingruppierungsklage, Archivarin
Normen:
BAT II, III FG 1 a und 1 b, IV a und b
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Einzelfall einer Höhergruppierung einer Archivarin (von BAT IV b nach
BAT III b).
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 07.05.2009 – 8 Ca 7366/08 – teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab
dem 01.10.2008 Vergütung nach der VG III der Anlage 1 a zum BAT/EG
11 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¾ und die
Beklagte ¼.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
2
Die am 03.12.1959 geborene, Klägerin, Diplomarchivarin (FH-Abschluss) ist seit dem
01.01.1994 bei dem Beklagten als Archivarin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis
finden die jeweils geltenden Tarifregeln des öffentlichen Dienstes Anwendung. Die
Klägerin war zunächst in der Vergütungsgruppe V b FG 1 b und von 1996 an in IV b FG
1 b BAT, seit 01.10.2005 übergeleitet in EG 9 TVöD eingruppiert. Der Beklagte
erweiterte den Bereich Archiv ab dem 01.10.2004 um die Aufgaben eines regionalen
3
Dokumentationszentrums. Auf die an die Klägerin gerichtete Mail ("neue Aufgaben im
Archiv") vom 23.09.2004 und die in diesem Zusammenhang erstellte neue
Stellenbeschreibung zur Tätigkeit der Klägerin vom 27./30.09.2004 wird verwiesen. Mit
Beschluss des Kreisausschusses des Beklagten vom 31.08.2006 wurde die Klägerin
rückwirkend ab 04.05.2006 in die Entgeltgruppe 10 TVöD eingruppiert. Auf das
Mitteilungsschreiben an die Klägerin vom 05.09.2006 wird verwiesen. Am 26.10.2006
erwarb die Klägerin den akademischen Grad Master of Arts (Library and Information
Science) im postgradualen Fernstudiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft
am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der philosophischen Fakultät I
der Humboldt-Universität zu Berlin. Mit Organisationsverfügung vom 30.10.2006 wurden
das Kreisarchiv und das Kulturbüro zu einem neuen "Referat für kulturelle
Angelegenheiten/Kreisarchiv" zusammengeführt. Mit Schreiben vom 06.11.2006 und
15.01.2007 begehrte die Klägerin die Überprüfung ihrer Eingruppierung. Der Beklagte
lehnte mit Schreiben vom 17.01.2007 eine Höhergruppierung ab mit dem Hinweis, die
Stelle der Klägerin sei nach Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b, Vergütungsgruppe
IV b Fallgruppe 1 b BAT also Entgeltgruppe 9 TVöD zu bewerten und die am
31.08.2006 beschlossene Eingruppierung in EG 10 ab 04.05.2006 sei übertariflich.
Mit Schreiben vom 03.07.2008 machte die Klägerin eine Höhergruppierung in EG 11
(BAT III) seit dem 1.10.2004 und ab 01.11.2006 in EG 12 (BAT II) geltend. Das
Arbeitsgericht hat die darauf gerichtete Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen.
Auf das Urteil (Bl. 64-77 d. A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich
die Berufung der Klägerin, die weiter die Auffassung vertritt, ihre Tätigkeit entspreche
seit der neuen Aufgabenzuweisung ab 01.10.2004 den Anforderungen der
Vergütungsgruppe III FG 1 a BAT und seit dem 01.11.2006 den Anforderungen der
Vergütungsgruppe BAT II, nachdem sie sich durch den Abschluss "Master of Arts"
weiterqualifiziert habe und auch eine entsprechende wissenschaftliche Tätigkeit
ausübe.
4
Die Klägerin beantragt,
5
das Urteil abzuändern und nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu
erkennen.
6
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
7
Er ist weiterhin der Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin erfülle lediglich die
Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b FG 1 b BAT. Im Übrigen beruft sich der
Beklagte bezüglich sämtlicher Vergütungsansprüche vor Januar 2008 auf die tariflichen
Verfallfristen.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die
eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
9
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
10
I. Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie teilweise Erfolg. Die als
Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage (vgl. etwa BAG 09.05.2007 – 4 AZR
351/06) ist im erkannten Umfang begründet.
11
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III FG 1 b der
Anlage 1 a BAT/EG 11 TVöD ab 01.10.2008. Die weitergehende
Höhergruppierungsklage hat das Arbeitsgericht zu Recht als unbegründet abgewiesen.
12
2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der BAT und die diesen ergänzenden
oder ändernden Tarifverträge in der für den Bereich der Beschäftigten der kommunalen
Arbeitgeber (VKA) geltenden Fassung kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung
Anwendung. Seit dem 01.10.2005 der TVöD aufgrund der Überleitung nach dem
Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den
TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13.09.2005 (TVÜ-VKA).
13
3. Der Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III, FG 1 b BAT/EG 11 TVöD
setzt voraus, dass mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit der Klägerin
ausfüllenden Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe III b BAT
entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Die Tätigkeit der Klägerin – was
zwischen den Parteien unstreitig ist – aufgrund der Stellenbeschreibung vom
27./30.09.2004 zu beurteilen. Danach ist die Tätigkeit der Klägerin bei Zugrundelegung
des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Begriffs des Arbeitsvorgangs (vgl. etwa
Urteil vom 26.03.1997 – 4 AZR 489/95) in drei Arbeitsvorgänge (Archiv mit 45 %,
Dokumentationszentrum mit 55 % und Familienforschung mit 5 %) der
Gesamtarbeitszeit aufzuteilen.
14
4. Die für die Eingruppierung der Klägerin bedeutsamen Tätigkeitsmerkmale lauten:
15
"Vergütungsgruppe V (b)
16
1 a
17
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,
deren Tätigkeit gründliche, umfassende Sachkenntnisse und selbstständige
Leistungen erfordert.
18
19
Vergütungsgruppe IV (b)
20
1 a
21
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,
deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V (b) Fallgruppe 1 a
heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.
22
23
1b
24
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,
deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V (b) Fallgruppe 1 a
heraushebt, dass sie mindestens zu 1/3 besonders verantwortungsvoll ist,
25
nach 4-jähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V (b) Fallgruppe 1 b.
26
27
Vergütungsgruppe IV (a)
28
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,
deren Tätigkeit sich mindestens zu 1/3 durch besondere Schwierigkeit und
Bedeutung aus Vergütungsgruppe IV (b) Fallgruppe 1 a heraushebt.
29
30
(b)
31
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,
deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der
Vergütungsgruppe IV (b) Fallgruppe 1 a heraushebt.
32
33
Vergütungsgruppe III
34
1 (a)
35
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,
deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung
erheblich aus der Vergütungsgruppe IV (a) Fallgruppe 1 b heraushebt.
36
(b)
37
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,
deren Tätigkeit sich besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der
Vergütungsgruppe IV (b) Fallgruppe 1 a heraushebt, nach 4-jähriger Bewährung
in Vergütungsgruppe IV (a) Fallgruppe 1 b.
38
39
Vergütungsgruppe II
40
1 (a)
41
Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und
entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund
gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten
ausüben.
42
…"
43
5. Die hier einschlägige Fallgruppen bauen auf der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1
a auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist bei Aufbau der Fallgruppen zu
prüfen, ob der Angestellte die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe und die
qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppen erfüllt. Dabei ist eine
44
pauschale Prüfung ausreichend, soweit die Tätigkeit des Angestellten zwischen den
Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst bestimmte Tätigkeitsmerkmale als
erfüllt erachtet (vgl. etwa BAG 09.05.2007 – 4 AZR 351/06 – m.w.N.).
6. Die Tätigkeit der Klägerin erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse und
selbstständige Leistungen i. S. d. Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a. Die als
Archivarin mit dem FH-Abschluss als Diplomarchivarin angestellte Klägerin wurde bei
Einstellung ab 01.01.1994 nach Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b und sodann ab
1996 nach Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b und seit dem 04.05.2006 nach der
Entgeltgruppe 10 vergütet. Das Gericht darf sich im Streitfall auf eine pauschale Prüfung
beschränken, da zwischen den Parteien außer Streit ist, dass die Tätigkeit der Klägerin
"gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen" erfordert und
somit die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V b bereits vor der Zuweisung der
neuen Aufgaben eines regionalen Dokumentationszentrums seit 01.10.2004 erfüllt
waren.
45
7. Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt auch die Anforderungen des
Heraushebungsmerkmals der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit i. S. d.
Vergütungsgruppe IV b 1 a. Auch insoweit darf das Gericht sich im Streitfall auf eine
pauschale Prüfung beschränken, da die Beklagte die Klägerin jedenfalls seit dem
04.05.2006 in die EG 10 eingruppiert hat, somit das Heraushebungsmerkmal "
besonders verantwortliche Tätigkeit" als erfüllt ansah.
46
Bereits 1996, damit lange vor der Zuweisung der neuen Aufgaben an das Archiv,
nämlich der eines regionalen Dokumentationszentrums ab 01.10.2004, wurde die
Klägerin in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b eingruppiert, welche das
Qualifizierungsmerkmal "besonders verantwortungsvoll" mindestens zu 1/3 der Tätigkeit
erfordert. Die Aufgabenerweiterung des Archivs führten am 27./30.09.2004 zu einer
neuen Stellenbeschreibung für die Klägerin. Mit Beschluss des Kreisausschusses des
Beklagten vom 31.08.2006 wurde die Klägerin rückwirkend ab 04.05.2006 in die EG 10
TVöD eingruppiert. In diese Vergütungsgruppe werden nach Anlage 1 zu TVÜ-VKA
folgende Vergütungsgruppen zugeordnet: IV a ohne Aufstieg nach III, IV a nach Aufstieg
aus IV b, IV b mit ausstehendem Aufstieg nach IV a und V b in den ersten 6 Monaten der
Berufungsausübung, wenn danach IV b mit Aufstieg nach IV a (Zuordnung zur Stufe 1).
Damit ist die Beklagte, jedenfalls zum Zeitpunkt des Beschlusses des
Kreisausschusses vom 31.08.2006 davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer
Tätigkeit das Heraushebungsmerkmal "besonders verantwortungsvoll" nach der
Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a) und 1 b) erfüllt. Soweit sich der Beklagte im
Prozess darauf beruft, es handele sich bei dieser Eingruppierung der Klägerin in EG 10
um eine übertarifliche Eingruppierung, ergibt sich dies nicht aus der
Höhergruppierungsmitteilung des Beklagten an die Klägerin vom 05.09.2006. Danach
musste die Klägerin davon ausgehen, dass es sich um eine tarifliche Höhergruppierung
gehandelt hat. Daran vermag auch der nachträgliche Hinweis mit Schreiben vom
17.01.2007, es handele sich dabei eine übertarifliche Eingruppierung nichts ändern.
47
8. Die Klägerin erfüllt darüber hinaus auch die Heraushebungsmerkmale der
Vergütungsgruppe IV a BAT Fallgruppe 1 b. Denn die von ihr ausgeübte Tätigkeit hebt
sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b
Fallgruppe 1 a heraus.
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a. Nach der Rechtsprechung des BAG betrifft das tarifliche Merkmal der "besonderen
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Schwierigkeit" die Anforderung an die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein
fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. Die besondere Schwierigkeit erfordert
somit ein Wissen und Können, das die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b
Fallgruppe 1 a beträchtlich übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im
Einzelfall aus der Breite des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben,
aber auch aus außergewöhnlicher Erfahrung oder einer sonstigen gleichwertigen
Qualifikation, etwa besonderen Spezialkenntnissen (BAG 16.04.1986 – 4 AZR 495/84).
b. Demgegenüber knüpfen die Tarifvertragsparteien bei der Bedeutung des
Aufgabengebiets (Vergütungsgruppe IV a BAT Fallgruppe 1 b) anders als bei der
Anforderung der Schwierigkeit – an die Auswirkungen der Tätigkeit an, wobei sie bei
der Verwendung des Wortes "Bedeutung" vom allgemeinen Sprachgebrauch ausgehen.
Danach ist etwas "von Bedeutung" wenn es von Belang oder großer Tragweite ist, wenn
es gewichtige Nachwirkungen hat. Dabei ist grundsätzlich jede Art der Auswirkung der
Tätigkeit des Angestellten geeignet, die Bedeutung des Aufgabengebietes im tariflichen
Sinne zu begründen (BAG 16.04.1986 – 4 AZR 595/84).
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c. Die von der Klägerin seit dem 01.10.2004 ausgeübte Tätigkeit als Referatsleiterin im
Referat Regionalgeschichte, Archiv, Dokumentationszentrum erfüllt beide
Heraushebungsmerkmale. Ihre zwischen den Parteien unstreitige Tätigkeit wird durch
die Stellenbeschreibung vom 27.09.2004 näher beschrieben. Sie teilt sich in die
Arbeitsvorgänge Archiv mit einem Zeitanteil von 45 %, Dokumentationszentrum mit
einem Zeitanteil von 50 % und Aktualisierung der Bestände zur Familienforschung im R
mit 5 %. Die tariflichen Qualifizierungsmerkmale "besondere Schwierigkeit" und
"Bedeutung" werden von den beiden Hauptarbeitsvorgängen "Archiv" sowie
"Dokumentationszentrum" erfüllt. Die Archivtätigkeit umfasst die Leitung des Archivs, d.
h. die Erarbeitung von Zielen, Grundsätzen, Richtlinien und Anweisungen für die Arbeit
des Archivs in formeller und materieller Hinsicht. Die Führung der Mitarbeiter, die
Entwicklung des Fachgebiets und des Schrifttums prüfen und gegebenenfalls
Richtlinien und Anweisungen umsetzen. Im grundsätzlichen, fachlichen,
organisatorischen und finanziellen Angelegenheiten entscheiden, soweit nicht der
Behördenleiter oder Dezernent zuständig ist, Besprechungen mit
Amtsleitern/Abteilungsleitern bezüglich der Schriftgutverwaltung und archivischen
Fachfragen sowie der Kassation von Registraturgut, Kassationsentscheidungen treffen,
Vertretung des Archivs in Fachausschüssen, Arbeitsgemeinschaften und anderen
Gremien sowie wichtige Besprechungen mit anderen Ämtern, Behörden und
Einzelpersonen führen. Die Archivarbeit betrifft weiterhin die Öffentlichkeitsarbeit, d. h.
Ausstellung und Publikationen (Findbücher) im Archivbereich, Referententätigkeit im
Bereich der Weiterbildung im Landschaftsverband Rheinland und dem Verband der
Archivarinnen und Archivare Deutschland, Zusammenarbeit mit Staats-, Kommunal- und
Wirtschaftsarchiven in der Region, Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft der
Archivare im R . Darüber hinaus beinhaltet die Archivarbeit die Tätigkeit einer
Ausbilderin für den Beruf "Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste". Die
Klägerin ist berufenes Mitglied im Berufsbildungsausschuss des Landes NRW
(Umsetzung von Ausbildungsrichtlinien) und Vorsitzende des Prüfungsausschusses K
(Abnahme von Prüfungen, Festsetzung von Noten). Die Tätigkeit bezüglich des
Arbeitsvorgangs "Dokumentationszentrum" besteht aus der Konzipierung und
Einrichtung eines Dokumentationszentrums zur Erforschung und Publizierung von
Mühlen, Burgen, Schlössern und Industriedenkmälern im R . Darüber hinaus die
verantwortliche Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen im Zusammenarbeit mit
anderen Behörden, Vereinen und Verbänden. Die eigenständige Erarbeitung und
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Umsetzung von Nutzungskonzepten für denkmalgeschützte Objekte (Kulturgüter) im R
zur Einbettung in Tourismuskonzepte. Die Fachkenntnisse der Klägerin werden in der
Stellenbeschreibung wie folgt beschrieben: Zur Erfüllung der genannten Tätigkeiten
muss ständig ein stets abrufbares und einsetzbares vertieftes Wissen mit einer
außerordentlichen Bandbreite anzuwendender Vorschriften und Gesetzen sowie
Verantwortung erbracht werden. Es werden Entscheidungsnotwendigkeiten
vorausgesetzt, die sich praktisch über die gesamte Breite des gesellschaftlichen Lebens
erstrecken. Daneben ist ein außergewöhnliches Erfahrungswissen der Stelleninhaberin
vorauszusetzen. Die Bedeutung der Tätigkeiten liegt darin, dass die Auswirkung sich
auf die Lebensverhältnisse des angesprochenen Personenkreises auswirkt. Die
Klägerin hat Gespräche, Schriftwechsel und Verhandlungen mit Vertretern von
Behörden, Organisationen, Verbänden und Einzelpersonen (Eigentümern von
Kulturgütern) zu führen. Sie übt eine selbstständige Tätigkeit in allen fachlichen
Bereichen aus, soweit nicht der Behördenleiter oder der Dezernent zuständig ist. Sie
trifft selbst die Auswahl und inhaltliche Schwerpunktsetzung der Öffentlichkeitsarbeit.
Dabei sind ihr drei Mitarbeiter/innen unmittelbar unterstellt. Die Archivtätigkeit wirkt sich
auf Verwaltungsangehörige, Benutzer der Einrichtung und Forscher aus. Die Tätigkeit
im Rahmen des Dokumentationszentrums hat Auswirkungen auf Eigentümer und
Wissenschaftler der umliegenden Universitäten, Heimat- und Regionalforscher,
Schulen, Verbände und Organisationen, die sich mit der Problematik befassen. Darüber
hinaus bestehen Auswirkungen auf die Projektgestaltung für die Regionale 2010.
d. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die bezüglich des Archivs und
Dokumentationszentrums ausgeübte Tätigkeit der Klägerin ist besonders schwierig, da
sie ein fachliches Können und eine fachliche Erfahrung erfordert, das die Anforderungen
der Vergütungsgruppe IV b gewichtigerweise übersteigt. Dies ergibt sich aus der in der
Stellenausschreibung im Einzelnen benannten Breite des Wissens wie auch der völlig
selbstständigen Anwendung im Rahmen der von der Klägerin eigenverantwortlich
durchgeführten Projekte. So z. B. das Projekt "B Akten aus drei Jahrhunderten" (1649-
1848). Dafür hat die Klägerin unerschlossenes Material aus dem Archiv ausgewählt, um
das Ergebnis der Öffentlichkeit zugängig zu machen. Dieses Projekt schließt die Lücke
in der Quellenüberlieferung für eine Region von ca. 500.000 Einwohnern. Die Tätigkeit
Dokumentationszentrum bedeutet, dass die Klägerin eine Datenbank zu den
Kulturgütern erstellt. Ziel dieser Dokumentation ist es, die dokumentierten Objekte für
die Öffentlichkeit gezielt auffindbar zu machen. Zum Tätigkeitsmerkmal sowohl die
Arbeit im Rahmen des "Archivs" als auch des "Dokumentationszentrums" haben,
insbesondere durch die Publikationen, etwa der Schriftenreihe des Archivs, große
Auswirkungen auf die ganze Region und damit "Bedeutung" iS des
Qualifizierungsmerkmals. Die Datenbank verschafft den Zugang für jedermann zu
Informationen über die Kulturdenkmäler der Region, so zB. Die von der Klägerin
erstellte Dokumentation von Mühlen im R .
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e. Diese Tätigkeit übt die Klägerin auch weiterhin aus. Insbesondere hat sich daran
nichts durch die Organisationsverfügung vom 30.10.2006 geändert, wonach die bis
dahin beim Beklagten bestehenden Bereiche (Kreisarchiv und "Kulturbüro") zu einem
neuen Referat 4 "Referat für kulturelle Angelegenheiten/Kreisarchiv" zusammengeführt
worden sind. Die Klägerin ist damit zwar einem anderen Referat unter neuer Leitung
zugewiesen, ihre Tätigkeiten im Archiv und Dokumentationszentrum entsprechend der
Stellenbeschreibung vom 27.09.2004 hat sich dadurch jedoch nicht geändert. Dafür fehlt
jeglicher substantiierter Sachvortrag des Beklagten.
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9. Da die Klägerin die Qualifikationsmerkmale der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1
b BAT-VKA erfüllt, ist sie gemäß Vergütungsgruppe III 1b nach vierjähriger
Bewährungszeit seit dem 01.10.2004, also ab dem 01.10.2008 nach der EG 11zu
vergüten. Diese Vergütungsansprüche hat die Klägerin mit Schreiben vom 03.07.2008
auch rechtzeitig unter Einhaltung der tariflichen Verfallfristen geltend gemacht.
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10. Die weitergehende Höhergruppierungsklage auf Vergütung nach Vergütungsgruppe
III und II BAT-VKA war als unbegründet zurückzuweisen. Die Klägerin hat die
Qualifizierungsmerkmale dieser Vergütungsgruppen nicht schlüssig dargetan.
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a. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass sich ihre Tätigkeit über die
tariflichen Erfordernisse der Vergütungsgruppe IV a 1b BAT-VKA durch das Maß der
damit verbundenen Verantwortung erheblich heraushebt. Sie trägt dazu lediglich
pauschal vor, dass die Klägerin "alleinverantwortlich Grundlagenforschung für die
gesamte Region des R entwickelt und auch im Bereich der Datenbanken selbstständig
und in alleiniger Verantwortung quasi Grundlagenforschung leistet. Diese Qualifikation
ist jedoch bereits im Rahmen der Heraushebungsmerkmale der Vergütungsgruppe IV a
"besondere Schwierigkeit" und "Bedeutung" berücksichtigt worden.
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b. Die Klägerin hat auch nicht schlüssig vorgetragen, dass sie nach der
Vergütungsgruppe II 1 a zu vergüten ist. Zwar hat das Berufungsgericht keinen Zweifel
daran, dass die Klägerin nach Ablegung des Master of Arts im Oktober 2006 über ein
wissenschaftliche Hochschulbildung i. S. d. Vergütungsgruppe II verfügt. Die Klägerin
hat jedoch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass sie auch eine
"entsprechende Tätigkeit" ausübt. Denn ihre Tätigkeit hat sich seit dem
Masterabschluss nicht geändert, sondern entspricht, wie bereits ausgeführt, der seit dem
01.10.2004 ausgeübten Tätigkeit entsprechenden Stellenbeschreibung vom
27.09.2004.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem Verhältnis
des Obsiegens und Unterliegens der Parteien.
58
III. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere hatte
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den
besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
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Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Auf die Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
61
Dr. von Ascheraden Röcker Winthuis
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