Urteil des LAG Köln vom 10.03.2008
LArbG Köln: urlaub, mobbing, arbeitsgericht, rechtshängigkeit, gleitzeit, ezb, klagefrist, kausalität, kündigungsfrist, vergütung
Landesarbeitsgericht Köln, 14 Sa 1251/07
Datum:
10.03.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
14.Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 Sa 1251/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 3 (19) Ca 6072/06
Schlagworte:
Schadensersatz wegen Mobbing
Normen:
§ 280 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Begehrt ein Arbeitnehmer Schadensersatz wegen einer
arbeitgeberseitigen Kündigung, die er auf Mobbing des Arbeitgebers
zurückführt, muss er die Kündigung rechtzeitig innerhalb der
dreiwöchigen Klagefrist angreifen.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 30.05.2007 – 3 (19) 6072/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger macht mit der Klage Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen
Mobbing geltend.
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Der Kläger war seit dem 10.01.1984 als Sachbearbeiter für die Beklagte mit einem
monatlichen Verdienst von zuletzt 2.950,00 € tätig.
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Mit Schreiben vom 19.08.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers
(Bl. 15 f. d. A.), weil der Kläger Arbeiten für die Inventurbewertung trotz
verschiedentlicher Nachfristsetzungen nicht vorgenommen und eigenmächtig Urlaub
genommen habe.
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Der Kläger widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 22.08.2005, die Beklagte
teilte dem Kläger mit Schreiben vom 15.09.2005 mit, dass sie an ihrer Kündigung
festhalte.
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Erst mit am 11.10.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ der Kläger
Kündigungsschutzklage und zugleich einen Antrag auf nachträgliche Zulassung dieser
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Kündigungsschutzklage bei Gericht einreichen. Das Arbeitsgericht Köln hat den Antrag
auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage durch Beschluss vom
11.01.2006 zurückgewiesen, die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des
Klägers hat das Landesarbeitsgericht Köln durch Beschluss vom 04.10.2006 – 7 Ta
295/06 – zurückgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, der Kläger habe
keinen ausreichenden Entschuldigungsgrund für die Versäumung der Klagefrist
vorgetragen und zudem die 2-wöchige Frist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG versäumt, weil er
jedenfalls spätestens ab Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 15.09.2005 gewusst
habe, dass die Beklagte an der ausgesprochenen Kündigung festhalte.
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger Schadensersatz wegen Mobbing und hat
hierzu vorgetragen, die Beklagte habe ihm unrechtmäßig Urlaub verweigert, ihn nicht an
der Gleitzeit teilhaben lassen sowie keinerlei Unterstützung bei der Durchführung seiner
Inventurarbeiten gewährt sowie durch Hinhalten von der rechtzeitigen Erhebung einer
Kündigungsschutzklage abgehalten. Dies erfülle den Tatbestand des Mobbings. Daraus
ergäben sich Schadensersatzansprüche, insbesondere die Vergütung für die Zeit vom
Ausspruch der fristlosen Kündigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist,
also bis Februar 2006, und zwar 680,43 € sowie weitere 20.650,00 €, ferner
Urlaubsabgeltung, die in der Berufungsinstanz mit 618,92 € beziffert worden ist.
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Gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgericht vom 30.05.2007 (Bl. 89 ff. d. A.)
hat der Kläger fristgerecht Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist auf den 11.12.2007 am 11.12.2007 begründen lassen.
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Der Kläger trägt vor, er habe wegen Mobbing durch die Beklagte Anspruch auf
Schadensersatz in Höhe eines Verdienstausfalles für die Zeit von August 2005 bis
Februar 2006 in Höhe von insgesamt 21.330,43 € (680,43 € + 20.650,00 €). Der
Schadensersatzanspruch folge aus §§ 280, 823, 831 BGB. Die Mobbinghandlungen
seien darin zu sehen, dass Urlaubsanträge des Klägers bzgl. Februar 2005 abgelehnt
worden seien, der Kläger nicht die Möglichkeit gehabt habe, an der Gleitzeit
teilzunehmen sowie darin, dass seitens Kollegen und Vorgesetzten die Mitarbeit bei der
Erfüllung seiner Inventurarbeiten verweigert worden sei. Die Beklagte habe
diesbezüglich ihre Fürsorgepflicht verletzt und hafte für ihre Mitarbeiter gemäß § 278
BGB.
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Das Verhalten von Kollegen und Vorgesetzten sei außerdem mit ursächlich dafür
gewesen, dass der Kläger nicht rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben habe. Er
habe darauf vertraut, dass ihm durch ein Abwarten keine weiteren Nachteile entstünde.
Schließlich stehe dem Kläger Urlaubsabgeltung für 6 Tage Urlaub zu in Höhe von
insgesamt 816,92 € brutto.
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Der Kläger beantragt unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts
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Köln vom 30.05.2007 – 3 (19) Ca 6072/06 – die Beklagte zu verurteilen,
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an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 680,43 € brutto nebst 5 % Zinsen
über den Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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an den Kläger weitere 20.650,00 € brutto nebst 5 % Zinsen über den
Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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an den Kläger weitere 816,92 € brutto nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz
der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Die Beklagte bestreitet entschieden Mobbinghandlungen vorgenommen zu haben und
verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
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Für die Ablehnung des Urlaubsantrages bzgl. Februar 2005 habe es wichtige
betriebliche Gründe gegeben, die Herausnahme aus der Gleitzeit sei nur deshalb
erfolgt, weil der Kläger das maximale Stundenminus von 10 Stunden deutlich
überschritten habe. Unrichtig sei auch, dass dem Kläger notwendige Unterstützung über
seine Arbeit verweigert worden sei. Im Übrigen fehle es hinsichtlich aller vom Kläger
geltend gemachten Mobbinghandlungen an einer Kausalität für den von ihm geltend
gemachten Schaden. Keine dieser Handlungen sei geeignet gewesen, den Kläger von
der rechtzeitigen Verfolgung seiner Rechte abzuhalten.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung des Klägers, an deren Zulässigkeit keine Zweifel bestehen, ist
unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage des Klägers abgewiesen.
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I. Ein Schadensersatzanspruch im Umfang der Vergütung für die Zeit vom 19.08.2005
bis zum 28.02.2006 in einer Gesamthöhe von 21.330,43 € besteht nicht.
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1. Es mangelt für die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen - §§ 280 823, 831
BGB – schon an einer Kausalität zwischen den behaupteten Mobbinghandlungen und
den vom Kläger geltend gemachten Schäden. Der vom Kläger geltend gemachte
Schaden, das Arbeitsentgelt für die Zeit der ordentlichen Kündigungsfrist, kann nicht
aufgrund der vom Kläger behaupteten Mobbinghandlungen entfallen sein. Denn allein
ursächlich für den Verlust dieser Verdienstansprüche ist es, dass der Kläger versäumt
hat, rechtzeitig gegen die ausgesprochene Kündigung Kündigungsschutzklage zu
erheben oder zumindest rechtzeitig einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der
Kündigungsschutzklage zu stellen. Dadurch ist die außerordentliche Kündigung gemäß
§ 13 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit § 4, 7 KSchG rechtswirksam geworden.
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Entschuldigungsgründe für diese Fristversäumnis sind nicht gegeben. Insoweit wird auf
die rechtskräftige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 04.10.2006 – 7 Ta
295/06 – verwiesen.
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Sämtliche vom Kläger behaupteten Mobbinghandlungen können nicht als Ursache dafür
herangezogen werden, dass der Kläger sowohl die Klagefrist als auch die Frist zur
Beantragung einer nachträglichen Zulassung der Klage versäumt hat. Alle vom Kläger
angeführten Handlungen lagen zeitlich vor dem Ausspruch der Kündigung und hätten
den Kläger nicht gehindert, rechtzeitig gegen die Kündigung vorzugehen. Insbesondere
hat die Beklagte den Kläger auch nicht von der rechtzeitigen Einleitung von
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Maßnahmen abgehalten. Denn spätestens mit dem Schreiben der Beklagten vom
15.09.2005 war eindeutig und unmissverständlich klargestellt, dass die Beklagte an
ihrer Kündigung festhalten würde. Spätestens innerhalb von 2 Wochen nach dieser
Klarstellung hätte der Kläger daher, um seine Rechte zu wahren, Antrag auf
nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG
stellen müssen. Tatsächlich ist dies erst deutlich später geschehen und kann nicht auf
ein Verhalten der Beklagten zurückgeführt werden, sondern hat seine Ursache allein
darin, dass der Kläger es versäumt hat, rechtzeitig Rechtsrat einzuholen.
Alle Schadensersatzansprüche scheitern daher schon an fehlender Ursächlichkeit.
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2. Unabhängig hiervon erfüllen die vom Kläger behaupteten Handlungen der Beklagten
und ihrer Mitarbeiter nicht ansatzweise die Voraussetzungen, die an das Vorliegen von
Mobbinghandlungen entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zu stellen sind (siehe dazu BAG, Urteil vom 25.10.2007 – 8 AZR
593/06 -).
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Soweit sich der Kläger auf die Ablehnung eines Urlaubsantrags im Februar 2005 beruft,
hat er nicht zu den von der Beklagtenseite ausgeführten betrieblichen Belange, die eine
Gewährung von Urlaub entgegen standen, Stellung genommen. Unstreitig ist zudem,
dass der Kläger im Februar 2005 am 03.02. und am 07.02.2005 Urlaub hatte und
insgesamt im Jahre 2005 24 Tage Urlaub erhalten hat.
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Nicht beanstandet werden kann auch, dass die Beklagte dem Kläger die weitere
Teilnahme am Gleitzeitverfahren nicht mehr gestattet hatte, nachdem dieser nach den
Angaben der Beklagten, die der Kläger nicht bestritten hat, das zulässige Stundenminus
überschritten hatte. Schließlich zeigt der Emailverkehr mit dem Kläger im August 2005
(Bl. 213 f. d. A.), insbesondere die Email des Klägers vom 04.08.2005 an Herrn S , dass
der Kläger seinerseits nicht angemessen auf die ihm erteilte Weisung reagierte.
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Nach allem steht dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu.
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II. Auch ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 816,92 € steht dem Kläger nicht
zu. Der Urlaubsanspruch des Jahres 2005 hätte gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG spätestens bis
zum 31.03.2006 geltend gemacht werden müssen. Tatsächlich ist ein
Urlaubsabgeltungsanspruch, zunächst in sehr viel größerem Umfang, nämlich 5.095,42
€, mit der am 31.07.2006 bei Gericht eingegangenen Klage geltend gemacht worden.
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Auch ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nicht zu. Dies
setzt voraus, dass der Kläger den restlichen Urlaub zunächst von seinem Arbeitgeber
erfolglos verlangt hätte. Dafür ist jedoch nichts Substantiiertes vorgetragen, zumal der
Kläger, nachdem sein Urlaubsantrag für den 02.06.2005 abgelehnt worden war, im
Anschluss daran im Juli 2005 einen insgesamt 11-tägigen Urlaub unstreitig erhalten hat.
Dass der Kläger danach verlangt hätte, ihm 6 Tage angeblich noch zustehenden
Resturlaub gewährt bzw. nach Ende des Arbeitsverhältnisses abgegolten zu
bekommen, ist weder dargetan noch ersichtlich.
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III. Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben und musste mit der Kostenfolge
des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
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Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine
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rechtsgrundsätzlich Bedeutung hatte und auch kein Fall von Divergenz vorlag.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen dieses Urteil ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben.
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Hinsichtlich der Voraussetzungen einer Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a
ArbGG Bezug genommen.
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Dr. Griese Schloß Müller
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