Urteil des LAG Köln vom 28.01.2008
LArbG Köln: erste hilfe, unternehmen, gebäude, offenkundig, organisation, präsident, arbeitsgericht, betriebsrat, vorsitz, zusammenarbeit
Landesarbeitsgericht Köln, 14 TaBV 70/07
Datum:
28.01.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 TaBV 70/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 6 BV 122/07
Schlagworte:
Zuständigkeit von Konzern- und Gesamtbetriebsrat
Normen:
§§ 50, 58 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Sind mehrere Betriebe und Unternehmen eines Konzerns in einem
Gebäude untergebracht, ergibt sich daraus allein nicht die
Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung in Bezug auf
Arbeitsschutztatbestände.
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1.) gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Bonn vom 07.11.2007 wird zurückgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I.
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Die Beschwerdeführerin ist die Konzernobergesellschaft des Konzerns der D T AG. Der
Beschwerdegegner ist der im Konzern der D T AG gebildete Konzernbetriebsrat.
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In das neu errichtete Bürogebäude der Beschwerdeführerin in Bonn sollen insgesamt 16
konzernangehörige Betriebe und Unternehmen einziehen.
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Erstinstanzlich hat die Beschwerdeführerin beantragt, eine Einigungsstelle zu bilden,
die sich mit der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie dem
Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften nach einem einheitlichen
unteilbaren Raum- und Nutzungskonzept befassen soll, ferner mit der Vereinbarung
eines Interessenausgleichs im Zusammenhang mit den Umzügen der Betriebe in das
neue Gebäude nach einem einheitlichen unteilbaren Raum- und Nutzungskonzept und
schließlich mit den Zutrittskontrollen für dieses Gebäude.
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Durch Beschluss vom 07.11.2007 hat das Arbeitsgericht dem Antrag hinsichtlich der
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Vereinbarung eines Interessenausgleichs im Zusammenhang mit den Umzügen der
Betriebe in das neue Gebäude nach einem einheitlichen unteilbaren Raum- und
Nutzungskonzept sowie hinsichtlich der Zutrittskontrollen entsprochen, jedoch den
Antrag der Beschwerdeführerin bezüglich der Bildung einer Einigungsstelle zur
Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie des Gesundheitsschutzes
im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften in dem
neuen Gebäude nach einem einheitlichen unteilbaren Raum- und Nutzungskonzept
abgelehnt.
Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer fristgerecht eingelegt und
begründeten Beschwerde.
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Die Beschwerdeführerin bringt vor, dem neuen Gebäude liege ein einheitliches,
unteilbares Raumkonzept zugrunde. Deshalb seien nicht die einzelnen Betriebsräte
zuständig, da die angesprochenen Fragen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung
nur einheitlich geregelt werden könnten. So sei es beispielsweise technisch und baulich
unmöglich, für einzelne Flure oder einzelne Räume unterschiedliche Regelungen zum
Unfall- und Gesundheitsschutz zu treffen. Die Beschwerdeführerin verfolge das Konzept
einer "atmenden" Nutzung. Wegen des darin liegenden Veränderungsbedarfes sei eine
einheitliche Regelung geboten, da andernfalls untragbare Störungen aufträten, weil bei
jeder Veränderung immer wieder verschiedene Einzelbetriebsräte
Mitbestimmungsrechte geltend machen könnten. Beispielsweise könne die Frage des
Nichtraucherschutzes, aber auch die Frage, wer zur Fachkraft für Arbeitssicherheit
bestellt werde, nur einheitlich geregelt werden. Dies treffe auch auf viele andere
Aspekte zu, beispielsweise die Regelung bezüglich der Raumtemperatur, des
Beleuchtungskonzepts, des Belüftungskonzepts, des Lärmschutzkonzepts, des
Notfallschutzes und der Notfallprävention, der Gestaltung der Pausenräume und der
Erste Hilfe Räume sowie der Maßnahmen zur Schaffung und Einhaltung der
gesetzlichen Vorgaben für die Bildschirmarbeit.
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Die Beschwerdeführerin beantragt,
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1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts
Bonn vom 07.11.2007, Az.: 6 BV 122/07 abgeändert, soweit er den hilfsweisen
Antrag I.a) zur Zuständigkeit der Einigungsstelle unter dem Vorsitz des
Präsidenten des Landesarbeitsgerichts N , Herr Prof. Dr. G L , Dienstanschrift: S
10, H , zurückgewiesen hat. Der Präsident des Landesarbeitsgerichts N , Herr
Prof. Dr. G L , Dienstanschrift: S 10, H , wird zum Vorsitzenden einer
Einigungsstelle bestellt, deren Regelungsgegenstand betriebs- und
unternehmensübergreifend die Mitbestimmung bei der Verhütung von
Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie der Gesundheitsschutz im Rahmen
der gesetzliche Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften bei dem
Gebäude F -E -A , B ist.
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2. Hilfsweise: Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des
Arbeitsgerichts Bonn vom 07.11.2007, Az.: 6 BV 122/07 abgeändert, soweit er den
hilfsweisen Antrag I.a) zur Zuständigkeit der Einigungsstelle unter dem Vorsitz des
Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Niedersachen, Herr Prof. Dr. G L ,
Dienstanschrift: S 10, H , zurückgewiesen hat. Der Präsident des
Landesarbeitsgerichts N , Herr Prof. Dr. G L , Dienstanschrift: S 10, H , wird zum
Vorsitzenden einer Einigungsstelle bestellt, deren Regelungsgegenstand betriebs-
und unternehmensübergreifend die Mitbestimmung bei der Verhütung von
Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie der Gesundheitsschutz im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften bei dem
Gebäude F -E -A , B , insbesondere:
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zuträgliche Raumtemperatur
Beleuchtungskonzept
Belüftungskonzept
Lärmschutzkonzept
Notfallschutz und Notfallprävention
Nichtraucherschutz
Pausenräume/Pausenbereich/Liegeräume
Erste-Hilfe-Räume
Gefährungsanalyse
Zusammenarbeit der Arbeitgeber
Unterweisung der Mitarbeiter
Bildschirmarbeit
betriebliche Organisation des Arbeitsschutzes
arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen.
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ist.
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3. Höchst hilfsweise: Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des
Arbeitsgerichts Bonn vom 07.11.2007, Az.: 6 BV 122/07 abgeändert, soweit er den
hilfsweisen Antrag I.a) zur Zuständigkeit der Einigungsstelle unter dem Vorsitz des
Präsidenten des Landesarbeitsgerichts N , Herr Prof. Dr. G L , Dienstanschrift: S
10, H , zurückgewiesen hat. Der Präsident des Landesarbeitsgerichts N , Herr
Prof. Dr. G L , Dienstanschrift: S 10, H , wird zum Vorsitzenden einer
Einigungsstelle bestellt, deren Regelungsgegenstand betriebs- und
unternehmensübergreifend die Mitbestimmung bei der Verhütung von
Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie der Gesundheitsschutz im Rahmen
der gesetzliche Vorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften bei dem Gebäude
F -E -A , B bezüglich:
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a. zuträgliche Raumtemperatur (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der
gesetzlichen Vorgaben für die Raumtemperatur - § 3 Abs. 1 ArbStättV -)
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b. Beleuchtungskonzept (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen
Vorgaben für die Beleuchtung - § 3 Abs. 1 ArbStättV -)
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c. Belüftungskonzept (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen
Vorgaben für die Belüftungskonzept - § 3 Abs. 1 ArbStättV -)
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d. Lärmschutzkonzept (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen
Vorgaben für den Lärmschutz - § 3 Abs. 1 ArbStättV -)
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e. Notfallschutz und Notfallprävention (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der
gesetzlichen Vorgaben für Vorkehrungen für Notfallschutz, Notfallprävention und
Erste-Hilfe - § 4 Abs. 4 ArbStättV, § 10 ArbSchG-)
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f. Nichtraucherschutz (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen
Vorgaben für den Nichtraucherschutz - § 5 ArbStättV -)
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g. Pausenräume/Pausenbereich/Liegeräume (Maßnahme zur Schaffung und
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Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für
Pausenräume/Pausenbereich/Liegeräume - § 6 Abs. 3 ArbStättV -)
32
h. Erste-Hilfe-Räume (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen
Vorgaben für Erste-Hilfe-Räume – 6 Abs. 4 ArbStättV -)
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i. Gefährdungsanalyse (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen
Vorgaben für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen - § 5 ArbSchG)
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j. Zusammenarbeit der Arbeitgeber der im Gebäude B 9 tätigen Arbeitnehmer
(Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für die
Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber - § 8 ArbSchG -)
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k. Unterweisung der Mitarbeiter (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der
gesetzlichen Vorgaben für die Unterweisung der Mitarbeiter - § 12 ArbSchG -)
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l. Bildschirmarbeit (Maßnahme zur Schaffung und Einhaltung der gesetzlichen
Vorgaben für die Bildschirmarbeit - § 5 ArbSchG i. V. m. § 3 BildschirmV -)
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m. Betriebliche Organisation des Arbeitsschutzes (Maßnahme zur Schaffung und
Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für die betriebliche Organisation des
Arbeitsschutzes - § 9 ASiG -)
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n. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (Maßnahmen zur Schaffung und
Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchungen – § 11 ArbSchG -).
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Der Beschwerdegegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Der Beschwerdegegner macht geltend, die Argumente, mit denen die
Beschwerdeführerin eine Mitbestimmungskompetenz der einzelnen Betriebsräte
negiere, sei mitbestimmungswidrig oder werde zumindest unter Außerachtlassung der
mitbestimmungsrechtlichen Situation vorgetragen. Denn das "Ob, Wann und Wie" eines
geplanten Umzuges hänge zunächst einmal von den
Interessenausgleichsverhandlungen ab, die die Beschwerdeführerin selbst beantragt
und als interessenausgleichspflichtige Maßnahme eingestuft habe.
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Die Planung der Beschwerdeführerin könne deshalb nicht als Faktum hingestellt
werden. Auch das von der Beschwerdeführerin beabsichtigte "Atmen" der gebäudlichen
Nutzung sei ein mitbestimmungspflichtiger Vorgang.
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Ein Zwang zur Einheitlichkeit der Regelung der von der Beschwerdeführerin
angesprochenen Fragen bestehe nicht. Tatsächlich gehe es nur um das finanzielle
Interesse der Beschwerdeführerin an einer einheitlichen und damit möglichst
kostengünstigen Lösung.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird insbesondere auf die
Beschwerdebegründung und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde der
Beschwerdeführerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht hinsichtlich der
streitigen Fragen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung in dem neuen Gebäude
der Beschwerdeführerin die Zuständigkeit der einzelnen Betriebsräte angenommen.
Denn diese sind für die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Fragen des
Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung offensichtlich zuständig.
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Angesichts dieser offensichtlichen Zuständigkeit der einzelnen Betriebsräte konnte die
Beschwerde der Beschwerdeführerin keinen Erfolg haben.
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1. Die Voraussetzungen für eine abweichende Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats
gemäß § 50 BetrVG bzw. des Konzernbetriebsrats gemäß § 58 BetrVG sind offenkundig
nicht gegeben.
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Für die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist
grundsätzlich der von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählte und deshalb mit der
höchsten demokratischen Legitimation versehene Betriebsrat zuständig. Die
Zuständigkeit eines übergeordneten Betriebsratsgremiums setzt voraus, dass es sich
um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und ein objektiv
zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende
Regelung besteht. Das Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen
ergeben (siehe BAG, Beschluss vom 14.11.2006 – 1 ABR 4/06 -, NZA 2007, Seite 399).
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Es muss eine zwingende sachliche Notwendigkeit bestehen, eine
betriebsübergreifende Regelung vorzunehmen. Bloße Zweckmäßigkeitsüberlegungen
rechtfertigen demgegenüber eine unternehmenseinheitliche Regelung nicht.
Insbesondere begründet das Kosteninteresse des Arbeitgebers an einer einheitlichen
Regelung kein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung (siehe
BAG, Beschluss vom 08.06.2004 – 1 ABR 4/03 -, NZA 2005, Seite 227 ff.; BAG
Beschluss vom 09.12.2003 – 1 ABR 49/02 -, NZA 2005, Seite 234 ff.; Fitting,
Betriebsverfassungsgesetz § 50, Rz. 22 ff.; Erfurter Kommentar Eisemann, 8. Aufl., § 50
BetrVG, Rz. 3).
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2. Ausgehend hiervon sind die einzelnen Betriebsräte für die von der
Beschwerdeführerin angesprochenen Regelungsfragen offenkundig zuständig. Nicht
gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin, wenn sie aus der Tatsache, dass die
Mehrzahl von Betrieben und Unternehmen in einem Gebäude untergebracht werden
soll, zu einem zwingenden Erfordernis für eine einheitliche Regelung gelangt.
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Es entspricht den praktischen Bedingungen moderner Arbeitswelt, dass in großen
Bürogebäuden oft eine Vielzahl voneinander unabhängigen Unternehmen angesiedelt
sind, deren Gemeinsamkeit allein darin besteht, dass sie in einem Gebäude
untergebracht sind und dort Schreibtischarbeit verrichtet wird.
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Wäre die Annahme der Beschwerdeführerin zutreffend, dass allein aus der Tatsache,
dass verschiedene Betriebe und Unternehmen in einem Gebäude, das nur durch einen
Eingang erreichbar ist, ein zwingendes Erfordernis für eine einheitliche Arbeitsschutz
und Unfallverhütungsregelung abzuleiten wäre, so würde dies bedeuten, dass eine
Regelungskompetenz der einzelnen Betriebsräte selbst dann nicht bestehen würde,
wenn die einzelnen Betriebe und Unternehmen überhaupt nichts miteinander zu tun
haben. Vielmehr wird in einem solchen Fall jeder in einem Bürohochhaus angesiedelte
Betrieb sein eigenes Arbeitsschutz und Unfallverhütungskonzept mit seinem jeweiligen
Betriebsrat vereinbaren können.
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Dann kann aber nichts anderes gelten, wenn die einzelnen Betriebe und Unternehmen
rechtlich zu einer Konzernobergesellschaft gehören. Denn dies ändert nichts daran,
dass die Betriebe und Unternehmen selbstständig sind und sich gerade dadurch
auszeichnen, dass sie eine jeweils eigenständige personell organisatorische
Leitungsstruktur haben und jeweils unterschiedliche Betriebsräte gewählt sind.
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Mit der Aufspaltung in eine Vielzahl von selbstständigen organisatorischen Einheiten ist
denknotwendig verbunden, dass diese jeweils autonome Entscheidungen treffen
können, so dass die jeweilige Betriebsleitung zusammen mit dem jeweiligen Betriebsrat
die originäre Regelungskompetenz hat. Letztlich ist dies die Konsequenz aus dem
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gewählten Organisationsmodell. Wer eine Aufspaltung in eine Vielzahl von
selbständigen Organisationseinheiten vornimmt und die daraus entstehenden Vorteile
nutzen will, muss als Kehrseite auch in Kauf nehmen, eine Vielzahl von autonomen
Entscheidungsebenen zu haben, die im Rahmen der gesetzlichen Spielräume
unterschiedliche Entscheidungspräferenzen setzen können.
3. Das nachvollziehbare Kosteninteresse, das die Beschwerdeführerin an einer
Vereinheitlichung hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine solche
Zweckmäßigkeitsüberlegung vermag die grundlegende Kompetenzverteilung der
Betriebsverfassung, wonach grundsätzlich jeweils unmittelbar gewählten Betriebsräte
zuständig sind, nicht in Frage zu stellen. Die Beschwerdeführerin kann sich in diesem
Zusammenhang auch nicht auf ihr Konzept einer "atmenden" Nutzung und darauf
berufen, dass die einzelnen Unternehmen und Betriebe nicht durch räumliche
Trennwände innerhalb einer Büroetage abgegrenzt sind. Denn damit wird offenkundig
vorweg genommen, was zunächst im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen
zu vereinbaren wäre. Die Beschwerdeführerin selbst hat durch ihr erstinstanzliches
Vorbringen deutlich gemacht, dass sie den Umzug in das neue Gebäude unter
Anwendung eines einheitlichen Raum- und Nutzungskonzepts für eine
mitbestimmungspflichtige interessenausgleichspflichtige Maßnahme hält. Ein
einheitliches, unteilbares Raum- und Nutzungskonzept kann daher erst dann in Betracht
kommen, wenn ein entsprechendes Ergebnis der Interessenausgleichsverhandlungen
in der von der Beschwerdeführerin selbst hierzu beantragten Einigungsstelle vorliegt.
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4. Die fehlende zwingende Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung erweist sich
auch an den von der Beschwerdeführerin in den Hilfsanträgen geltend gemachten
Einzelfragen. Hinsichtlich aller Einzelfragen ist zunächst festzuhalten, dass
Mitbestimmungsrechte ohnehin nur insoweit in Betracht kommen, als nach den
gesetzlichen Regelungen noch Regelungsspielräume verbleiben. Diese – zum Teil
recht schmalen - Spielräume können jedoch von den einzelnen Betriebsräten
wahrgenommen werden.
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Dies gilt beispielsweise für den von der Beschwerdeführerin angeführten
Nichtraucherschutz. In den einzelnen Betrieben und Unternehmen lassen sich recht
unterschiedliche Konzepte für die Verwirklichung des Nichtraucherschutzes finden, sei
es dass das Rauchen im jeweiligen Betrieb generell untersagt wird, sei es
beispielsweise, dass spezielle geschlossene Raucherräume geschaffen werden.
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Gleiches gilt für Pausenräume, die für jeden Betrieb bzw. jedes Unternehmen
einzurichten sind. Auch hier sind entsprechend den unterschiedlichen Präferenzen der
jeweiligen Betriebsleitungen und Betriebsräte unterschiedliche
Ausstattungsmöglichkeiten denkbar. Auch für die Erste-Hilfe-Räume gilt, dass für diese
in jedem Betrieb bzw. Unternehmen einzurichtenden Räume jeweils ein Raum
festgelegt werden muss und im Rahmen der ohnehin gesetzlich bestehenden Vorgaben
Regelungen über die Ausgestaltung getroffen werden können.
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Besonders deutlich wird die Bandbreite der Regelungen bei der betrieblichen
Organisation des Arbeitsschutzes. Insoweit besteht gemäß § 9 Abs. 3 ASiG ein
umfängliches Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Bestellung und Abberufung
von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit. Da dies eine Frage des
Vertrauens in die Fähigkeiten und die Unabhängigkeit der jeweiligen Person ist, kann
die Entscheidung über die zu berufende Person sehr unterschiedlich ausfallen. Es ist
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jedenfalls nicht angängig, arbeitgeberseitig mitbestimmungsfrei eine bestimmte Person
bzw. ein Unternehmen als Fachkraft für Arbeitssicherheit für alle Betriebe und
Unternehmen vorgeben zu wollen. Dies unterliegt vielmehr der
Mitbestimmungskompetenz der einzelnen Betriebsräte.
Auch bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen wie auch bei der
Bildschirmarbeit können die einzelnen Betriebsleitungen und die einzelnen Betriebsräte
im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben jeweils unterschiedliche Präferenzen setzen.
Dies gilt auch für Gefährdungsanalysen wie auch – wiederum im Rahmen der
gesetzlichen und baupolizeilichen Vorgaben – für Notfallschutz und Notfallprävention.
Schließlich lassen sich auch Raumtemperatur, Beleuchtung, Belüftung und Lärmschutz
unter Nutzung einer einheitlichen Gebäudetechnik an den jeweiligen Arbeitsplätzen
unterschiedlich gestalten, z. B. durch unterschiedliche Raumtemperaturen in einzelnen
Etagen oder unterschiedliche zusätzliche Leuchtmittel an einzelnen Arbeitsplätzen.
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Dies gilt schließlich auch im Hinblick auf die Ausgestaltung der Arbeitsplätze im
Hinblick auf behinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Da es viele
unterschiedliche Arten der Behinderung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen
gibt, wird sich die Regelung in den jeweiligen Betrieben und Unternehmen gerade
danach ausrichten, für welche konkret im Betrieb vorkommenden Behinderungen
jeweils situationsangepasste Lösungen vereinbart werden müssen. Angesichts der
großen Varianz denkbarer Einzelregelungen sind die unmittelbar gewählte Betriebsräte
offenkundig zuständig.
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5. Aus den genannten Gründen konnten auch die Hilfsanträge der Beschwerdeführerin
keinen Erfolg haben, denn wie dargelegt besteht in den genannten Einzelfragen
offenkundig kein zwingendes Bedürfnis für eine betriebsübergreifende einheitliche
Regelung.
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Insgesamt hatte die Beschwerde keinen Erfolg und musste zurückgewiesen werden.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen diesen Beschluss ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben.
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(Dr. Griese)
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