Urteil des LAG Köln vom 22.04.2010
LArbG Köln (zahlung, kläger, verlängerung der frist, fälligkeit, verbindung, arbeitsverhältnis, berufungskläger, bezug, verweisung, arbeitsvertrag)
Landesarbeitsgericht Köln, 7 Sa 1260/09
Datum:
22.04.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7.Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Sa 1260/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 10 Ca 10828/08
Schlagworte:
Incentive-Zahlung; Arbeitsordnung; Verweisungskette; Verfallfristen;
Fälligkeit
Normen:
§§ 271, 305 ff. BGB; § 19 Ziffer 2 MTV Metall NRW
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Es stellt keine widersprüchliche, unklare oder aus anderen Gründen
intransparente Regelung dar, wenn der Arbeitsvertrag eines sog. AT-
Angestellten auf die Arbeitsordnung des Arbeitgebers verweist und
diese den Verfall beiderseitiger Ansprüche bestimmt, wenn diese nicht
innerhalb der tariflich dafür vorgesehenen Fristen geltend gemacht
worden sind.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 03.09.2009 in Sachen
10 Ca 10828/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger noch aus dem zum 31.12.2004 beendeten
Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ein Anspruch auf eine Incentive-Zahlung für das
Kalenderjahr 2004 zusteht.
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Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur
Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 10. Kammer des
Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand
und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 03.09.2009 Bezug
genommen.
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Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 06.10.2009 zugestellt. Der Kläger
hat hiergegen am 05.11.2009 Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Frist
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bis zum 14.12.2009 am 14.12.2009 begründen lassen.
Der Kläger stellt verschiedene rechtliche Überlegungen an, warum seiner Ansicht nach
seine Forderung auf eine Incentive-Zahlung für das Kalenderjahr 2004 entgegen N r. 13
Abs. 1 seines Arbeitsvertrages in Verbindung mit Abschnitt 1.13 der für die Beklagte
geltenden Arbeitsordnung und § 19 Ziffer 2 des Manteltarifvertrages für die
Metallindustrie NRW nicht verfallen sein soll.
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Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
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1. die Berufungsbeklagte unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom
03.09.2009, 10 Ca 10.828/08, zu verurteilen, an den Berufungskläger 12.272,00 €
nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen;
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2.
hilfsweise
Arbeitsgerichts Köln vom 03.09.2009, 10 Ca 10828/08, zu verurteilen, die an den
Berufungskläger zu leistende Incentive-Zahlung für das Geschäftsjahr 2004
festzusetzen und den aus der Festsetzung sich ergebenden Betrag nebst 4 %
Zinsen seit dem 01.05.2005 zu zahlen.
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Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte beruft sich in Übereinstimmung mit dem Urteil des Arbeitsgerichts darauf,
dass ein Anspruch des Klägers auf eine Incentive-Zahlung für das Jahr 2004 verfallen
sei, weil der Kläger sie erst geraume Zeit nach Ablauf der in § 19 Ziffer 2 MTV Metall
NRW geregelten tariflichen Ausschlussfrist, nämlich im Laufe des Jahres 2008, erstmals
geltend gemacht hat.
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Auf die Einzelheiten der Berufungsbegründungsschrift, der Berufungserwiderungsschrift
und des weiteren Schriftsatzes des Klägers vom 15.04.2010 wird Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom
03.09.2009 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und
wurde gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.
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II. Die Berufung des Klägers musste jedoch erfolglos bleiben. Die 10. Kammer des
Arbeitsgerichts Köln hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden und ihre
Entscheidung auch umfassend und überzeugend begründet.
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1. Ein Anspruch des Klägers auf eine Incentive-Zahlung für das Jahr 2004 ist wegen
einer um mehrere Jahre verspäteten Geltendmachung verfallen. Dies ergibt sich aus Nr.
13 Abs. 1 des Anstellungsvertrages des Klägers in Verbindung mit Abschnitt 1.13 der
Arbeitsordnung der Beklagten und § 19 Ziffer 2 MTV Metall NRW.
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a. Gemäß Nr. 13 Abs. 1 des Anstellungsvertrages der Parteien gilt für das
Arbeitsverhältnis, soweit im Arbeitsvertrag nichts anderes festgelegt ist, insbesondere
die Arbeitsordnung der Beklagten in ihrer jeweiligen Fassung. Nach Abschnitt 1.13 der
Arbeitsordnung sind Ansprüche der Parteien gegeneinander schriftlich geltend zu
machen und müssen, damit sie nicht verfallen, auch nach dem Ausscheiden des
Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb der geltenden tariflichen
Ausschlussfristen geltend gemacht werden. Die tarifliche Ausschlussfrist beträgt gemäß
§ 19 Ziffer 2 b) MTV Metall NRW drei Monate nach Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs.
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b. Gemäß Nr. 2 b) Abs. 2 des Einstellungsvertrages der Parteien sollte die Abrechnung
von dem Kläger zustehenden Incentive-Zahlungen "jeweils nach Feststellung der
Zielerreichung, d. h. in der Regel im Folgejahr" erfolgen. In dem vom Kläger als Anlage
2 zu seiner Klageschrift vorgelegten Auslobungsschreiben der Beklagten vom Juni 2004
heißt es:
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"Im November 2004 wird eine pauschale Vorauszahlung in Höhe von 1/3 der zu
erwartenden variablen Vergütung geleistet. Nach Vorliegen des
Jahresabschlusses 2004 wird die Zahlung je einzeln zielgetrennt ermittelt….
Die Abrechnung wird dann in 2005 erfolgen".
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c. Der Kläger selbst geht offensichtlich von einer Fälligkeit seines Anspruchs auf die
Incentive-Zahlung 2004 zum 30.04.2005 aus. Dies lässt sich daraus entnehmen, dass
der Kläger im vorliegenden Verfahren mit Wirkung ab dem 01.05.2005 Verzugszinsen
geltend macht. Auch wenn man jedoch die arbeitsvertragliche Fälligkeitsregelung und
diejenige, die sich aus dem vom Kläger herangezogenen Auslobungsschreiben vom
Juni 2004 ergibt, zu seinen Gunsten im vorliegenden Problemzusammenhang so
auslegt, dass die Fälligkeit der Incentive-Zahlung – spätestens – auf den 31.12.2005
datiert, hätte der Anspruch somit bis spätestens 31.03.2006 schriftlich geltend gemacht
werden müssen. Die erstmalige schriftliche Geltendmachung erfolgte indessen erst am
25.11.2008.
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2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die in Abschnitt 1.13 der Arbeitsordnung in
Verbindung mit § 19 Ziffer 2 MTV Metall NRW geregelte Verfallklausel auch auf das
Anstellungsverhältnis des Klägers anwendbar. Die in Nr. 13 Abs. 1 des
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Anstellungsvertrages des Klägers enthaltene Verweisungsnorm auf die Arbeitsordnung
ist wirksam.
a. Das Berufungsgericht hat sich bereits in seiner Entscheidung vom 27.07.1999, 13 Sa
207/99 = LAGE § 364 BGB Nr. 1 mit einem Fall zu befassen gehabt, in dem im
Arbeitsvertrag eines explizit als "außertariflich" bezeichneten Mitarbeiters in derselben
Weise wie hier auf die identische Arbeitsordnung der Beklagten verwiesen wurde,
wobei es ebenfalls um die rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen im Sinne von
Abschnitt 1.13 der Arbeitsordnung ging. Das Berufungsgericht hat dabei die
Verweisungskette vom Anstellungsvertrag auf Abschnitt 1.13 der Arbeitsordnung und
von dort auf § 19 Abs. 2 MTV Metall NRW als bedenkenfrei rechtswirksam angesehen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen im dortigen Urteil unter
III 2 b (Randziffern 65 – 73 des juris – Ausdrucks) Bezug genommen.
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b. Ergänzend ist zu betonen, dass der eigentliche Verfalltatbestand für nicht rechtzeitig
geltend gemachte Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis nicht erst aus der
Anwendung der Ziffern 2 und 4 des § 19 MTV Metall NRW auf das Arbeitsverhältnis
folgt, sondern bei näherer Betrachtung bereits aus Ziffer 1.13 der Arbeitsordnung selbst
zu entnehmen ist. Bereits Ziffer 1.13 der Arbeitsordnung und nicht erst die tarifliche
Norm über die Ausschlussfristen schreibt nämlich die schriftliche Geltendmachung von
Ansprüchen vor und ordnet an, dass die Ansprüche bei nicht rechtzeitiger
Geltendmachung verfallen. Letztlich dient die Verweisung auf die tariflichen
Ausschlussfristen nur dazu, die Frist, während welcher die Ansprüche geltend gemacht
werden müssen, zu benennen und zu konkretisieren.
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3. Die Verweisung des Anstellungsvertrages des Klägers auf Ziffer 1.13 der
Arbeitsordnung in Verbindung mit § 19 Ziffer 2 b) MTV Metall NRW hält auch einer AGB
– Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB Stand.
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a. Bereits das o.a. Urteil des Berufungsgerichts vom 27.07.1999 befasst sich ausführlich
mit der Frage, ob die Verweisung als irreführend, missverständlich oder überraschend
anzusehen ist. Das Gegenteil ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts der Fall.
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b. Im Übrigen hat nunmehr das Arbeitsgericht in dem angegriffenen Urteil vom
03.09.2009 im Einzelnen ausführlich zu den hier zu beachtenden Kriterien der AGB –
Kontrolle Stellung genommen. Die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts
sind umfassend, überzeugend und richtig. Das Berufungsgericht macht sich Ziffer I, 1 –
7 der Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils ausdrücklich zu eigen. Die
Ausführungen des Berufungsklägers in seiner Berufungsbegründung sind nicht
geeignet, die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu widerlegen.
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c. Auch die jetzt vom Berufungskläger hervorgehobene These, es habe für ihn bei
Anwendbarkeit der Verweisungskette völlig unklar sein müssen, wann die dreimonatige
Verfallfrist des Manteltarifvertrages für ihn in Gang gesetzt werde, kann nicht zu einem
für ihn günstigeren Ergebnis führen.
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aa. Dies folgt schon daraus, dass die in Abschnitt 1.13 der Arbeitsordnung in
Verbindung mit § 19 Ziffer 2 b) MTV Metall NRW enthaltene Verfallsregelung keine
eigene Fälligkeitsbestimmung enthält, sondern an den Tatbestand der Fälligkeit
lediglich anknüpft. Wäre unklar, wann die Fälligkeit des Anspruchs auf die Incentive-
Zahlung für 2004 eingetreten ist, so läge dies jedenfalls nicht an der Verfallsregelung,
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sondern allenfalls an der Regelung über den Anspruch auf die Incentive-Zahlung. Auch
eine Fälligkeitsregelung über den Anspruch auf die Incentive-Zahlung kann jedoch nicht
in dem vom Kläger gemeinten Rechtssinne unklar sein, weil hilfsweise immer die
gesetzliche Fälligkeitsregelung des § 271 BGB eingreift.
bb. Abgesehen davon erscheint die Argumentation des Klägers auch deshalb
widersprüchlich, weil er selbst sehr genaue Vorstellungen von der Fälligkeit seines
Anspruchs auf die Incentive-Zahlung 2004 hat. Andernfalls könnte er nicht
Verzugszinsen mit Wirkung ab 01.05.2005 einklagen wollen. Schließlich kann auch aus
den Regelungen in Nr. 2 b) Abs. 2 des Anstellungsvertrages und aus dem
Auslobungsschreiben vom Juni 2004 entnommen werden, dass eine Fälligkeit des
Anspruchs auf die Incentive-Zahlung spätestens am 31.12.2005 eingetreten ist.
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4. In Anbetracht des Umstands, dass der Kläger mit der streitgegenständlichen
Forderung bereits aufgrund der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren
Verfallfristen ausgeschlossen ist, braucht auf den weiteren Gesichtspunkt einer
eventuellen Verwirkung des Anspruchs nicht näher eingegangen zu werden.
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III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision gegen die Entscheidung des
vorliegenden Einzelfalls ist nicht gegeben.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht statthaft.
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Dr. Czinczoll Winnen Dederichs
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