Urteil des LAG Köln vom 08.06.2006

LArbG Köln: restaurant, stellenbeschreibung, betriebsleitung, betriebsleiter, koch, erfüllung, assistent, manager, gewährleistung, anweisung

Landesarbeitsgericht Köln, 10 (5) Sa 1274/05
Datum:
08.06.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 (5) Sa 1274/05
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 5 Ca 761/05
Schlagworte:
Eingruppierung
Normen:
ETV Systemgastronomie
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Zur Eingruppierung eines Betriebsleiterassistenten in der
Systemgastronomie, hier: in Tarifgruppe 7 ETV Systemgastronomie.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.07.2005 verkündete Urteil
des Arbeitsgerichts Köln
– 5 Ca 761/05 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die
Beklagte an den Kläger statt 2.502,06 € brutto nur 2.406,72 € brutto
nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem
29.11.2004 zu zahlen hat (Differenzentgelt für die Monate Mai bis
Oktober 2004) und festgestellt wird, dass die Beklagte den Kläger ab
01.05.2004 nach der Tarifgruppe 7 des Entgelttarifvertrages für die
Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden in den Betrieben der
Systemgastronomie vom 05.02.2004 zu vergüten hat.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung des Klägers.
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Die Beklagte betreibt als Unternehmen der Systemgastronomie Steak-Restaurants. Der
Kläger ist seit dem 23.01.1989 bei der Beklagten beschäftigt, seit dem 01.12.2001 als
Betriebsleiterassistent im Restaurant am H in K . In diesem Restaurant sind ca. 30 bis
35 Mitarbeiter beschäftigt. Die Betriebsleitung besteht aus einem 1. Betriebsleiter und 3
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Betriebsleiterassistenten, zu denen neben dem Kläger Frau D und Frau P gehören. Im
Restaurant am H wird der Dienst in Schichten geleistet. Während der Schicht ist immer
einer von den 4 Mitgliedern der Betriebsleitung anwesend, und zwar alleine. Auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Tarifbindung die
Tarifverträge für die Arbeitnehmer/innen der Systemgastronomie Anwendung,
insbesondere der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden in
den Betrieben der Systemgastronomie innerhalb der Tarifvertraglichen
Arbeitsgemeinschaft der Landesverbände im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband
(DEHOGA) vom 05.02.2004 (im Folgenden: ETV Systemgastronomie).
Die Beklagte vergütet den Kläger nach Tarifgruppe 5, der Kläger begehrt
Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 7 ETV Systemgastronomie. Dieser Tarifvertrag
hat, soweit es hier von Interesse ist, folgenden Wortlaut:
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"§ 3 Bewertungsgrundsätze
5
1. Jeder/r Arbeitnehmer/in ist vom Arbeitgeber unter Beachtung des nachfolgend
beschriebenen Verfahrens in eine Bewertungsgruppe einzugruppieren. Für die
Eingruppierung in eine Entgeltgruppe ist nicht die berufliche oder betriebliche
Bezeichnung, sondern allein die Tätigkeit des/der Arbeitnehmer(s)/in maßgebend.
...
6
7
2. Die Arbeitnehmer/innen werden entsprechend der von ihnen überwiegend
ausgeübten Tätigkeiten in die Tätigkeitsgruppen eingruppiert. Dies gilt auch für die
Arbeitnehmer/innen im Rotationssystem, die entsprechend ihrer tatsächlich
ausgeübten Tätigkeiten eingruppiert werden. Die Zuordnung der
Arbeitnehmer/innen in die Tarifgruppen erfolgt unter Anwendung der jeweiligen
Bewertungskriterien in den Oberbegriffen des § 5. Die Beispiele der Tätigkeiten
sind kein abschließender Katalog und dienen der Erläuterung.
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3. Die Nennung von Tätigkeitsbeispielen in diesem Tarifvertrag verpflichtet das
Unternehmen nicht, diese überall anzuwenden, insbesondere nicht, wenn
aufgrund fehlender Tätigkeitsfelder eine Eingruppierung nicht möglich bzw. die
tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten auf bestimmte Tarifgruppen begrenzt sind.
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§ 5 Bewertungsgruppen
12
Für die Feststellung des tariflichen Entgelts werden folgende Tarifgruppen
gebildet:
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Tarifgruppe 5:
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Tätigkeiten, die gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse und Fertigkeiten
erfordern, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung
und/oder Berufserfahrung (analog § 40 Abs. 2 BBiG) im fachlich entsprechenden
Tätigkeitsbereich erworben werden, wie z. B.
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Fachmann/-frau für Systemgastronomie
Koch/Köchin, Konditor/in, Metzger/in
Vorarbeiter/in
Sekretär/in, EDV-Mitarbeiter/in, Sachbearbeiter/in
Erste Servicekraft
Erste Verkaufskraft
Trainee in den ersten 12 Monaten der Tätigkeit
gelernte Servicekräfte
angelernte Serviererinnen und angelernte Kellner (analog den Anforderungen aus
§ 40 Abs. 2 BBiG) nach 6 Tätigkeitsjahren
Erstkoch/-köchin, Erstkonditor/in in den ersten 12 Monaten der Tätigkeit
Erstkraft, die Restaurantmanager/in in Teilaufgaben regelmäßig vertritt
(Teilstellvertretung in den ersten 3 Tätigkeitsjahren)
Crewtrainer/in mit Weisungsbefugnis
Griller/in mit besonderen Anforderungen
16
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soweit die in der Überschrift/den Oberbegriffen bzw. in der Tarifgruppendefinition
geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.
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Tarifgruppe 6:
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Tätigkeiten, die neben gründlichen und/oder vielseitigen Kenntnissen und
Fertigkeiten auch im begrenzten Umfang eigene Entscheidungen erfordern, wie z.
B.
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Restaurant-Assistent/in in den ersten 12 Monaten der Tätigkeit
Sachbearbeiter/in in der Buchhaltung, EDV, Personalabteilung, Bau- und
Immobilienabteilung, im Einkauf und anderen Abteilungen
Sekretärin
Koch/Köchin, Konditor/in, Metzger/in, Fachmann/-frau für Systemgastronomie
Diätassistent/in
Erstkoch/-köchin, Erstkonditor/in nach 12 Monaten der Tätigkeit
Alleinkoch/-köchin (Koch/Köchin mit Aufgaben wie Erstkoch/-köchin)
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Erstkraft mit Vollstellvertretung des/der Restaurant-Manager(s)/in innerhalb der
ersten 12 Monate der Tätigkeit
Erstkraft, die den/die Restaurant-Manager/in in Teilaufgaben regelmäßig vertritt
nach dem 3. Jahr der Tätigkeit
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soweit die in der Überschrift/den Oberbegriffen bzw. in der Tarifgruppendefinition
geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.
23
Tarifgruppe 7:
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Tätigkeiten, die spezielle fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten des
Arbeitsgebiets Voraussetzungen und deren Ausführung überwiegend eigene
Entscheidungen und Verantwortung erfordern, wie z. B.
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Restaurant-Assistent/in nach 12 Monaten der Tätigkeit
Verwaltungsassistent/in
Sachbearbeiter/in in den Abteilungen der kaufmännischen Verwaltung
Koch/Köchin
Konditor/in
Metzger/in
Erstkraft mit Vollstellvertretung des/der Restaurant-Manager(s)/in nach 12 Monaten
der Tätigkeit
26
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soweit die in der Überschrift/den Obergegriffen bzw. in der Tarifgruppendefinition
geforderten Voraussetzungen erfüllt sind."
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Der Kläger ist der Auffassung, er erfülle in seiner Funktion als Betriebsleiterassistent die
Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Tarifgruppe 7. Für dieses Arbeitsgebiet
habe er die speziellen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, die der
Einarbeitungsleitfaden für Betriebsleitungsmitarbeiter (Bl. 192 bis 321 d. A.)
voraussetze. Seine Tätigkeiten erforderten überwiegend eigene Entscheidungen und
Verantwortung. Bei Abwesenheit des 1. Betriebsleiters sei er in personeller und
fachlicher Hinsicht Vorgesetzter der ca. 30 Mitarbeiter im Restaurant und für den Betrieb
verantwortlich. Der Kläger verweist auf die von beiden Parteien am 25.08.2004
unterzeichnete Stellenbeschreibung (Bl. 40 bis 43 d. A.). Wenn Mitarbeitern seiner
Schicht etwa krankheitsbedingt ausgefallen seien, habe er den Ersatzeinsatz durch
andere Mitarbeiter zu organisieren. Kündigungen und Einstellungen seien zwar Sache
des 1. Betriebsleiters. Im Rahmen seiner disziplinarischen Befugnisse könne er
Mitarbeiter suspendieren und nach Rücksprache mit dem 1. Betriebsleiter
Abmahnungen erteilen. Mit der Zahlungsklage begehrt der Kläger die
Vergütungsdifferenz für die Monate Mai 2004 bis einschließlich Oktober 2004. Im
Zahlungsantrag enthalten sind die Zuschläge für monatlich 100 Nachtarbeitsstunden
und 30 Sonn- und Feiertagsstunden gemäß Zusatz zum Gehaltsvertrag vom 17.10.2003
29
(Bl. 15. d. A.). Den Anspruch auf Vergütung nach Tarifgruppe 7 habe der 1.
Betriebsleiter in seinem Namen und in seinem Auftrag mit Schreiben vom 16.07.2004
(Bl. 100 d. A.) und darüber hinaus seine Gewerkschaft mit Schreiben vom 25.11.2004
(Bl. 5 bis 6 d. A.) geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.502,06 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2004 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn rückwirkend ab dem 01.05.2004 in die Tarifgruppe
7 des ETV Systemgastronomie einzugruppieren.
31
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Die Beklagte hat beantragt,
33
die Klage abzuweisen.
34
Der Kläger erfülle lediglich die Voraussetzungen der Tarifgruppe 5. Er müsse zu 95 %
keine eigenen Entscheidungen treffen, da alle relevanten Betriebsabläufe von der
Hauptverwaltung in D vorgegeben würden. Die wesentliche Aufgabe des Klägers
bestehe darin, die Gäste des Restaurants zu begrüßen und angemessen zu
verabschieden und auf die Einhaltung der einzuhaltenden Standards hinzuwirken. Für
seine Tätigkeit benötige der Kläger keine speziellen fachlichen Kenntnisse und
Fertigkeiten, wohl aber gründliche und/oder vielseitige Kenntnisse und Fertigkeiten, wie
es die Tarifgruppe 5 vorsehe. Das Schreiben des 1. Betriebsleiters vom 06.07.2004
stelle noch keine ordnungsgemäße Geltendmachung des Höhergruppierungsbegehrens
dar.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Hiergegen richtet sich die
Berufung der Beklagten, die bei ihrem erstinstanzlichen Antrag und Vorbringen bleibt
und insbesondere die in der Tarifgruppe 7 geforderten eigenen Entscheidungen beim
Kläger in Abrede stellt. Der Kläger hat den Zahlungsantrag reduziert und beantragt die
Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, die Beklagte zu verurteilen, an ihn
2.406,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 29.11.2004 zu zahlen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze, die eingereichten
Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
37
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, denn die Klage ist – mit dem reduzierten
Zahlungsantrag – begründet.
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I. Feststellungsklage
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1. Die Feststellungsklage ist nach § 256 ZPO zulässig. Es handelt sich um eine
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Eingruppierungsfeststellungsklage, die auch außerhalb des öffentlichen Dienstes
allgemein üblich ist und keinen prozessrechtlichen Bedenken begegnet (BAG, Urteil
vom 26.05.1993 – 4 AZR 300/92 – AP Nr. 29 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).
2. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger ist in Tarifgruppe 7 des ETV
Systemgastronomie eingruppiert.
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a) Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt aufgrund beiderseitiger
Tarifgebundenheit dem für die Eingruppierung maßgebenden ETV Systemgastronomie
vom 05.02.2004. § 5 dieses Tarifvertrages charakterisiert die einzelnen
Bewertungsgruppen (Tarifgruppen) jeweils durch einen allgemeinen Eingangssatz und
nennt sodann Beispielstätigkeiten und –funktionen. Aus dem Wortlaut und dem
Gesamtzusammenhang dieses Tarifvertrages ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien
die Beispielstätigkeiten der einzelnen Vergütungsgruppen nur als Anhaltspunkt und als
Auslegungshilfe in den Wortlaut des Tarifvertrages aufgenommen haben und es auch
bei Erfüllung der Merkmale einer Beispielstätigkeit kumulativ auf die Erfüllung der
allgemeinen Tätigkeitsmerkmale ankommen soll. Die Bewertungsgrundsätze in § 3 Nr.
1 S. 2 ETV Systemgastronomie bestimmen, dass für die Eingruppierung in die
Entgeltgruppe die berufliche oder betriebliche Bezeichnung keine Rolle spielen. Es
kommt allein auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers an. In § 3 Nr. 2 S. 3 und 4 ETV
Systemgastronomie wird für die Zuordnung der Arbeitnehmer in die Tarifgruppen
ausdrücklich auf die Anwendung der jeweiligen Bewertungskriterien in den
Oberbegriffen des § 5 ETV Systemgastronomie hingewiesen; die Tätigkeitsbeispiele
seien kein abschließender Katalog und dienten der Erläuterung. Unterstützt wird diese
Auslegung dadurch, dass die Tarifvertragsparteien im Anschluss an die in den
Tarifgruppen genannten Beispielstätigkeiten formuliert haben, "soweit die in den
Überschriften/ den Oberbegriffen bzw. in der Tarifgruppendefinition geforderten
Voraussetzungen erfüllt sind" (BAG, Urteil vom 28.09.2005 – 10 AZR 34/05 -).
42
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der
Tarifgruppe 7.
43
aa) Der Kläger gehört zur vierköpfigen Betriebsleitung des Restaurants in K H in der
Funktion eines Betriebsleiterassistenten. Betriebsleiterassistent ist der Kläger seit dem
01.12.2001. Er erfüllt damit die Beispielstätigkeit der Tarifgruppe 7 für einen
"Restaurantassistent/in nach 12 Monaten der Tätigkeit."
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bb) Die Tätigkeiten des Klägers erfüllen auch die Oberbegriffe der Tarifgruppe 7. Seine
Tätigkeiten erfordern spezielle fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten seines
Arbeitsgebiets, das er als Betriebsleiterassistent wahrzunehmen hat. Der Kläger hat
während seiner Schicht die Leitung des Restaurants inne. Damit ist er Ansprechpartner
für alle betrieblichen Belange. Der Verantwortungsbereich umfasst die Gewährleistung
eines reibungslosen Betriebsablaufs, die Führung der Mitarbeiter und die Ausübung
einer Vorbildfunktion, die Einhaltung der vorgegebenen Standards und die Erreichung
aller betrieblichen Kennzahlen (Profit-Center). Nach Ziffer 5.2 der Stellenbeschreibung
vom 25.08.2004 hat der Kläger neue Mitarbeiter einzuarbeiten sowie deren
Qualifizierung zu gewährleisten, den Personaleinsatz unter Beachtung
betriebswirtschaftlicher und arbeitsrechtlicher Erfordernisse schichtbezogen zu planen
und Anwesenheitszeiten zu erfassen, erforderliche Schulungen und Trainings für die
gewerblichen Mitarbeiter nach vorheriger Absprache mit dem 1. Betriebsleiter
durchzuführen. Nach Ziffer 5.3 der Stellenbeschreibung hat er den Betriebsablauf zu
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organisieren, die konsequente Einhaltung der Standards und aller gesetzlichen
Vorschriften zu gewährleisten, Service- und Produktqualität sicher zu stellen, alle
Betriebskontrollen durchzuführen sowie bei Abweichungen Gegenmaßnahmen zu
ergreifen und Ergebnisse zu kontrollieren, den Informationsfluss zwischen allen Ebenen
sicher zu stellen, die Einhaltung aller Sicherheitsvorschriften zu gewährleisten und die
Einhaltung der betrieblichen, persönlichen und Lebensmittelhygiene durchzusetzen.
Hinsichtlich der anzuliefernden Produkte hat er die quantitative und qualitative
Lieferungskontrolle und das Reklamationswesen zu erledigen und die
vorschriftsmäßige Wareneinlagerung und innerbetriebliche Warenausgabe zu
gewährleisten. Im Geldverkehr hat er die Abrechnung der Servicekräfte zu überprüfen
und nach Ziffer 5.5 der Stellenbeschreibung bei der Auswertung der
betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (Ursachenanalyse) aktiv mitzuarbeiten und auf
Abweichungen zu reagieren (vereinbarte Maßnahmen umzusetzen).
Die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgaben setzt spezielle fachliche Kenntnisse
und Fertigkeiten des Arbeitsgebiets voraus. Zu den fachlichen Kenntnissen gehören alle
diejenigen Kenntnisse, die unerlässlich sind, um die übertragenen Aufgaben
ordnungsgemäß erfüllen zu können. Dazu kann auch Erfahrungswissen gehören, das
der Arbeitnehmer für die ihm übertragene Tätigkeit benötigt. Die für Mitglieder der
Betriebsleitung vorausgesetzten fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten hat die
Beklagte in ihrem Einarbeitungsleitfaden für Betriebleitungsmitglieder geregelt.
Anzueignen war Wissen, Können und Fertigkeiten zur selbstständigen Führung
verschiedener Betriebsbereiche im Restaurant (etwa Buffet und Küche), zur
selbstständigen Führung einer Schicht, zur selbstständigen Bearbeitung von
Reparaturen in Absprache mit der Abteilung Technik, zur ordnungsgemäßen
Abrechnung der Tageseinnahmen und –ausgaben, Kenntnisse zur Erfüllung der
gesetzlichen Vorschriften im Lebensmittelbereich, im Bereich betrieblicher und
persönlicher Hygiene, der Entsorgungsvorschriften, Kenntnisse zur korrekten Erstellung
der Monatsauswertung und der Erfassung aller offenen Rechnungen bzw. Gutschriften
(Abgrenzung), zur Wareneinsatz- und Umsatzanalyse, zur Bedarfsplanung für
gewerbliche Mitarbeiter, zur Einarbeitung und Ausbildung gewerblicher Mitarbeiter und
zu betriebsindividuellen Marketingmaßnahmen unter Berücksichtigung der im
Handbuch "Maßnahme für Streetfighting" der Beklagten beschriebenen Vorschläge und
Anregungen für betriebliche Aktionen.
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Im Rahmen der Auslegung der in Tarifgruppe 7 vorausgesetzten speziellen fachlichen
Kenntnisse und Fertigkeiten des Arbeitsgebiets sind die in dieser Tarifgruppe
aufgeführten Beispielstätigkeiten zu berücksichtigen. Auch wenn diese nur ein
Anhaltspunkt für die zutreffende betriebliche Eingruppierung bilden, stellen sie eine
Auslegungshilfe dar und charakterisieren die von den Tarifvertragsparteien gemeinte
Wertigkeit der von dieser Tarifgruppe umfassten Tätigkeiten (vgl. BAG, Urteil vom
28.09.2005 a. a. O.). Der ETV Systemgastronomie erwähnt den Restaurantassistenten
ab der Tarifgruppe 6 aufsteigend. Die Anforderungen an die Kenntnisse und
Fertigkeiten für Mitglieder der Betriebsleitung des Restaurants reichen von "gründlichen
und/oder vielseitigen Kenntnissen und Fertigkeiten" (Tarifgruppe 6) und "spezielle
fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten des Arbeitsgebiets" (Tarifgruppe 7) bei bloßen
Restaurantassistenten über "umfassende fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten oder
(...) besondere Anforderungen an das fachliche Können" (Tarifgruppe 8) bei
stellvertretenden Restaurantleitern bis zu Restaurantleitern und auch stellvertretenden
Restaurantleitern, deren Tätigkeiten Kenntnisse über gesamtbetriebliche
Zusammenhänge erfordern (Tarifgruppe 9) und Restaurantleitern der Tarifgruppe 10,
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deren Tätigkeiten Kenntnisse über gesamtbetriebliche Zusammenhänge erfordern und
mit operativen und warenlogistischen sowie personalwirtschaftlichen Aufgaben
verbunden sind.
Hinsichtlich der Anforderungen an die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Mitglieds der
Betriebsleitung erfüllt der Kläger nicht nur das Merkmal der "gründlichen Kenntnisse und
Fertigkeiten" i.S.d. Tarifgruppe 6. Gründliche Kenntnisse und Fertigkeiten sind solche
von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art (vgl. zum Begriff
der Fachkenntnisse BAG, Urteil vom 22.10.1986 – 4 AZR 568/85 – AP Nr. 126 zu §§ 22,
23 BAT 1975). Die Tätigkeit eines Restaurantleiterassistenten lässt sich mit
allgemeinen Grundkenntnissen "nur oberflächlicher Natur" nicht erledigen. Dies macht
der Einarbeitungsleitfaden für Betriebsleitermitglieder und die A-Z Anweisung (Bl. 381
bis 570 d. A.) deutlich. Die A-Z Anweisung ist eine Sammlung von
Handlungsanweisungen, die den Umgang mit gesetzlichen, tariflichen und
unternehmerischen Bestimmungen detailliert beschreiben und die sich das Mitglied der
Betriebsleitung gemäß S. 37 des Einarbeitungsleitfadens für Betriebsleitungsmitglieder
zur Beginn seiner Tätigkeit aneignen muss. Ob die von der Beklagten verlangten
Anforderungen an die Mitglieder der Betriebsleitung umfassende fachliche Kenntnisse
und Fertigkeiten i.S.d. Tarifgruppe 8 oder sogar Kenntnisse über gesamtbetriebliche
Zusammenhänge i.S.d. Tarifgruppe 9 voraussetzen, kann dahinstehen. Der Kläger, der
in seiner Schicht alleine für das Restaurant verantwortlich ist, erfüllt jedenfalls die hierfür
erforderlichen speziellen fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten seines Arbeitsgebiets
i.S.d. Tarifgruppe 7, die über das hinausgehen, was ein Assistent in der ersten Zeit
seiner Tätigkeit als Einstieg an gründlichen und/oder vielseitigen Kenntnissen und
Fertigkeiten mitzubringen hat.
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Die Tätigkeit des Klägers erfordert auch überwiegend eigene Entscheidungen und
Verantwortung im Sinne der Tarifgruppe 7. In der Berufungsverhandlung wurde
klargestellt, dass während der Schicht immer einer von den 4 Mitgliedern der
Betriebsleitung anwesend ist, und zwar alleine. Dies entspricht der
Stellenbeschreibung, die in Ziffer 5 einleitend regelt, dass der Kläger während seiner
Schicht die Leitung des Restaurants inne hat. Er ist damit Ansprechpartner für alle
betrieblichen Belange. Sein Verantwortungsbereich umfasst die Gewährleistung eines
reibungslosen Betriebsablaufs, die Führung der Mitarbeiter unter Ausübung einer
Vorbildfunktion, die Einhaltung der vorgegebenen Standards und die Erreichung aller
betrieblichen Kennzahlen (Profit-Center). Diese Stellenbeschreibung, die die Aufgaben
des Klägers beschreibt, ist durch Unterzeichnung seitens der Beklagten und des
Klägers zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden. Die Leitung des Restaurants
während seiner Schicht erfordert überwiegend eigene Entscheidungen, u. a. auch auf
personellem Gebiet. So hat er bei Ausfällen einzelner Arbeitnehmer für Ersatz zu
sorgen, damit ein reibungsloser Betriebsablauf gewährleistet ist. Disziplinlosigkeiten
von Mitarbeitern kann er durch sofortige Freistellung ahnden. Nach dem von der
Beklagten eingereichten Auszug aus dem Arbeitsvertrag (Anlage B 16 zum Schriftsatz
der Beklagten vom 06.06.2006) ist der Kläger sogar berechtigt, gewerbliche
Arbeitnehmer im Rahmen des Stellenplanes und des Lohnbudgets einzustellen oder zu
entlassen, wenn er die Position des 1. Betriebsleiters einnimmt. Diese Regelung steht in
Übereinstimmung mit der vereinbarten Aufgabenstellung des Klägers in Ziffer 2.2.2 der
Stellenbeschreibung.
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Demgegenüber vermag der Einwand der Beklagten nicht zu überzeugen, überwiegend
eigene Entscheidungen und Verantwortung fielen in der Position des Klägers nicht an,
50
da alle relevanten Betriebsabläufe von der Hauptverwaltung in D vorgegeben seien;
gerade diese einheitlichen Vorgaben seien ja ein Kennzeichen der Systemgastronomie.
Die für die Systemgastronomie in der Tat charakteristischen Vorgaben bzw. Standards
ändern nichts daran, dass der Kläger in seiner Schicht als verantwortlicher Leiter des
Restaurants eigene Entscheidungen zu treffen hat und verantwortlich ist. Den
Tarifvertragsparteien sind die Besonderheiten der Systemgastronomie nicht unbekannt.
Sie haben für diesen Bereich einen besonderen Entgelttarifvertrag abgeschlossen, der
in den Oberbegriffen überwiegend eigene Entscheidungen und Verantwortung von
Mitarbeitern in den Restaurants impliziert. Gerade weil einheitliche Vorgaben ein
Kennzeichen der Systemgastronomie sind, können die Tätigkeitsmerkmale der eigenen
Entscheidungen und Verantwortung nicht wegen der systemimmanenten Vorgaben
verneint werden, denn sonst liefe der Entgelttarifvertrag ab Tarifgruppe 7 für Mitarbeiter
in den einzelnen Restaurants weitgehend ins Leere. Da die Beispielstätigkeiten der
Erläuterung der von den Tarifvertragsparteien gemeinten Wertigkeit der von der
Tarifgruppe erfassten Tätigkeiten dienen, bestehen keine Bedenken gegen die
Eingruppierung des Klägers in die Tarifgruppe 7, weil er in seiner Schicht eben nicht nur
assistiert, sondern verantwortlich ist und in dieser Zeit unter Beachtung der Standards
selbst die Entscheidungen zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs zu
treffen hat.
II. Der Zahlungsantrag ist nach teilweiser Rücknahme in der Berufungsinstanz
begründet.
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1. Für den Anspruchszeitraum Mai 2004 bis einschließlich Oktober 2004 kann der
Kläger Vergütung auf der Grundlage der Tarifgruppe 7 verlangen. Der Kläger war
unstreitig auch schon vor der Stellenbeschreibung vom 25.08.2004 ausweislich der
Stellenbeschreibung, gültig ab 01.12.2001, als Betriebsleiterassistent im Restaurant H
in K tätig. Qualitative Unterschiede zwischen der Tätigkeit des Klägers von Mai 2004 bis
August 2004 im Vergleich zu der Tätigkeit ab September 2004 auf der Grundlage der
Stellenbeschreibung vom 25.08.2004 sind nicht festzustellen und von den Parteien
auch nicht behauptet worden.
52
2. Das Berufungsgericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, dass der Anspruch
nach § 14 des Manteltarifvertrages für die Zeit von Mai bis einschließlich Juli 2004
verfallen sei, da er erst durch das Schreiben der Gewerkschaft NGG vom 25.11.2004
geltend gemacht worden sei, denn die Geltendmachung erfolgte im Auftrag des Klägers
bereits durch das Schreiben des Betriebsleiters J an die Personalabteilung vom
16.07.2004. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei diesem Schreiben
nicht lediglich um eine Bitte des Betriebsleiters, in der er seine eigene
Rechtsauffassung zugrunde gelegt habe, sondern um eine Geltendmachung im Sinne
des MTV. Der Betriebsleiter hat in diesem Schreiben (Bl. 100 d. A.) ausgeführt, dass der
Kläger nach mehr als 12 Monaten Assistententätigkeit in die Tarifgruppe 7 gehöre, und
er hat dabei ausdrücklich Bezug genommen auf § 14 des Manteltarifvertrages mit der
Bitte, die entsprechende Bezahlung rückwirkend zum 01.05.2004 zu veranlassen. Die 3-
Monats-Frist des § 14 Nr. 1 MTV für Ansprüche ab Mai 2004 ist damit eingehalten.
Soweit § 14 Nr. 2 MTV die gerichtliche Geltendmachung innerhalb von 3 Monaten für
den Fall vorsieht, dass der nach § 14 Nr. 1 MTV rechtzeitig geltend gemachte Anspruch
endgültig schriftlich abgelehnt wird, behauptet die Beklagte selbst keinen Verfall,
insbesondere hat sie nicht vorgetragen, ob und wann sie den geltend gemachten
Anspruch endgültig schriftlich abgelehnt habe.
53
Der nach teilweiser Klagerücknahme weiter verfolgte Zahlungsantrag ist in der Höhe
rechnerisch nicht zu beanstanden. Einwände dagegen hat die Beklagte auch nicht
erhoben.
54
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.
55
IV. Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlicher Grund. Auf die Möglichkeit
einer Nichtzulassungsbeschwerde unter den Voraussetzungen des § 72 a ArbGG wird
verwiesen.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
57
Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
58
(Schroeder) (König) (Warnke)
59