Urteil des LAG Köln vom 24.04.2006

LArbG Köln: treuhänder, verfahrenskosten, arbeitsgericht, betriebsübergang, begünstigung, kündigung, kostenbeitrag, abrechnung, massekosten, auflage

Landesarbeitsgericht Köln, 2 (3) Ta 99/06
Datum:
24.04.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 (3) Ta 99/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 8 (7) Ca 7949/05
Schlagworte:
Rechtsanwaltsbeiordnung, Massearmut, Verbraucherinsolvenz
Normen:
§ 5 IVV, § 11 a ArbGG, § 121 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Die Einsetzung eines Rechtsanwalts als Treuhänder in der
Verbraucherinsolvenz ist kein Kriterium, um diesem eine
Anwaltsbeiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu versagen.
Diese hat vielmehr zu erfolgen, wenn die Gegenseite durch einen
Anwalt vertreten ist (§ 11 a ArbGG, § 121 Abs. 2 ZPO). Im übrigen ist sie
dann erforderlich, wenn ein Treuhänder/Insolvenzverwalter, der nicht
Anwalt ist, wegen der Schwierigkeit des Rechtsstreits einen
Rechtsanwalt eingeschaltet hätte.
Tenor:
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 24.01.2006 - 8 (7) Ca
7949/05 - wird dahingehend abgeändert, dass dem Kläger
Rechtsanwältin H beigeordnet wird mit der Maßgabe, dass derzeit keine
Beiträge zu den Prozesskosten zu leisten sind.
G r ü n d e
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I.
geratene ursprüngliche Klägerin. Das Verfahren wurde zunächst von einem von der
Gemeinschuldnerin beauftragten Prozessbevollmächtigten geführt. Dieser konnte mit
einer Rechtsschutzversicherung abrechnen. Er hat die Verfahren am 25.08.2005 bzw.
13.07.2005 anhängig gemacht, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits mit Wirkung vom
13.10.2004 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der
Gemeinschuldnerin eröffnet war und der jetzige Kläger zum Treuhänder ernannt worden
war. Derzeit ist das Verbraucherinsolvenzverfahren massearm. Der Gemeinschuldnerin
wurden die Verfahrenskosten gestundet. Der Kläger hat vorgetragen, dass eine weitere
Beauftragung der ursprünglichen Prozessbevollmächtigten für ihn unzumutbar war, da
diese in Kenntnis der Verbraucherinsolvenz die Verfahren eingeleitet hätten, ohne die
Vermögenstreuhand zu beachten.
2
Das Gericht hat dem Treuhänder Prozesskostenhilfe bewilligt, allerdings den Antrag auf
3
Anwaltsbeiordnung abgewiesen, da dieser selbst Anwalt ist. Hiergegen richtet sich die
am 16.02.2006 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde.
II.
auch fristgerechte Beschwerde ist begründet. Der Anspruch auf Anwaltsbeiordnung
ergibt sich nicht nur aus § 11 a Abs. 1 ArbGG und § 121 Abs. 2 ZPO. Danach war nicht
einmal zu prüfen, ob eine Anwaltsbeiordnung erforderlich war, da die Gegenpartei
anwaltlich vertreten ist. Selbst wenn die Gegenseite nicht anwaltlich vertreten gewesen
wäre, ergibt sich insbesondere hinsichtlich der Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung
der Prüfungsmaßstab aber aus § 5 InsVV. Danach erhält ein Insolvenzverwalter dann
eine gesonderte Vergütung aus der Masse, wenn ein sog. "Normverwalter" ohne
rechtsanwaltliche Zulassung für die entsprechende Tätigkeit vernünftiger- und
üblicherweise einen anwaltlichen Fachmann beigezogen hätte (vgl.
Heff/Weis/Wienberg, Kommentar zu InsO 2. Auflage, § 5 InsVV Nr. 9). Die Bestellung
eines Rechtsanwalts zum Insolvenzverwalter oder Treuhänder führt deshalb nicht zu
einer Begünstigung der Masse dahingehend, dass dieser anwaltliche Tätigkeiten nicht
zusätzlich abrechnen könnte.
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Die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Führung der Prozesse
ergibt sich im vorliegenden Fall bereits daraus, dass auch eine nicht arme Partei einen
Rechtsanwalt zur Verfolgung der Ansprüche (Zahlung, Beschäftigung und Kündigung
im Zusammenhang mit einem streitigen Betriebsübergang) eingeschaltet hätte.
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Da auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Landesarbeitsgericht eine
ausreichende Masse noch nicht gegeben war und insbesondere der beabsichtigte
Vergleich noch nicht zustande gekommen ist, bleibt es vorläufig auch bei der
Beiordnung ohne eigenen Kostenbeitrag. Die Verfahren werden letztlich durch den
Treuhänder in der Weise abgerechnet, dass die zur Masse eingezogenen Gelder,
welche nicht wegen der Pfändungsfreigrenzen unmittelbar an die Gemeinschuldnerin
ausgehändigt werden müssen, zunächst zur Begleichung der Verfahrenskosten des
Insolvenzverfahrens dienen, sodann zur Begleichung der Insolvenzverwaltergebühren
und danach für die Kosten des hier geführten Prozesses, welche Massekosten sind, zur
Auskehrung kommen. Bereits jetzt wird dem Insolvenzverwalter vorsorglich aufgegeben,
bei Abschluss des Verfahrens auch der Gerichtskasse eine vollständige Abrechnung
der Masseforderungen zukommen zu lassen.
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Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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Olesch
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