Urteil des LAG Köln vom 22.11.2002

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Landesarbeitsgericht Köln, 11 Sa 342/02
Datum:
22.11.2002
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 Sa 342/02
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Siegburg, 5 Ca 2325/01
Schlagworte:
Kündigungsschutz, Kleinbetrieb, regelmäßig Beschäftigte
Normen:
KSchG § 23 Abs. 1 S. 2
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Entfällt mit der Entlassung des Arbeitnehmers wie geplant dessen
Arbeitsplatz im Betrieb, weil er auf Dauer nicht ersetzt werden soll, und
sinkt dadurch die Größe der Belegschaft unter den Schwellenwert des §
23 Abs. 1 S. 1 KSchG, so fällt bereits seine Kündigung nicht mehr in den
Geltungsbereich des KSchG (wie LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
16.02.1996- 3 Sa 870/95 - in NZA 1997, 315).
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.02.2002 verkündete Urteil
des Arbeitsgerichts Siegburg
- 5 Ca 2325/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
und
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
3
(gem. § 69 Abs. 2 ArbGG)
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I. Die Parteien - nämlich der beklagte Dachdeckermeister und der von ihm ab
Oktober 1996 als Dachdecker (Vorarbeiter) beschäftigte, am 30.08.1951 geborene
Kläger streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten ordentlichen
Kündigung vom 30.07.2001 zum 31.08.2001 und dabei in erster Linie um die
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes . Der Beklagte hat sich auf die
Kleinbetriebsklausel berufen und angegeben, er habe neben dem Kläger den
Zeugen Hombach als weiteren Vorarbeiter, die beiden Dachdeckergesellen H und
S sowie seine Ehefrau für die Bücher beschäftigt gehabt. Der Kläger behauptet
darüber hinaus zweitinstanzlich noch die Beschäftigung einer Fr. B als
Reinigungskraft und des Praktikanten M . Unstreitig ist der Kläger nach seiner
Entlassung durch keine Neueinstellung ersetzt worden. Das Arbeitsgericht hat die
Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger
sein Klageziel weiter.
I. Die Berufung ist unbegründet. Die streitige Kündigung beendet das
Arbeitsverhältnis der Parteien, weil sie wirksam ist. Insbesondere liegt keine
Unwirksamkeit nach dem Kündigungsschutzgesetz vor: Dieses ist nicht
anwendbar, weil § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG eingreift: Der Beklagte unterhält einen
Betrieb, in dem zur Zeit der Kündigung "in der Regel fünf oder weniger
Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten
beschäftigt" wurden - nämlich die vier Arbeitnehmer, die er ohne den Kläger
eingeräumt hat. Der Kläger selber kann nicht mitgezählt werden, weil sein
Arbeitsplatz nicht von einem "in der Regel Beschäftigten" eingenommen wurde.
Um die Regelmäßigkeit bejahen zu können, ist nämlich nicht nur eine Rückschau,
sondern auch eine Vorausschau erforderlich (KR-Weigand, 6. Aufl., § 23 KSchG
Rn. 38). Ergibt die Vorausschau, dass der Arbeitsplatz des entlassenen
Arbeitnehmer; endgültig gestrichen und nicht wiederbesetzt werden soll, gehört
dieser nicht zu den regelmäßig Beschäftigten. Sinkt aufgrund einer planmäßigen
Reduzierung der Beschäftigtenstand unter den Schwellenwert des § 23 Abs. 1 S.
2 KSchG, so kann der betroffene Arbeitnehmer das KSchG nicht für sich in
Anspruch nehmen; auf einen höheren Beschäftigtenstand in der Vergangenheit
kommt es nicht an, wenn der Betrieb auf Dauer mit der verringerten Belegschaft
fortgeführt werden soll (KR-Weigand a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
16.02.1996 - 3 Sa 870/95 - in NZA 1997, 315). Nachdem der Arbeitsplatz des
Klägers noch über ein Jahr nach dessen Entlassung nicht wieder besetzt worden
ist, steht fest, dass er zur Zeit der Kündigung nicht von einem regelmäßig
Beschäftigten eingenommen worden ist.
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Die damit verbleibenden vier regelmäßigen Arbeitsplätze können auch mit der vom
Kläger für sich in Anspruch genommenen Zeugin B nicht auf über fünf aufgestockt
werden.
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Den Praktikanten M will der Kläger zu Unrecht mitrechnen: Zum einen zählen
Praktikanten grundsätzlich nicht mit (KR-Weigand a.a.O. Rn. 43), zum anderen hat der
Beklagte durch Vorlage der Vereinbarungen mit der Kreishandwerkerschaft vom
06.12.2000 (Bl. 78 f.) und 15.05.2001 (Bl. 80) nachgewiesen, dass der Zeuge nicht
einmal in einem Vertragsverhältnis mit dem Beklagten stand, sondern Teilnehmer einer
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Förderungsmaßnahme nach § 97 SGB III war, der durch die Kreishandwerkerschaft als
Träger der Maßnahme pflichtversichert war und beim Beklagten nur die "betriebliche
Unterweisung" erfuhr; wörtlich heißt es in der Vereinbarung: "Durch diese Vereinbarung
wird kein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis begründet". Dass der Zeuge dann nach
Ausspruch der Kündigung - nämlich ab 01.08.2001 - in ein Ausbildungsverhältnis zum
Beklagten überwechselte, kann der Klage erst recht nichts helfen - schon weil
Auszubildende von § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG ausdrücklich bei Ermittlung der
Belegschaftsgröße ausgenommen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
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Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht
zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG
wird hingewiesen.
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(Schunck) (Daverkausen) (Schnelle)
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