Urteil des LAG Köln vom 22.02.2008

LArbG Köln: betriebsrat, berufliche tätigkeit, import, versetzung, mitbewerber, arbeitsgericht, vergütung, gehalt, form, amtszeit

Landesarbeitsgericht Köln, 4 TaBV 60/07
Datum:
22.02.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 TaBV 60/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 22 BV 23/07
Schlagworte:
Zustimmungsverweigerung bei Beförderung, Beförderungsanspruch
eines Betriebsratsmitgliedes, Benachteiligungsverbot
Normen:
§ 37 Abs. 4 BetrVG, § 37 Abs. 5 BetrVG, § 78 S. 2 BetrVG, § 99 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Zum Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1
Nrn. 1 und 3 BetrVG wegen Übergehens von zwei Mitbewerbern um
eine Beförderungsstelle, die Betriebsratsmitglieder sind.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Köln vom 26.07.2007
– 22 BV 23/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zu einer
Versetzung sowie darüber, ob eine vorläufige Durchführung der Maßnahme aus
sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
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Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens der Beteiligten
sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG auf I.
der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht hat den Anträgen der Antragstellerin stattgegeben und die Anträge
des Antragsgegners zurückgewiesen.
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Gegen diesen ihm am 10.09.2007 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am
08.10.2007 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist
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bis zum 10.12.2007 am 10.12.2007 begründet.
Der Antragsgegner wendet sich im Wesentlichen mit Rechtsausführungen gegen den
erstinstanzlichen Beschluss. Insoweit wird auf die Beschwerdebegründung Bezug
genommen.
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Zu der von ihm gesehenen Benachteiligung der Betriebsratsmitglieder weist er darauf
hin, dass die beiden freigestellten Betriebsratsmitglieder P und B auch gelernte
Speditionskaufleute seien wie Herr R und über langjährige praktische Erfahrungen im
Speditionsgewerbe verfügten. Darüber hinaus verfüge Herr B auch über eine
mehrjährige einschlägige Berufserfahrung als Zolldeklarant. Insofern hätten – so der
Antragsgegner – mögliche fehlende Kenntnisse oder praktische Erfahrungen vor Ort im
Rahmen einer verhältnismäßigen Schulungs- und Einarbeitungsmaßnahme
ausgeglichen werden können. Vor diesem Hintergrund erfüllten die beiden Bewerber
neben dem ausgewählten Herrn R ebenfalls das erforderliche Befähigungsprofil für die
ausgeschriebene Stelle.
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Hinzu komme der bereits erstinstanzlich vorgetragene – als solcher unstreitige –
Ausspruch des Gateway-Managers A am 31.01.2007 während der Besprechung, in der
der Leiter Personal A und Herr K vor den Mitgliedern des Betriebsausschusses die
Personalentscheidung begründet hätten. Der Antragsgegner meint, dass diese
Äußerung nur den einen Rückschluss zulasse, dass gerade die
Betriebsratszugehörigkeit in Verbindung mit den Freistellungen für die Personalauswahl
das entscheidende Kriterium gewesen sei.
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Der Antragsgegner beantragt,
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1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 26.07.2007 – 22 Bv 23/07 –
abzuändern;
2. den Antrag der Beteiligten zu 2. auf Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung
von F R vom Zolldeklarant zum Junior Supervisor abzuweisen;
3. festzustellen, dass die am 19.02.2007 vorgenommene vorläufige Versetzung
(Arbeitsplatzübertragung) des F auf den Arbeitsplatz "Import Junior-Supervisor
Tagschicht" offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend war;
4. dem Beteiligten zu 2. ein Zwangsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des
Gerichts gesetzt wird, angedroht, falls sie die personelle Maßnahme mit Ablauf
von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung noch aufrecht erhält.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Die Antragstellerin verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss. Zu dem Vorwurf,
Betriebsratsmitglieder seien bislang nicht befördert worden, trägt sie vor, sie habe
unlängst versucht, das Betriebsratsmitglied I Y zu befördern. Dieses sei an der
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verweigerten Zustimmung des Betriebsrats gescheitert. Ein Ersetzungsverfahren sei nur
deshalb nicht durchgeführt worden, weil Herr Y im Hinblick auf das Verhalten des
Betriebsrats das Unternehmen verlassen habe.
Zu dem Ausspruch Herrn Kurhans trägt sie vor, alle Bewerber seien solche aus dem
Import. Die Herren P und B seien dort nur seit Jahren wegen ihrer Betriebsratstätigkeit
nicht mehr gesehen worden. Dies sei lediglich eine Feststellung und keine Bewertung
der Personen. Eine weitere Bewerberin sei ehemaliges Mitglied des Betriebsrats
gewesen. Ihr sei die Stelle angeboten worden. Sie habe jedoch mehr Gehalt als
vorgesehen verlangt, so dass eine Einigung nicht zustande gekommen sei. Herr R sei
der erfahrenste Mitarbeiter und sei bereits in der Zeit zuvor stets von seinen Kollegen
um Rat gefragt worden, wenn eine Entscheidung notwendig gewesen sei. Die Aussage
Herrn K , der nicht Gateway-Manager, sondern Custums-Manager sei, habe sich genau
auf den Vorwurf des Betriebsrats bezogen, man würde Betriebsratsmitglieder
benachteiligen. Es habe klargestellt werden sollen, dass die Auswahl des Bewerbers
nichts mit dem Betriebsrat zu tun habe und die Entscheidung in jedem Fall auf Herrn R
gefallen wäre, auch wenn alle anderen Bewerber keine Betriebsratsmitglieder gewesen
wären. Für Herrn R habe sich die Antragstellerin deshalb entschieden, weil Herr R aus
Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern, dort gesammelten Erfahrungen und
Leitungsfunktionen so erhebliche Qualifikationen habe, dass die Auswahl aus
Qualifikationsgründen auf ihn habe fallen müssen.
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Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen diesen
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen
Anhörung waren.
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II.
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Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte begründete Beschwerde des
Antragsgegners hatte in der Sache keinen Erfolg.
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A. Das Folgende soll unterstellt werden, dass der Betriebsrat nicht schon aufgrund der
fehlenden Geltendmachung im Widerspruchsschreiben mit den von ihm im
Beschlussverfahren erhobenen Zustimmungsverweigerungsgründen im Sinne des § 99
Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ausgeschlossen ist. Auch dann, wenn man sämtliches Vorbringen
des Antragsgegners im Beschlussverfahren berücksichtigt, war die Zustimmung zu
ersetzen. Denn daraus folgt weder ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs.
2 Nr. 3, noch ein solches nach Nr. 1.
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1. Für ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG – das hat das
Arbeitsgericht zutreffend dargelegt - ist nach Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts (vgl. insbesondere 18.09.2002 – 1 ABR 56/01 – AP-Nr. 31 zu §
99 BetrVG 1972 Versetzung) erforderlich, dass eine nicht unerhebliche
Verschlechterung in der tatsächlichen oder rechtlichen Stellung eines Arbeitnehmers
vorliegt. Besteht der behauptete Nachteil in einer unterbliebenen Beförderung, kommt
regelmäßig nur ein rechtlicher Nachteil im Sinne des Gesetzes in Betracht. In diesem
Sinne ist der Verlust einer Beförderungschance rechtlich nachteilig, wenn dadurch eine
Rechtsposition des nichtbeförderten Arbeitnehmers gefährdet wird. Dazu können auch
solche Positionen zählen, die zwar keinen Anspruch auf eine konkrete Beförderung
gewähren, den Arbeitnehmer aber im Verhältnis zu Mitbewerbern begünstigen.
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Eine rechtliche Position, die einen der Mitbewerber begünstigen würde, hat der
Betriebsrat nicht dargelegt. Auf eine solche beruft er sich auch nicht. Er beruft sich im
Wesentlichen auf Rechte der Mitbewerber P und B aus § 37 Abs. 5 und aus § 78 Satz 2
BetrVG. Dafür gilt ausdrücklich, dass Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht
begünstigt werden dürfen (§ 78 Satz 2 BetrVG).
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Es kommt damit allein dann ein Zustimmungsverweigerungsrecht in § 99 Abs. 1 Nr. 3
BetrVG in Frage, wenn einer der Bewerber einen Anspruch auf die konkrete
Beförderungsstelle gehabt hätte.
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Dazu geht die Kammer zunächst davon aus, dass sowohl aus § 37 Abs. 5 (davon ist
auch das Arbeitsgericht ausgegangen) als auch aus § 78 Satz 2 BetrVG grundsätzlich
ein Anspruch auf Beförderung abgeleitet werden kann. Die Rechtsprechung des BAG
steht dem nicht entgegen. Alle von den Beteiligten im Verfahren angesprochenen
Entscheidungen sind allein deshalb zu Geldansprüchen eingegangen, weil diese
Streitgegenstand waren. Aus der Entscheidung des BAG vom 17.08.2005 (7 AZR
528/04 – AP Nr. 142 zu § 37 BetrVG 1972) ergibt sich indes, dass das BAG auch einen
Anspruch auf Beförderung aus § 78 BetrVG nicht ausschließt. Dort heißt es nämlich:
"Von dem Benachteiligungsverbot erfasst wird nicht nur die berufliche Tätigkeit, sondern
auch das sich aus ihr ergebende Entgelt. Ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge der
Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann
daher den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Vergütung in Anspruch
nehmen." Das BAG begründet dort, dass der Anspruch unmittelbar auf die höhere
Vergütung gehen kann und nicht nur auf Übertragung entsprechender beruflichen
Tätigkeit. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Anspruch auch auf
Übertragung der beruflichen Tätigkeit gehen kann. Eine Vorschrift, wie im ehemaligen §
611 a BGB und in § 15 Abs. 6 AGG ist in entsprechenden Vorschriften des
Betriebsverfassungsgesetzes gerade nicht enthalten.
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Indes liegen weder die Voraussetzungen für § 37 Abs. 5 BetrVG noch für § 78 S. 2
BetrVG vor.
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a. Zu § 37 Abs. 5 BetrVG gilt Folgendes: Der Anspruch setzt wie § 37 Abs. 4 BetrVG
voraus, dass ein vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher
Entwicklung die Beförderungsstelle, d. h. im Rahmen des
Zustimmungsverweigerungsrechts des § 99 BetrVG die konkrete Beförderungsstelle,
erreicht hätte. Die bloße Vergleichbarkeit der beruflichen Entwicklung der Arbeitnehmer
in der Vergangenheit ist dafür nicht ausreichend (BAG, 17.08.2005, a. a. O.). Die
Betriebsüblichkeit des beruflichen Aufstiegs der als vergleichbar angesehenen
Arbeitnehmer muss sich vielmehr aus einem gleichförmigen Verhalten des Arbeitgebers
und einer von ihm aufgestellten Regel ergeben (BAG, a. a. O.).
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Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich. Es reicht nach dem Gesagten nicht aus, dass –
was der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung hervorhebt – die Bewerber P
und B wie der Bewerber R gelernte Speditionskaufleute sind und über langjährige
praktische Erfahrungen im Speditionsgewerbe verfügen, dass jedenfalls der Bewerber B
auch über einschlägige Berufserfahrungen als Zolldeklarant verfügt und dass – wie der
Betriebsrat ganz allgemein vorträgt – die Bewerber P und B neben dem ausgewählten
Bewerber R das erforderliche Befähigungsprofil für die ausgeschriebene Stelle erfüllen.
Dies besagt nur, dass sie vergleichbar sind.
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Dass aber die Mehrzahl vergleichbarer Arbeitnehmer diese Beförderungsstelle
erreichen, hat der Betriebsrat auch nicht in allgemeiner Form behauptet. Erstinstanzlich
wird lediglich vorgetragen, dass für beide Bewerber die ausgeschriebene Position "als
Beförderungsposition und damit als berufliche Entwicklung zu bezeichnen" sei. Das
reicht offensichtlich nicht aus. Es kommt darauf an, ob es eine betriebsübliche
Entwicklung, d. h. für die Mehrzahl vergleichbarer Arbeitnehmer üblich ist, die
Beförderungsposition zu erreichen. Dieses ist nicht behauptet und wäre auch
angesichts der hierarchisch übergeordneten Position, um die es geht (Gruppenleiter),
kaum denkbar.
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b. § 37 Abs. 5 BetrVG enthält insoweit indes keine abschließende Regelung (vgl. zu §
37 Abs. 4 BetrVG BAG, 17.08.2005, a. a. O.). Die Vorschrift soll nur die Durchsetzung
des Benachteiligungsverbots durch einfach nachzuweisende
Anspruchsvoraussetzungen erleichtern. Daneben kann sich ein unmittelbarer Anspruch
des Betriebsratsmitglieds aus § 78 S. 2 BetrVG ergeben, wenn die Nichtbeförderung
sich als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds gerade wegen seiner
Betriebsratstätigkeit darstellt (vgl. BAG, a. a. O., zur Zahlung einer geringeren
Vergütung). Der Anspruch aus § 78 Abs. 2 BetrVG setzt allerdings voraus, dass dem
Betriebsratsmitglied der Nachweis gelingt, dass es ohne seine Tätigkeit in der
Betriebvertretung mit der angestrebten Aufgabe betraut worden wäre (vgl. BAG, a. a. O.
zum Arbeitsentgelt).
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Hier ist also nicht nur wie bei § 37 Abs. 5 und § 37 Abs. 4 BetrVG der Nachweis der
betriebsüblichen beruflichen Entwicklung notwendig, sondern die volle Überzeugung
des Gerichts, dass gerade dem Betriebsratsmitglied, um das es geht, die konkrete
Position, um die es geht, übertragen worden wäre, wenn er nicht Betriebsratsmitglied
wäre.
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Dafür reichen die vom Betriebsrat vorgetragenen Indizien nicht aus:
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aa) Die als solche nicht streitige Aussage des Fachvorgesetzten A
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"Selbst wenn die Bewerber P und B als Betriebsratsmitglieder im Import
gearbeitet hätten, wäre die Entscheidung so oder so auf den Bewerber R
gefallen."
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ist nicht einmal ein Indiz dafür, dass die beiden Mitbewerber wegen ihrer
Betriebsratstätigkeit schlechtere Chancen gehabt hätten. Sie deutet vielmehr gerade
darauf hin, dass die Betriebsratsmitgliedschaft keine Rolle hat spielen sollen. Die
Aussage besagt in concreto, dass auch dann, wenn die beiden Bewerber wie der
letztlich bevorzugte Bewerber R im Import gearbeitet hätten, die Entscheidung auf Herrn
R entfallen wäre. Ihr kann ferner der Bedeutungsinhalt entnommen werden, dass Herr K
davon ausging, dass die Beiden wegen ihrer Betriebsratsmitgliedschaft nicht oder
weniger im Import gearbeitet hätten. Damit spricht der Gehalt der Aussage dafür, dass
herausgestellt werden sollte, dass bei der Auswahlentscheidung zwischen den drei
genannten Personen nicht der Umfang der Mitarbeit im Import entscheidend war,
sondern andere Qualifikationen.
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Erst Recht aber lässt sich aus diesem Satz kein Indiz dafür gewinnen, dass einer der
beiden Bewerber – darauf kommt es an – tatsächlich die Stelle erhalten hätte, wenn er
nicht Mitglied im Betriebsrat gewesen wäre.
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bb) Auch die – für die Vergangenheit - nicht bestrittene Tatsache, dass – wie der
Antragsgegner erstinstanzlich präzisiert hat – seit Beginn der Betriebsratsamtsperiode
1994 bei der Antragstellerin kein Mitglied des Betriebsrats während seiner Amtszeit
befördert worden ist, wohl aber nach Ausscheiden aus dem Betriebsrat, so kann nicht
als durchschlagendes Indiz dafür ausreichen, dass einer der beiden Herren, P oder B ,
die Stelle erhalten hätten, wären sie nicht Mitglieder des Betriebsrats.
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Dies ergibt sich schon daraus, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder zu der
Gesamtzahl der Arbeitnehmer im Betrieb sehr gering ist. Diese letztere wurde von der
Antragstellerin in der Antragsschrift unbestritten mit ca. 600 angegeben. Es ist daher
nach § 9 BetrVG davon auszugehen, dass der Betriebsrat aus elf Mitgliedern besteht.
Damit ist nur etwa jeder 55. Arbeitnehmer Betriebsratsmitglied. Damit ist die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Betriebsratsmitglied während seiner Amtszeit befördert
würde, wäre es nicht Betriebsratsmitglied zu gering, als dass der Rückschluss gezogen
werden könnte, dass einer der beiden Mitbewerber die Stelle tatsächlich erhalten hätte,
wenn er nicht Mitglied des Betriebsrats gewesen wäre.
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2. Aus den genannten Gründen besteht auch kein Zustimmungsverweigerungsrecht
nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Ein Gesetzesverstoß wäre nur dann gegeben, wenn die
konkrete Maßnahme gegen eine der genannten Benachteilungsverbotsvorschriften
verstieße. Wiederum wäre erforderlich, dass aus einer dieser Vorschriften ein Anspruch
eines der Mitbewerber abzuleiten wäre, dass ihm die konkrete Beförderungsstelle
übertragen würde. Dieses ist wie dargestellt nicht der Fall.
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B. Die vorläufige Versetzung von Herrn Rose ist auch nicht offensichtlich aus sachlichen
Gründen nicht dringend erforderlich. Dazu wird entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG
zunächst auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Soweit
der Antragsgegner dagegen einwendet, die Stelle sei bereits am 23.11.2006
ausgeschrieben gewesen und zwar mit Eintrittsdatum 01.01.2007, trotzdem habe der
Arbeitgeber die Besetzung der Stelle am 24.01.2007 dem Betriebsrat zur Vorlage
gebracht, also erst zwei Monate nach der Ausschreibung, folgt daraus für die
vorliegende Entscheidung nichts Gegenteiliges. Es kommt auf den Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung an. Es ist inzwischen mehr als ein Jahr vergangen. Dieses
war im Übrigen auch schon seinerzeit absehbar. Über eine so lange Zeit eine
Führungsstelle unbesetzt zu lassen, kann jedenfalls nicht unter dem
"Offensichtlichkeits"-Maßstab gefordert werden. Soweit der Antragsgegner darauf
hinweist, dass andere Vorgesetzte die Führung der Gruppe mit hätten übernehmen
können, so ist eine so lange Vertretungszeit kaum zumutbar. Jedenfalls ist die vorläufige
Versetzung nicht offensichtlich nicht dringend erforderlich.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
40
Gegen diesen Beschluss ist für mangels ausdrücklicher Zulassung die
Rechtsbeschwerde nicht statthaft, § 92 Abs. 1 ArbGG. Wegen der Möglichkeit, die
Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde selbständig durch Beschwerde beim
41
Bundesarbeitsgericht
42
Hugo-Preuß-Platz 1
43
99084 Erfurt
44
Fax: (0361)2636-2000
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anzufechten wird auf die Anforderungen des § 92 a ArbGG verwiesen.
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Dr. Backhaus Rupp Göbel
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