Urteil des LAG Köln vom 16.11.2006

LArbG Köln: unerlaubte handlung, fürsorgepflicht, beendigung, software, arbeitsgericht, geschäftsführer, anweisung, anschluss, arbeitsrecht, datum

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Ta 410/06
Datum:
16.11.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 Ta 410/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 2 Ca 1715/06
Schlagworte:
Zuständigkeit des Arbeitsgerichts
Normen:
§§ 2 Abs. 1 Nr. 3 d , 2 Abs. 1 Nr. 3 c ArbGG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Zum Begriff des „Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis".
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Bonn vom 13.09.2006
– 2 Ca 1715/06 EU – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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Das Arbeitsgericht ist sowohl nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 d als auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 c
ArbGG zuständig.
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I. Der Streit betrifft eine unerlaubte Handlung, die im Zusammenhang mit dem
Arbeitsverhältnis steht. Ein solcher Zusammenhang ist gegeben, wenn sie zu dem
Arbeitsverhältnis der Parteien in einer inneren Beziehung steht, so dass sie in der
besonderen Eigenart des Arbeitsverhältnisses und den ihm eigentümlichen Reibungs-
und Berührungspunkten wurzelt (BGH, 07.02.1958, AP ArbGG 1953 § 2 Nr. 48). Die
unerlaubte Handlung kann vor Beginn des Arbeitsverhältnisses aber auch nach seiner
Beendigung begangen worden sein, etwa bei Beleidigungen während der Vorstellung
oder bei einem Verrat von Geschäftsgeheimnissen nach Ausscheiden aus dem Betrieb
(so zutreffend: Germelmann/Matthes ArbGG, 5. Auflage, § 2 Rn. 75). Dabei kann die
relevante "innere Beziehung" nicht allein darin gesehen werden, dass die unerlaubte
Handlung selbst während des Arbeitsverhältnisses begangen oder zielgerichtet
vorbereitet worden ist – wie der Kläger offensichtlich meint. Eine solche Verengung des
weiten Begriffes "Zusammenhang" lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch das
OLG Zweibrücken (28.04.1997 – 2 W 7/97 -), auf dessen Entscheidung die anderen vom
Kläger zitierten OLG-Entscheidungen zurückgehen, hat keineswegs – wie der Kläger
zitiert – entschieden, dass es erforderlich sei, dass der Anspruch aus der unerlaubten
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Handlung auf eine Handlung gestützt wird, die noch während des Arbeitsverhältnisses
begangen oder zielgerichtet vorbereitet worden ist. Vielmehr heißt es in der
Entscheidung:
"Dem Wortlaut nach lassen sich dieser Vorschrift keine Kriterien für die
erforderliche Bestimmung eines Zusammenhangs entnehmen. Solche
Gesichtspunkte können sich nur aus Sinn und Zweck der Vorschrift erschließen,
solche Rechtsstreitigkeiten in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zu geben,
für welche die besondere Sachkunde dieser Gerichte zum Tragen kommen
kann.
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Für Fälle bereits beendeter Arbeitsverhältnisse trifft dies nach Auffassung des
Senats insbesondere dann zu, wenn der Anspruch auf eine unerlaubte
Handlung gestützt wird, die noch während des Arbeitsverhältnisses begangen
oder zielgerichtet vorbereitet sein soll."
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Das Begehen oder zielgerichtete Vorbereiten ist auch nach dieser Entscheidung nur ein
Beispielsfall ("insbesondere") für den erforderlichen Zusammenhang.
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Im vorliegenden Fall geht es um den Vorwurf der Klägerin, dass der Beklagte in
unmittelbarem Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber
einem Kunden, der E S AG, angegeben hat, dass ihn der Geschäftsführer der Klägerin
am 14.12.2005 – also noch während des Bestands des Arbeitsverhältnisses –
angewiesen habe, in die "Jack-Software" einen Fehler einzuprogrammieren, wonach
diese Software nach dem 01.04.2006, 0:00 Uhr, in bestimmten Modulen nicht mehr
funktionsfähig war.
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Dass der Kläger eine derartige Äußerung gegenüber der Kundin getan hat, ist als
solches unstreitig. Der Streit der Parteien geht darum, ob der Geschäftsführer der
Klägerin dem Beklagten während des Arbeitsverhältnisses eine solche Anweisung
gegeben hat.
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Damit wurzelt der Kern des Streites eindeutig in dem Arbeitsverhältnis und auch in den
"im eigentümlichen Reibungs- und Berührungspunkten".
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II. Im Übrigen weist Matthes (a. a. O.) zu Recht darauf hin, dass wegen des inneren
Zusammenhangs im Arbeitsverhältnis vielfach gleichzeitig Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis, nämlich solche wegen Verletzung der Fürsorgepflicht, gegeben sind.
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In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass die
Fürsorgepflicht auch noch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Rechte und
Pflichten begründen kann (vgl. z. B. BAG, 11.05.1994 – 5 AZR 660/93 - ). Aus dieser
nachvertraglichen Fürsorgepflicht können auch Ansprüche des Arbeitgebers gegen den
Arbeitnehmer auf Unterlassung wahrheitswidriger geschäftsschädigender
Behauptungen entstehen.
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§ 2 Abs. 1 Nr. 3 c ArbGG ordnet für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus den
Nachwirkungen des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich die Zuständigkeit der
Arbeitsgerichte an.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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(Dr. Backhaus)
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