Urteil des LAG Köln vom 22.09.2008

LArbG Köln: nicht vermögensrechtliche streitigkeit, arbeitsgericht, versuch, prozessrecht, hauptsache, arbeitsrecht, datum, name

Landesarbeitsgericht Köln, 7 Ta 188/08
Datum:
22.09.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 Ta 188/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 15 BV 16/08
Schlagworte:
Streitwert, nicht-vermögensrechtliche Streitigkeit, Errichtung einer
Einigungsstelle, offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle,
Streitgegenstand
Normen:
§§ 98 ArbGG, 23 RVG, 76 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Bei dem Verfahren nach § 98 ArbGG über die Errichtung einer
betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle handelt es sich um eine
nicht vermögensrechtliche Streitigkeit i. S. v. § 23 III, 2, 2. Halbs. RVG.
2. Bei nicht-vermögensrechtlichen Streitigkeiten richtet sich der
Streitwert in erster Linie nach der Bedeutung der Angelegenheit für den
Antragsteller.
3. Die offensichtliche Unzuständigkeit einer Einigungsstelle i. S. v. § 98
ArbGG spricht gegen eine herausgehobene Bedeutung des
Einigungsstellenverfahrens, die bei der Streitwertbemessung zu einer
Überschreitung des Regelwertes von § 23 III, 2, 2. Halbs. RVG führen
könnte.
4. Auch bei nicht-vermögensrechtlichen Streitigkeiten kommt dem
Gesichtspunkt der rechtlichen Schwierigkeit der Angelegenheit im
übrigen allenfalls der Stellenwert eines untergeordneten
Hilfsgesichtspunkts zu.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellervertreters gegen den
Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts vom 30.04.2008 wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
Die Beschwerde des Antragstellervertreters gegen den Streitwertbeschluss des
Arbeitsgerichts Köln vom 30.04.2008 ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht
2
hat den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren zutreffend nach Maßgabe des § 23
Abs. 3 S. 2, 2. Halbs. RVG auf 4.000,00 € festgesetzt.
1. Das Verfahren nach § 98 ArbGG über die Errichtung einer
betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle im Sinne des § 76 Abs. 2 BetrVG hat,
wovon auch der Beschwerdeführer ausgeht, einen nicht- vermögensrechtlichen
Streitgegenstand. In solchen Fällen beträgt der Gegenstandswert nach der gesetzlichen
Vorschrift 4.000,00 €, sofern nicht "nach Lage des Falles" die Festsetzung eines
niedrigeren oder höheren Wertes geboten erscheint.
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2. Gründe, um im vorliegenden Fall von dem Regelwert nach oben abzuweichen,
bestehen nicht. Der Gegenstandswert für die Bemessung der anwaltlichen Gebühren
richtet sich, wie schon der Name sagt, nach dem Wert des Streitgegenstands. Dies gilt
auch bei nicht-vermögensrechtlichen Streitgegenständen. Bei diesen ist, ausgehend
von dem Maßstab des gesetzlichen Durchschnittswertes von 4.000,00 €, die Bedeutung
des Streitgegenstandes für den Antragsteller zu bewerten.
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a. Streitgegenstand eines Verfahrens nach § 98 Abs. 1 ArbGG ist die Errichtung einer
Einigungsstelle gemäß § 76 Abs. 2 BetrVG durch Bestimmung eines
Einigungsstellenvorsitzenden und Festlegung der Anzahl der Einigungsstellenbeisitzer.
Da eine Einigungsstelle immer aus einem Vorsitzenden und mehreren Beisitzern
besteht, erscheint es verfehlt, zum Zwecke der Bemessung des Streitwertes diese
Gesichtspunkte zu atomisieren und jeweils gesondert zu bewerten.
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b. Die Bedeutung, die im vorliegenden Fall der Errichtung der vom Antragsteller
gewünschten Einigungsstelle beikommt, darf auch nicht verwechselt werden mit dem
dahinterstehenden Wunsch des Antragstellers, in dem Betrieb, für den er zuständig ist,
eine betriebliche Altersversorgung einführen zu lassen. Das angestrebte
Einigungsstellenverfahren stellte lediglich einen Versuch des Antragstellers dar, auf
verfahrensrechtlichem Wege dem Endziel der Einführung einer betrieblichen
Altersversorgung einen Schritt näher zu kommen. Es handelte sich jedoch um einen
untauglichen Versuch, da die Einigungsstelle für die Problematik, zu der sie Stellung
nehmen sollte, - offensichtlich - unzuständig war. Wäre die Einigungsstelle wie
gewünscht errichtet worden, hätte das Einigungsstellenverfahren selbst über die
Prüfung der eigenen Zuständigkeit der Einigungsstelle nicht hinausgelangen können.
Insofern liegt auf der Hand, dass die Errichtung der vorliegend gewünschten
Einigungsstelle nicht als überdurchschnittlich bedeutungsvoll angesehen werden kann.
Dies hat das Arbeitsgericht seinen Erwägungen zutreffend zugrunde gelegt.
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c. Zu Unrecht stellt der Beschwerdeführer schließlich auch darauf ab, dass ein höherer
als der Regelstreitwert aufgrund der rechtlichen Schwierigkeit der Angelegenheit
gerechtfertigt sein könne.
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aa. Richtet sich die Bemessung von Kosten und Gebühren im deutschen Prozessrecht
nach dem Streitgegenstand, erscheint es schon im Ansatz systemfremd, maßgeblich
darauf abstellen zu wollen, ob eine Rechtsstreitigkeit mehr oder weniger schwierige
Rechtsfragen aufwirft. Die Schwierigkeit der Rechtsfragen, die bei der Entscheidung
einer nicht-vermögensrechtlichen Streitigkeit auftritt, kann daher allenfalls als
untergeordneter Hilfsgesichtspunkt mitberücksichtigt werden.
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bb. Ungeachtet des Umstandes, dass die Bewertung von Rechtsfragen als "schwierig"
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starken subjektiven Einflüssen unterliegt, ist das Beschwerdegericht davon überzeugt,
dass vorliegend auch keine überdurchschnittlich schwierige rechtliche Entscheidung zu
treffen war. Lediglich die Frage, ob die Unzuständigkeit der Einigungsstelle bereits die
Schwelle zu der in § 98 Abs. 1 ArbGG vorausgesetzten "Offensichtlichkeit" überschritten
hatte, konnte unterschiedlich beantwortet werden. Insofern spricht auch der Umstand,
dass in der Hauptsache das Beschwerdegericht zu einem anderen Ergebnis gekommen
ist, als das Arbeitsgericht, in keiner Weise für eine herausgehobene rechtliche
Schwierigkeit der Angelegenheit.
3. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht statthaft.
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Dr. Czinczoll
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