Urteil des LAG Hessen vom 11.01.2011

LAG Frankfurt: stellenbeschreibung, arbeitsgericht, berufsausbildung, bewährung, schlichtungsverfahren, empfehlung, schiedsspruch, vergleich, vertrauensschutz, sorgfalt

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
13. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 Sa 1313/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
EvKiDVtrO SN
Eingruppierung, Überleitung
Orientierungssatz
Einzelfall der Überleitung aus den Eingruppierungsregeln des BAT/DWHN
in die der ablösenden KDVO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am
Main vom 28. Juli 2010 – 2 Ca11046/09 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist gelernte Arzthelferin und seit dem 01. September 1993 bei der
Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Beginn des
Arbeitsverhältnisses arbeitet die Klägerin im A-Krankenhaus in B.
Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages vom 15. Juni 1993 (Bl. 8 d.A.) ist die Klägerin
als Stationsassistentin eingestellt. Sie wird auf der anästhesiologischen
Intensivstation eingesetzt. In § 2 des Arbeitsvertrages ist vereinbart:
Das Angestelltenverhältnis regelt sich nach den Bestimmungen des Bundes-
Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 in der Fassung der
Empfehlung des C vom 18. April 1963. Künftige Änderungen dieser Bestimmungen
oder an ihre Stelle tretende Vorschriften gelten auch für das vorliegende
Vertragsverhältnis.
Die Geschäftsordnung, die Dienstordnungen und gegebenenfalls die
Dienstanweisungen sind in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil dieses
Dienstvertrages.
Die Klägerin war zunächst in die Vergütungsgruppe Kr. III BAT/DW eingruppiert. Mit
Schreiben vom 23. Februar 2000 erfolgte ab 01. April 2000 die Höhergruppierung
nach Vergütungsgruppe VI b, Einzelgruppenplan 01, BAT/DWHN mit folgendem
Wortlaut (Bl. 9 d.A.):
Umgruppierung von Verg. Gr. Kr. III nach Verg. Gr. VI b BAT/DWHN B-L, EGP 01, ab
.
Sehr geehrte Frau D,
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Sehr geehrte Frau D,
wir können Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass wir Sie, unter Anrechnung
der Vordienstzeiten im A, mit Wirkung zum 01. April 2000 von Verg. Gr. Kr. III nach
Verg. Gr. VI b, einzelgruppenplan 01, BAT/DWHN höhergruppieren. …
Die Eingruppierungsmerkmale der Vergütungsgruppe VI b, Einzelgruppenplan 01,
BAT/DWHN lauten in der Fallgruppe 3:
in der Fallgruppe 4:
Seit dem 01. Oktober 2005 werden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen
der kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsordnung (im folgenden: KDAVO) vom 20.
Juli 2005 (Bl. 55 ff d. A.) angewandt. Die Anlage 1 der KDAVO enthält die
Eingruppierungsordnung. Dort heißt es u. a.:
Artikel 5 § 6 KDAVO enthält folgende Regelung – soweit für den Rechtsstreit von
Bedeutung:
1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden auf Grundlage ihrer bisherigen
Eingruppierung gemäß der Überleitungstabelle (Anlage zur KDO/AngAVO/ArbAVO)
am 01. Oktober 2005 nach § 28 KDAVO eingruppiert.
2) Eine Überprüfung der Eingruppierung aufgrund von Stellenbeschreibungen
erfolgt bis zum 30. September 2006. Wird bei der Überprüfung festgestellt, dass
die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter höher oder niedriger einzugruppieren ist, als
die Überleitungstabelle vorgibt, erfolgt eine Umgruppierung sowie eine
Neuberechnung der Besitzstandszulage (§ 8) zum 1. Oktober 2005.
Rückforderungen für die Vergangenheit sind ausgeschlossen. …
Gemäß der zitierten Überleitungstabelle (Bl. 86-89 d. A.) wurde die Klägerin
zunächst in die Entgeltgruppe E 5 KDAVO übergeleitet (Bl. 90 d. A.).
Im Herbst 2006 beantragte die Beklagte die Zustimmung der bei ihr gebildeten
Mitarbeitervertretung zur Abgruppierung der Klägerin und weiterer Beschäftigter in
die Entgeltgruppe E 4 KDAVO. Nachdem die Mitarbeitervertretung die
Zustimmung verweigerte, kam es zu einem Schlichtungsverfahren. Mit
Schiedsspruch vom 28. Februar 2007 wurde die Zustimmung der
Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe E 4
KDAVO ersetzt. Die von der Mitarbeitervertretung angerufene erweiterte
Schlichtung hielt den Schiedsspruch vom 28. Februar 2007 aufrecht. Im von der
Klägerin eingeleiteten Schlichtungsverfahren erging ein Schlichtungsvorschlag, der
eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 4 zum Gegenstand hatte (Bl. 29, 30 d.
A.).
Eine Änderung der der Klägerin übertragenen Aufgaben hat über die gesamte Zeit
nicht stattgefunden.
Mit der am 30. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich
die Klägerin gegen diese „Rückgruppierung“ gewandt.
Sie hat eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 6 KDAVO für zutreffend
gehalten. Die ihr übertragenen Tätigkeiten seien nach wie vor schwierige und
vielseitige Tätigkeiten, die überwiegend gründliche Fachkenntnisse erforderten.
Ihre Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 6 KDAVO ergebe sich schon aus der
Wortgleichheit mit den Anforderungsmerkmalen der Fallgruppe 4,
Einzelgruppenplan 01 der Vergütungsgruppe VI b BAT/DWHN. Tatsächlich übe sie
auch überwiegend entsprechende Tätigkeiten aus. Wegen der Einzelheiten dazu
wird auf den erstinstanzlichen Schriftsatz der Klägerin vom 25. Mai 2010 (Bl. 112 ff
d. A.) und auf die von der Klägerin vorgelegte Stellenbeschreibung (Bl. 16 ff d. A.)
verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie seit dem 01. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe E 6 KDAVO,
hilfsweise in die Entgeltgruppe E 5 KDAVO eingruppiert ist.
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Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die Tätigkeiten der Klägerin seien keine
schwierigen und vielseitigen, für die sie überwiegend gründliche Fachkenntnisse
benötige. Die von der Klägerin vorgelegte Stellenbeschreibung sei unzutreffend. Es
sei unklar, wer sie erstellt habe. Tatsächlich entspreche die Stellenbeschreibung
für „Stationsassistentinnen“ vom 01. Januar 2003 (Bl. 92 ff d. A.) den
Anforderungen und Tätigkeiten der Klägerin.
Durch Urteil vom 28. Juli 2010 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und
festgestellt, dass die Klägerin ab 01. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe E 6 KDAVO
eingruppiert ist. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen
ausgeführt, schon aus der Wortgleichheit der Eingruppierungsmerkmale ihrer
früheren Vergütungsgruppe VI b BAT/DWHN und der Vergütungsgruppe E 6 KDAVO
folge bei gleichgebliebener Tätigkeit eine Vermutung für die zutreffende
Eingruppierung in E 6 KDAVO. Diese Vermutung habe die Beklagte nicht
entkräftet. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe
des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 126 – 134 d. A.).
Gegen dieses der Beklagten am 27. August 2010 berichtigt zugestellte Urteil hat
diese mit einem beim erkennenden Gericht bereits am 25. August 2010
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 29.
September 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie trägt vor,
die Klägerin sei durch das Schreiben vom 23. Februar 2000 nicht in die Fallgruppe
4 des oben zitierten Einzelgruppenplans 01, sondern in die Fallgruppe 3
eingeordnet worden und habe damit ihre damalige Höhergruppierung im Wege des
Bewährungsaufstiegs erworben. Eine unmittelbare Eingruppierung in die
Vergütungsgruppe VI b über die Fallgruppe 4 sei schon deshalb ausgeschlossen
gewesen, weil die Klägerin die dafür notwendige Fachschulausbildung von 3 Jahren
nicht habe. Entsprechendes ergebe sich auch aus dem Protokoll über den
Gesprächstermin der Geschäftsführung mit den Mitarbeitervertretungen vom 25.
November 1999 (Bl. 239 d. A.) und aus dem Protokoll über den Gesprächstermin
mit der Mitarbeitervertretung vom 10. Februar 2000 (Bl. 241 d. A.). Die Klägerin
habe auch nicht die Anforderungsmerkmale der Fallgruppe 4 des
Einzelgruppenplans 01 BAT/DWHN erfüllt und erfülle sie dementsprechend auch
nicht für die jetzt im Streit stehende Entgeltgruppe E 6 KDAVO mit der
gleichlautenden Tätigkeitsbeschreibung.
Die Eingruppierung der Klägerin entspreche im Übrigen der üblichen für
Arzthelferinnen, wie sie nach den „Modellstellen“ für die Eingruppierung in die
Entgeltgruppe E 4 gemäß dem Anhang zur KDAVO vorgesehen ist (Bl. 94 d. A.).
Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 5 komme auch nicht in Betracht, weil
die Klägerin die Anforderungen für diese Entgeltgruppe, nämlich „schwierige
Tätigkeiten, die gründliche Fachkenntnisse erfordern“, nicht erfülle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juli 2010 – 2 Ca 11046/09
– abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie behauptet unter Hinweis auf
ihre „Eingruppierungsgeschichte“ über die Vergütungsgruppe KR III des
Einzelgruppenplans 75 der AngAVO/DW, Anlage 1 b, in die Vergütungsgruppe VI b
des Einzelgruppenplans 01 BAT/DWHN, dass ihre Höhergruppierung in die
letztgenannte Vergütungsgruppe als solche in die Fallgruppe 4 gedacht war. Sie
übe nach wie vor „schwierige und vielseitige Tätigkeiten aus, die überwiegend
gründliche Fachkenntnisse“ erforderten. Auf eine Fachschulausbildung komme es,
so meint die Klägerin, nicht an. Dies ergebe ein Vergleich mit den übrigen
Anforderungsmerkmalen und Ausbildungsstandards des zitierten
Einzelgruppenplans 01. Jedenfalls aber übe sie „schwierige Tätigkeiten aus, die
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Einzelgruppenplans 01. Jedenfalls aber übe sie „schwierige Tätigkeiten aus, die
gründliche Fachkenntnisse“ erforderten und sei damit mindestens in die
Entgeltgruppe E 5 einzugruppieren.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die
Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 11. Januar 2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 8 Abs. 2 ArbGG; 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet
hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG) keinen
Bedenken. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und
fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§
66 Abs. 1 ArbGG; 517; 519; 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.
In der Sache ist die Berufung erfolgreich.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin zu Unrecht die Eingruppierung in die
Entgeltgruppe E 6 KDAVO ab 01. Oktober 2005 zugebilligt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der begehrten höheren
Eingruppierung, und zwar weder im Haupt-, noch im Hilfsbegehren.
Die Klage ist zwar zulässig. Das bzw. die Feststellungsbegehren der Klägerin
entsprechen den üblichen Anträgen für Eingruppierungsfeststellungsklagen, deren
Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des BAG, der die Kammer folgt, keine
Bedenken entgegenstehen (vgl. z. B. BAG vom 19. Mai 2010 – 4 AZR 932/08 -,
zitiert nach juris; BAG vom 28. September 2005, AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge:
Systemgastronomie).
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Nach § 2 des Arbeitvertrags der Parteien vom 15. Juni 1993 galten Kraft
einzelvertraglicher Bezugnahme zunächst die Bestimmungen des Bundes-
Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 in der Fassung der
Empfehlung des C vom 18. April 1963. Der BAT nebst Änderungen und
zusätzlichen Regelungen in der Fassung des C ist ein aufgrund kirchlichen Rechts
geschaffenes Regelwerk, das lediglich auf den Bestimmungen und der Systematik
des BAT aufbaut. Auf das Arbeitsverhältnis fanden demgemäß kirchenrechtliche
Regelungen, nicht aber der BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge Anwendung
(vgl. z. B. BAG vom 06. November 1996, NZA 1996, 659; Hessisches
Landesarbeitgericht vom 19. Oktober 2007 – 3 Sa 777/07 -, zitiert nach juris).
Kirchlich-diakonische Einrichtungen fallen nicht einmal unter den Geltungsbereich
des BAT.
Durch die weitere arbeitsvertragliche Verweisung auf „künftige Änderungen diese
Bestimmungen oder an ihre Stelle tretende Vorschriften“ findet nunmehr ab 01.
Oktober 2005 die den BAT/DWHN ablösende Arbeitsvertragsordnung für
Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des C (KDAVO) Anwendung. Hierüber
besteht zwischen den Parteien kein Streit (vgl. zu dieser Frage bei
anderslautenden Verweisungsklauseln: BAG vom 22. Juli 2010, BB 2010, 2498).
Gemäß § 28 Abs. 1 KDAVO ist die Mitarbeiterin entsprechend der mindestens zur
Hälfte regelmäßig auszuübenden Tätigkeit in einer Entgeltgruppe gemäß der
Eingruppierungsordnung (Anlage 1) eingruppiert.
Die Klägerin ist derzeit in Entgeltgruppe E 5 eingruppiert, soll aber in die
Entgeltgruppe E 4. Die Voraussetzungen für die begehrte Eingruppierung in die
Entgeltgruppe E 6 hat die Klägerin nicht dargetan.
Die Klägerin hätte dafür diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall
zu beweisen gehabt, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass sie die für
sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin
vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt. Zu einem
schlüssigen Vortrag genügt aber auch eine genaue Darstellung der eigenen
Tätigkeiten dann nicht, wenn z. B. das Heraushebungsmerkmal der „schwierigen
und vielseitigen“ Tätigkeiten, die „überwiegend gründliche Fachkenntnisse“
erfordern, in Anspruch genommen wird, weil allein aus der Betrachtung der
jeweiligen Tätigkeit noch keine Rückschlüsse auf die entsprechende Qualifizierung
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jeweiligen Tätigkeit noch keine Rückschlüsse auf die entsprechende Qualifizierung
möglich sind. Der Tatsachenvortrag muss erkennen lassen, warum sich eine
bestimmte Tätigkeit z. B. aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten
Grundtätigkeit heraushebt und einem wertenden Vergleich mit diesen nicht unter
die Heraushebungsmerkmale fallenden Tätigkeiten erlauben (vgl. statt vieler BAG
vom 19. Mai 2010, ZTR 2010, 577; BAG vom 25. Februar 2009, AP Nr. 310 zu §§
22, 23 BAT 1975, jeweils m. w. N.).
Diesen Anforderungen entspricht der Vortrag der Klägerin nicht. Sie hat zwar eine
Stellenbeschreibung vorgelegt, deren Inhalt aber von der Beklagten bestritten
wird. Es ist nach wie vor unklar, woher diese Stellenbeschreibung stammt.
Unbestritten stammt sie jedenfalls nicht von der Beklagten. Damit ist schon die
Basis für eine Bewertung der Tätigkeiten der Klägerin fraglich. Aber selbst wenn
man die von der Klägerin ins Feld geführte Stellenbeschreibung zum
Ausgangspunkt einer Tätigkeitsbewertung machen wollte, genügte sie allein nicht
der oben angeführten Anforderungen an einen substantiierten Vortrag, auch wenn
die Klägerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 25. Mai 2010 die
beschriebenen Tätigkeiten zeitlich gewichtet hat und bei diversen Tätigkeiten als
Grad der Selbstständigkeit: „hoch“ angegeben hat. Das reicht nicht aus, um
schwierige und vielseitige Tätigkeiten, die überwiegend gründlichen Fachkenntnisse
erfordern, so darzulegen, dass daraus ein Schluss auf die begehrte Eingruppierung
möglich wäre. Die angebotene Vernehmung der Zeugin E kommt deshalb nicht in
Betracht. Ihre Vernehmung käme einem Ausforschungsbeweis gleich, der den
Zivilprozess allgemein und damit auch dem arbeitsgerichtlichen Verfahren
wesenfremd ist.
Die Klägerin kann sich entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts auch nicht auf
den Hinweis zurückziehen, die Anforderungsmerkmale der Fallgruppe 4 des
Einzelgruppenplans 01 BAT/DWHN für die Vergütungsgruppe VI b entsprächen
wortgenau der Tätigkeitsbeschreibung der Entgeltgruppe E 6 der Anlage 1 KDAVO.
Dies hilft der Klägerin in zweifacher Hinsicht nichts. Zum einen könnte sich die
Klägerin auch bei gleichgebliebener Tätigkeit nicht auf einen wie auch immer
gearteten Vertrauensschutz berufen. Ein solcher wäre überhaupt denkbar, wenn
die Klägerin vor dem 01. Oktober 2005 tatsächlich in die Fallgruppe 4 des
Einzelgruppenplans 01 BAT/DWHN eingruppiert war. Dafür spricht nichts. Das
Schreiben der Beklagten vom 23. Februar 2000, mit dem sie seinerzeit
höhergruppiert wurde, erwähnt die Fallgruppe 4 nicht. Damit kommt auch eine
Höhergruppierung in die Fallgruppe 3 für die Vergütungsgruppe VI b BAT/DWHN in
Betracht, die nach 4-jähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe VII BAT/DWHN
erreicht werden konnte. Diese Fallgruppe stellt aber geringere Anforderungen an
den Stelleninhaber. Es gibt sogar ein Indiz gegen die Ansicht der Klägerin, man
habe sie seinerzeit in die Fallgruppe 4 eingruppiert. Diese Fallgruppe verlangt eine
Fachschulausbildung von 3 Jahren. Diese kann die Klägerin nicht vorweisen. Eine
Fachschulausbildung ist mehr als eine anerkannte Berufsausbildung, wie sie die
Klägerin hat. Fachschulausbildungen bauen auf eine abgeschlossenen
Berufsausbildung auf (§ 42 HessSchulG). Es kann nicht angenommen werden,
dass die Beklagte die Klägerin seinerzeit einer Fallgruppe zuordnen wollte, für die
sie schon die Ausbildungsstandards nicht erfüllte.
Erfolglos ist auch der Versuch der Klägerin, die Bedeutung der
Fachschulausbildung für die zitierte Fallgruppe 4 zu relativieren. Ihr Hinweis, bei
anderen Fallgruppen befinde sich die Ausbildungsanforderung in der Spalte
„Anforderungsmerkmale“, bei der Fallgruppe 4 aber nur in der Spalte
„Ausbildungsstandards“ übersieht, dass auch dort, wo die Ausbildungsanforderung
in der Spalte „Anforderungsmerkmale“ erwähnt ist, sie in der Spalte
„Ausbildungsstandards“ wiederholt wird. Außerdem ist der Begriff
Ausbildungsstandards zwanglos dahin zu verstehen, dass eine bestimmte
Ausbildung Mindestvoraussetzung für das Erreichen der entsprechenden
Fallgruppe sein soll und nicht nur eine unverbindliche Orientierungshilfe.
Abgesehen davon, käme der Klägerin ein Vertrauensschutz auf Eingruppierung in
die Entgeltgruppe E 6 KDAVO selbst dann nicht zu Gute, wenn man entgegen der
Ansicht der Berufungskammer von der seinerzeitigen Eingruppierung in die
Fallgruppe 4 des Einzelgruppenplans 01 BAT/DWHN ausgehen wollte.
Der im Tatbestand zitierte Artikel 5 § 6 KDAVO bestimmt, dass die Mitarbeiter auf
der Grundlage ihrer bisherigen Eingruppierung (- vorläufig -) gemäß
Überleitungstabelle am 01. Oktober 2005 nach § 28 KDAVO eingruppiert werden.
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Überleitungstabelle am 01. Oktober 2005 nach § 28 KDAVO eingruppiert werden.
Dies ist bei der Klägerin unstreitig geschehen. Zugleich ist aber auch gesagt, dass
eine Überprüfung der Eingruppierung bis 30. September 2006 erfolgt und dass die
Überprüfung auch eine niedrigere Eingruppierung ergeben kann. Allen Mitarbeitern
und damit auch der Klägerin musste damit klar sein, dass ihre „ad-hoc“-
Umgruppierung per 01. Oktober 2005 nicht endgültig sein würde, sondern bis 30.
September 2006 einer Überprüfung unterzogen würden, um die korrekte
Eingruppierung in aller Sorgfalt zu klären. Die Klägerin kann sich deshalb auch
nicht entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts auf die vom BAG entwickelten
Grundsätze zu korrigierenden Rückgruppierung berufen (vgl. z. B. BAG vom 7. Mai
2008, ZTR 2008, 553). Eine solche liegt hier nicht vor. Die Klägerin war nicht
„irrtümlich“ zu hoch eingruppiert worden. Die Klägerin hat vielmehr das Regelwerk
für ihre Eingruppierung gewechselt. Das festgeschriebene Überleitungsverfahren
wurde eingehalten mit dem Hinweis, dass die zunächst vorgenommene „ad-hoc“-
Umgruppierung einer Prüfung unterzogen wird, die unter Umständen auch zu einer
Korrektur der vorläufigen neuen Eingruppierung führen könnte. Die Beklagte hat
damit keinerlei Vertrauen auf eine „Bestandskraft“ der vorläufigen Umgruppierung
von der Vergütungsgruppe VI BAT/DWHN in die Entgeltgruppe E 6 KDAVO geweckt,
auf das sich die Klägerin jetzt berufen könnte.
Wegen des fehlenden Vertrauensschutzes trifft die Klägerin auch die volle
Darlegungs- und Beweislast für ihr Hilfsbegehren, die Feststellung der
Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 5 KDAVO. Es gilt hier sinngemäß dasselbe,
was bereits oben zu den Voraussetzungen an einem substantiierten Vortrag zu
einem Höhergruppierungsbegehren ausgeführt wurde. Die Klägerin ist diesen
Voraussetzungen nicht gerecht geworden.
Eines Schriftsatznachlasses für die Klägerin zur Erwiderung auf den Schriftsatz der
Beklagten vom 07. Januar 2011 bedurfte es nicht, weil die vorliegende
Entscheidung ohne Berücksichtigung dieses Schriftsatzes auskommt.
Als Unterlegene hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs.
1 ZPO).
Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2
ArbGG) ist nicht ersichtlich.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.