Urteil des LAG Hessen vom 10.05.2010
LAG Frankfurt: gesellschaft mit beschränkter haftung, betriebsrat, anschlussbeschwerde, eingliederung, vorübergehende beschäftigung, mitbestimmungsrecht, arbeitsgemeinschaft, verfügung, nichtigkeit
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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
5. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5/9 TaBV 175/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 Abs 3 S 1 BetrVG, § 5
Abs 1 S 2 BetrVG, § 99 Abs 1
BetrVG, § 4 Abs 2 TVöD
Unterlassung der Einstellung von Arbeitnehmern ohne
Beteiligung des Betriebsrats - öffentlicher Dienst
Orientierungssatz
1. Der Tatbestand des § 5 Abs. 1 S. 2 BetrVG wird nicht schon durch bloßes Tätigwerden
in dem aufnehmenden Betrieb erfüllt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Arbeitnehmer
des öffentlichen Dienstes durch Eingliederung in die Betriebsorganisation für das
privatrechtlich organisierte Unternehmen und nicht weiterhin allein für seinen
Arbeitgeber tätig wird.
2. Die notwendige Eingliederung muss dergestalt erfolgen, dass die Arbeitnehmer dem
Weisungsrecht des aufnehmenden Betriebsinhabers unterliegen. Dieses muss nicht
umfassend sein, vielmehr reichen Weisungsbefugnisse aus, soweit sie für die Ausübung
der Tätigkeit in dem aufnehmenden Betrieb erforderlich sind.
3. Werden Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 BetrVG im Betrieb des
aufnehmenden Betriebs eingesetzt, liegt eine Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG vor.
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts
Darmstadt vom 13. August 2009 – 21 BV 145/09 – wird zurückgewiesen.
Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 4) wird als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über die Unterlassung der Einstellung von Arbeitnehmern
ohne Beteiligung des Betriebsrats.
Die Beteiligte zu 2. (im Folgenden: A) ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft
mit beschränkter Haftung gegründete Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b SGB II.
Gesellschafter zu gleichen Teilen sind die Stadt B und die Beteiligte zu 4. (im
Folgenden: C). Wegen des Inhalts des Kooperationsvertrages wird auf die Kopie Bl.
402 - 424 d. A. verwiesen. Im A sind mehrere hundert Mitarbeiter tätig. Aufgabe
des A ist die Gewährleistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Sinne des
Sozialgesetzbuches II. Das dafür benötigte Personal wird ihr auf der Grundlage von
vertraglichen Vereinbarungen mit der Stadt B und der C zur Verfügung gestellt. In
dem zwischen dem A und der C geschlossenen sog.
Dienstleistungsüberlassungsvertrag ist u.a. Folgendes geregelt:
„§ 1
Dienstleistungsüberlassung
1. Die C stellt der A GmbH Dienstleistungen durch Beschäftigte der C zur
Verfügung. Die nachfolgenden Regelungen gelten analog auch für die im Rahmen
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Verfügung. Die nachfolgenden Regelungen gelten analog auch für die im Rahmen
der Amtshilfe überlassenen Mitarbeiter.
…
5. Die C verpflichtet sich, geeignetes, qualifiziertes Personal einzusetzen.
Grundsätzlich erfolgt die Einarbeitung durch die A GmbH.
…
§ 2
Rechtsverhältnis
1. Die Rechtsverhältnisse der Beamten und Angestellten der C werden durch die
Dienstleistungen für die A GmbH nicht berührt. Rechte und Pflichten aus dem
Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis bestehen unverändert zur C fort.
…
§ 3
Weisungsbefugnis
…
2. Der Geschäftsführer der A GmbH kann den mit den Dienstleistungen
beauftragten Beschäftigten der C Arbeitsanweisungen erteilen, die die fachliche
und organisatorische Durchführung der zugewiesenen Dienstleistungen betreffen.
Entscheidungen über den örtlichen Einsatz der Beschäftigten der C in der ARGE
erfolgen durch die C.
Die dienstaufsichtliche Weisungsbefugnis beinhaltet insbesondere auch die
Einhaltung der Arbeitszeit und des gewährten Urlaubs. …
6. Sollte der/die Geschäftsführer/in der A GmbH die Abberufung oder Umsetzung
von mit der Dienstleistung beauftragten Mitarbeitern/innen der C bei wiederholt
weisungswidrigem Verhalten begründet als notwendig erachten und liegen die
Voraussetzungen für arbeits-/dienstrechtliche Maßnahmen vor, wird die C den/die
entsprechenden Beschäftigte/n auswechseln. …“
Wegen des weiteren Inhalts des Dienstleistungsüberlassungsvertrages wird auf die
Kopie Bl. 425 - 228 d. A. Bezug genommen.
Die am 13. August 2008 durchgeführte Betriebsratswahl wurde vom A
angefochten und vom Hessischen Landesarbeitsgericht durch Beschluss vom
19.02.2009 für ungültig erklärt. Daraufhin trat der Betriebsrat
zurück und es wurden Neuwahlen eingeleitet. Der am 02.12.2009 neu gewählte
Betriebsrat fasste den Beschluss, das am 24. Februar 2009 eingeleitete
Beschlussverfahren fortzusetzen. Mit ihm verfolgt der Betriebsrat - soweit im
Beschwerdeverfahren noch von Interesse - das Begehren, dem A und der C
aufzugeben, es zu unterlassen, ohne vorher erteilte, als erteilt geltende oder
gerichtlich ersetzte Zustimmung des Betriebsrats bzw. ohne Durchführung des für
vorläufige personelle Maßnahmen vorgesehenen Verfahrens Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer einzustellen. Bei den bislang erfolgten Einstellungen von
Arbeitnehmern wurde der Betriebsrat weder vom A noch von der C beteiligt. Diese
Praxis wurde auch in der Zeit nach dem 04. August 2009 fortgesetzt. Das A und
die C unterhalten keinen Gemeinschaftsbetrieb, sondern jeweils eigenständige
Betriebe. Wegen des weiteren Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten im ersten
Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den
tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses S. 2 - 5 - (Bl. 86 - 89 d. A.) -
ergänzend Bezug genommen.
Mit dem am 13. August 2009 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht
Frankfurt am Main dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Wegen der
Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss, S. 5 - 7 (Bl. 89 -
91 d. A.), verwiesen. Gegen den am 24. August 2009 zugestellten Beschluss hat
das A am 28. August 2009 Beschwerde eingelegt und diese mit dem am 23.
Oktober 2009 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz
begründet. Die Beschwerdebegründung wurde der C mit einer Äußerungsfrist von
einem Monat am 25. November 2009 zugestellt. Ihre Anschlussbeschwerde
inklusive Anschlussbeschwerdebegründung ist am 18. Januar 2010 beim
Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.
Das A und die C verfolgen ihr Zurückweisungsbegehren unter Wiederholung und
Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Das A meint, es sei
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Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Das A meint, es sei
offensichtlich falscher Adressat des arbeitsgerichtlichen Beschlusses, da es keine
eigenen Arbeitnehmer beschäftige. Es habe auch zu keinem Zeitpunkt eine eigene
Einstellungskompetenz für sich in Anspruch genommen. Die C macht
umfangreiche Rechtsausführungen zur Fehlerhaftigkeit des angefochtenen
Beschlusses. Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf
den Schriftsatz des A vom 23. Oktober 2009 (Bl. 115 - 117 d. A.) sowie auf den
Schriftsatz der C vom 18. Januar 2010 (Bl. 354 - 369 d. A.) Bezug genommen.
Das A beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2009 - 21
BV 145/09 - aufzuheben.
Die C beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2009 - 21
BV 145/09 - aufzuheben und den Antrag des Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde des A zurückzuweisen
und
die Anschlussbeschwerde der C als unzulässig,
hilfsweise,
als unbegründet zurückzuweisen.
Der Betriebsrat verteidigt den angefochtenen Beschluss und meint, dass auch das
A „Einstellungen“ vornähme. „Einstellung“ im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn
sei die Eingliederung der Beschäftigten in den Betrieb. Das Fehlen eines
Arbeitsverhältnisses sei unschädlich. Auch Leiharbeitnehmer würden beim
Entleiher „eingestellt“, ohne dass ein Arbeitsvertragsverhältnis zum
Betriebsinhaber bestehe. Wegen des weiteren Vorbringens des Betriebsrats im
Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze vom 29. Dezember 2009 (Bl. 123,
124 d. A.) und auf den Schriftsatz vom 29.03.2010 (Bl. 608, 609 d. A.) Bezug
genommen.
B.
Beschwerde und Anschlussbeschwerde haben keinen Erfolg. Die
Anschlussbeschwerde ist bereits unzulässig. Die Beschwerde ist zwar zulässig aber
unbegründet.
I.
Die Anschlussbeschwerde der C ist unzulässig. Zwar werden die Vorschriften über
die Anschlussbeschwerde (§ 524 ZPO) nicht ausdrücklich von § 87 Abs. 2 ArbGG in
Bezug genommen. Die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde ist aber mittlerweile
anerkannt, §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG, § 524 ZPO
. Da das Beschlussverfahren keine Frist für eine
Beschwerdeerwiderung kennt, kann die Anschlussbeschwerde grundsätzlich
zeitlich unbefristet bis zum Anhörungstermin vor der Kammer eingelegt werden.
Sie unterliegt jedoch der Frist, die das Gericht den einzelnen Beteiligten für die
Beantwortung der Beschwerde gesetzt hat, §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 Abs. 2 Satz 2,
521 Abs. 2 ZPO
. Danach ist die Anschlussbeschwerde verfristet. Die durch
gerichtliche Verfügung vom 19.11.2009 (Bl. 118 d. A.) der C gesetzte
Äußerungsfrist von einem Monat wurde von ihr nicht eingehalten. Die
Beschwerdebegründung wurde am 25.11.2009 zugestellt und war bereits
abgelaufen, als die Anschlussbeschwerde am 18.01.2010 beim Hessischen
Landesarbeitsgericht eingegangen ist.
II.
Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde des A bestehen keine durchgreifenden
Bedenken.
1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie form- und fristgerecht
eingelegt sowie begründet worden (vgl. §§ 87 Abs. 1, Abs. 2, 89 Abs. 1, Abs. 2, 66
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eingelegt sowie begründet worden (vgl. §§ 87 Abs. 1, Abs. 2, 89 Abs. 1, Abs. 2, 66
Abs. 1 ArbGG, 516, 518 ZPO).
2. Die C ist nicht gem. § 83 Abs. 3 ArbGG zu beteiligen. Zwar kann bei einem
gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen die „gemeinsame Leitung“ zu
beteiligen sein, wenn sich die Rechtsstreitigkeit auf den gemeinsamen Betrieb als
solchen bezieht
. Die Annahme eines gemeinsamen Betriebs scheitert im Streitfall aber
an der fehlenden Wahrnehmung der maßgeblichen Arbeitgeberfunktionen in
personellen und sozialen Angelegenheiten durch eine einheitliche Leitung. Das hat
das Hessische Landesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 19.02.2009
festgestellt und es wird im vorliegenden Beschlussverfahren von
keinem der Beteiligten mehr in Abrede gestellt.
III.
In der Sache hat die Beschwerde des A keinen Erfolg. Der Beschluss des
Arbeitsgerichts ist nicht abzuändern, da der Unterlassungsantrag zulässig und
begründet ist. Dem Betriebsrat steht der geltend gemachte Anspruch,
Einstellungen ohne seine vorherige Beteiligung zu unterlassen, gegen das A zu.
1. Der Unterlassungsantrag ist zulässig, insbesondere ist er gem. § 253 Abs. 2 Nr.
2 ZPO hinreichend bestimmt.
Nimmt der Betriebsrat den Arbeitgeber auf Unterlassung von Handlungen in
Anspruch, müssen diese so genau beschrieben werden, dass keine Zweifel
darüber bestehen können, welches Verhalten vom Arbeitgeber erfasst sein soll.
Richtet sich der Antrag auf die Unterlassung angeblich mitbestimmungswidriger
Handlungen, müssen die Fallgestaltungen, für die ein Mitbestimmungsrecht in
Anspruch genommen wird, exakt angegeben werden. Anderenfalls könnte jeweils
erst im Zwangsvollstreckungsverfahren anhand eines dann gegebenen konkreten
betrieblichen Vorgangs entschieden werden, ob es sich um eine dem
Mitbestimmungsrecht unterliegende Maßnahme handelt oder nicht. Damit wäre
der Befriedungszweck gerichtlicher Entscheidungen verfehlt
. Der Verfahrensgegenstand muss so
genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung
zwischen den Beteiligten entschieden werden kann
Diesen Bestimmtheitsanforderungen kann auch
ein sog. Globalantrag genügen, mit dem ein Mitbestimmungsrecht generell und
unabhängig vom Einzelfall geltend gemacht wird. Ob es tatsächlich in allen Fällen
besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags
.
Im Streitfall begehrt der Betriebsrat die Unterlassung der Einstellung von
Arbeitnehmern im A ohne seine vorher erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich
ersetzte Zustimmung, es sei denn, es liegt eine vorläufige Durchführung der
Einstellung nach Maßgabe des Betriebsverfassungsgesetzes vor. Da die
Zustimmungspflichtigkeit für jeden Arbeitnehmer und für jeden Fall mit Ausnahme
der genau bezeichneten einschränkenden Voraussetzungen angenommen wird
und die Art der personellen Maßnahme sowie die davon betroffenen Personen
hinreichend präzise bezeichnet werden, ist das Unterlassungsbegehren
ausreichend bestimmt
. Dem steht nicht entgegen, dass von dem Rechtsbegriff „Einstellung“
ohne weitere Konkretisierung Gebrauch gemacht wird. Zwar ist die bloße
Wiedergabe des Gesetzeswortlauts im Antrag unzureichend, wenn über den Inhalt
und die Bedeutung des fraglichen Begriffs gestritten wird und unklar ist, welcher
tatsächliche Lebensvorgang die personelle Einzelmaßnahme ausmacht
. Um die Auslegung des
Einstellungsbegriffs geht es im Streitfall indessen nicht und aus dem gesamten
Vorbringen des Betriebsrats ergibt sich, dass er die Einhaltung des Verfahrens
gemäß § 99 BetrVG im Rechtsverhältnis zwischen dem A und dem Betriebsrat
begehrt, bevor Arbeitnehmer im Betrieb des A eingegliedert werden und erstmals
tatsächlich zum Einsatz kommen.
2. In der Sache ist der Antrag des Betriebsrats begründet. Anspruchsgrundlage für
das Unterlassungsbegehren ist § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Neben den speziellen
Regelungen nach §§ 100, 101 BetrVG ist zwar ein allgemeiner
Unterlassungsanspruch nicht anzunehmen
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Unterlassungsanspruch nicht anzunehmen
. Es besteht aber auch gegenüber personellen
Einzelmaßnahmen der Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG, um für
die Zukunft ein den Rechten des Betriebsrats entsprechendes Verhalten sicher zu
stellen. Da er auf die künftige Beachtung der Mitbestimmungsrechte gerichtet ist,
wird er durch § 101 BetrVG nicht verdrängt
.
Seine Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des A erfüllt. Es hat gegen
seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz grob verstoßen, indem
es auch nach dem 04.08.2009 die von der Stadt B und der C zur Verfügung
gestellten Arbeitnehmer ohne Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1
BetrVG beschäftigt hat.
Das A hat unter Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG
jedenfalls in der Zeit nach dem 04.08.2009 mehrfach Arbeitnehmer eingestellt.
Die für die Wahrnehmung des Beteiligungsrechts aus § 99 BetrVG
vorausgesetzte Wahl eines Betriebsrats ist für den gesamten maßgeblichen
Beurteilungszeitraum erfüllt.
Dem steht nicht entgegen, dass sowohl die Wahl des vorangegangenen als
auch die des derzeit amtierenden Betriebsrats - so die Mitteilung der Beteiligten
im Anhörungstermin - angefochten wurden. Die erfolgreiche Anfechtung einer
Betriebsratswahl hat keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft.
Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der Betriebsrat mit allen
betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt
. Etwas anderes gilt nur für den Fall der Nichtigkeit einer Wahl, d.h., wenn
gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maß verstoßen
wurde, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl
vorliegt. Für diese Annahme muss es um die Verletzung grundlegender
Wahlvorschriften gehen und der Verstoß muss evident sein
. Dies kann im Streitfall nicht angenommen
werden. Die Wahl des vorangegangenen Betriebsrats wurde von der 9. Kammer
des Hessischen Landesarbeitsgerichts durch den mittlerweile rechtskräftigen
lediglich für ungültig erklärt. Damit
steht fest, dass sie nicht nichtig war. Der Anfechtungsantrag, der auf die
Ungültigerklärung des Wahlergebnisses gerichtet ist, umfaßt regelmäßig zugleich
den Antrag, die Nichtigkeit der Wahl festzustellen
. Dementsprechend wird durch die gerichtliche Ungültigerklärung der Wahl
zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht nichtig ist.
Für die Nichtigkeit der Wahl des amtierenden Betriebsrats gibt es ebenfalls keine
hinreichenden Anhaltspunkte. Insbesondere liegt keine zur Nichtigkeit führende
Wahl eines Betriebsrats für einen eindeutig nicht betriebsratsfähigen Betrieb vor
. Das
A stellt einen – was mittlerweile zwischen den Beteiligten außer Streit steht -
eigenständigen Betrieb dar und in ihm werden die von § 1 Abs. 1 BetrVG
geforderte Anzahl wahlberechtigter und wählbarer Arbeitnehmer beschäftigt.
Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass alle im A tätigen Mitarbeiter mit
diesem keinen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Allerdings setzt die Wählbarkeit
gem. §§ 7 Satz 1, 8 BetrVG voraus, dass die Arbeitnehmer in einem
Arbeitsverhältnis zu dem Betriebsinhaber stehen und innerhalb der
Arbeitsorganisation des Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbringen
, wobei wählbar
im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die nach § 7 Satz 1 BetrVG, nicht
dagegen die nach § 7 Satz 2 BetrVG Wahlberechtigten sind
. Der fehlende Arbeitsvertrag mit dem
Betriebsinhaber ist indessen spätestens seit dem 04.08.2009 und damit vor der
Wahl des amtierenden Betriebsrats unschädlich geworden. Seit diesem Zeitpunkt
sind die Mitarbeiter nämlich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wie Arbeitnehmer
des Betriebs zu behandeln. Damit ist es jedenfalls nicht offensichtlich, dass kein
betriebsratsfähiger Betrieb vorliegt.
Nach der am 04.08.2009 in Kraft getretenen Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3
BetrVG gelten als Arbeitnehmer des Betriebs diejenigen Arbeitnehmer des
öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen
tätig sind. Auf den im A eingesetzten Personenkreis trifft dies zu.
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Der Tatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG wird nicht schon durch bloßes
Tätigwerden in dem aufnehmenden Betrieb erfüllt. Erforderlich ist vielmehr, dass
der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes durch Eingliederung in die
Betriebsorganisation für das privatrechtlich organisierte Unternehmen und nicht
weiterhin allein für seinen Arbeitgeber tätig wird. Die notwendige Eingliederung
muss dergestalt erfolgen, dass die Arbeitnehmer dem Weisungsrecht des
aufnehmenden Betriebsinhabers unterliegen. Dieses muss nicht umfassend sein,
vielmehr reichen Weisungsbefugnisse aus, soweit sie für die Ausübung der
Tätigkeit in dem aufnehmenden Betrieb erforderlich sind. Dies ergibt sich aus
Folgendem:
Der Wortlaut der Vorschrift ist sehr weit gefasst und lässt es schon genügen, dass
die genannten Personen in dem privatrechtlich organisierten Betrieb eingesetzt
werden. Dennoch ist eine durch das Direktionsrecht des Betriebsinhabers
begründete Eingliederung erforderlich. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 5
BetrVG, der den Personenkreis beschreibt, der vom Betriebsrat repräsentiert wird,
und dessen Interessen er wahrnehmen soll. Die betriebsverfassungsrechtliche
Beteiligung des Betriebsrats kann nur einsetzen, wenn dem Arbeitgeber
hinsichtlich der Mitarbeiter, die vom Betriebsrat vertreten werden, auch ein
Weisungsrecht zusteht, da es ansonsten an einem Gestaltungsspielraum des
Arbeitgebers hinsichtlich der beteiligungs- und mitbestimmungspflichtigen
Maßnahmen fehlt. Das Weisungsrecht muss aber nach der Systematik des
Betriebsverfassungsgesetzes nicht umfassend sein. Der auf den bloßen Einsatz in
einem Betrieb abstellende Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verdeutlicht,
dass jedenfalls kein höheres Maß an Eingliederung in die fremde Organisation
gefordert werden kann, als es für eine „Überlassung“ des Arbeitnehmers nach § 7
Satz 2 BetrVG zu fordern ist. Sie ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer in den
Einsatzbetrieb so eingegliedert ist, dass seine dortige Tätigkeit dem Weisungsrecht
des Arbeitgebers des Einsatzbetriebes unterliegt und seine Zwecke verfolgt
Durch die Begründung des Regierungsentwurfs wird das Auslegungsergebnis
gestützt. Danach wird durch die Änderung des § 5 Abs. 3 BetrVG dem Wunsch des
Bundesrats entsprochen, eine allgemeine Regelung in das
Betriebsverfassungsgesetz aufzunehmen, nach der Beamte bei Zuweisung an
privatrechtlich organisierte Einrichtungen generell für die Anwendung des
Betriebsverfassungsgesetzes als deren Arbeitnehmer gelten und damit auch aktiv
und passiv bei den Betriebsratswahlen wahlberechtigt sind. Gleiches soll auch für
die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sichergestellt werden und den in den
Spezialgesetzen, z. B. im Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz, dazu
getroffenen Regelungen entsprechen. Danach werden gem. § 2 Abs. 1 des
Gesetzes über das Personal der Bundeswertpapierverwaltung Beamten und
Arbeitnehmern ab dem 01.08.2006 Tätigkeiten bei der Bundesrepublik
Deutschland - Finanzagentur GmbH zugewiesen. Diese Personalgestellung lässt
die bestehenden Dienst- und Arbeitsverhältnisse zum Bund bestehen (§ 2 Abs. 2
BWpVerwPG), jedoch hat die Finanzagentur GmbH gegenüber den zugewiesenen
Beamten und Arbeitnehmern Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse, „soweit die
Dienstausübung oder Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur
GmbH es erfordern“ (§ 3 Satz 1 BWpVerwPG). Aus dem Hinweis auf das Gesetz
über das Personal der Bundeswertpapierverwaltung ergeben sich damit
Anhaltspunkte, in welcher Form der betroffene Personenkreis in die Organisation
des aufnehmenden Betriebs eingegliedert sein soll, dem er zur Arbeitsleistung
zugewiesen wird. § 3 Satz 1 BWpVerwPG zeigt, dass die bloße Tätigkeit in dem
Betrieb nicht ausreicht. Umgekehrt ist aber an ein umfassendes Weisungsrecht
nicht gedacht. Ausreichend sind nach diesen Vorstellungen vielmehr
Weisungsbefugnisse des Inhabers des aufnehmenden Betriebs, die für die
Erfüllung der Aufgaben in dem aufnehmenden Betrieb erforderlich sind.
Ein darüber hinaus gehendes Direktionsrecht wird ferner nicht durch den im
Regierungsentwurf verwendeten Begriff der „Zuweisung“ nahe gelegt. Bei ihm
handelt es sich um einen Terminus der auch in Tarifverträgen Verwendung findet
und nur bedeutet, dass eine vorübergehende Beschäftigung bei einem Dritten im
In- und Ausland, bei dem der Tarifvertrag nicht zur Anwendung kommt, unter
Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2
des Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesanstalt
für Arbeit, § 4 Abs. 2 Satz 1 TVöD i.V.m. der Protokollerklärung zu Abs. 2). Dem
Auslegungsergebnis kann auch nicht die Rechtslage betreffend die - fehlende -
Wählbarkeit von zwischen Privatunternehmen überlassenen Arbeitnehmern
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Wählbarkeit von zwischen Privatunternehmen überlassenen Arbeitnehmern
entgegengehalten werden, denn § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist eine Sondervorschrift
für echte Arbeitnehmerüberlassung aus dem öffentlichen Dienst
.
Legt man dies zugrunde, so waren die betroffenen Personen gem. § 5 Abs. 1
Satz 2 BetrVG Arbeitnehmer des A.
Nach dem Dienstleistungsüberlassungsvertrag haben die Arbeitnehmer ihre
Arbeitsleistung nicht mehr unmittelbar für ihre Vertragsarbeitgeberin - die C -,
sondern für das A zu erbringen. Durch ihre Arbeitsleistung erledigen sie nicht mehr
Aufgaben der C, sondern davon zu unterscheidende Aufgaben der
Arbeitsgemeinschaft, also des A. Zum Vollzug der Grundsicherung für
Arbeitssuchende wird der Arbeitsgemeinschaft in § 44 b SGB II eine eigene
Aufgabenzuständigkeit eingeräumt
. § 44 b SGB II sieht eine selbstständige, sowohl von der Sozial- als auch von der
Arbeitsverwaltung getrennte Organisationseinheit vor, die sich nicht auf
koordinierende und informierende Tätigkeiten beschränkt, sondern die gesamten
Aufgaben einer hoheitlichen Leistungsverwaltung im Bereich der Grundsicherung
für Arbeitssuchende umfasst . Die
Aufgaben die sich aus dem SGB II für die C ergeben, gehen kraft Gesetzes auf die
Arbeitsgemeinschaft über
. Für die Aufgaben des kommunalen Trägers bedarf es eines gesonderten
Übertragungsaktes, der aber bereits konkludent aus der Errichtungsvereinbarung
zu entnehmen ist, sofern dem kein ausdrücklicher Erklärungsinhalt entgegensteht
. Die Arbeitsgemeinschaft ist Trägerin
von Rechten und Pflichten und handelt bei der Erfüllung der ihr übertragenen
Aufgaben im eigenen Namen und nicht bloß im Auftrag der jeweiligen Träger. Sie
ist nicht bloß Auftragnehmerin, sondern führt die Aufgaben als eigene
Angelegenheit aus. Im Verhältnis zu den Trägern folgt daraus, dass die
Arbeitsgemeinschaft nicht den Weisungsbindungen einer Auftragnehmerin
unterliegt .
Dem A sind auch Weisungsbefugnisse gegenüber den ihr zugewiesenen
Arbeitnehmer eingeräumt worden, sodass sie in den Betrieb eingegliedert sind
Sie
gehen erheblich über ein bloßes fachliches Weisungsrecht hinaus und erstrecken
sich auf alle Weisungen die erforderlich sind, um die Aufgaben des A erfüllen zu
können. Dies ergibt sich aus § 3 Ziffer 2 des
Dienstleistungsüberlassungsvertrages, wonach das A neben dem fachlichen
Direktionsrecht auch Arbeitsanweisungen erteilen kann, die die organisatorische
Durchführung der zugewiesenen Dienstleistung betreffen. Mit der
organisatorischen Durchführung der Dienstleistung wird die Gestaltung des
Arbeitsprozesses angesprochen. Seine Ordnung hat nach unterschiedlichen
Gesichtspunkten zu erfolgen: Festlegung der Arbeitsinhalte, Ordnung der
Arbeitszeit, Ordnung der Arbeitsräume und des betrieblichen Zusammenlebens
und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer. Damit erstreckt sich das Weisungsrecht
auf Anordnungen, welche Arbeiten zu erledigen sind, Arbeitszeitfragen wie die
Lage der Arbeitszeit und die Anordnung von Überstunden sowie Anordnungen, die
das Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber seinen Kollegen betreffen.
Demgegenüber hat sich die C nur die Weisungsbefugnis hinsichtlich des
Einsatzortes (§ 1 Nr. 2) sowie die Umsetzung der Arbeitnehmer (§ 3 Ziffer 6)
vorbehalten. Weisungsbefugnisse in dieser Hinsicht sind aber für die Durchführung
der Aufgaben des A nicht erforderlich.
Das A hat in der Zeit nach dem 04.08.2009 auch mehrfach Arbeitnehmer
eingestellt.
(1) Grundsätzlich liegt eine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG vor, wenn
Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon
beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs durch
weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem
diese Arbeitnehmer zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht
an. Maßgebend ist vielmehr die Eingliederung, die Frage also, ob die zu
verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der
Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes dient und daher vom
Arbeitgeber organisiert werden muss. Die beschäftigten Personen müssen selbst
so in die Arbeitsorganisation eingegliedert sein, dass der Arbeitgeber die für ein
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so in die Arbeitsorganisation eingegliedert sein, dass der Arbeitgeber die für ein
Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über ihren Arbeitseinsatz nach Art,
Zeit und Ort zu treffen hat und damit wenigstens einen Teil der
Arbeitgeberstellung auch für sie einnimmt
. Hierfür muss er
zumindest die zur Ausführung der Arbeit erforderlichen Weisungen erteilen können
Unabhängig davon
handelt es sich nach wie vor jedenfalls um Einstellungen im Sinne von § 99 BetrVG
bei Personen, die als Arbeitnehmer des Betriebsinhabers in dem Betrieb
beschäftigt werden sollen
.
Für die Frage der Arbeitnehmereigenschaft des betroffenen Personenkreises
kann wiederum auf § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG abgestellt werden, sodass die im A
eingesetzten Mitarbeiter ohne weiteres gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG eingestellt
werden. Im Übrigen ist auch das vom Einstellungsbegriff geforderte Merkmal der
Eingliederung gegeben, da das A - wie gezeigt – die zur Ausführung der Arbeit
erforderlichen Weisungen erteilen kann.
Der Einwand des A, ein Mitbestimmungsrecht müsse wegen der vertraglichen
Bindung zwischen ihm und der C inhaltsleer bleiben, greift nicht durch. Allerdings
ist es im Ausgangspunkt zutreffend, dass eine Einstellungsmitbestimmung nur in
dem Maß Platz greifen kann, wenn und soweit das A selbst eine
Auswahlentscheidung unter denen trifft, die Tätigkeiten im A wahrnehmen sollen.
Wo ein Arbeitgeber nichts zu bestimmen hat, kommt auch ein
Mitbestimmungsrecht nicht in Betracht. Fehlt es mithin an einer
Auswahlmöglichkeit des Arbeitgebers, kann auch keine
Einstellungsmitbestimmung eingreifen
.
Das A hat indessen die Möglichkeit eine Auswahlentscheidung zu treffen, da es
über den konkreten Einsatz der jeweiligen von der C zur Verfügung gestellten
Arbeitnehmer im Betrieb auch zu befinden hat. Die C kann die Arbeitsplätze im A
nicht einfach mit den von ihm ausgewählten Arbeitnehmern besetzen. Das A ist
nach der Vertragslage nicht verpflichtet, jeden von der C präsentierten
Arbeitnehmer zu übernehmen. Nach § 1 Ziffer 5 des
Dienstleistungsüberlassungsvertrages muss die C geeignetes, qualifiziertes
Personal einsetzen. Dies bedeutet nichts anderes als das Bestehen einer
Wahlmöglichkeit, da bei der Feststellung der Eignung ein Beurteilungsspielraum
besteht und das A ungeeignetes und unqualifiziertes Personal ablehnen kann. Zur
Eignung eines Arbeitnehmers zählen neben Fachkenntnissen auch Fähigkeiten wie
Kommunikationfähigkeit und Kooperationsbereitschaft, die die Zusammenarbeit
mit anderen Arbeitnehmern betreffen. Auf diese Weise können die nach § 99
BetrVG geschützten Interessen der Belegschaft des A ohne Weiteres gegenüber
der C zur Geltung gebracht werden. Der betriebliche Ablauf kann nur reibungslos
funktionieren, wenn sich die von der C überlassenen Arbeitnehmer in die
Belegschaft integrieren lassen und sie die notwendige berufliche Qualifikation
mitbringen. Demgegenüber kann eine Gefährdung des Betriebsfriedens
entstehen, wenn die neu eingegliederten Personen nach ihrer Persönlichkeit und
ihrem Verhalten nicht mit der übrigen Belegschaft harmonieren. Solche Gefahren
für die kollektiven Interessen bereits im Vorfeld einer Tätigkeit abzuwehren ist u.a.
Gegenstand der Zustimmungsverweigerungsgründe in § 99 Abs. 2 BetrVG
. Vor diesem
Hintergrund kann dahinstehen, inwieweit sich das A überhaupt auf eine fehlende
Entscheidungsmöglichkeit berufen könnte. Grundsätzlich kann die Arbeitgeberin
nicht über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats verfügen. In
mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten kann sie sich nicht gegenüber Dritten
in einer Weise binden, die eine Einflussnahme des Betriebsrats faktisch
ausschließen würde
.
Das A hat auch in grober Weise gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen
Pflichten aus § 99 Abs. 1 BetrVG verstoßen.
Ein grober Verstoß nach § 23 Abs. 3 BetrVG liegt vor, wenn es sich um eine
objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung handelt,
wobei es auf ein Verschulden nicht ankommt . Er ist regelmäßig dann zu bejahen,
wenn der Arbeitgeber mehrfach erzwingbare Mitbestimmungsrechte des
Betriebsrats übergangen hat
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Betriebsrats übergangen hat
. Dies gilt auch für die
Mitbestimmungsrechte aus § 99 BetrVG
Kein Fall grober Pflichtverletzung ist allerdings dann gegeben,
wenn der Arbeitgeber in einer schwierigen ungeklärten Rechtsfrage nach einer
vertretbaren Rechtsansicht handelt . Ein
grober Verstoß setzt nicht zwingend voraus, dass die vom Arbeitgeber
missachteten Mitbestimmungsrechte bereits gerichtlich festgestellt sind. Vor dem
Hintergrund eines effektiven Schutzes der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
handelt es sich dabei lediglich um eine Fallgestaltung bei der das
Tatbestandsmerkmal jedenfalls erfüllt ist
.
Nach diesen Maßstäben musste ein grober Verstoß des A gegen die
Verpflichtung, die Zustimmung des Betriebsrats bei Einstellungen von Mitarbeitern
einzuholen, angenommen werden. Das A hat wiederholt Arbeitnehmer ohne
Beteiligung des Betriebsrats eingestellt und damit beharrlich die
Mitbestimmungsrechte nach § 99 Abs. 1 BetrVG verletzt. Eine schwierige,
ungeklärte Rechtsfrage hatte das A dabei nicht zu beantworten. Es kann nicht für
sich in Anspruch nehmen, nach einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt zu
haben. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Betriebsrat mit allen
betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen bis zur rechtskräftigen Entscheidung
über eine ungültige Wahl im Amt bleibt. Auf eine Nichtigkeit aufgrund der Wahl
eines Betriebsrats für einen nicht betriebsratsfähigen Betrieb, kann sich das A
nicht berufen. Diese Rechtsansicht ist seit dem In-Kraft-Treten des § 5 Abs. 1 Satz
2 BetrVG am 04.08.2009 nicht mehr vertretbar. Ab diesem Zeitpunkt ist das
Fehlen arbeitsvertraglicher Beziehungen zwischen dem A und dem dort
beschäftigten Personenkreis unerheblich. Inwieweit eine dahingehende Auslegung
vertretbar ist, dass die im A tätigen Mitarbeiter trotz § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG
nicht als Arbeitnehmer des Betriebs gelten, spielt keine Rolle. Die erforderliche
Offensichtlichkeit einer Wahl eines Betriebsrats für einen nicht betriebsratsfähigen
Betrieb lässt sich auf diese Weise nicht begründen, denn es stellt jedenfalls keine
vertretbare Annahme dar, dass es sich offensichtlich um einen nicht
betriebsratsfähigen Betrieb handelt.
Auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist
gegeben. Für sie besteht bereits eine tatsächliche Vermutung, wenn - wie im
Streitfall - in der Vergangenheit mehrfach Mitbestimmungsrechte verletzt worden
sind . Einwendungen
hiergegen sind vom A mit der Beschwerde nicht vorgebracht worden. Es hat keine
besonderen Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass eine
weitere Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht in Betracht
kommt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Das A hat vielmehr auch noch im
Beschwerdeverfahren das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei
Einstellungen geleugnet.
C.
Gegen diese gem. § 2 Abs. 2 GKG kostenfrei ergehende Entscheidung ist gem. §
92 Abs. 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da Fragen
von grundsätzlicher Bedeutung angesprochen sind.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.