Urteil des LAG Hessen vom 23.10.2009

LAG Frankfurt: grundsatz der spezialität, vertrag zu lasten dritter, vergütung, gewerkschaft, check, geistige arbeit, hessen, arbeitgeberverband, arbeitsgericht, tarifvertrag

1
2
3
Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Sa 234/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 4 TVG
(Wirksamkeit des Landestarifvertrags Nr. 16/2007 -
studentische Hilfskräfte bei der Fraport AG)
Leitsatz
Der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 16/2007 zwischen dem Kommunalen
Arbeitgeberverband Hessen e. V. und der Fraport AG einerseits sowie der ver.di-
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V. andererseits über Sonderregelungen für
studentische aushilfsweise Beschäftigte bei der Fraport AG vom 01. August 2007 ist
jedenfalls nicht insgesamt rechtsunwirksam.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main
vom 30. Oktober 2008 – 1 Ca 8503/07 – wird als unzulässig verworfen, soweit das
Arbeitsgericht die Klage hinsichtlich des Antrags zurückgewiesen hat, die Beklagte
zu verurteilen, die Tätigkeit des Klägers unter Anwendung des Tarifvertrags für den
öffentlichen Dienst in der Entgeltstufe E 6 Stufe 2 zu vergüten.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit die Berufung im Hinblick auf
den Antrag festzustellen, dass der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 16/2007 vom 01.
August 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung findet,
zurückgewiesen wurde. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Vergütung nach
Entgeltgruppe 6, hilfsweise Entgeltgruppe 5 des Tarifvertrags für den öffentlichen
Dienst (TVöD) vom 13. September 2005, hilfsweise dazu eine Eingruppierung des
Klägers in den TVöD und weiter hilfsweise die Anwendbarkeit eines
Landesbezirkstarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis des Klägers.
Die Beklagte ist Betreiberin eines Großflughafens. Sie ist Mitglied im Kommunalen
Arbeitgeberverband Hessen e.V., welcher seinerseits Mitglied in der Vereinigung
der kommunalen Arbeitgeberverbände ist.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 4. April 2005 auf Grundlage des
Arbeitsvertrags der Parteien vom 31. März 2005 (Ablichtung als Anlage zur
Klageschrift, Bl. 14 – 16 d. A.) als „studentische Hilfskraft“ beschäftigt. Die
einzelvertraglich vereinbarte Vergütung betrug zuletzt € 9,08 pro Stunde. Während
des Semesters belief sich die wöchentliche Arbeitszeit auf nicht mehr als 20
Stunden, in der vorlesungsfreien Zeit auf nicht mehr als 40 Stunden. Mit Wirkung
ab dem 1. März 2007 ist der Kläger Mitglied der Vereinigten
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.
4
5
6
7
8
9
10
11
Mit Schreiben vom 4. Juni 2006 (Ablichtung als Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl.
26/27 d. A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten mit Wirkung ab 1.
Dezember 2006 Ansprüche auf Vergütung nach Entgeltgruppe 6 TVöD geltend.
Am 1. August 2007 schlossen die Beklagte und der Kommunale
Arbeitgeberverband Hessen e.V. einerseits sowie die Gewerkschaft ver.di
andererseits mit Wirkung ab 1. August 2007 einen Landesbezirkstarifvertrag Nr.
16/2007 „über Sonderregelungen für studentische aushilfsweise Beschäftigte bei
der A“ (nachfolgend: TV 16/2007), wegen dessen Regelungen im Einzelnen auf die
Ablichtung (Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. Mai 2008, Bl. 49 –
52 d. A.) verwiesen wird. Der Tarifvertrag ist für die Gewerkschaft ver.di von deren
Verhandlungsführer C und der stellvertretenden Landesbezirksleiterin B
unterzeichnet. Die Gewerkschaft ver.di wird gemäß § 35 ihrer Satzung in
landesbezirklichen Angelegenheiten durch den Landesbezirksleiter oder seinen
Stellvertreter vertreten.
Der Kontroll- und Beschwerdeausschuss der Gewerkschaft ver.di gab aufgrund
einer Sitzung vom 28./29. Februar 2008 einer Beschwerde des Klägers gegen den
Abschluss des TV 16/2007 statt. Auf das Schreiben des Beschwerdeausschusses
an den Kläger vom 9. April 2008 (Ablichtung als Anlage K 5 zum Schriftsatz des
Klägers vom 12. Juni 2008, Bl. 111 – 114 d. A.) wird Bezug genommen.
Mit seiner am 31. Oktober 2007 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main
eingegangenen, der Beklagten am 8. November 2007 zugestellten Klage, die er
mit am 12. Juni 2008 eingegangenem, der Beklagten am 17. Juni 2008
zugestelltem Schriftsatz um Differenzvergütungsansprüche erweitert hat, hat der
Kläger erstinstanzlich zuletzt die Vergütung seiner Tätigkeit unter Anwendung des
TVöD nach Entgeltgruppe 6 Stufe 2 und die Zahlung der Nettodifferenzbeträge für
den Zeitraum von März 2007 bis einschließlich Mai 2008, hilfsweise nach
Entgeltgruppe 5 Stufe 2, verlangt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der TV 16/2007 könne von vornherein keine
Anwendung finden, weil der TVöD keine Öffnungsklausel enthalte. Jedenfalls sei der
persönliche Geltungsbereich des TV 16/2007 nicht eröffnet. Der Kläger hat
behauptet, er bestreite seinen gesamten Lebensunterhalt aus dem
Arbeitseinkommen bei der Beklagten und beziehe keine weiteren
Ausbildungsleistungen. Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, wegen der
Besitzstandsregelung in § 11 TV 16/2007 könne sein bereits zuvor erworbener
Anspruch auf höhere Vergütung nach dem TVöD nicht mehr beseitigt werden. Der
TV 16/2007 verstoße zudem insgesamt gegen das Gleichbehandlungsgebot des
Art. 3 Abs. 1 GG. Der Kläger hat vorgetragen, faktisch würden die studentischen
Mitarbeiter bei der Entlohnung gegenüber den regulären Mitarbeitern bei
identischer Arbeitsleistung schlechter gestellt. Für diese Ungleichbehandlung gebe
es keine sachlichen Gründe. Unter Anwendung des TVöD sei für die von ihm
verrichtete Tätigkeit die Entgeltgruppe 6 maßgeblich. Hierfür hat sich der Kläger
auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Unstreitig
erhalten die Arbeitnehmer Frau D und Herr E der Beklagten Entgelt nach der
Entgeltgruppe 6. Der Kläger hat behauptet, beide Arbeitnehmer seien mit ihm
vergleichbar. Seine Tätigkeit unterscheide sich nicht von ihrer. Wegen der
Einzelheiten der ihm nach seinem erstinstanzlichen Vorbringen gleichermaßen wie
den genannten Mitarbeitern obliegenden Aufgaben wird auf die Klageschrift, dort
Seite 5 (Bl. 11 d. A.) und den Schriftsatz des Klägers vom 12. Juni 2008, dort unter
6), Seite 10-11 (Bl. 105/106 d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, seine Tätigkeit unter Anwendung des Tarifvertrags
für den öffentlichen Dienst in der Entgeltstufe E 6 Stufe 2 zu vergüten;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.886,17 netto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 298,13 ab dem 1. April 2007, aus €
176,61 ab dem 1. Mai 2007, aus € 180,85 ab dem 1. Juni 2007, aus € 206,51 ab
dem 1. Juli 2007, aus € 226,51 ab dem 1. August 2007, aus € 292,44 ab dem 1.
September 2007, aus € 132,75 ab dem 1. Oktober 2007, aus € 233,66 ab dem 1.
November 2007, aus € 173,99 ab dem 1. Dezember 2007, aus € 106,06 ab dem
1. Januar 2008, aus € 204,57 ab dem 1. Februar 2008, aus € 214,31 ab dem 1.
März 2008, aus € 188,37 ab dem 1. April 2008, aus € 193,95 ab dem 1. Mai 2008
und aus € 57,82 ab dem 1. Juni 2008 zu zahlen.
12
13
14
15
Hilfsweise:
Die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.567,79 netto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 292,55 ab dem 1. April 2007, aus €
154,63 ab dem 1. Mai 2007, aus € 158,34 ab dem 1. Juni 2007, aus € 180,50 ab
dem 1. Juli 2007, aus € 198,32 ab dem 1. August 2007, aus € 265,16 ab dem 1.
September 2007, aus € 116,23 ab dem 1. Oktober 2007, aus € 204,74 ab dem 1.
November 2007, aus € 152,34 ab dem 1. Dezember 2007, aus € 92,86 ab dem 1.
Januar 2008, aus € 179,11 ab dem 1. Februar 2008, aus € 187,64 ab dem 1. März
2008, aus € 164,93 ab dem 1. April 2008, aus € 169,82 ab dem 1. Mai 2008 und
aus € 50,62 ab dem 1. Juni 2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, auf das
Arbeitsverhältnis finde der TV 16/2007 Anwendung. Die Beklagte hat vorgetragen,
der einzelvertraglich mit dem Kläger vereinbarte Stundensatz liege über der
Tarifvergütung nach dem TV 16/2007, während die sich aus dem TV 16/2007
ergebenden Zuschläge günstiger sein könnten als die einzelvertraglich
vereinbarten Zuschläge. Hintergrund des Abschlusses des TV 16/2007 sei, dass
der TVöD, der auf kontinuierliche Dauerarbeitsverhältnisse mit grundsätzlich gleich
bleibender Arbeitszeit angelegt sei, für das typische Arbeitsverhältnis, das sie mit
studentischen Aushilfskräften abschließe, nicht passe. Mit den studentischen
Aushilfskräften würden feste oder regelmäßige Arbeitszeiten nicht vereinbart. Sie
seien stundenweise nach jeweils gegenseitiger Absprache tätig. Dies diene der
notwendigen Flexibilität der Arbeitsverhältnisse mit Rücksicht auf die Belange des
Studiums. Die studentischen Aushilfskräfte verpflichteten sich lediglich, während
der Vorlesungszeit bis 19,5 Stunden und während der vorlesungsfreien Zeit bis zu
38,5 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Sie habe keine Möglichkeit, Arbeitseinsätze
kurzerhand abzurufen, sondern nur ein eingeschränktes Direktionsrecht. Die
Einsätze würden im Regelfall im gegenseitigen Einvernehmen bedarfsorientiert
vereinbart. Sie frage die Termine an. Die studentischen Aushilfskräfte erklärten
dann, ob sie zu einem angefragten Zeitpunkt arbeiten könnten oder nicht. Der
TVöD berücksichtige die Besonderheiten dieser Arbeitsverhältnisse nicht.
Insbesondere Berechnungen nach §§ 7 Abs. 1, 20, 21, 26 TVöD würden zu
unbrauchbaren und ungerechten Ergebnissen führen. Im Übrigen schulde sie
weder Vergütung nach Entgeltgruppe 6 noch nach Entgeltgruppe 5 TVöD. Die
Entgeltgruppe 5 sei die Einstiegsgruppe für bestimmte Berufe nach
abgeschlossener Berufsausbildung. Wenn der Kläger überhaupt gemäß dem TVöD,
hier in der Fassung des Besonderen Teils Flughäfen vom 13. September 2005
(TVöD-BT-F), einzugruppieren sei, so allerhöchstens in die Entgeltgruppe 3. Wegen
der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Beklagten zu den von dem
Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten wird auf ihre Schriftsätze vom 19. Mai 2008,
dort unter 5), Seite 7/8 (Bl. 46/47 d. A.) und vom 1. Oktober 2008, dort unter 7),
Seite 8/9 (Bl. 139/140 d. A.) verwiesen. Die Beklagte hat behauptet, die von dem
Kläger benannten Mitarbeiter seien zwischenzeitlich zu Senior-Check-In-Agenten
aufgestiegen und unter anderem mit der Ausbildung neuer Mitarbeiter und der
verantwortlichen Überwachung einer Abfertigung vor Ort betraut, hätten also
Ausbilder- und Vorgesetztenfunktion.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 30. Oktober 2008 die
Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es – kurz zusammengefasst – ausgeführt,
der Klageantrag zu 1) sei mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Es
handele sich um einen unzulässigen Rahmenantrag, aus dem nicht vollstreckt
werden könne. Die Zahlungsklage sei sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag
unbegründet. Für die Zeit ab dem 1. August 2007 unterliege das Arbeitsverhältnis
der Parteien dem im Vergleich zum TVöD spezielleren TV 16/2007. Der persönliche
Geltungsbereich des TV 16/2007 sei eröffnet. Die Auslegung von § 1 Abs. 1 TV
16/2007 ergebe, dass in diesem Sinne zu Zuverdienstzwecken während der
Ausbildung Arbeitnehmer beschäftigt seien, die in der Hauptsache einem Studium
und daneben zum Geldverdienen einer Arbeitstätigkeit bei der Beklagten
nachgingen. Ob der studentische Beschäftigte daneben noch anderweitig
Leistungen beziehe, spiele keine Rolle. Die Besitzstandsklausel in § 11 TV 16/2007
lasse nur arbeitsvertraglich bessere Arbeitsbedingungen unberührt. Unter
Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten zu Zweck und Ziel des TV
16/2007 seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien
durch die mit dem TV 16/2007 verbundene Herausnahme der studentischen
Beschäftigten aus dem TVöD gegen den Gleichheitssatz verstoßen hätten. Die
Beschwerdeentscheidung des Kontroll- und Beschwerdeausschusses der
Gewerkschaft ver.di sei als innergewerkschaftlicher Vorgang für die Wirksamkeit
16
17
18
19
Gewerkschaft ver.di sei als innergewerkschaftlicher Vorgang für die Wirksamkeit
des TV 16/2007 im Außenverhältnis ohne Belang. Mögliche Ansprüche auf
Differenzvergütung aufgrund einer Anwendbarkeit des TVöD für den Zeitraum vom
Beginn der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di ab dem 1. März 2007 bis zum
31. Juli 2007 habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger habe eine
Reihe von Einzeltätigkeiten behauptet, ohne dass sich diese Arbeitsvorgängen mit
bestimmten Zeitanteilen zuordnen ließen. Hinsichtlich der von dem Kläger als mit
ihm vergleichbar genannten Arbeitnehmer habe die Beklagte unwidersprochen
vorgetragen, dass diese zwischenzeitlich zu Senior-Check-In-Agenten mit
Ausbilder- und Vorgesetztenfunktion aufgestiegen seien.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Berufungskläger am 9. Januar 2009
zugestellt worden, die Berufungsschrift ist am 9. Februar 2009 bei dem Hessischen
Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung ist nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag bis zum 9.
April 2009 am 9. April 2009 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht
eingegangen.
Der Kläger verfolgt sein Begehren unter Wiederholung und Ergänzung seines
erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er begehrt ferner mit im Termin zur
mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2009 erweitertem Antrag hilfsweise, die
Beklagte zur Eingruppierung nach Maßgabe des TVöD-BT-F zu verurteilen und
weiter hilfsweise festzustellen, dass der TV 16/2007 keine Anwendung auf das
Arbeitsverhältnis findet.
Der Kläger behauptet, ihm obliege in seiner Funktion als sogenannter Supervisor
für verschiedene Fluglinien die Gesamtverantwortung für den jeweils
abzufertigenden Flug. Nach dem Anforderungsprofil der aktuellen
Stellenbeschreibung setze die Tätigkeit u.a. eine abgeschlossene
Berufsausbildung, die wohl durch ein mehrsemestriges Studium ersetzbar sei,
mehrjährige Berufserfahrung und gute Kenntnisse der deutschen und englischen
Sprache voraus. Die Arbeits-Einsatzplanung laufe bei der Beklagten in seinem Fall
wie bei den anderen studentischen Aushilfen wie folgt ab: Das Betriebsbüro der
Beklagten gebe bis zum Ende der zweiten Dekade eines Kalendermonats die
schichtzeitbezogene Personal-Bedarfsplanungsliste für den übernächsten Monat
heraus. Die Beschäftigten könnten dann ihre Wunschtermine für den
Planungsmonat eintragen und müssten das Formular bis zum Ende der Dekade
des auf den Ausgabe-Monat folgenden Monats dem Betriebsbüro zurückreichen.
Im Betriebsbüro werde sodann die Personalbedarfs-Planung mit den
Arbeitseinsatzwünschen der Beschäftigten abgeglichen. Bei Übereinstimmung
erhalte der Beschäftigte den gewünschten Termin zugeteilt. Bei Abweichung der
Personalbedarfsplanung von den gesammelten Wünschen der Beschäftigten
würden entweder deren Wunschdiensttermine auf solche Dienste verschoben, bei
denen der Personalbedarf noch nicht abgedeckt sei, oder den Beschäftigten keine
Termine zugeteilt. Das Betriebsbüro der Abteilung Bodenverkehrsdienste gebe
dann bis spätestens Mitte des aktuellen Monats den Schichtplan für den folgenden
Monat heraus. Die Beschäftigten, die in ihren Arbeitsverträgen nicht als
studentische Aushilfe beschäftigt seien, hätten Schichten von zwischen drei und
sieben Kalendertagen hintereinander. Der Kläger meint, das Direktionsrecht liege
sowohl hinsichtlich der studentischen Aushilfen als auch hinsichtlich der Nicht-
Studenten bei der Beklagten. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass in dem
Vortrag der Beklagten ein Teil-Anerkenntnis hinsichtlich der mit dem Klageantrag
zu 2) geltend gemachten Vergütung liege. Der Kläger behauptet ferner, der
Kontroll- und Beschwerdeausschuss der Gewerkschaft ver.di habe einer weiteren
Beschwerde wegen Verletzung der Tarifrichtlinie mit einer Entscheidung vom 10.
März 2008 stattgegeben.
Er ist der Ansicht, der persönliche Geltungsbereich nach § 1 TV 16/2007 sei
objektiv nicht bestimmbar. Er sei lediglich auf die bei der Beklagten verwendeten
Muster-Arbeitsverträge für die sogenannten studentischen Aushilfen abgestellt.
Bei dem TV 16/2007 handele es sich um einen Vertrag zu Lasten Dritter. Der TV
16/2007 sei auf Seiten der Gewerkschaft ver.di von einem Vertreter ohne
Vertretungsmacht abgeschlossen. Zudem dränge sich beim Zustandekommen
des TV 16/2007 eine Analogie zu § 181 BGB auf. Der TV 16/2007 habe sich ferner
an den Diskriminierungsverboten des § 4 Abs. 1 und 2 TzBfG messen zu lassen. In
Betracht komme auch eine mittelbare Altersdiskriminierung gemäß § 1 iVm. § 2
Abs. 1 Ziff. 1, 2 und 4 AGG. Durch den Abschluss des TV 16/2007 habe die
Beklagte ferner gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstoßen.
Schließlich verstoße der TV 16/2007 gegen Art. 3 Abs. 1 GG und berühre seine
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
Schließlich verstoße der TV 16/2007 gegen Art. 3 Abs. 1 GG und berühre seine
Berufs- und Koalitionsfreiheit.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober 2008, Az.: 1
Ca 8503/08 , abzuändern;
2. die Beklagte zu verurteilen, seine Tätigkeit unter Anwendung des Tarifvertrags
für den öffentlichen Dienst in der Entgeltstufe E 6 Stufe 2 zu vergüten;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.886,17 netto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 298,13 ab dem 1. April 2007, aus €
176,61 ab dem 1. Mai 2007, aus € 180,85 ab dem 1. Juni 2007, aus € 206,51 ab
dem 1. Juli 2007, aus € 226,51 ab dem 1. August 2007, aus € 292,44 ab dem 1.
September 2007, aus € 132,75 ab dem 1. Oktober 2007, aus € 233,66 ab dem 1.
November 2007, aus € 173,99 ab dem 1. Dezember 2007, aus € 106,06 ab dem
1. Januar 2008, aus € 204,57 ab dem 1. Februar 2008, aus € 214,31 ab dem 1.
März 2008, aus € 188,37 ab dem 1. April 2008, aus € 193,95 ab dem 1. Mai 2008
und aus € 57,82 ab dem 1. Juni 2008 zu zahlen;
hilfsweise:
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.567,79 netto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 292,55 ab dem 1. April 2007, aus €
154,63 ab dem 1. Mai 2007, aus € 158,34 ab dem 1. Juni 2007, aus € 180,50 ab
dem 1. Juli 2007, aus € 198,32 ab dem 1. August 2007, aus € 265,16 ab dem 1.
September 2007, aus € 116,23 ab dem 1. Oktober 2007, aus € 204,74 ab dem 1.
November 2007, aus € 152,34 ab dem 1. Dezember 2007, aus € 92,86 ab dem 1.
Januar 2008, aus € 179,11 ab dem 1. Februar 2008, aus € 187,64 ab dem 1. März
2008, aus € 164,93 ab dem 1. April 2008, aus € 169,82 ab dem 1. Mai 2008 und
aus € 50,62 ab dem 1. Juni 2008 zu zahlen;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 2) und 3)
4. die Beklagte zu verurteilen, ihn ab 1. März 2007 nach Maßgabe des TVöD vom
19. September 2005 in der Fassung des TVöD-BT-K unter Mitwirkung des im
Betrieb bestehenden Betriebsrats einzugruppieren; und
5. festzustellen, dass der Landesbezirkstarifvertrag Nr. 16/2007, abgeschlossen
zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen e.V. und der Beklagten
einerseits sowie der ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V. andererseits
vom 1. August 2007 auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien keine
Anwendung findet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung
ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main
vom 30. Oktober 2008 - 1 Ca 8503/08 - ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b ArbGG
nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft und auch darüber hinaus
überwiegend zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO. Sie ist
jedoch unzulässig, soweit sich der Kläger gegen die Abweisung seines
erstinstanzlich gestellten Antrags zu 1) wendet. Mit der Begründung des
Arbeitsgerichts betreffend die Unzulässigkeit dieses Antrags mangels
hinreichender Bestimmtheit setzt sich die Berufungsbegründung nicht
auseinander.
II.
In der Sache hat die Berufung des Klägers, soweit sie zulässig ist, keinen Erfolg.
Die Klage ist insoweit unbegründet.
34
35
36
37
38
39
1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der geltend
gemachten Vergütungsdifferenz zur Entgeltgruppe 6 oder hilfsweise 5 TVöD für die
Zeit vom 1. März 2007 bis 31. Mai 2008.
a) Der Anspruch folgt nicht aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 4 Abs. 1 TVG. Es bedarf
keiner Entscheidung, ob für die Eingruppierung des Klägers im geltend gemachten
Zeitraum oder zumindest vom Beginn der Mitgliedschaft des Klägers in der
Gewerkschaft ver.di ab dem 1. März 2007 bis zum In-Kraft-Treten des TV 16/2007
das Vergütungssystem des TVöD maßgeblich war. Selbst wenn und insoweit dies
der Fall gewesen sein sollte, lässt sich dem Vorbringen des Klägers jedenfalls nicht
entnehmen, dass die von ihm auszuübende Tätigkeit in dem geltend gemachten
Zeitraum den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe VI b bzw. der
Vergütungsgruppe VII der Anlage 1 a zum BAT/VKA entsprach, was nach der
Anlage 1 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen
Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13.
September 2005 (nachfolgend: TVÜ/VKA) Voraussetzung für eine Zuordnung zur
Entgeltgruppe 6 bzw. 5 TVöD gewesen wäre.
aa) Nach § 12 TVöD-BT-F war eine Vergütungsordnung für den geltend gemachten
Zeitraum noch nicht vereinbart. Gemäß § 17 Abs. 1 TVÜ-VKA galten bis zum In-
Kraft-Treten von Eingruppierungsvorschriften des TVöD die §§ 22, 23 und 25 BAT
weiter.
§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT bestimmt, dass der Angestellte in der
Vergütungsgruppe eingruppiert ist, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von
ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte
auszuübende Tätigkeit entspricht gemäß § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT den
Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe dann, wenn zeitlich mindestens zur
Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines
Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe
erfüllen. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein abweichendes zeitliches Maß
bestimmt, gilt gemäß § 22 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT dieses. Arbeitsvorgänge iSv. §
22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT sind unter Hinzurechnung von
Zusammenhangstätigkeiten und unter Berücksichtigung einer sinnvollen,
vernünftigen Verwaltungsausübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten
abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheiten der zu
einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeiten eines Angestellten
. Tatsächlich trennbare
Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können nicht zu einem Arbeitsvorgang
zusammengefasst werden
Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT ist maßgebend für die Eingruppierung des
Angestellten nicht die von dem Angestellten tatsächlich ausgeübte, sondern die
von ihm, nicht nur vorübergehend, auszuübende Tätigkeit. Um welche Tätigkeit es
sich dabei handelt, bestimmt sich nach dem Arbeitsvertrag. In den vertraglich
gezogenen Grenzen kann der Arbeitgeber durch Ausübung seines Direktionsrechts
die vom Angestellten geschuldete, also von ihm auszuübende Tätigkeit
konkretisieren
. Weitergehende Änderungen des Inhalts des
Arbeitsverhältnisses bedürfen eines Änderungsvertrags. Eine mit den im
Arbeitsumfeld tätigen Kollegen und ggf. auch mit dem unmittelbaren
Fachvorgesetzten abgestimmte Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit kann
daher ohne, auch nur stillschweigende, Zustimmung der für
Personalangelegenheiten zuständigen Stelle des öffentlichen Arbeitgebers einen
Anspruch des Angestellten auf Höhergruppierung nicht begründen
. Beansprucht ein Arbeitnehmer Vergütung nach
einer höheren Entgeltgruppe, muss er zur Schlüssigkeit seiner
Eingruppierungsfeststellungsklage in der Regel nicht nur die von ihm tatsächlich
ausgeübten Tätigkeiten darlegen, sondern auch vortragen, wann und in welcher
Form der Arbeitgeber ihm die höherwertigen Aufgaben übertragen hat
.
bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist auch nach dem Vorbringen des
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist auch nach dem Vorbringen des
Klägers nicht feststellbar, dass die von ihm im Zeitraum vom 1. März 2007 bis 31.
Mai 2008 auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe
VI b bzw. der Vergütungsgruppe VII der Anlage 1 a zum BAT/VKA entsprach,
woraus sich nach der Anlage 1 zum TVÜ-VKA eine Zuordnung zu der begehrten
Entgeltgruppe 6 bzw. 5 ergäbe.
(1) Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien ist die von dem
Kläger auszuübende Tätigkeit die einer „studentischen Hilfskraft“ innerhalb des
Bereichs BVD-OP1E der Beklagten. Hierbei handelt es sich zunächst nicht um
eines der zu den Vergütungsgruppen VI b bzw. VII der Anlage 1 a zum BAT/VKA
ausdrücklich genannten Tätigkeitsbeispiele.
(2) Die maßgebenden Tätigkeitsmerkmale des Teils I (Allgemeiner Teil) der Anlage
1a zum BAT/VKA lauten:
„Vergütungsgruppe VI b
1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und Außendienst,
deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu
einem Fünftel selbstständige Leistungen erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das
gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte
beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so
gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger
Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige
Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes
selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen
geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung danach
nicht erfüllen.) …
b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und Außendienst,
deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert, nach
sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das
gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte
beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so
gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger
Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.) …
Vergütungsgruppe VII
1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und Außendienst,
deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.
(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und
Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.) …
b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und Außendienst,
deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das
gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte
beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so
gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger
Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.) …
c) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und Außendienst,
deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1a
heraushebt, dass sie mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse
erfordert, nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 b.
(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und
Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.) …“
(3) Eine selbstständige Leistung im Tarifsinn ist dann anzunehmen, wenn eine
Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe
vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges,
insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung
55
56
57
insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung
und eine eigene Entschließung erfordert. Das Merkmal „selbstständige
Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig Arbeiten“ verwechselt
werden, worunter man eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung versteht
. Das Erfordernis gründlicher Fachkenntnisse im Tarifsinn hat ein qualitatives und
ein quantitatives Element. Gründlich sind Fachkenntnisse von nicht ganz
unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Natur. Es werden nähere
Fachkenntnisse verlangt. Diese Kenntnisse müssen erforderlich sein, sie müssen
also zur ordnungsgemäßen Erledigung der auszuübenden Tätigkeiten benötigt
werden
. Vielseitige
Fachkenntnisse im Tarifsinne erfordern eine Erweiterung der Fachkenntnisse dem
Umfange nach
. Die Vielseitigkeit kann sich insbesondere aus der
Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen ergeben
.
Der Kläger behauptet, zu den von ihm wahrzunehmenden Aufgaben in der
Personenabfertigung gehöre die Übernahme von Fluggästen und deren Gepäck für
Linien- und Charterflüge unter Beachtung der jeweiligen Vorschriften der
Luftverkehrsgesellschaften, interner Richtlinien und der internationalen
Vorschriften des Luftverkehrs, die Ausgabe von Einsteigekarten und Zuweisung
von Sitzplätzen mittels EDV-System, die Prüfung der erforderlichen
Reisedokumente nach den international geltenden Länderbestimmungen, die
Betreuung und Assistenz von Fluggästen in Sonderfällen wie Flugverspätungen
und Unregelmäßigkeiten, die Ausstellung von Hotel- und Essensgutscheinen in
bestimmten Sonderfällen, die Betreuung allein reisender Kinder, Behinderter,
älterer Menschen und Gruppenreisender, das Erstellen und Absetzen von
passagebezogenen Fernschreiben im F sowie die Flugvorbereitung und
Abschlussarbeiten. Die von ihm erbrachten Leistungen entsprächen exakt den
Tätigkeiten der Festangestellten. Er werde als volle Arbeitskraft eingesetzt.
Teilweise würden Flüge einzig durch studentische Angestellte abgefertigt.
Insbesondere in den Abendstunden, nachts und in den Morgenstunden werde die
Arbeit überwiegend von Studenten erledigt. Seit mehr als zwei Jahren fertige er
fast ausschließlich eine japanische Fluggesellschaft ab, die höchste Ansprüche an
die Check-In-Agenten stelle. Innerhalb dieser Mitarbeitergruppe werde er am First-
und Business-Schalter eingesetzt. Des Weiteren werde er am Transferschalter
eingesetzt. An diesem Schalter sitze normalerweise ein fest angestellter
Mitarbeiter und fertige allein die umsteigenden Passagiere ab. Unregelmäßig
werde er als Supervisor eingesetzt. Diese Aufgabe umfasse ua. Die Koordination
der eingesetzten Agenten. Er habe mithin bei Ausübung dieser Tätigkeit
Vorgesetztenfunktion. Auch bei anderen Fluggesellschaften werde er als
verantwortlicher Mitarbeiter eingesetzt. Ferner sei ihm die Tätigkeit als Ticketagent
dauerhaft übertragen. Als solcher sei er für die Kontrolle der Tickets verantwortlich.
Am Gate bereite er das Boarding und den Gate-Check-In teilweise alleine vor.
Diese Darlegung von Einzeltätigkeiten und -aufgaben erlaubt keine Abgrenzung
nach Arbeitsvorgängen und deren Zeitanteilen an der gesamten von dem Kläger
auszuübenden Tätigkeit. Zudem ist nicht dargelegt, welche Fachkenntnisse der
Kläger möglicherweise im Einzelnen für welche Arbeitsvorgänge benötigt. Er
behauptet zwar, seine Tätigkeit unter Beachtung der jeweiligen Vorschriften der
Luftverkehrsgesellschaften, interner Richtlinien und der internationalen
Vorschriften des Luftverkehrs ausüben zu müssen. Welche Arbeitsvorgänge der
von ihm auszuübenden Tätigkeit jedoch welche Kenntnisse konkret erfordern, hat
er nicht dargelegt. Nach dem Vortrag der Beklagten ist der Kläger entsprechend
der arbeitsvertraglichen Vereinbarung als Aushilfe beim Check-In eingesetzt.
Hierfür genüge eine vierwöchige Einweisung, bestehend aus einem einwöchigen
Basiskurs über die Behandlung von Flugscheinen sowie Einreisebestimmungen,
Gefahrgutabfertigung, Bestimmungen über die Beförderung von Tieren, und
Geografiekenntnisse, einer einwöchigen EDV-Schulung und einer zweiwöchigen
Tätigkeit unter Anleitung. Auch danach ist nicht feststellbar, dass Arbeitsvorgänge
der von dem Kläger auszuübenden Tätigkeit mindestens zu einem Viertel
(Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 c) gründliche Fachkenntnisse im Tarifsinne
erfordern.
Soweit der Kläger behauptet, er werde unregelmäßig auch als sog. Supervisor
eingesetzt, ist weder ersichtlich, woraus sich ergibt, dass dies zu der von ihm
auszuübenden Tätigkeit gehört, noch, soweit es sich dabei um eine höherwertige
58
59
60
61
62
auszuübenden Tätigkeit gehört, noch, soweit es sich dabei um eine höherwertige
Tätigkeit handelt, welchen Zeitanteil dieser Arbeitsvorgang gegebenenfalls an der
Gesamttätigkeit das Klägers hat. Die von der Beklagten vorgelegte
Stellenbeschreibung (Anlage B 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 15. Mai 2009)
betrifft nicht die Tätigkeit einer Aushilfskraft. Im Übrigen verfügt der Kläger
unstreitig nicht über die danach geforderte abgeschlossene Berufsausbildung.
Seine Einschätzung, diese sei wohl durch ein mehrsemestriges Studium ersetzbar,
lässt sich der Stellenbeschreibung gerade nicht entnehmen.
b) Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Entgeltgruppe 6 TVöD folgt auch
nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber,
seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer
Lage befinden, gleich zu behandeln. Unzulässig ist nicht nur die willkürliche
Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch
eine sachfremde Gruppenbildung. Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit ist der
Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Vergütung anwendbar, wenn der
Arbeitgeber die Leistung nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er
bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt
. In jedem Fall
setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung
einer Gruppe von begünstigten Arbeitnehmern voraus. Eine Gruppenbildung ist
anzunehmen, wenn die Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien
vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen
.
Liegt kein gestaltendes Verhalten des Arbeitgebers, sondern bloßer – auch
vermeintlicher – Normenvollzug vor, greift der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht
ein. Ein Anspruch auf „Gleichbehandlung im Irrtum“ ist abzulehnen
. Entscheidend für die
Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist somit die Bildung einer vom
Arbeitgeber gesetzten Regelung der Vergütungsfindung
.
Die Darlegung der Voraussetzungen der Anwendbarkeit des
Gleichbehandlungsgrundsatzes obliegt nach allgemeinen Grundsätzen dem aus
dem Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch ableitenden Arbeitnehmer
. Erst wenn
von dem Arbeitnehmer dargelegt oder unstreitig ist, dass der Arbeitgeber
Arbeitnehmer mit ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich vergütet, hat der Arbeitgeber
darzulegen, wie groß der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich
zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer
nicht dazugehört
.
bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze kann auch nach dem Vorbringen des
Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte abweichend von den
maßgeblichen Tarifmerkmalen ein allgemeines gestaltendes Prinzip anwendet,
Check-In-Agenten höherzugruppieren, ohne dass die Voraussetzungen der
höheren Tarifgruppe gegeben wären. Der Kläger hat bereits nicht hinreichend
dargelegt, dass die von den von ihm genannten anderen Check-In-Agenten
auszuübenden Tätigkeiten mit der von ihm auszuübenden Tätigkeit vergleichbar
sind. Hierfür genügt die lediglich pauschale Behauptung der Vergleichbarkeit nicht
aus. Auch der Vortrag des Klägers, er übe wie die beiden anderen genannten
Arbeitnehmer gleichermaßen die von ihm dargestellten Tätigkeiten aus, ist
angesichts des Vortrags der Beklagten, bei den beiden anderen Arbeitnehmern
handele es sich um Senior-Check-In-Agenten mit Ausbilder- und
Vorgesetztenfunktion unbeachtlich. Der Kläger ist diesem Vortrag der Beklagten
nicht entgegengetreten. Er ist daher als zugestanden und damit unstreitig
anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO). Der Kläger beruft sich lediglich darauf, er habe
durch den unregelmäßigen Einsatz als Supervisor ebenfalls eine
Vorgesetztenfunktion. Ein unregelmäßiger Einsatz als Supervisor steht jedoch
einer dauerhaft auszuübenden Tätigkeit als Senior-Check-In-Agent nicht gleich.
2. Der klageerweiternd in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag zu 4) ist zwar
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
2. Der klageerweiternd in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag zu 4) ist zwar
zulässig, aber unbegründet.
a) Der Antrag bedarf zunächst der Auslegung. Es ist nicht eindeutig, zu welcher
Handlung die Beklagte mit dem Begriff „einzugruppieren“ verurteilt werden soll.
Die Formulierung „unter Mitwirkung des im Betrieb bestehenden Betriebsrats“
könnte nahe legen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, das
betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsverfahren einzuleiten. Hierauf hätte der
Kläger jedoch unzweifelhaft keinen individualrechtlichen Anspruch. Es ist daher
davon auszugehen, dass der Kläger begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ihn in
eine der Entgeltgruppen des TVöD-BT-F einzureihen. Soweit diese
„Eingruppierung“ nach der Antragsformulierung „unter Mitwirkung des im Betrieb
bestehenden Betriebsrats“ erfolgen soll, ist damit offensichtlich die Beachtung der
Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 99 ff BetrVG gemeint. In dieser
Auslegung ist der Antrag hinreichend bestimmt.
b) Für eine solche Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger fehlt es
jedoch an einer Anspruchsgrundlage. Der Kläger begehrt seine Eingruppierung
nach Maßgabe des TVöD-BT-F und damit in ein Eingruppierungssystem.
Individualrechtlich ist die Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe
eines Vergütungssystems kein konstitutiver Rechtsakt, sondern hat nur
deklaratorische Bedeutung. Die Eingruppierung ist in diesem Fall keine von der
Beklagten vorzunehmende Handlung, sondern sie ergibt sich – die Anwendbarkeit
des TVöD-BT-F im Sinne des Klägers unterstellt - aus der von dem Kläger
auszuübenden Tätigkeit
. Ein Arbeitnehmer kann
nicht den Rechtsakt der Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe
verlangen, er muss vielmehr auf Vergütung
nach der von ihm begehrten Vergütungsgruppe klagen. Dies hat der Kläger – wenn
auch mangels hinreichender Darlegungen erfolglos – mit den Zahlungsanträgen
getan.
3. Der Hilfsantrag zu 5) ist unbegründet.
a) Der Antrag ist zulässig.
aa) Er bedarf zunächst ebenfalls der Auslegung. Nach seinem Wortlaut ist er auf
das Rechtsschutzziel gerichtet, die mangelnde Anwendbarkeit des TV 16/2007
insgesamt auf das Arbeitsverhältnis des Klägers festzustellen. Dem entspricht die
Begründung der Klage im Übrigen, wonach der Kläger den TV 16/2007 insgesamt
für nichtig hält. Dem Kläger geht es demnach nicht um die Nichtanwendbarkeit
lediglich einzelner Bestimmungen des TV 16/2007. Insoweit würde es auch an
einem nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehlen. Der
Antrag enthält daher auch nicht als das Begehren, zumindest die
Nichtanwendbarkeit einzelner Bestimmungen des TV 16/2007 auf das
Arbeitsverhältnis des Klägers festzustellen. Hierbei würde es sich vielmehr
streitgegenständlich um ein handeln, so dass der Antrag nur insgesamt
Erfolg haben kann oder abzuweisen ist.
bb) In dieser Auslegung ist der Feststellungsantrag zulässig. Die Anwendbarkeit
eines bestimmten Tarifvertrags auf ein Arbeitsverhältnis ist eine Verpflichtung, die
Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann
. Entsprechend kann die Nichtanwendbarkeit eines
bestimmten Tarifvertrags Gegenstand einer negativen Feststellungsklage sein.
b) Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der TV 16/2007 findet jedenfalls in Teilen
Anwendung auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien.
aa) Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fällt in den betrieblichen und
persönlichen Geltungsbereich des TV 16/2007. Bei dem TV 16/2007 handelt es sich
um einen Verbands-Firmentarifvertrag speziell für das Unternehmen der
Beklagten. Der Kläger ist studentischer Beschäftigter iSv. § 1 Abs. 1 TV 16/2007.
Dies ergibt die Auslegung von § 1 Abs. 1 TV 16/2007.
(1) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die
Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut
auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am
Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche
Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen
Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen
72
73
74
75
76
77
78
Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen
Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der
Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm
zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse
nicht zu, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die
Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung
ergänzend hinzugezogen werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die
zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch
brauchbaren Lösung führt
.
(2) Unter Anwendung dieser Grundsätze unterfallen dem persönlichen
Anwendungsbereich gemäß § 1 Abs. 1 TV 16/2007 Arbeitnehmer, die als
Studenten an einer Hoch- oder Fachhochschule immatrikuliert sind und
währenddessen bei der Beklagten in dem Sinne aushilfsweise beschäftigt sind,
dass eine feste oder regelmäßige Arbeitszeit mit ihnen nicht vereinbart ist und mit
denen die Beklagte die Arbeitseinsätze entsprechend der bei ihr bestehenden
Übung überwiegend im gegenseitigen Einvernehmen bedarfsorientiert vereinbart.
Eindeutig ist der Wortlaut hinsichtlich des Merkmals der studentischen
Beschäftigten. Student ist, wer an einer Hoch- oder Fachhochschule immatrikuliert
ist. Ist er gleichzeitig bei der Beklagten beschäftigt, handelt es sich um einen
studentischen Beschäftigten der Beklagten iSv. § 1 Abs. 1 TV 16/2007.
Dem Merkmal „zu Zuverdienstzwecken“ kommt daneben keine eigenständige
Bedeutung zu. Der Anwendungsbereich des TV 16/2007 soll ersichtlich nicht davon
abhängen, ob ein Student neben der Beschäftigung bei der Beklagten noch über
weitere Einkommensquellen verfügt. Auch dann bliebe die aus der Beschäftigung
bei der Beklagten erzielte Vergütung ein Zuverdienst. Umschrieben wird mit der
Formulierung „zu Zuverdienstzwecken“ lediglich typisierend die übliche soziale
Situation eines Studenten. Zudem ist kein Grund dafür ersichtlich, warum sich der
persönliche Anwendungsbereich des TV 16/2007 danach richten sollte, ob die
studentische Aushilfskraft noch weitere Einnahmequellen hat. Darauf, ob dies bei
dem Kläger der Fall ist oder nicht, kommt es daher nicht an.
Die übrige Bestimmung des persönlichen Geltungsbereichs in § 1 Abs. 1 TV
16/2007 ist wiederum unmissverständlich. Voraussetzung ist danach wörtlich, dass
die studentischen Beschäftigten während der Ausbildung aushilfsweise bei der
Beklagten tätig werden, eine feste oder regelmäßige Arbeitszeit mit ihnen nicht
vereinbart ist und die Beklagte mit ihnen die Arbeitseinsätze überwiegend im
gegenseitigen Einvernehmen bedarfsorientiert vereinbart. Damit ist ersichtlich,
wovon auch der Kläger ausgeht, auf die bei der Beklagten betriebsübliche Art und
Weise des Einsatzes der als studentische Aushilfskräfte bei ihr beschäftigten
Arbeitnehmer abgestellt. Der Kläger trägt selbst vor, dass die Arbeitnehmer, die
arbeitsvertraglich als studentische Aushilfen beschäftigt sind, in dieser Weise
eingesetzt werden. Der persönliche Geltungsbereich des TV 16/2007 ist damit
entgegen der Auffassung des Klägers ausreichend bestimmt geregelt.
(3) Das Arbeitsverhältnis des Klägers unterfällt diesem persönlichen
Geltungsbereich. Der Kläger ist Student und in dem Sinne bei der Beklagten
aushilfsweise beschäftigt, dass eine feste oder regelmäßige Arbeitszeit mit ihm
nicht vereinbart ist und seine Arbeitseinsätze entsprechend der bei der Beklagten
bestehenden Übung überwiegend im gegenseitigen Einvernehmen
bedarfsorientiert vereinbart werden.
bb) Der TV 16/2007 ist zumindest in Teilen wirksam und verdrängt jedenfalls
insoweit nach dem tarifrechtlichen Grundsatz der Spezialität die Anwendbarkeit
des TVöD auf das Arbeitsverhältnis der Parteien. Aus einer möglichen
Teilunwirksamkeit des TV 16/2007 hinsichtlich einzelner Regelungen folgt nicht
seine Gesamtnichtigkeit. Die Anwendbarkeit des TV 16/2007 zumindest in Teilen
ist auch nicht aufgrund der Besitzstandsklausel in § 11 TV 16/2007
ausgeschlossen. Arbeitsvertraglich war zwischen den Parteien die Anwendung des
TVöD zu keinem Zeitpunkt vereinbart.
(1) Die Vereinbarung tarifvertraglicher Sonderregelungen für studentische
Aushilfskräfte der Beklagten durch den TV 16/2007 verstößt zumindest in Teilen
nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder § 4 Abs. 1 und 2 TzBfG und stellt insoweit auch
keine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen des Alters (§ 3 Abs. 2 AGG)
79
80
81
82
83
keine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen des Alters (§ 3 Abs. 2 AGG)
dar. Die Sonderregelungen halten sich vielmehr zumindest zum Teil im Rahmen
der Rechtssetzungsmacht der tarifvertragschließenden Parteien. Die
Abweichungen vom TVöD-BT-F sind insoweit nicht willkürlich. Es gibt für sie sogar
sachliche Gründe.
(a) Die Berufungskammer folgt der Ansicht des Vierten Senats des
Bundesarbeitsgerichts, wonach die Tarifvertragsparteien bei der Vereinbarung des
persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrags keiner unmittelbaren Bindung
an Art. 3 Abs. 1 GG unterliegen. Sie sind vielmehr wegen ihres insoweit
vorrangigen Grundrechts der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) bis zur Grenze
der Willkür frei, in eigener Selbstbestimmung den persönlichen Geltungsbereich
ihrer Tarifregelungen festzulegen. Die Grenze der Willkür ist erst überschritten,
wenn die Differenzierung im persönlichen Geltungsbereich unter keinem
Gesichtspunkt, auch koalitionspolitischer Art, plausibel erklärbar ist
. Den Tarifvertragsparteien kommen zudem ein
Entscheidungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative zu, eine
Inhaltskontrolle im Sinne der Ersetzung der Wertung der Tarifvertragsparteien
durch diejenige des Gerichts kommt schon wegen des Verbots der Tarifzensur
nicht in Betracht .
(b) Im Streitfall geht es zwar nicht um eine tarifvertragliche Norm, die eine
Beschäftigtengruppe vom Geltungsbereich des abgeschlossenen Tarifvertrags
ausnimmt. Der persönliche Geltungsbereich des TV 16/2007 ist in § 1 Abs. 1
vielmehr ausschließlich positiv abgegrenzt. Für die danach erfasste
Beschäftigtengruppe wird aber bei beiderseitiger Tarifbindung die Geltung des
TVöD-BT-F nach dem Grundsatz der Spezialität durch den im Hinblick auf den
betrieblichen und den persönlichen Geltungsbereich spezielleren TV 16/2007
verdrängt, ohne dass es hierfür einer Öffnungsklausel im TVöD bedarf
. Damit wird im Rahmen des betrieblichen und
persönlichen Geltungsbereichs des TV 16/2007 die Geltung des TVöD-BT-F für die
erfasste Beschäftigtengruppe ausgeschlossen, wohingegen der TVöD-BT-F selbst
eine Herausnahme von studentischen Beschäftigten aus seinem Geltungsbereich
nicht vorsieht. Andererseits erschöpft sich der TV 16/2007 nicht in einer –
faktischen - Herausnahme der in § 1 Abs. 1 TV 16/2007 definierten Beschäftigten
aus dem Geltungsbereich des TVöD-BT-F. Er schafft darüber hinaus für diese
Beschäftigtengruppe eigenes Tarifrecht, welches zwar einerseits von den
Inhaltsnormen des TVöD-BT-F abweicht, andererseits aber auch eigene tarifliche
Mindestnormen setzt. Der Maßstab für seine Überprüfung an Art. 3 Abs. 1 GG ist
jedoch im Grundsatz kein anderer als bei der Vereinbarung des persönlichen
Geltungsbereichs eines Tarifvertrags.
(c) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der TV 16/2007 jedenfalls nicht
insgesamt wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. Eine mögliche
Teilunwirksamkeit hat weder nach allgemeinen Regeln noch nach dem von den
tarifvertragschließenden Parteien in § 12 Abs. 2 TV 16/2007 ausdrücklich
verlautbarten Willen die Unwirksamkeit auch der Bestimmungen des TV 16/2007
im Übrigen zur Folge.
(aa) Die Beklagte beruft sich als Grund für die Sonderregelungen für die bei ihr
aushilfsweise im Sinne von § 1 Abs. 1 TV 16/2007 beschäftigten Studenten darauf,
dass der TVöD, der auf kontinuierliche Dauerarbeitsverhältnisse mit grundsätzlich
gleich bleibender Arbeitszeit angelegt sei, für das typische Arbeitsverhältnis, das
sie mit studentischen Aushilfskräften abschließe, nicht passe. Mit den
studentischen Aushilfskräften würden feste oder regelmäßige Arbeitszeiten nicht
vereinbart. Sie seien stundenweise nach jeweils gegenseitiger Absprache tätig. Der
TVöD berücksichtige die Besonderheiten dieser Arbeitsverhältnisse nicht.
Insbesondere Berechnungen nach §§ 7 Abs. 1, 20, 21, 26 TVöD würden zu
unbrauchbaren und ungerechten Ergebnissen führen.
Diese Darstellung der flexiblen Einsatzplanung der studentischen Beschäftigten
durch die Beklagte wird von dem Kläger im Wesentlichen bestätigt. Der Kläger
weist lediglich zusätzlich darauf hin, dass bei Abweichung der
Personalbedarfsplanung von den Wünschen der studentischen Beschäftigten
entweder die Wunschtermine auf noch nicht abgedeckte Dienste verschoben oder
den Beschäftigten keine Termine zugeteilt würden. Nach dem insoweit im Kern
84
85
86
87
den Beschäftigten keine Termine zugeteilt würden. Nach dem insoweit im Kern
übereinstimmenden Vorbringen der Parteien verbleibt damit zwar das
Direktionsrecht zur Festlegung der Arbeitszeit letztlich bei der Beklagten. Auch der
Arbeitsvertrag des Klägers sieht insoweit keine Abweichungen vor. Die unstreitige
betriebliche Praxis bei der Beklagten, wonach die studentischen Beschäftigten
jedoch überwiegend entsprechend ihren zuvor geäußerten Wünschen zum Einsatz
eingeteilt werden, führt aber betriebsüblich zu einer tatsächlich anderen Art des
Einsatzes der studentischen Beschäftigten als der Stammarbeitnehmer. Dies
bestätigt auch der Kläger, wenn er vorträgt, die Beschäftigten, die in ihren
Arbeitsverträgen nicht als studentische Aushilfe beschäftigt seien, hätten
Schichten von zwischen drei und sieben Kalendertagen hintereinander. Bei
typisierender Betrachtung weicht der Einsatz der studentischen Beschäftigten
damit nicht unerheblich von dem der Stammarbeitnehmer ab.
(bb) Aufgrund des insoweit unstreitig betriebsüblich andersartigen Einsatzes der
als studentische Aushilfskräfte bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer ist
die Schaffung eigener tarifvertraglicher Regelungen in Abweichung vom TVöD nicht
willkürlich, der andersartige Einsatz stellt sogar einen hinreichenden sachlichen
Grund für abweichende Regelungen dar, jedenfalls soweit im TV 16/2007 andere
Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 7 Abs. 1 TV
16/2007), des Urlaubsentgelts (§ 8 Abs. 3 TV 16/2007) und der
Jahressonderzahlung (§ 9 Abs. 2 TV 16/2007), nämlich die Maßgeblichkeit eines
Referenzzeitraums von einem Jahr, getroffen sind. Der unregelmäßige Einsatz der
studentischen Beschäftigten kann bei Anwendung von §§ 7 Abs. 1, 20 Abs. 2, 21
Abs. 1 Satz 2 oder 26 TVöD, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, zu nicht
sachgerechten, auf dem zufällig gerade maßgeblichen Einsatzumfang beruhenden
Ergebnissen führen. Das verhindert der verlängerte Referenzzeitraum nach §§ 7
Abs. 1, 8 Abs. 3 und 9 Abs. 2 TV 16/2007.
(cc) Keiner Entscheidung bedarf, ob eine möglicherweise geringere Vergütung der
studentischen Beschäftigten nach §§ 5, 6 TV 16/2007 im Vergleich zu einer
Vergütung nach dem TVöD von der Einschätzungsprärogative der
Tarifvertragsparteien gedeckt ist
. Die Beklagte beruft sich insoweit
insbesondere auf die nur aushilfsweise und überwiegend mit den studentischen
Beschäftigten im Einvernehmen festgelegten Einsätze. Ob dies hinreichende
Gründe für eine andere Bewertung der Arbeitsleistung der studentischen
Aushilfskräfte im Vergleich zu der der Stammarbeitnehmer darstellt, kann jedoch
ebenso wie die Frage, ob daneben auch koalitionspolitische Erwägungen zu dem
Tarifabschluss geführt haben, unentschieden bleiben. Denn selbst eine
Unwirksamkeit der Vergütungsregelungen im TV 16/2007 wegen Verstoßes gegen
Art. 3 Abs. 1 GG unterstellt, ergäbe sich daraus noch nicht die Unanwendbarkeit
des TV 16/2007 insgesamt.
Die Unwirksamkeit einer Tarifbestimmung führt in der Regel entgegen der
Auslegungsregel des § 139 BGB nicht zur Unwirksamkeit der übrigen tariflichen
Vorschriften. Es kommt lediglich darauf an, ob der Tarifvertrag ohne die
unwirksame Regelung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung
darstellt
(d) Da entsprechend vorstehenden Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1 GG sachliche
Gründe zumindest für Teile der Sonderregelungen des TV 16/2007 für die
studentischen Aushilfskräfte gegeben sind, liegt insoweit auch kein Verstoß gegen
§ 4 Abs. 1 und 2 TzBfG bzw. keine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen
des Alters (§ 3 Abs. 2 AGG) vor. Keiner Entscheidung bedarf, ob eine mittelbare
Diskriminierung wegen des Alters überhaupt in Betracht kommt, ob also eine
statistisch überwiegende nachteilige Betroffenheit einer Altersgruppe durch den TV
16/2007 gegeben ist. Auch § 612 a BGB ist nicht geeignet, eine Unwirksamkeit des
TV 16/2007 insoweit zu begründen, als die Beklagte in zulässiger Weise als
Tarifvertragspartei ihre Tarifautonomie ausgeübt hat. Im Übrigen ist der TV
16/2007 zugleich von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
88
89
90
91
92
93
16/2007 zugleich von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
Hessen geschlossen.
(2) Ein Verstoß gegen seine Berufs- und Koalitionsfreiheit wird von dem Kläger
zwar geltend gemacht. Anhaltspunkte hierfür sind aber nicht ersichtlich
(3) Der TV 16/2007 ist nicht aufgrund anderer Unwirksamkeitsgründe insgesamt
nichtig.
(a) Es bestehen weder Zweifel an der Tarifzuständigkeit der Tarifvertragsparteien
noch an ihrer Tariffähigkeit, noch bedurfte es einer Öffnungsklausel im TVöD.
Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der
Berufungskammer geltend gemacht hat, den Tarifvertragsparteien fehle die
Tarifzuständigkeit für verschlechternde Arbeitsbedingungen, kann dem nicht
gefolgt werden. Die Tarifautonomie ist grundsätzlich umfassend und schließt auch
verschlechternde Inhaltsnormen nicht aus. Der Rechtsgedanke der Unzulässigkeit
von Vertragsabschlüssen zu Lasten Dritter greift hier nicht. Tarifverträge sind
Normenverträge. Die Rechtssetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien für die
Tarifunterworfenen ergibt sich aus der Tarifautonomie und nicht lediglich aus der
allgemeinen Vertragsfreiheit.
(b) Der TV 16/2007 ist entgegen der Auffassung des Klägers auch im Übrigen
wirksam zustande gekommen. Für die tarifvertragschließenden Parteien haben auf
beiden Seiten jeweils bevollmächtigte Vertreter den Tarifabschluss unterzeichnet,
für die Gewerkschaft ver.di deren Verhandlungsführer C und die stellvertretende
Landesbezirksleiterin B. § 181 BGB ist nicht einschlägig. Der Verhandlungsführer
der Gewerkschaft ver.di ist einerseits lediglich Aufsichtsratsmitglied der Beklagten,
andererseits hat er bei dem Tarifabschluss nur auf Seiten der Gewerkschaft
gehandelt. Auch eine entsprechende Anwendung von § 181 BGB scheidet insoweit
aus. Ob die gewerkschaftsinterne Willensbildung korrekt erfolgt ist, ist für die Frage
der Verbindlichkeit des Tarifvertrags im Außenverhältnis ohne Belang. Die
Entscheidungen des Kontroll- und Beschwerdeausschusses der Gewerkschaft
ver.di berühren daher die Wirksamkeit des TV 16/2007 nicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, da die Berufung des Klägers
erfolglos geblieben ist.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine gesetzliche Veranlassung (§ 72 Abs.
2 ArbGG), soweit die Berufung als unzulässig verworfen und soweit sie hinsichtlich
der Abweisung des Zahlungsantrags und des in der Berufungsinstanz gestellten
Hilfsantrags zu 4) zurückgewiesen wurde. Soweit die Berufung im Hinblick auf den
in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag zu 5) zurückgewiesen wurde, war die
Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.